Fantasy Filmfest 2012: THE AWAKENING

Drei Jah­re nach dem ers­ten Welt­krieg. Mil­lio­nen Eng­län­der haben ihr Leben ver­lo­ren. Wenn es eine Zeit für Geis­ter gab, dann die­se. Flo­rence Cath­cart ist eine eman­zi­pier­te Frau, Autorin und Exper­tin für vor­ge­täusch­te Geis­ter­er­schei­nun­gen. Mit Sean­cen und spi­ri­tu­el­len Hokus­po­kus ist in die­ser Zeit in Eng­land viel Geld zu ver­die­nen.

Flo­rence Carth­cart unter­stützt die Poli­zei bei deren Bemü­hun­gen, Schar­la­ta­ne und Kriegs­ge­winn­ler in Sachen Geis­ter und Kon­tak­ten zur Zwi­schen­welt zu ent­lar­ven. Flo­rence muss aber auch fest­stel­len, dass vie­le Hin­ter­blie­be­ne lie­ber betro­gen wer­den und mit fal­scher Hoff­nung ihr See­len­heil suchen, anstatt sich über den gut bezahl­ten Unfug auf­klä­ren zu las­sen. Anders bei Leh­rer Robert Mal­lo­ry von einem Inter­nat in Rookford/​England, der genau die­se Exper­tin an der Schu­le braucht, um den Fall eines ver­stor­be­nen Schü­lers zu klä­ren. Denn des­sen Geist ver­setzt die ande­ren Schü­ler in pani­sche Angst­zu­stän­de.

Nick Mur­phy war vor AWAKENING als Regis­seur ledig­lich fürs Fern­se­hen tätig. Das soll kein Qua­li­täts­merk­mal sein, könn­te aber die eine oder ande­re Schwä­che in sei­nem mit Ste­phen Volks ver­fass­ten Dreh­buch, und der eigent­li­chen Insze­nie­rung erklä­ren. Das eine wäre eine gewis­se Behä­big­keit, die nicht mit der  klas­si­schen Insze­nie­rung ver­wech­selt wer­den darf, wel­cher sich AWAKENING unter­wor­fen hat. Zwar baut der Film immer wie­der neue Span­nungs­mo­men­te auf, aber man hat nie das Gefühl, Nick Mur­phy hät­te es dabei sehr eilig gehabt. Im Hand­lungs­ab­lauf wird die auf­kei­men­de Bezie­hung zwi­schen Flo­rence und Robert klar von den Gru­sel-Sequen­zen getrennt. Ein sich ergän­zen­des Inein­an­der­grei­fen bei­der Ebe­nen, hät­te den Film span­nen­der und auch flüs­si­ger gemacht.

Die Kame­ra von Edu­ard Grau taucht den Film in ein herr­lich mor­bi­des Stahl­grau, wel­ches die Stim­mung bes­tens unter­stützt. Wäh­rend die Kame­ra­füh­rung selbst kei­nen eige­nen Stil fin­det, gelingt es Grau den­noch sehr effek­tiv in man­chen Bil­dern den ver­meint­li­chen Geist nur als Andeu­tung erschei­nen zu las­sen. Dabei bür­det er dem Zuschau­er  die Unsi­cher­heit auf, ob es sich nur um einen Schü­ler oder doch eine Erschei­nung han­delt. Lei­der ver­zich­tet auch AWAKENING nicht auf schril­le Dezi­bel, wenn etwas uner­war­tet im Bild erscheint. Der Film hät­te sich hier tat­säch­lich inno­va­tiv gegen ein nicht tot zu bekom­men­des Kli­schee stel­len kön­nen, was die unheim­li­che Stim­mung noch ver­stärkt hät­te.

AWAKENING ist ein ansehn­li­cher Film, mit wir­kungs­vol­len Span­nungs­mo­men­ten, etwas ein­fa­chen Bil­dern und her­vor­ra­gen­den Schau­spie­lern, deren Cha­rak­ter auch nicht erklär­te Marot­ten haben dür­fen. Das leich­te Stot­tern von Robert Mal­lo­ry zum Bei­spiel. Aber AWAKENING hat als Auf­lö­sung auch eine unum­gäng­li­che Wen­dung. Die­se Wen­dung ist nicht wirk­lich schlecht, aber auch weit ent­fernt von ori­gi­nell. Hier könn­te man noch­mals an Nick Mur­phys Fern­seh-Kar­rie­re erin­nern, denn so wirkt die Umset­zung der über­ra­schen­den Wen­dung auch wie eine Epi­so­de aus einer die­ser belie­bi­gen Gru­sel-Seri­en. Zwar wur­den wäh­rend des Ver­laufs immer wie­der Hin­wei­se ein­ge­streut, die­se gaben dem Zuschau­er aber kein Rät­sel auf. Es feh­len die­se Momen­te, die der Hand­lung und der spä­te­ren Auf­lö­sung vor­aus­grei­fen. Die­se spe­zi­el­len Ideen eben, die beim Zuschau­er den Wunsch frei­set­zen, den Film unter dem Gesichts­punkt der über­ra­schen­den Wen­dung noch ein­mal anzu­se­hen. Wenn man es den­noch täte, gäbe es nicht den über­ra­schen­den Aspekt, dass Sze­nen plötz­lich einen ganz ande­ren Sinn erge­ben wür­den.

AWAKENING hat kei­nen deut­schen Ver­lei­her gefun­den, und fei­ert sei­ne ein­zi­gen Lein­wand­aus­flü­ge auf dem Fan­ta­sy Film­fest. Auch eine deut­sche DVD-Ver­öf­fent­li­chung ist noch unge­wiss, wobei der Film als Eng­land-Import bereits zu erwer­ben ist. Das ist inso­fern Scha­de, weil es immer wie­der weit schlech­te­re Ver­tre­ter des Hor­ror-Films ins Kino schaf­fen. Dabei kann es so schön sein, Flo­rence Cath­cart dabei zu beob­ach­ten, wie sie mit Foto­ap­pa­ra­ten, Elek­tro­mess­ge­rä­ten, Glöck­chen an Bind­fä­den und Pul­ver auf dem Fuss­bo­den, auf Geis­ter­jagd geht. Das hat durch­aus etwas. AWAKENING hät­te um Län­gen bes­ser sein kön­nen, macht ihn aber zu kei­nem schlech­ten Film. Nur zu einem Film mit ver­meid­ba­ren Schwä­chen.

THE AWAKENING
Dar­stel­ler: Rebec­ca Hall, Domi­nic West, Imel­da Staun­ton, Isaac Hemp­s­tead Wright, Lucy Cohu, John Shrapnel, Dia­na Kent, Richard Dur­den, Alfie Field u.a.
Regie: Nick Mur­phy
Dreh­buch: Nick Mur­phy, Ste­phen Volk
Kame­ra: Edu­ard Grau
Bild­schnitt: Vic­to­ria Boy­dell
Musik: Dani­el Pem­ber­ton
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Jon Hen­son
zir­ka 107 Minu­ten
Groß­bri­tan­ni­en 2011
Pro­mo­fo­tos Copy­right Opti­mum Releasing /​ Stu­dio Canal
Pos­ter­aus­schnitt Fan­tasy Film­fest Co­py­right Ro­se­bud En­ter­tain­ment Ver­an­stal­tungs und Me­dien GmbH

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