WORLD WAR Z wurde gewonnen

Poster World War Z

Fami­li­en­idyll am Mor­gen. Die Kin­der necken sich zum Spaß. Der Haus­mann berei­tet Früh­stück. In den Mor­gen­nach­rich­ten lau­fen Bei­trä­ge über Seu­chen und Aus­schrei­tun­gen in ande­ren Län­dern. Lie­be­vol­le Bli­cke zwi­schen Mann und Frau. Der ver­miss­te Stoff­ha­se wur­de auch wie­der gefun­den. War­um ist nie­mand beun­ru­higt über das, was im Fern­se­hen ver­brei­tet wird? Weil wir es eben­so gelas­sen hin­neh­men, wenn in Chi­na erneut die Vogel­grip­pe aus­bricht, oder in Syri­en Rebel­len erschos­sen wer­den. In der Fami­lie wird unbe­schwert das Wort Aus­nah­me­zu­stand dis­ku­tiert. Ger­ry Lane war frü­her auf der gan­zen Welt für die UN unter­wegs, um Kri­sen und Krie­ge ein­zu­schät­zen und zu ana­ly­sie­ren. Er hat genug gese­hen, dass ihm jetzt als Haus­mann die­ses Fami­li­en­idyll wich­ti­ger als alles ande­re ist. Der Film gibt die­sem Idyll kei­ne fünf Minu­ten. Dann bricht auf den Stra­ßen von Phil­adel­phia die Höl­le los. Ger­ry Lane gerät in eine Hetz­jagd, die uner­bitt­lich anhält und kei­ne Zeit zum Ver­schnau­fen erlaubt.

Regis­seur Marc Fors­ter weiß wie man Tem­po macht und Span­nung erzeugt. Das Timing bei WORLD WAR Z ist atem­be­rau­bend, und für den Zuschau­er eine ner­ven­zer­rei­ßen­de Ach­ter­bahn­fahrt. Lei­der ver­wa­ckelt und ver­schnei­det Fors­ter, wie schon bei QUANTUM TROST, eini­ge der Action­se­quen­zen zu einem unüber­sicht­li­chen Wust an Bil­dern. Etwas, dass der Regis­seur bei QUANTUM noch der kur­zen Post­pro­duk­ti­ons­zeit anlas­ten woll­te. Doch die Welt in WORLD WAR Z gerät des­we­gen nicht aus den Fugen. Nicht des­we­gen. Unauf­halt­sam peitscht die Hand­lung den Zuschau­er von einem Span­nungs­mo­ment zum nächs­ten, wenn Ger­ry Lane in Süd­ko­rea oder Isra­el ver­sucht die Ursa­che der welt­wei­ten Pan­de­mie zu ergrün­den. Das ist Action­ki­no aller­höchs­ter Güte. Man kennt die Bil­der von sich wie Amei­sen tür­men­den Zom­bies, oder wie die­se ver­su­chen sich wegen des Drangs nach Leben­den von Haus­dä­chern auf Heli­ko­pter zu stür­zen. Das sind zwei­fel­los gran­dio­se Bil­der, aber noch lan­ge nicht das gesam­te Poten­ti­al, mit wel­chem WORLD WAR Z aufwartet.

Immer wie­der gibt es Sequen­zen von unglaub­li­cher Inten­si­tät, wie die Plün­de­rung eines Super­mark­tes, die einen irra­tio­na­len Rea­lis­mus auf­zei­gen. Was geschieht tat­säch­lich im Bewusst­sein des Men­schen, wenn er sich einem unvor­stell­ba­ren Sze­na­rio gegen­über sieht? Alles ist mög­lich, und das ver­mit­telt der Film mit aller Kraft. Wäh­rend Ger­rys Rei­se fin­det sei­ne Fami­lie Schutz auf dem Füh­rungs­schiff der UN. Doch als der Füh­rungs­stab nur zwei Tage kei­ne Nach­richt mehr von Ger­ry erhält, wird die­ser für tot erklärt und sei­ne Fami­lie als »nicht exis­ten­zi­el­le Per­so­nen« umge­hend in ein nur bedingt siche­res Lager auf dem Fest­land umge­setzt. Da mag der Auf­schrei der Ent­rüs­tung noch so ange­bracht schei­nen. Aber auch dies gehört zu einer Welt, in der alles auf den Kopf gestellt wur­de, was der Mensch bis­her ratio­nal erklä­ren konn­te. Zum Ver­such von Sta­bi­li­tät und Ord­nung, gehö­ren auch unpo­pu­lä­re Maß­nah­men und Anweisungen.

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Erschre­cken­der­wei­se erhielt der Film in Ame­ri­ka eine PG-13, und in Deutsch­land eine 16er Alters­frei­ga­be. Da ist die Fra­ge gerecht­fer­tigt, wie ein Film über eine welt­wei­te Zom­bie-Pan­de­mie ohne ordent­lich Blut und Gekrö­se über­haupt funk­tio­nie­ren soll. Aber er tut es. Er funk­tio­niert dabei sogar bes­ser, als wenn die Macher in die Make-up-Kis­te gegrif­fen hät­ten. Es ist erstaun­lich wie effek­tiv Fors­ter gewis­se Sze­nen umge­setzt hat, dass die Vor­stel­lung von dem was man gera­de nicht sieht, wesent­lich schlim­me­re Ein­drü­cke hin­ter­lässt, als offe­ne Splat­ter-Momen­te. Zudem gibt es durch­weg immer wie­der sehr ver­stö­ren­de Auf­nah­men wäh­rend der ein­zel­nen Zom­bie-Atta­cken, die mehr Gän­se­haut erzeu­gen, als es blu­ti­ge Effek­te schaf­fen könn­ten. Immer wie­der bestä­tigt sich WORLD WAR Z als Action-Thril­ler ers­ter Güte, mit gehö­ri­gem Gru­sel­fak­tor. Nach end­lo­sen Hetz­jag­den um die hal­be Welt, die der Haupt­fi­gur eben­so wenig Luft zum atmen geben, wie dem mit­ge­ris­se­nen Zuschau­er, glaubt Ger­ry in Eng­land eine Lösung für das Pro­blem fin­den zu können.

In der letz­ten hal­ben Stun­de über­rascht der Film mit einer erzäh­le­ri­schen Wen­dung, die den dra­ma­tur­gi­schen Ver­lauf noch ein­mal auf­wer­tet. WORLD WAR Z kul­mi­niert in einer ner­ven­auf­rei­ben­den Sequenz, die den Ton des Film an genau der rich­ti­gen Stel­le noch ein­mal ändert. So fügen sich alle Ele­men­te zu einem fil­misch per­fek­ten Gan­zen zusam­men, das einen erstaun­lich stim­mi­gen Fluss bil­det. Man darf kei­ner­lei Rück­sicht dar­auf neh­men, wes­we­gen WORLD WAR Z eigent­lich in die Schlag­zei­len kam. Dies ist ein Film, wie ein Film sein soll. Bis auf eini­ge ver­wa­ckel­ten Action-Sequen­zen, per­fekt insze­niert, extrem kurz­wei­lig, aber vor allem unglaub­lich span­nend. Und wie er die Vor­stel­lungs­kraft des Zuschau­ers auf die Pro­be stellt, das ist Kino vom Feinsten.

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WORLD WAR Z
Dar­stel­ler: Brad Pitt, Mireil­le Enos, Dani­el­la Ker­tesz, James Badge Dale, David Mor­se, Ludi Boe­ken, Fana Mokoe­na, Abi­ga­il Har­gro­ve, Ster­ling Jerins, Fabri­zio Zach­a­ree Gui­do, Pier­fran­ces­co Favi­no u.a.
Regie: Marc Forster
Dreh­buch: Mat­thew Micha­el Car­na­han, Drew God­dard, Damon Lindelof
Kame­ra: Ben Seresin
Bild­schnitt: Roger Bar­ton, Matt Chesse
Musik: Mar­co Beltrami
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Nigel Phelps
zir­ka 116 Minuten
USA 2013
Pro­mo­fo­tos Copy­right Para­mount Pictures

AutorIn: Bandit

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