EXODUS: Spoiler und Verrat

Poster Exodus

EXODUS: GODS AND KINGS – Bun­des­start 25.12.2014

Nach ALIENS und BLADE RUNNER kratzt Rid­ley Scott als Regis­seur immer wie­der das Attri­but Meis­ter­werk nur an. Auch wenn BLACK HAWK DOWN ein ger­ne zitier­ter Film ist, geht es um span­nen­de und mit­rei­ßen­de Action. Immer ver­ste­cken sich die­se klei­nen »aber«. Mit AMERICAN GANGSTER kam er viel­leicht sei­nem Ruf als Aus­nah­me­re­gis­seur wie­der ein­mal am nächs­ten, wenn­gleich KÖNIGREICH DER HIMMEL weit mehr Auf­merk­sam­keit erreg­te. Und danach aus­ge­rich­tet scheint auch die Pro­duk­ti­on von EXODUS. Nicht nur vom opu­len­ten Spek­ta­kel her, son­dern ganz inten­siv in der Optik. Sla­wo­mir Idzi­ak hat bei BLACK HAWK DOWN auf sehr star­ke Kon­tras­te gesetzt, und eine auf­fal­lend nach unten gezo­ge­ne Gam­ma­kor­rek­tur, die das Bild dunk­ler, aber immer noch sehr deut­lich erschei­nen lässt. John Mathie­son hat das mit Rid­ley Scott für KÖNIGREICH DER HIMMEL erfolg­reich über­nom­men. Bei Dari­usz Wol­skis Bild­ge­stal­tung für EXODUS, zeigt sich die­ses Mar­ken­zei­chen Scotts schon etwas abge­tra­gen, allein schon des­halb, weil der Look unwei­ger­lich und immer wie­der an KÖNIGREICH DER HIMMEL erin­nert. Und gleich­be­deu­tend dar­auf hin­weist, wel­cher der bes­se­re Film von bei­den ist.

Ach­tung! Ab hier wird auf Hand­lung und Hand­lungs­ver­läu­fe ein­ge­gan­genFin­del­kind Moses und Thron­prinz Ram­ses sind nicht nur als Brü­der erzo­gen, son­dern füh­len sich auch vom Her­zen her ver­bun­den. Gemein­sam zie­hen sie in Schlach­ten und ver­tei­di­gen Ägyp­ten vor mög­li­chen Fein­den. Ram­ses selbst­re­dend als Hee­res­füh­rer und Moses als sein Adju­tant. Da kommt eine Pro­phe­zei­ung sehr unge­le­gen, dass ein Anfüh­rer von einem Gefolgs­mann geret­tet wird, der dar­auf­hin selbst zum Anfüh­rer wer­den soll. Der Thron­er­be ver­liert die Lie­be zu sei­nem Bru­der nicht, wird aber immer miss­traui­scher gegen­über Moses, als die­ser Ram­ses bei einer Schlacht tat­säch­lich das Leben ret­tet.  Durch Spio­ne wird zudem bekannt, dass Moses’ Ursprung hebrä­isch ist, wor­auf Ram­ses kei­ne ande­re Wahl bleibt, als ihn aus dem Land zu jagen. Schließ­lich sind die Hebrä­er seit hun­der­ten von Jah­ren das Skla­ven­volk der Ägyp­ter, unter­jocht, gequält, geschun­den, und tyran­ni­siert. Moses fin­det der­weil ein neu­es Leben, hei­ra­tet, und bekommt einen Sohn. Bis er eine weit bedeu­ten­de­re Begeg­nung hat, und die wah­re Auf­ga­be in sei­nem Lebens erfährt.

