DER PLAN – hätte einen selbigen benötigt

Kinoplakat DER PLAN

- ohne Spoi­ler geht nichts -

Zwei sich unbe­kann­te Men­schen tref­fen das ers­te Mal auf­ein­an­der. Die­ses Auf­ein­an­der­tref­fen wirkt auf den viel­ver­spre­chen­den Poli­ti­ker David Nor­ris der­art inspi­rie­rend, dass er noch am sel­ben Abend von sei­nem Script abweicht und impro­vi­sie­rend die Rede sei­nes Lebens hält. Als jüngs­ter Anwär­ter auf einen Sena­to­ren-Platz sichert ihm die­se Rede schon jetzt die Wahl, die noch ein paar Jah­re vor­aus liegt.

Das eine wäre ein Dia­log, das ande­re eine Rede, die bei­de so geschlif­fen, durch­dacht und per­fekt im Dreh­buch geschrie­ben sein müss­ten, dass der Zuschau­er die Aus­gangs­si­tua­ti­on die­ses Films wirk­lich nach­emp­fin­den kann. Weder Dia­log noch Rede sind in Phil­ip K. Dicks Kurz­ge­schich­ten­vor­la­ge beschrie­ben, es gibt kei­nen Poli­ti­ker, kei­ne geheim­nis­vol­le Frau, und Dicks Haupt­cha­rak­ter Ed Flet­cher hat nicht das Gerings­te mit David Nor­ris aus dem Film gemein.

Aber wie häu­fi­ger bei Umset­zun­gen von Dicks Geschich­ten taugt die Idee weni­ger zur direk­ten Umset­zung als zum Wei­ter­den­ken und Inter­pre­tie­ren. Und auch hier, mit dem ADJUSTMENT TEAM, wird die Wahr­neh­mung in Fra­ge gestellt, das Ver­trau­te in unse­rem Leben ver­dreht und die Fra­ge nach dem frei­en Wil­len essen­zi­ell. Regis­seur und Dreh­buch­au­tor Geor­ge Nol­fi hat wei­ter­ge­dacht, hat sich inspi­rie­ren las­sen und gebraucht Dicks Geschich­te ganz nach dem Tenor der Vor­la­ge.

Bevor die geheim­nis­vol­len »Sach­be­ar­bei­ter« in Nor­ris« Leben plat­zen und ver­su­chen, ein erneu­tes Zusam­men­tref­fen mit der Bal­lett­tän­ze­rin Eli­se zu »regu­lie­ren«, steht Nol­fis selbst erdach­ter Ein­stieg in die Geschich­te vor­an. Wie begna­det muss ein Autor sein, dass er den ange­spro­che­nen Dia­log und die Rede schrei­ben kann, nicht nur, um die Glaub­wür­dig­keit der Geschich­te auf­zu­bau­en, son­dern um die­se Glaub­wür­dig­keit mit den Cha­rak­te­ren über den Film hin­weg zu trans­por­tie­ren. Er kann es nicht. Geor­ge Nol­fi ist eher das Glück zuteil gewor­den, mit Matt Damon und Emi­ly Blunt zwei Dar­stel­ler ver­pflich­tet zu haben, deren Che­mie nicht bes­ser funk­tio­nie­ren könn­te. Und zusam­men kön­nen Blunt und Damon dem Zuschau­er alles ver­kau­fen. In jün­ge­rer Kino­ge­schich­te hat es seit Cloo­ney und Far­mi­ga in UP IN THE AIR, kein Film­paar gege­ben, das so fan­tas­tisch auf­ein­an­der reagier­te. Hier stimmt jede Nuan­ce des mit­ein­an­der Inter­agie­rens, dass sie jeden Dia­log neben­säch­lich erschei­nen las­sen oder den Ein­kaufs­zet­tel als epi­sches Gedicht ver­kau­fen könn­ten.

Doch die »Regu­lie­rungs­be­hör­de« muss auf alle Fäl­le ein Wie­der­se­hen der bei­den Figu­ren ver­hin­dern, denn der Plan sieht eine ande­re Zukunft für den Poli­ti­ker Nor­ris vor. Eine Bezie­hung mit der auf­stre­ben­den Tän­ze­rin wür­de die poli­ti­sche Kar­rie­re in fal­sche Rich­tun­gen len­ken. Durch eine unent­schuld­ba­re Unauf­merk­sam­keit eines »Beam­ten« wird David Nor­ris auf die Exis­tenz die­ser die Welt len­ken­den Behör­de auf­merk­sam. Doch kon­se­quent wei­gert er sich, dem Plan Fol­ge zu leis­ten, was schließ­lich auch dem »Vor­stands­vor­sit­zen­den« sau­er auf­stößt, sodass die­ser einen ganz hart­nä­cki­gen »Scha­dens­re­gu­lie­rer« in den Außen­dienst schickt.

