Bandit bespricht: FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE

PET SEMATARY – Bun­des­start 04.04.2019

Dicke, gut plat­zier­te Nebel­schwa­den, sehr star­kes Gegen­licht, schon ist sie fer­tig, die alt­her­ge­brach­te Gru­sel­stim­mung. Effek­te fast so alt wie das Kino selbst. Und noch immer funk­tio­niert es.
Da hät­te sich die Fami­lie Creed vor­her bes­ser umse­hen sol­len. Von Bos­ton zie­hen sie in das beschau­li­che Lud­low, Mai­ne. Ein Städt­chen mit schö­nen Ein­fa­mi­li­en­häu­sern und bezau­bern­den Vor­gär­ten. End­lich die­se Ruhe und Behag­lich­keit, um dem Groß­stadt­rummel zu ent­flie­hen. Wäre da nicht unweit von Lud­low die Che­mie­fa­brik von Orinco, deren Trucks unge­bremst die Land­stra­ße 15 her­un­ter gedon­nert kom­men. Selbst die betu­lichs­te Klein­stadt hat eben so ihre Schön­heits­feh­ler, Lud­low die Stra­ße und sehr viel Wald im Hin­ter­land. Und bei­des geht schein­bar Hand in Hand.

Ste­phen King hat eine viel zu gro­ße und ein­ge­schwo­re­ne Fan­ge­mein­de, dass sich jede Aus­ein­an­der­set­zung mit sei­nen Wer­ken auto­ma­tisch ins Nega­ti­ve kehrt. Der Fan ist mit Ver­fil­mun­gen von Kings Roma­nen ein gebrann­tes Kind, und selbst die Rezen­sen­ten kom­men an Ver­glei­chen zum Buch nicht vor­bei, wel­ches immer der Gewin­ner ist. Die Nicht­le­ser haben die­ses Pro­blem nicht, las­sen aber oft auch kein gutes Haar an den Fil­men. Rühm­li­che Aus­nah­men sind unter ande­rem MISERY, CUJO, DOLORES, oder DEAD ZONE. Und wer objek­tiv blei­ben kann, der dürf­te Kölschs und Wid­mey­ers FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE in die­se Rei­he mit ein­ord­nen. Es ist Ste­phen Kings effek­tivs­ter Roman was Span­nung und Gru­sel angeht. Wobei sich dies selbst­ver­ständ­lich als sub­jek­ti­ve Äuße­rung versteht.

Sofern hat auch Dreh­buch­au­tor Jeff Buh­ler den Roman dahin­ge­hend aus­ge­dünnt, dass die Essenz mit ihren Span­nungs­ele­men­ten erhal­ten blieb, ohne die Lauf­zeit stra­pa­zie­ren zu müs­sen, oder dem Zuschau­er wich­ti­ge Details vor­zu­ent­hal­ten. Matt Green­berg adap­tier­te die Sto­ry für die Lein­wand. Die krea­ti­ve Wech­sel­wir­kung von ihm mit Buh­ler ist aber nicht nach­voll­zieh­bar. Was einer von bei­den ver­bro­chen hat, ist die Abän­de­rung des Endes. Wie ein Film so werk­ge­treu sein kann, und jemand dann aus­ge­rech­net beim Schluss die eige­ne Krea­ti­vi­tät in den Vor­der­grund drängt, ist schlei­er­haft. Wobei King selbst noch eine wei­te­re Alter­na­ti­ve für den Schluss parat hatte.

