Er ist zurück! ASTERIX BEI DEN PIKTEN

Cover Asterix bei den Pikten

Einer der belieb­tes­ten Comic­hel­den hat­te es lan­ge Zeit schwer. Lei­der ent­spra­chen die letz­ten Alben um den durch Zau­ber­trank unbe­zwing­ba­ren Gal­li­er ASTERIX und sei­nen nicht dicken Freund Obe­lix sowie die ande­ren kau­zi­gen Bewoh­nern jenes gal­li­schen Dor­fes nicht mehr den Vor­stel­lun­gen der Fans und der ver­zwei­fel­te Ver­such, sich zu moder­ni­sie­ren ging lei­der fürch­ter­lich in die Hose. Der ers­te Aus­rut­scher war der im Jahr 1983 erschie­ne­ne Band DER SOHN DES ASTERIX, danach wur­de es 1987 mit ASTERIX IM MORGENLAND noch­mal bes­ser, aber danach ging es übelst berg­ab. Ein Tief­punkt wur­de erreicht mit GALLIEN IN GEFAHR, in dem man gera­de­zu dis­ney­esk mit Ali­ens und Super­hel­den spiel­te. Uner­träg­lich. Damit ist es 26 Jah­re her, dass wir uns über einen les­ba­ren und wit­zi­gen ASTE­RIX-Band freu­en durf­ten.

Der Erwar­tungs­hal­tung war eben­so groß wie die Skep­sis, als vor eini­ger Zeit ange­kün­digt wur­de, es wer­de einen neu­en ASTERIX geben, der nicht vom Erfin­der und Zeich­ner Albert Uder­zo gestal­tet wer­den wür­de, son­dern von den bei­den Fran­zo­sen Jean-Yves Fer­ri (Autor) und Didier Con­rad (Zeich­ner). Konn­te das gut­ge­hen? Das frag­te ich mich als Leser der ers­ten Stun­de, ich erhielt mei­nen ers­ten ASTERIX Ende der 1960er – noch bevor ich lesen konn­te. Auf der ande­ren Sei­te waren die Ideen Uder­zos – wie oben beschrie­ben – schon lan­ge nicht mehr das Gel­be von Zau­ber­trank und schlim­mer konn­te es kaum noch kom­men. Oder?

ASTERIX BEI DEN PIKTEN, Band 35 der Rei­he, ist am 24.10.2013 erschie­nen.

Jean-Yves Ferri
Jean-Yves Fer­ri

Und in mei­nen Augen ist das Kon­zept tat­säch­lich auf­ge­gan­gen. Ich habe auf der Frank­fur­ter Buch­mes­se eine Pres­se­kon­fe­renz des Egmont Eha­pa-Ver­lags besucht, auf der Zeich­ner und Autor samt Über­set­zer vor­ge­stellt wur­den. Die bei­den Macher des Hef­tes plau­der­ten aus dem Näh­käst­chen und man nahm ihnen unbe­se­hen ab, dass sie sich wirk­lich um eine adäqua­te Umset­zung und Moder­ni­sie­rung des neu­en Aste­rix bemüh­ten. Und auch dar­über, dass es selbst­ver­ständ­lich nicht ganz ein­fach ist, eine sol­che Iko­ne der Pop­kul­tur aus den Hän­den eines ihrer Schöp­fer zu über­neh­men. Und selbst­ver­ständ­lich hat­te Uder­zo wäh­rend der gesam­ten Zeit sei­ne Fin­ger auf der Ent­ste­hung und muss­te zu vie­lem gefragt wer­den – was wohl auch nicht immer ganz ein­fach war. Erschwe­rend kam hin­zu, dass man um die­ses Pro­jekt eine ganz gro­ße Geheim­nis­krä­me­rei aus­rief und auf gar kei­nen Fall etwas nach außen drin­gen durf­te. Über den Inhalt zu spre­chen war sogar noch bis ganz kurz vor der Ver­öf­fent­li­chung tabu.

Es sei mir hier der Ein­schub erlaubt, dass ich das für albern und rück­stän­dig hal­te. Heut­zu­ta­ge füt­tert man sei­ne Fans ins­be­son­de­re über das Web aber selbst­ver­ständ­lich auch über ande­re Medi­en mit Schnip­seln und Gim­micks aus dem neu­en Werk an und macht nicht ein sol­ches Geheim­nis­bo­hei dar­um.

Didier Conrad
Didier Con­rad

Wie auch immer: Die bei­den Künst­ler waren defi­ni­tiv moti­viert.

Und das merkt man ASTERIX BEI DEN PIKTEN in mei­nen Augen auch deut­lich an. Ich habe bei der Lek­tü­re mehr­fach laut los­ge­lacht, ein paar Mal hat­te ich sogar Lach­trä­nen in den Augen. Eine bes­se­re Maß­ein­heit für Qua­li­tät kann es mei­ner Ansicht nach wohl kaum geben, ich kann also defi­ni­tiv sagen: er hat mir gefal­len. Das mit dem Humor lässt im letz­ten Vier­tel etwas nach, das mag aber dar­an lie­gen, dass man hier die Geschich­te abschlie­ßen muss­te.

Der Zei­chen­stil ent­spricht dem­je­ni­gen, wie man ihn aus den Aste­rix-Bän­den der frü­hen 1970er kennt. Das ist so auch expli­zit gewollt gewe­sen, sag­te Zeich­ner Con­rad, man woll­te sich auf die wohl erfolg­reichs­te ASTE­RIX-Zeit bezie­hen. Und das klappt auch vor­treff­lich, rein von der Optik her fühlt man sich gleich wie zuhau­se.
An der Stel­le aber auch gleich ein ers­ter Kri­tik­punkt: die Tafeln am Anfang unter den Cha­rak­te­ren des Comics auf der Vor­stel­lungs­sei­te wir­ken in der deut­schen Fas­sung eben­so wie die Text­ta­fel unter der bekann­ten Kar­te Gal­li­ens lei­der lieb­los hin­ge­schlu­dert. Kei­ne beson­de­ren Rah­men und statt eines Hand­let­te­rings ein­fach nur gedruck­ter Text. Eben­falls unpro­fes­sio­nell, dass die Grü­ße Uder­zos und der Gos­cin­ny-Toch­ter am Anfang in einem Schreib­schrift-Font gesetzt wur­de, den man kaum ver­nünf­tig lesen kann. Wie kom­men Lay­ou­ter auf sowas?

Man sorgte für passende Musik
Man sorg­te für pas­sen­de Musik

Der Zei­chen­stil ist, wie gesagt, Nost­al­gie pur. Und diver­se der Gags zün­den auch, wie oben schon geschrie­ben bis hin zu Lach­trä­nen. Im Gro­ßen und Gan­zen bin ich auch mit der Sto­ry zufrie­den. Lei­der hat man den­noch den unter­schwel­li­gen Ein­druck, dass ent­we­der der Text des Ori­gi­nals oder die Über­set­zung hin­ter den genia­len Scher­zen der frü­hen Bän­de zurück blei­ben, und auch die Namens­ge­bung der Pik­ten hät­te an ein paar Stel­len tref­fen­der und wit­zi­ger aus­fal­len kön­nen. Man kann der­art vie­le gute Gags mit »Mac« machen …
Hier sehe ich durch­aus noch Poten­ti­al für eine wei­te­re Ent­wick­lung und in mei­nen Augen darf die deut­sche Aus­ga­be sich dabei auch ruhig ein wenig vom fran­zö­si­schen Ori­gi­nal ent­fer­nen. Ich ver­ste­he die Spra­che, in der ASTERIX ver­fasst wird, nicht und kann des­we­gen nicht ermes­sen, ob die stel­len­wei­se vor­han­de­nen Elo­quenz­schwä­chen auf die Ursprungs­fas­sung oder die Über­set­zung zurück­zu­füh­ren sind. Es bleibt aber die Quint­essenz: Hier ist mehr mög­lich.
Ein wei­te­rer Kri­tik­punkt ist, dass die »Hör­ren« Aste­rix und Obe­lix sich für mei­nen Geschmack ein paar Mal zu oft und vor allem etwas unmo­ti­viert anbrül­len. In den alten Hef­ten geschah das begrün­de­ter und hier erscheint das ein wenig belie­big und über­stra­pa­ziert.

Jean-Yves Ferri, Didier Conrad und  Klaus Jöken (Übersetzer)
Jean-Yves Fer­ri, Didier Con­rad und Klaus Jöken (Über­set­zer)

