BLUE BEETLE

BLUE BEETLE – Deutsch­land­start 17. August 2023

Spoi­ler­frei

Man könn­te mich fra­gen, ob ich denn aus dem FLASH-Desas­ter epi­schen Aus­ma­ßes nichts gelernt habe, dass ich mir noch­mal einen Super­hel­den­film aus dem Hau­se DC im Kino anse­he, statt zuhau­se dar­über zu fei­xen? Ant­wort: Ich fand den Trai­ler ganz anspre­chend. Der sah … anders aus. Und sonst läuft nix …

Und:

Mei­ne Güte. Dass ich das noch erle­ben darf. Ein rich­tig gei­ler DC-Super­hel­den­film, der (fast) alles rich­tig macht und den Ver­gleich mit dem gro­ßen Kon­kur­ren­ten nicht scheu­en muss. Das Bemer­kens­wer­te dar­an: Er wur­de pro­du­ziert, bevor James Gunn den Laden über­nahm und gehört eigent­lich zum DCEU. Gunn sag­te aber bereits, dass er den Film als nicht zum DCEU gehö­rig anse­he, son­dern zu sei­nem »reboo­ted DC Uni­ver­se«. Xolo Mari­dueña soll die Rol­le in die­sem Set­ting erneut über­neh­men (dass es wei­ter gehen wird, sug­ge­riert auch die After Credits-Szene).

Und das ist auch sehr gut so!

Nach den Trai­lern hät­te man anneh­men kön­nen, dass es sich bei BLUE BEETLE um eine bil­li­ge Mar­vel-Kopie han­delt. Tat­säch­lich wäre das aber unfair, denn zum einen gibt es bestimm­te Ver­satz­stü­cke in Superheld°Innenfilmen ein­fach und es gibt Dupli­zi­tä­ten, die kei­ne Pla­gia­te dar­stel­len. Zum ande­ren ent­wi­ckelt die­ser Film aber auch eine erfreu­li­che Indi­vi­dua­li­tät und es ist eben kei­ne gute Mar­vel-Kopie, son­dern ganz für sich allei­ne ein pri­ma Film.

Der ers­te ganz gro­ße Kunst­griff bei BLUE BEETLE ist, dass man sich des gan­zen DC-Bal­lasts mit sei­nen gro­ßen Namen und Hin­ter­grün­den kom­plett ent­le­digt hat. Super­man, Bat­man oder The Flash wer­den ein­mal in Neben­sät­zen genannt und das wars. Damit muss sich die­ser Origin-Superheld°Innenfilm nicht an der DC-His­to­rie ver­zet­teln, son­dern kann sich ganz auf sei­ne Prot­ago­nis­ten und die Hand­lung kon­zen­trie­ren und sei­ne Geschich­te erzäh­len. Und – mal ehr­lich – außer von Comic-Afi­ci­o­na­dos hat­te von die­sem Hel­den sicher vor­her kaum jemand etwas gehört. Das mag an sei­nem Hin­ter­grund lie­gen, denn eigent­lich han­delt es sich ursprüng­lich gar nicht um einen DC-Hel­den. Man könn­te ihn aller­dings aus YOUNG JUSTICE kennen.

Der zwei­te Kunst­griff ist, dass sich die­ser Film auf Lati­nos kon­zen­triert, genau­er gesagt auf mexi­ka­ni­sche Ein­wan­de­rer in die und in den USA. Damit beschrei­tet er ähn­li­ches Ter­rain, wie Mar­vel bei den bei­den BLACK PAN­THER-Strei­fen oder mit SHANG-SHI. Und wie Mar­vel ver­ste­hen es Regis­seur Angel Manu­el Soto (Puer­to Rico) und Dreh­buch­au­tor Gareth Dun­net-Alco­cer (Mexi­ko), mit mexi­ka­nisch­stäm­mi­gen Lati­nos und deren Kul­tur äußerst respekt­voll umzu­ge­hen. Hat­te man aus den Trai­lern noch ange­nom­men, die Fami­lie sei­en nur die komi­schen Figu­ren als Comic Reli­ef am Ran­de zur dra­ma­ti­schen Sto­ry, sind die alle tat­säch­lich die gan­ze Zeit sinn­voll in die­sen Film ein­ge­bun­den. Fami­lie ist wich­tig. Und sogar Onkel Rudy, der tat­säch­lich anfangs als Ver­schwö­run­gen auf Akte-X-Niveau ver­brei­ten­der Zau­sel auf­tritt, kann im Ver­lauf zei­gen, dass er tat­säch­lich was auf dem Kas­ten und nicht ganz Unrecht hat. Davon abge­se­hen ist es tat­säch­lich trotz­dem so, dass aus Jai­mes Fami­lie ein paar wirk­lich umwer­fen­de Gags kom­men. Aber eben als sinn­vol­ler, geziel­ter und tref­fen­der Humor, und eben nicht, um die Lati­nos lächer­lich zu machen. Dazu kommt ganz viel Lokal­ko­lo­rit, zahl­lo­se unter­ti­tel­te Pas­sa­gen in Spa­nisch und jede Men­ge Latino-Musik.

In ande­ren Super­hel­den-Fil­men sind Fami­li­en Staf­fa­ge. Hier sind sie zen­tra­ler Punkt.

Dass das gut funk­tio­niert, kann man allein dar­an erken­nen, dass die Lati­no-Com­mu­ni­ty BLUE BEETLE fei­ert und Alt-Right in den USA tobt (und wie üblich ver­sucht, den Film mit kon­zer­tier­ten Aktio­nen auf den ein­schlä­gi­gen Platt­for­men abzu­wer­ten). Alles rich­tig gemacht, wür­de ich sagen.

Fast alle Haupt­dar­stel­len­den haben rich­tig Spaß und es macht genau­so viel Spaß, ihnen zuzu­se­hen. Xolo Mari­dueña ist sym­pa­thisch und kann die Ori­gin-Geschich­te tra­gen, weil man ihm sei­ne Über­for­de­rung und sein Hin­ein­fin­den pro­blem­los abkauft und weil er trotz dei­ner Jugend die not­wen­di­ge Prä­senz für den Cha­rak­ter mit­bringt. Bru­na Mar­que­zi­ne kann als Jen­ny Cord in jeder Hin­sicht gegen ihn anspie­len und ist ein facet­ten­rei­cher, star­ker Frau­en­cha­rak­ter an Jai­mes´ Sei­te. Geor­ge Lopez beherrscht das Amal­gam aus trot­te­li­gem Onkel und kom­pe­ten­tem Hel­fer mit wit­zi­ger Leich­tig­keit. Als High­light ist mir ins­be­son­de­re Belis­sa Esco­be­do in Erin­ne­rung geblie­ben, die die vor­lau­te Schwes­ter gibt, dass es eine hel­le Freu­de ist.  Die­se jun­ge Schau­spie­le­rin wür­de ich gern in Zukunft in vie­len wei­te­ren Rol­len sehen. Die Spiel­freu­de ist bei allen groß, auch bei denen aus der Fami­lie Reyes, die ich jetzt nicht genannt habe, und das Timing sitzt. Über die Oma (Adria­na Bar­raza) wol­len wir hier gar nicht erst reden, weil das Spoi­ler her­aus­for­dern wür­de … Und dar­über, dass Raoul Max Tru­ji­l­lo in der Rol­le des Cara­pax nur holz­schnitt­ar­ti­ge Cha­rak­ter­zü­ge und mini­ma­lis­ti­sche Auf­trit­te zuge­stan­den bekom­men hat, kann man hin­weg­se­hen, denn das ist rol­lenim­ma­nent und wird gegen Ende zumin­dest ein wenig korrigiert.