Der nicht schlecht beschäf­tig­te, aber den­noch unbe­kann­te­re Kame­ra­mann Lau­rie Rose taucht den gan­zen Film in düs­te­re Bil­der. Selbst das Idyll der trau­ten Fami­lie ver­mei­det Son­nen­schein. Von Anfang an ver­brei­tet Rose Unbe­ha­gen und atmo­sphä­risch düs­te­re Stim­mung. Aber wenigs­tens eini­ge Sze­nen hät­ten posi­ti­ver den Fami­li­en­ver­bund und die neue Hei­mat aus­schmü­cken kön­nen. Umso effek­ti­ver wäre die plötz­li­che Kon­fron­ta­ti­on mit dem Grau­en gewe­sen. Über drei­ßig Jah­re lie­gen zwi­schen der Ver­öf­fent­li­chung der Vor­la­ge und die­sem Film. Er ist also ein Kind der neu­en, eben sei­ner Zeit, wo die Unter­hal­tungs- und Seh­ge­wohn­hei­ten sich ihrem Ziel­pu­bli­kum fast schon anbie­dern. Daher wird FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE Fil­men wie CUJO oder MISERY nie­mals das Was­ser rei­chen kön­nen, aber er lie­fert, was man sich ver­spricht. Er glei­tet nicht in Unfug ab, oder stellt auch nicht die Geduld auf Probe.

Jason Clar­ke ist ja kein Unbe­kann­ter mehr, sein soli­des Spiel und sei­ne Prä­senz als gequäl­te Vater­fi­gur bringt er, wie in sei­nen ande­ren Fil­men, sehr rou­ti­niert ein. Was aller­dings kei­ne blo­ße Wie­der­ho­lung sei­ner bis­he­ri­gen Rol­len ist, auch hier merkt man, dass Clar­ke bei Kör­per­spra­che und Mimik mehr zuhau­se ist, als im Dia­log. Wie Mut­ter Rachel, für die Amy Sei­metz sogar noch weni­ger Dia­log zuge­stan­den wird, sie über­zeugt aber ein­dring­lich mit vie­len Nuan­cen. Die­ses Eltern­paar macht FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE fast schon zum fes­seln­den Dra­ma, wobei der gestan­de­ne Hor­ror nie zu kurz kommt.

Neben dem lei­der abge­än­der­ten Schluss, kommt im Film eine ande­re wich­ti­ge Kom­po­nen­te zu kurz, und das ist die Moti­va­ti­on für bestimm­te Figu­ren. Auch eini­ge, weni­ge Logik­lö­cher tun sich auf, die auf­grund der Span­nung leicht über­se­hen wer­den. Nichts­des­to­trotz ist FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE eine äußerst über­ra­schen­de und effek­ti­ve Vari­an­te im Einer­lei des oft­mals blut­lee­ren Hor­ror-Gen­res. Das Spiel mit dem Schre­cken, was treu­sor­gen­den Eltern so wider­fah­ren kann, hät­te Ste­phen King bei­na­he dazu gebracht, die­sen Roman gar nicht zu ver­öf­fent­li­chen. Er hat es weit tief­grün­di­ger und scho­ckie­ren­der zu Papier gebracht, als es ein Film mit sei­ner beschränk­ten Lauf­zeit zu schaf­fen ver­mag. Doch auch hier funk­tio­niert der Film, wenigs­tens in sei­nem Rahmen.

Hor­ror ist nicht nur ein Schreck­ge­spenst, wel­ches mit Gekrei­sche ins Bild springt, oder wenn sich Fon­tä­nen aus Blut ergie­ßen. Hor­ror kann auch die­se unter­schwel­li­ge Ebe­ne sein, die fast uner­kannt mit dem Offen­sicht­li­chen ein­her­geht. Kölsch und Wid­mey­er konn­ten auf­grund ihrer Ver­pflich­tung, kei­nen Film fürs Kunst­ki­no machen. Dafür schöpf­ten sie aus dem Vol­len, um die­sen Ver­pflich­tun­gen wenigs­tens einen Schritt vor­aus zu sein, und den Erwar­tun­gen gerecht zu werden.

FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE – PET SEMATARY
Dar­stel­ler: Jason Clar­ke, Amy Sei­metz, John Lith­gow, Jeté Lau­rence, Hugo Lavoie, Obs­sa Ahmed u.a.
Regie: Kevin Kölsch, Den­nis Widmeyer
Dreh­buch: Jeff Buh­ler, nach Ste­phen Kings Roman
Kame­ra: Lau­rie Rose
Bild­schnitt: Sarah Broshar
Musik: Chris­to­pher Young
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Todd Cherniawsky
101 Minuten
USA 2019

Pro­mo­fo­tos Copy­right Para­mount Pictures

AutorIn: Bandit

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