Man kann nicht sagen, dass sich Rid­ley Scott beim Erzäh­len Zeit lässt. Es gibt genü­gend opti­sche Schau­wer­te und gehalts­schwan­ge­re Dia­lo­ge in der ers­ten von zwei­ein­halb Stun­den, dass man anneh­men muss, Scott will den Zuschau­er ver­ges­sen machen, eigent­lich in einem Bibel­film zu sit­zen. Aber das wird der Zuschau­er schwer über­ge­hen kön­nen, wenn er in die­ser ers­ten Stun­de immer wie­der den Namen Moses hört. Und von denen gab es in der Geschich­te nicht sehr vie­le. Zwi­schen vie­len Ahhs und Ohhs schleicht sich immer wie­der die Fra­ge, wann denn die Geschich­te ein­setzt, die man sonst immer zu hören bekommt. Gleich­zei­tig fällt auf, dass die Kampf­sze­nen weit weni­ger impo­sant und auf­re­gend insze­niert sind, wie sie einen in KÖNIGREICH DER HIMMEL zum Stau­nen brach­ten. Zudem schafft es der Film nicht, dem Zuschau­er eine Über­sicht über den Ver­lauf der Schlacht zu ver­mit­telt. Vie­les scheint will­kür­lich zu pas­sie­ren – und eine anstei­gen­de Dra­ma­tik lässt Scott dabei ver­mis­sen.

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Eine Neu­ver­fil­mung älte­rer Stof­fe recht­fer­tigt sich immer in der Regel dadurch, dass man neue Aspek­te und moder­ne Ansich­ten mit ein­flie­ßen lässt, oder bes­ten­falls die alte Erzäh­lung in einen geschicht­lich aktu­el­len Kon­text setzt. An letz­te­rem ver­sucht sich Bil­ly Richs Dreh­buch erst gar nicht. Aber mit sei­nem gött­li­chen Auf­trag, erhält Moses auch eine bis­her unbe­kann­te Wesens­än­de­rung. Denn er wei­gert sich hart­nä­ckig, zu glau­ben tat­säch­lich hebräi­scher Abstam­mung zu sein, und schwankt so zwi­schen sei­ner gött­li­chen Beru­fung, und sei­nem aner­zo­ge­nen Glau­ben. Immer wie­der strei­tet er mit Gott, stellt ihn in Fra­ge, und for­dert ihn her­aus. Das ist wirk­lich nicht sehr tief­grün­dig, aber immer wie­der span­nend, weil man ver­sucht zu erah­nen, was auf eine die­ser Aus­ein­an­der­set­zun­gen fol­gen könn­te. Wie die Macher die Dar­stel­lung Got­tes umsetz­ten, ist sicher nicht die ori­gi­nells­te aller Ideen, aber durch­aus effek­tiv und in gewis­ser Wei­se nach­voll­zieh­bar. Aller­dings rich­tet sich die deut­sche Syn­chro­ni­sa­ti­on in ihrer lächer­li­chen Umset­zung an die­ser Stel­le kom­plett gegen den Film.

Dass Moses mit einer Hand­voll hebräi­scher Auf­stän­di­scher erst ein­mal in Gue­ril­la-Manier die Pha­rao­nen­stadt heim­sucht, ist dann wie­der sehr gewöh­nungs­be­dürf­tig. Das erweckt aus­schließ­lich den Ein­druck, sich dem Zeit­geist anzu­pas­sen, anstatt eine wirk­li­che Neu­in­ter­pre­ta­ti­on wagen zu wol­len. Raf­fi­niert wird es mit dem Beginn der sie­ben Pla­gen. Sind die­se nach bibli­scher Über­lie­fe­rung natür­lich Got­tes eige­nes Werk, setzt das Dreh­buch die­ser The­se einen Bera­ter des Pha­ra­os ent­ge­gen, der die Pla­gen und ihren Zusam­men­hang immer wie­der auf logi­sche Wei­se, gewis­ser­ma­ßen wis­sen­schaft­lich, erklä­ren kann. Immer wie­der ver­sucht die Hand­lung rea­lis­ti­sche, von Reli­gi­on unbe­ein­fluss­te, Wege zu fin­den, um somit ganz klar den bibli­schen Cha­rak­ter von einem mis­sio­na­ri­schen Eifer zu tren­nen. Was nur stre­cken­wei­se gelingt, ist der Aus­zug der Hebrä­er aus Ägyp­ten eben einer der bekann­tes­ten Geschich­ten des Alten Tes­ta­ments im all­ge­mei­nen Wis­sens­schatz. Und selbst unter der Regie eines Rid­ley Scott, bleibt eine Bibel­ver­fil­mung ein Bibel­film.