Lei­der muss man kon­sta­tie­ren – und das ist für mich der ein­zi­ge Feh­ler in die­sem gran­dio­sen Film – dass Sus­an Saran­don in der Rol­le der Ant­ago­nis­tin eine gran­dio­se Fehl­be­set­zung ist. Denn irgend­wie schien die kei­nen Bock gehabt zu haben und lei­der merkt man ihr an, dass sie ihn ihrem Spiel weit hin­ter ihren Fähig­kei­ten zurück bleibt. Sie spielt die Figur der Vic­to­ria Cord ein­fach zu unin­spi­riert, zu … bock­los. Ent­we­der hät­te der Cha­rak­ter noch coo­ler und berech­nen­der rüber­kom­men müs­sen, oder alter­na­tiv noch viel mehr over the top mit reich­lich Over­ac­ting. Es kann aber auch sein, dass ihre deut­sche Syn­ch­ro zu dem Pro­blem bei­getra­gen hat (die Syn­chro­ni­sa­ti­on war übri­gens ansons­ten im Gro­ßen und Gan­zen sehr anspre­chend). Glück­li­cher­wei­se sind ihre Auf­trit­te in BLUE BEETLE nicht all­zu häufig.

Was man erhält ist eine quir­li­ge, opu­len­te, aber gleich­zei­tig auch sehr geer­de­te Super­hel­den­ge­schich­te, die sich erfreu­lich vom grim­dar­ken »gewollt-aber-nicht-gekonnt«-Overkill der bis­he­ri­gen Fil­me aus dem DCEU abhebt (mit den bei­den posi­ti­ven Aus­nah­men WONDER WOMAN und AQUAMAN). Das ist in mei­nen Augen tat­säch­lich auf Mar­vel-Niveau und kann ins­be­son­de­re mit eini­gen der neue­ren Kon­kur­renz­pro­duk­te des Mit­be­wer­bers, die an Fea­ture-Creep und über­gro­ßem Hand­lungs­bo­gen zu lei­den haben, pro­blem­los mit­hal­ten oder sie auf­grund der Leich­tig­keit der Insze­nie­rung sogar … über­flü­geln (pun inten­ded). Auch die Län­ge ist mit ganz knapp über zwei Stun­den genau rich­tig, es kommt kei­ne Lan­ge­wei­le auf und trotz auch ruhi­ger Pha­sen ist BLUE BEETLE durch­ge­hend anspre­chend, was auch an der sau­be­ren Kame­ra­ar­beit und dem Schnitt liegt, die die Zuschaue­rin nie über­for­dern und trotz stel­len­wei­se über­bor­de­ner Action immer schö­ne Foci set­zen und das Gan­ze stän­dig gut ver­folg­bar machen.

Es ist schon bemer­kens­wert, wenn man sagen muss, dass DC rich­tig gut ist, wenn man sich nicht an den omni­prä­sen­ten Über­hel­den abar­bei­tet, wenn man nicht mit aller Kraft unbe­dingt alles rich­tig machen will (und am eige­nen Anspruch immer wie­der schei­tert), son­dern all das ein­fach mal hin­ter sich lässt. Das The­ma einem puer­to­ri­ca­ni­schen Regis­seur über­tra­gen zu haben, hat sicher­lich eine Men­ge geholfen.

Was BLUE BEETLE von ande­ren DC-Fil­men in ers­ter Linie unter­schei­det: Er hat ganz viel Herz.

Ich freue mich auf die Fortsetzung.

BLUE BEETLE
Beset­zung: Xolo Mari­dueñaBru­na Mar­que­zi­neBecky GDamián Alcá­zarGeor­ge LopezAdria­na Bar­razaBelis­sa Esco­be­doElpi­dia Car­ri­l­loSus­an Saran­donHar­vey Guil­lénRaoul Max Tru­ji­l­lo u.v.a.m.
Regie: Angel Manu­el Soto
Dreh­buch: Gareth Dun­net-Alco­cer
Pro­du­zen­ten: Zev Fore­manJohn Rickard
Aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: Gar­rett GrantWal­ter Hama­daGalen Vais­man
Kame­ra: Pawel Pogor­zel­ski
Schnitt: Craig Alpert
Musik: The Haxan Cloak (als Bob­by Krlic)
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Jon Bil­ling­ton
Cas­ting: Chel­sea Ellis BlochMari­sol Roncali
127 Minuten
USA 2023

Pro­mo­fo­tos Copy­right War­ner Bros.

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