Sind wir also gar nicht Her­ren, oder Damen, unse­res eige­nen Schick­sals? Die Regu­lie­rungs­be­hör­de han­delt geschickt im Hin­ter­grund. Ein ver­pass­ter Bus, ein ver­schüt­te­ter Kaf­fee, der Unfall eines Drit­ten. Alles, um zeit­li­che Abläu­fe so zu koor­di­nie­ren, dass der vor­be­stimm­te Weg des Plans ein­ge­hal­ten wird. Sehr unspek­ta­ku­lär hat Geor­ge Nol­fi sei­nen Film insze­niert. Kei­ne über­bor­den­den Effek­te, auch wenn es sich ange­bo­ten hät­te. Die Kame­ra gerät nicht außer Kon­trol­le, son­dern ord­net sich der Geschich­te unter. Kasia Walick­as Kos­tüm­de­sign ist schlicht­weg geni­al und lässt die Gren­zen von Zeit und Epo­che flie­ßend erschei­nen. Viel­leicht kein Zufall, dass aus­ge­rech­net John Slat­tery als »Abtei­lungs­lei­ter« im MAD-MEN-Look scheint, als käme er direkt aus der Serie, für die er schon drei­mal mit dem Emmy nomi­niert war.

Mit sei­nem eher nüch­ter­nen Blick auf die Behör­de und sei­ner fast schlich­ten, aber stim­mi­gen Insze­nie­rung, wäre genug Poten­zi­al vor­han­den gewe­sen, wirk­lich gran­dio­ses Kopf­ki­no zu erzeu­gen. Viel­leicht hät­te es sogar ein Film wer­den kön­nen, der, weil er einen Schritt zurück­tritt, ganz weit nach vor­ne sehen las­sen kann. Aber lei­der gehört DER PLAN zu den Fil­men, die im letz­ten Drit­tel aus­ein­an­der­bre­chen. Nol­fi demon­tiert sei­ne eige­ne Geschich­te von Schick­sal und Zufall, indem er bei­des außer Kraft setzt, um sei­ne Prot­ago­nis­ten einer Hetz­jagd zu unter­zie­hen, wel­che die Grund­idee ad absur­dum führt. Gekrönt wird das Ende des Films mit einer Auf­lö­sung, die jeden Ansatz zunich­te macht, phi­lo­so­phi­sche Gedan­ken mit nach Hau­se zu tra­gen.

In der zehn­sei­ti­gen Kurz­ge­schich­te fun­giert sogar ein spre­chen­der Hund als Sach­be­ar­bei­ter, das wirkt ein klein wenig gro­tesk, zumin­dest sehr skur­ril. Geor­ge Nol­fi hat als Autor das Ver­hal­ten des Hun­des und der dar­aus resul­tie­ren­den Ereig­nis­se tat­säch­lich auf eine mensch­li­che Figur über­tra­gen kön­nen. Aber er hat nicht die­sen glaub­haf­ten, inspi­rie­ren­den Dia­log geschrie­ben, auch nicht die über­grei­fen­de, emo­tio­na­le Rede. Nol­fis Plan sah wesent­lich mehr in der Geschich­te, als er letzt­lich umset­zen konn­te.

DER PLAN – THE ADJUSTMENT BUREAU ist kein schlech­ter Film, er ist mit fan­tas­ti­schen Dar­stel­lern wun­der­bar insze­niert. Er baut Span­nung auf und hält die Atmo­sphä­re. Sogar ein ame­ri­ka­ni­sches Pos­ter­mo­tiv ver­sprüht den nost­al­gi­schen Charme des 60er-Jah­re-Kinos. Aber an kei­ner Stel­le kommt der Film über die­ses gewis­se Etwas hin­aus, das ande­re Adap­tio­nen nach Phil­ip K. Dicks Vor­la­gen beim Zuschau­er hin­ter­las­sen haben. Hat­te am Ende die Behör­de für die­sen Film einen ande­ren Plan?

Szenenfoto ADJUSTMENT BUREAU

DER PLAN – THE ADJUSTMENT BUREAU
Dar­stel­ler: Matt Damon, Emi­ly Blunt, John Slat­tery, Antho­ny Mackie, Micha­el Kel­ly, Terence Stamp u.a.
Regie und Dreh­buch: Geor­ge Nol­fi, nach Phil­ip K. Dicks ADJUSTMENT TEAM
Kame­ra: John Toll
Bild­schnitt: Jay Rabi­no­witz
Musik: Tho­mas New­man
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Kevin Thomp­son
Kos­tü­me: Kasia Wali­cka
zir­ka 105 Minu­ten
USA /​ 2011
Uni­ver­sal Pic­tures

 

Bild­quel­len:
Kino­pla­kat & Sze­nen­fo­to Copy­right Uni­ver­sal Pic­tures

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen