Fantasy Filmfest 2012: GOD BLESS AMERICA

Frank hat Migrä­ne und eine geschie­de­ne Frau. Sei­ne Toch­ter hasst ihn, und die Nach­barn ner­ven mit ihrer halt­lo­sen Igno­ranz. Ach, und dann wird bei Frank noch ein inope­ra­bler Hirn­tu­mor dia­gnos­ti­ziert. Das hebt nicht sei­ne Stimmung, 

aber sei­nen Scharf­sinn. Frank ist krank und ent­deckt sich dabei als exem­pla­ri­sches Sinn­bild einer kran­ken Nati­on. Eine noch min­der­jäh­ri­ge Dame namens Chloe, die sich in einer Rea­li­ty-TV-Show als extrem undank­ba­res Mist­stück erweist, soll eben­so als ein exem­pla­ri­sches Sinn­bild die­nen, von denen man die kran­ke Nati­on für eine Gene­sung befrei­en soll­te. Bevor Frank sich selbst sein mise­ra­bles Leben neh­men will, befreit er die Welt von einem Bal­last wie Chloe, in einem unüber­leg­ten, aber am Ende wir­kungs­vol­len Mord. Lei­der wird Frank dabei von der sech­zehn­jäh­ri­gen Roxy beob­ach­tet. Und von allen psy­cho­pa­thi­schen Gestal­ten im Kino der jüngs­ten Zeit, ist sie die Schlimmste.

Regis­seur und Autor Bob­cat Goldthwait ist ein schrei­en­der Appell gelun­gen, der ver­deut­licht, was in Ame­ri­ka eigent­lich nicht stimmt. Aber mit der Zeit trägt sich die­ser Appell immer dün­ner. Sei­ne Cha­rak­te­re ent­wi­ckeln sich genau zu den Figu­ren, die eigent­lich sym­bo­li­sie­ren sol­len, was mit der Nati­on nicht stimmt. Das Duo vom des­il­lu­sio­nier­ten Mann mitt­le­ren Alters und dem psy­cho­pa­thisch las­zi­ven Teen­ager mor­det sich zum Ver­gnü­gen des Zuschau­ers mit unver­wüst­li­cher Selbst­si­cher­heit durch die Neu­ro­sen einer moder­nen Zivi­li­sa­ti­on. Der Igno­rant, der am Ein­kaufs­zen­trum zwei Park­plät­ze belegt, oder am Ende die Jury des »Ame­ri­can Idols«-Originals von DSDS, wel­ches  als »Ame­ri­can Super­st­arz« per­si­fliert wird. Ihre Tage sind gezählt, weil Frank immer eine Kugel mehr im Maga­zin hat.

GOD BLESS AMERICA hat kei­nen deut­schen Ver­lei­her, und bis­her auch kei­nen Ter­min für eine Ver­öf­fent­li­chung auf DVD oder Blu-Ray. Das muss nicht unbe­dingt mit der Qua­li­tät des Films zu tun haben, son­dern wahr­schein­li­cher mit der The­ma­tik. Dies ist ein durch und durch ame­ri­ka­ni­scher Film, der in ganz böser, aber ehr­li­cher, Form durch und durch ame­ri­ka­ni­sche Pro­ble­me anspricht. Für den Durch­schnitt­s­eu­ro­pä­er wird GOD BLESS AMERICA ledig­lich nur eine Bestä­ti­gung von halb­wah­ren Kli­schees sein. Dass er eigent­lich eine bit­ter­bö­se Sati­re sein will über­sieht man dabei leicht. Das liegt dar­an, dass die Taten von Frank und Roxy auch sehr schnell die nie­de­ren Instink­te beim Zuschau­er anspre­chen, und einen wei­ter rei­chen­den Blick einschränken.

Joel Mur­ray ist für den lako­ni­schen Frank die Ide­al­be­set­zung, wäh­rend Tara Lyn­ne Barr als Roxy sehr schnell zu ner­ven beginnt. Selbst wenn man ihren Cha­rak­ter vom sati­risch über­zo­ge­nen Stand­punkt betrach­ten muss, hät­te Regis­seur Goldthwait sie etwas zurück­neh­men kön­nen. Dafür ist GOD BLESS AMERICA her­vor­ra­gend foto­gra­fiert. Klar struk­tu­rier­te Bil­der, höchst sel­ten von der Schul­ter gedreht. Dem Zuschau­er wird Zeit gege­ben zu beob­ach­ten. Der Schnitt tut ein Übri­ges, das man gera­de bei Franks gran­dio­sen Mono­lo­gen, sich wirk­lich einem Gesprächs­part­ner gegen­über sieht. Gera­de wie Goldthwait mit Dia­lo­gen und Mono­lo­gen sei­ne Sicht auf sei­ne Hei­mat schil­dert, ist wesent­lich ein­dring­li­cher, als es Frank und Roxy mit ihren Hand­feu­er­waf­fen ver­deut­li­chen könnten.

Doch als Film wird GOD BLESS AMERICA dann trotz­dem sehr schnell mager. Sei­ne The­sen sind schnell erör­tert, die Aus­sa­gen erschöp­fen sich in Wie­der­ho­lun­gen, und wenn die bei­den Haupt­fi­gu­ren sich für ihren Weg ent­schie­den haben, wer­den die letz­ten 45 Minu­ten abseh­bar. Das Ende ist schließ­lich alles ande­re als über­ra­schend. Ein Blick lohnt aller­dings alle­mal, wenn man es ver­mei­den kann in die Fal­le des über­heb­li­chen Euro­pä­ers zu tap­pen. Denn die sati­ri­sche Zustands­be­schrei­bung eines kran­ken Ame­ri­kas ist gar nicht so weit von den rea­len Pro­ble­men im eige­nen Land. Man muss Frank nur ein­mal rich­tig zuhören.

GOD BLESS AMERICA
Dar­stel­ler: Joel Mur­ray, Tara Lyn­ne Barr, Melin­da Page Hamil­ton, Macken­zie Broo­ke Smith, Rich McDo­nald, Mad­die Has­son, Lar­ry Mil­ler, Tra­vis Wes­ter u.a.
Regie & Dreh­buch: Bob­cat Goldthwait
Kame­ra: Brad­ley Stonesifer
Bild­schnitt: Jason Ste­wart, David Hopper
Musik: Matt Kollar
zir­ka 107 Minuten
USA 2011

Pos­ter­aus­schnitt Fan­tasy Film­fest Co­py­right Ro­se­bud En­ter­tain­ment Ver­an­stal­tungs und Me­dien GmbH
Pro­mo­fo­tos Copy­right Magno­lia Pictures

AutorIn: Bandit

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