Bandit bespricht: PALM SPRINGS

Strea­ming bei AMAZON & SKY etc. – DVD / Blu-ray ab 9. Juli 2021

Nicht ein ein­zi­ger Film der sich mit Zeit­schlei­fen und sich unend­lich wie­der­ho­len­den Tagen befasst, kommt um den einen, den unver­meid­li­chen, Ver­gleich her­um: MURMELTIERTAG! Dabei war Punx­su­taw­ney-Phil schon viel län­ger bekannt, das Ereig­nis gibt es schließ­lich schon seit 1887. Und 1993 war sicher­lich nicht das Jahr, wo das ers­te mal ein Film zu die­sem The­ma der beson­de­ren Zeit­rei­se ins Kino kam. Aber er kam, sah und sieg­te. Und das zu Recht. Und so zieht man, ähn­lich wie all­jähr­lich Mur­mel­tier Phil aus sei­nem Bau, jedes mal die Harold-Ramis-Komö­die her­an, wenn sich wie­der Fil­me­ma­cher an die­sem längst als »Mur­mel­tier­tag« eta­blier­ten Sub-Gen­re ver­ge­hen. Und was soll man über PALM SPRINGS sagen – er besteht.

PALM SPRINGS lässt Andy Sam­berg wie­der ein­mal aus sei­ner BROOKLYN NINE-NINE Dau­er­lei­den­schaft aus­bre­chen und er darf als gestran­de­ter Nyl­es eine Hoch­zeits­ge­sell­schaft auf Vor­der­mann brin­gen. Immer und immer wie­der, jedes­mal mit ande­ren Abson­der­lich­kei­ten, wie er ande­ren einen per­fek­ten Tag ver­mie­sen kann. Macht ja nichts, am nächs­ten Mor­gen ist wie­der alles auf Null gesetzt. Für alle ande­ren ist die­ser Tag das ers­te und letz­te Mal, für Nyl­es das zig tau­sends­te, und eben nicht das letz­te Mal. Und weil Nyl­es zwecks Abwechs­lung jeden Tag indi­vi­du­ell gestal­tet, ist beim Ein­set­zen des Films nicht vor­her­zu­se­hen, dass ihm heu­te die Braut­schwes­ter Sarah in eine mys­te­riö­se Höh­le fol­gen wird. Sozu­sa­gen der Ein­lass zu der sich täg­lich wie­der­ho­len­den Zeit­schlei­fe. Fort­an kön­nen oder müs­sen sie gemein­sam den Hoch­zeits­tag wie­der­ho­len. Und zusam­men kann man noch viel mehr Blöd­sinn anstellen.

PALM SPRINGS‚ Prin­zip die­ser end­lo­sen Schlei­fen ist natür­lich schwer bis gar nicht zu erklä­ren. Ande­re Fil­me tun das auf ganz ange­streng­te Wei­se, nur dass sich die­se dann mit mehr Erklä­rungs­ver­su­chen noch mehr in die Logik­fal­le stol­pern. Andy Sia­ras wirk­lich run­des Dreh­buch und Max Bar­ba­kows sehr geschmei­di­ge, leicht­fü­ßi­ge Insze­nie­rung erklä­ren nur soviel, dass es für den Zuschau­er zum Ver­ständ­nis des Pro­zes­ses genügt. Wie lässt sich auch ein Phä­no­men ver­nünf­tig erklä­ren, wo es wis­sen­schaft­lich so vie­le The­sen dazu gibt, wie Spiel­fil­me mit die­sem The­ma. Grund­sätz­lich unter­lie­gen doch Zeit­rei­sen jeder Art nur der Ord­nung ihrer eige­nen Bedürfnisse.

PALM SPRINGS behan­delt in ers­ter Linie die ver­ständ­lichs­te, dafür garan­tiert spa­ßigs­te Opti­on im Fal­le eines sol­chen Dilem­mas. Man lebt die Frei­heit rich­tig aus, weil es ohne Kon­se­quen­zen bleibt. Das hat Bill Mur­ray auch schon getan, mit dem Unter­schied, dass die­ser einer sozio­lo­gi­schen Bestim­mung fol­gen muss­te. Sarah und Nyl­es wei­chen von die­sem Pfad etwas ab. Es ist offen­sicht­lich, dass die Macher ihr gro­ßes Vor­bild nicht ein­fach kopie­ren wol­len. Aber genau­so offen­sicht­lich wol­len Sia­ra und Bar­ba­kow auch wis­sen las­sen, von wel­cher Quel­le ihre Inspi­ra­ti­on und Absicht gespeist wur­de. Selbst wenn sie mög­li­cher­wei­se Gefahr lau­fen, am Sta­tus eines unan­ge­foch­te­nen Kino­den­kmals zu schei­tern. Was aber letzt­end­lich ausbleibt.