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Der Film, also sol­cher wun­der­bar anzu­se­hen und zu genie­ßen, lei­det an ganz ande­ren Män­geln. Das ist sein unste­ter Ver­lauf, und die Ungleich­ge­wich­tung der Hand­lung. So wei­tet sich zum Bei­spiel der Span­nungs­bo­gen um die Tei­lung des Roten Mee­res, viel zu unver­hält­nis­mä­ßig lan­ge aus. Und wenn die Flu­ten über der Armee des Ram­ses zusam­men schla­gen, wäre das Volk der Hebrä­er eigent­lich end­gül­tig frei und in Sicher­heit. Aber anstatt hier ein ver­nünf­ti­ges Ende zu fin­den, ver­sucht der Film noch einen glück­lo­sen Abriss der fol­gen­den vier­zig Jah­re, in denen die Hebrä­er die Wüs­te durch­strei­fen. In des­sen Ver­lauf gibt Gott Moses die zehn Gebo­te mit auf den Weg, und die­se Sze­ne gehört eigent­lich zu einer der bes­ten und ein­dring­lichs­ten im Film, wenn es um die Aus­ein­an­der­set­zung mit Gott geht. Aller­dings ist sie in einen Teil von EXODUS gepresst, den der Film eigent­lich gar nicht mehr bräuch­te. Oder die Macher hät­ten sich eine hal­be Stun­de mehr gegönnt, um die ent­beh­rungs­rei­che Suche nach dem gelob­ten Land ange­mes­sen zu inter­pre­tie­ren. Was bleibt, ist aller­dings nur über­has­te­tes Stück­werk, das die Geschich­te voll­endet, aber für den Kern des Films irrele­vant bleibt.

Nein, dies ist nicht KÖNIGREICH DER HIMMEL, und es fehlt die künst­le­ri­sche Kom­ple­xi­tät von BLACK HAWK DOWN oder AMERICAN GANGSTER. Von ALIEN und BLADE RUNNER soll­te man gar nicht erst reden. Aber am Ende von EXODUS hat man den­noch das Gefühl, eine alte Geschich­te wirk­lich im neu­en Gewan­de erlebt haben zu dür­fen. Am Meis­ter­werk wird aller­dings auch hier wie­der nur vor­bei­ge­schrammt. Aber es ist kein Film, für den man Geld sinn­los aus­gibt. Außer für den Auf­preis von 3D, weil es auch hier, wie in 95% aller Block­bus­ter, kei­ner­lei Nenn­wert hat. Aber in Zei­ten wie die­sen, wo es sich einer Mode­er­schei­nung gleich aus­nimmt, sich aus Prin­zip gegen das Kon­zept eines Got­tes zu stel­len, einen hoch­prei­si­gen Block­bus­ter zu gene­rie­ren, das zeugt von viel Mut und Selbst­ver­trau­en. Ein Selbst­ver­trau­en, wel­ches alle Betei­lig­ten nutz­ten, um einen zu kei­nem Zeit­punkt lang­wei­li­gen Film zu schaf­fen, der mit bes­tens besetz­ten Dar­stel­lern und über­zeu­gen­den Pro­duk­ti­ons­auf­wand sein Publi­kum bei Lau­ne hal­ten kann. Was man hier als Makel und Schwä­che anmer­ken kann, wäre bei ver­gleich­ba­ren Pro­jek­ten ande­rer Fir­men eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Aber EXODUS ist von Rid­ley Scott.

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EXODUS
Dar­stel­ler: Chris­ti­an Bale, Joel Edger­ton, Aaron Paul, Ben King­s­ley, Sigour­ney Wea­ver, Indi­ra Var­ma, John Tur­tur­ro u.v.a.
Regie: Rid­ley Scott
Dreh­buch: John Adam Coo­per, Bill Col­la­ge, Jef­frey Cai­ne, Ste­ve Zail­li­an
Kame­ra: Dari­usz Wol­ski
Bild­schnitt: Bil­ly Rich
Musik: Alber­to Igle­si­as
150 Minu­ten
USA – Groß­bri­tan­ni­en – Spa­ni­en 2014
Pro­mo­fo­tos Copy­right Twen­tieth Cen­tu­ry Fox of Ger­ma­ny

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