Vor 65 Millionen Jahren war da dieser Meteorit. Der hatte eine Aufgabe, die er in diesem Film ordentlich vermasselt. Er fliegt an der Erde vorbei, was die Dinosaurier nur mit einem halbherzigen Blick wahrnehmen. Die Evolution kann ungestört weitergehen. Und das ist doch eine wunderbare Geschichte, gerade für einen Film von Pixar. Eine echte Herausforderung. Die Herausforderung wurde zu einer der wohl leidgeprüftesten Produktionen aus dem Studio, das mit TOY STORY oder OBEN Filmgeschichte schrieb. Sechs Jahre war ARLO & SPOT in Produktion. Der Regisseur musste ausgewechselt werden. Das Drehbuch erfuhr immer wieder Überarbeitungen. Am Ende wurde sogar noch einmal das ganze Konzept überarbeitet. Und gerade in dieser Zeit gab es eine dramatische Umstrukturierung im eigenen Haus. ARLO & SPOT war ein geprügeltes Kind. Was man leider auch merkt.
Seit dem Meteoriten sind einige tausend Jahre vergangen. Eine Familie von Apatosauriern hat sich Landwirtschaft angeeignet. Der jüngste von ihnen ist Arlo, ein ängstliches, scheues und unsicheres Bürschchen. Aber Momma und Poppa haben ihn trotzdem gerne. Selbstverständlich, wir sind bei Pixar. Doch Poppa kommt nicht umhin, mit dem Sohn einmal ein ernstes Wörtchen wegen dessen Angst-vor-allem zu reden. Was zu einer tragischen Kette von Ereignissen führt, die Arlo letztendlich von seiner Familie trennen wird. Ohne einen Funken Selbstsicherheit, ist der kleine Apatosaurier auf sich gestellt. Doch da bekommt er unerwartet Hilfe von einem seltsamen Wesen, das nur heulen kann, und sich auf allen Vieren fortbewegt. Es ist ein menschliches Kind. Und erst jetzt beginnt das wirkliche Abenteuer, auf dem mühseligen Weg nach Hause.
ARLO & SPOT ergötzt sich an bildgewaltigen Naturaufnahmen, atemberaubenden Landschaften, die staunen lassen. Das wirft allerdings gleich die Frage auf, warum man sich derart bemühte photorealistische Hintergründe zu schaffen, die Apatosaurier aber aussehen lässt, als ob sie aus der Form einer Legofigur gegossen wären. Ohne Frage funktioniert die Mimik bei Arlo ganz überzeugend. Aber warum er nicht etwas mehr wie ein richtiger Dinosaurier aussehen darf, erschließt sich nicht wirklich.
ARLO & SPOT hat viele wunderbare, magische Momente, die einen im Herzen gefangen nehmen und berühren. Wie die Szenen mit den Glühwürmchen, oder wenn Arlo und Spot sich ohne Worte erklären, was mit ihren Familien passiert ist. Doch an anderen Stellen will der Film einfach zu viel, wo man ihm dann auch die Last seiner Produktionsgeschichte anmerkt. Der Spannungsmoment mit Wasser und reissenden Flüssen wird einfach viel zu oft und ausladend bemüht. Dann strengt sich Regisseur Peter Sohn enorm an, jede traurige Szene auch so traurig wie möglich zu inszenieren. Es wird das bestmögliche an Emotionen herangezogen. Weinende Kinder im Publikum sind alles andere als eine Ausnahme. Das wird im Verlauf nicht nur überstrapaziert, sondern ein wenig anstrengend, wenn jede Szene auf das tiefste ihrer möglichen dramatischen Wirkung ausgepresst wird.
Eigentlich ist ARLO & SPOT kein wirklich schlechter Film. Ein sehr gut animierter Pixar-Film, welcher deren Formeln von wahrer Freundschaft und inneren Werten gut nachkommt. Grundsätzlich bleibt es aber auch strittig, ob ARLO & SPOT wirklich als Kinderfilm geeignet ist. Zu intensiv sind die emotionalen Werte, und mit 100 Minuten Laufzeit ist er zudem herausfordernd für die Aufmerksamkeitsspanne. Sagt nicht Papa-Saurier, »du musst die Angst überwinden, um die Schönheit auf der anderen Seite zu entdecken«. Das können weise Worte sein, sind aber im Kino nicht immer angebracht.
ARLO & SPOT – THE GOOD DINOSAUR
amerikanische Sprecher:
Raymond Ochoa – Arlo
Jack Bright – Spot
Sam Elliot – Butch
Anna Paquin – Ramsay
Jeffrey Wright – Poppa
Frances McDormand – Momma
Steve Zahn – Thunderclap
u.a.
Regie: Peter Sohn
Drehbuch: Meg LeFauve
Bildschnitt: Stephen Schaffer
Musik: Jeff Danna, Mychael Danna
Produktionsdesign: Harley Jessup
100 Minuten
USA 2015
Promofotos Copyright Walt Disney Motion Picture Studios