 

PALM SPRINGS ist wahn­sin­nig unter­halt­sam und ori­gi­nell erzählt. Soll­ten Gags tat­säch­lich ein­mal etwas flach aus­fal­len, haben Sam­berg und Cris­tin Mili­o­ti die Sze­nen stets mit ihrem umwer­fen­den Gespür für Situa­ti­on und Timing im Griff. Der gran­di­os cho­reo­gra­fier­te Tanz Nyl­es‘ durch die Hoch­zeits­ge­sell­schaft. Die zwei über­wäl­ti­gen­den Zwi­schen­ru­fe bei Jena Fried­mans Kurz­auf­trit­ten als Bedie­nung. Ein­schlä­ge von Dosen­bier im Swim­ming­pool, die wie in einem Kriegs­film insze­niert sind. Es pras­selt auf das Publi­kum ein, dass man sich spä­ter schwer tut, die bes­ten Ein­fäl­le zu reka­pi­tu­lie­ren. Seicht und ein­falls­los wird der Film zu kei­ner Zeit, dafür nimmt er sein hoch­tou­ri­ges Tem­po im drit­ten Akt zurück, wird besinn­li­cher und roman­ti­scher. Zuerst wird man davon etwas irri­tiert, beginnt auch den pau­sen­los schnel­len Rhyth­mus zu ver­mis­sen, doch ist es zum Bes­ten von Film und Unter­hal­tungs­wert. Es ist letzt­end­lich auch für die emo­tio­na­le Ver­bun­den­heit zwin­gend. Bar­ba­kow und Sia­ra hät­ten das Feu­er­werk an unge­brems­ten Spaß nicht hal­ten kön­nen, oder das Publi­kum wäre ermü­det worden.

PALM SPRINGS macht sei­nen Besu­chern nichts vor, es läuft natür­lich nur auf das eine hin­aus. Wo Bill Mur­ray sei­nen vor­ge­ge­be­nen Weg allei­ne bestrei­ten muss, dür­fen Andy Sam­berg und Cris­tin Mili­o­ti auf sehr ein­neh­men­de und char­man­te Wei­se ihr Ziel gemein­sam erkun­den. Und der Spaß, den sie beim Dreh hat­ten, über­trägt sich unge­bremst auf die Lein­wand. Doch nicht nur an der Humor­front erobert PALM SPRINGS den Zuschau­er. Es ist maß­geb­lich auch die schnitt- und bild­tech­ni­sche Umset­zung wel­che einem etwas Beson­de­res erle­ben lässt. Max Bar­ba­kow kann mit schnel­len Schnit­ten, fein dar­auf abge­stimm­ten Bild­ein­stel­lun­gen und einer wah­ren insze­na­to­ri­schen Cho­reo­gra­fie viel erzäh­len und erläu­tern, wo man ander­orts end­lo­se Dia­lo­ge für not­wen­dig hal­ten würde.

PALM SPRINGS ist aber nicht das Abzieh­bild von sinn­be­frei­ten und nur auf Effekt aus­ge­rich­te­ten Vide­os von jugend­be­stim­men­den Inter­net-Platt­for­men. Er ist sehr viel intel­li­gen­ter und tief­grün­di­ger als der ers­te Ein­druck ver­mu­ten lässt. Und er gibt wirk­lich ganz gemei­ne Denk­auf­ga­ben mit auf den Weg jen­seits des Abspanns. Lei­der fris­tet der Film haupt­säch­lich ein ein­sa­mes Dasein im Heim­ki­no. Wie unbe­zahl­bar wer­den hier Film­fes­ti­vals, wo einem das gro­ße Glück beschie­nen ist, die­sen Film in der Form zu sehen wie es eigent­lich gehört – in einem nach den vor­ge­ge­be­nen Regeln gefüll­ten Kino, mit einer Hor­de eben­so unter­hal­te­ner und lachen­den Gleich­ge­sinn­ter. Das ruft dann gleich einen gan­zen Saal auf den Plan: Was sagt die älte­re Frau wäh­rend der Fei­er zu Sarah? Und gibt es noch Dino­sau­ri­er in Palm Springs?

PALM SPRINGS
Dar­stel­ler: Andy Sam­berg, Cris­tin Mili­o­ti, J.K. Sim­mons, Peter Gal­lag­her, Mer­edith Hagner, Tyler Hoech­lin, Cami­la Men­des u.a.
Regie: Max Barbakow
Dreh­buch: Andy Siara
Kame­ra: Quy­en Tran
Bild­schnitt: Andrew Dick­ler, Matt Friedman
Musik: Matthew Compton
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Jason Kisvarday
90 Minuten
Hong­kong – USA 2020

Bild­rech­te: HULU via IMDb

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