Bevor jetzt aber ein fal­scher Ein­druck ent­steht: ASTERIX BEI DEN PIKTEN ist ein höchst unter­halt­sa­mer ASTERIX, der in bei­na­he alter Form gera­de­zu reinkar­niert ist. Man muss den bei­den »Erben« in mei­nen Augen unbe­dingt die Chan­ce geben noch einen wei­te­ren zu rea­li­sie­ren, denn sie sind defi­ni­tiv auf dem rich­ti­gen Weg, um aus der Serie wie­der einen Erfolg zu machen, der an die frü­hen Zei­ten anknüpft. Lasst euch nicht von den Lang­wei­lern bei angeb­li­chen Kul­tur­blät­tern wie bei­spiels­wei­se der Zeit beein­flus­sen, wel­che behaup­ten, die gesam­ten Gags wären platt. Die sol­len gefäl­ligst bei ihrer ein­ge­bil­de­ten Hoch­kul­tur blei­ben und sich nicht ver­geb­lich bemü­hen, Pop­kul­tur zu ver­ste­hen. Natür­lich sind etli­che der Gags platt, nimmt man aber einen der frü­he­ren ASTE­RIX-Bän­de zur Hand, dann wird einem der­glei­chen dort auch begeg­nen. Die­ser ist der ers­te einer Neu­erschaf­fung, wenn da mal noch nicht alles so rund ist, dann kann man guten Gewis­sens dar­über hin­weg sehen, die Macher ler­nen näm­lich noch. Und wenn sie tat­säch­lich aus ihren Feh­lern ler­nen, dann wird der nächs­te noch bes­ser, als die­ser hier ohne­hin schon ist. Und auch den Hard­core-Fans kann man es natür­lich nicht recht machen. Das kann man nie.

Fazit: Mei­ner Ansicht nach kön­nen Fans (nicht Fana­ti­ker, die haben eh immer was zu Meckern) beden­ken­los zugrei­fen. Das ist der bei Wei­tem bes­te ASTERIX seit IM MORGENLAND. Ich hof­fe sehr, dass Fer­ri und Con­rad noch ein­mal die Mög­lich­keit erhal­ten, einen wei­te­ren Band zu rea­li­sie­ren, denn sie haben die­se äußerst schwie­ri­ge Auf­ga­be durch­aus gut gemeis­tert und gin­gen in den Fuß­stap­fen nicht ver­lo­ren. Einen wei­te­ren ASTERIX bit­te, gern auch so schnell wie mög­lich. Und viel­leicht kann es ja hel­fen, Uder­zo weni­ger Ein­fluss ein­zu­räu­men, auch wenn das respekt­los klin­gen mag – ich habe ein wenig den Ein­druck, dass er der Geor­ge Lucas von ASTERIX sein könn­te, was nega­ti­ven Ein­fluss angeht …

Ich ver­ge­be acht von zehn Hin­kel­stei­nen. Bit­te aus­bau­en. Beim Teu­ta­tes!

[cc]

p.s.: Angeb­lich soll Band 35 als ers­ter Aste­rix über­haupt auch als eBook vor­lie­gen. Lei­der war bis zum Redak­ti­ons­schluss für die­sen Arti­kel jedoch kei­ne Spur davon zu fin­den, weder bei Ama­zon noch auf ande­ren Platt­for­men.

p.p.s.: Grund gefun­den: zumin­dest die Kind­le-Aus­ga­be hat­te laut der Rezen­sio­nen auf Ama­zon eine der­art schlech­te Qua­li­tät, dass die­se offen­bar zurück­ge­zo­gen wur­de. Ich kann nur ver­mu­ten, dass das auch für die ande­ren eBook-Aus­ga­ben gilt. Viel­leicht hät­te man bei der Umset­zung jeman­den fra­gen sol­len, der sich mit so etwas aus­kennt …

grafik_asterix

ASTERIX BEI DEN PIKTEN
Jean-Yves Fer­ri (Autor) und Didier Con­rad (Zeich­ner)
Aste­rix von René Gos­cin­ny und Albert Uder­zo
Comic
Soft­co­ver und Hard­co­ver, 48 Sei­ten
24.10.2013
EUR 12,00 (Hard­co­ver)
EUR 6,50 (Soft­co­ver)
ISBN 978–3770436354 (Hard­co­ver)
ISBN 978–3841364357 (Soft­co­ver)
Egmont Eha­pa Ver­lag

Cover ASTERIX BEI DEN PIKTEN und Pro­mo­gra­fik Aste­rix und Obe­lix Copy­right Egmont Eha­pa Ver­lag, Bil­der von der Pres­se­kon­fe­renz Ste­fan Holz­hau­er CC BY-NC-SA

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4 Kommentare zu „Er ist zurück! ASTERIX BEI DEN PIKTEN“

  1. Wahr­lich, du sprichst mir aus der See­le! Ich kann mich die­ser Rezi nur anschlie­ßen!
    (Abge­se­hen davon, das mir der Sohn des Aste­rix bes­ser gefällt das das Mor­gen­land ;-)

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