UNCHARTED

Mit Fil­men nach Com­pu­ter­spie­len ist das so eine Sache: All­zu oft blie­ben die hin­ter den Erwar­tun­gen zurück, nicht sel­ten weil man der­art viel Geld für die Lizen­zen bezahlt hat­te, dass offen­bar nicht mehr genug für ein brauch­ba­res Dreh­buch übrig war. Sony hat die­se Pro­ble­me mit UNCHARTED nicht, denn ihnen gehö­ren die Rech­te dar­an über Sony Online Enter­tain­ment ohnehin.

In der guten alten Zeit, die so gut tat­säch­lich nicht war, ging man ins Kino, ohne vor­her schon alles über einen Film erfah­ren zu haben und mach­te sich selbst ein Bild. Das mag zwar heu­te in Tei­len auch noch so gel­ten, aber übli­cher­wei­se erzäh­len uns Inter­net und Medi­en schon im Vor­feld, was ein Block­bus­ter zu sein hat und was nicht.

Dabei muss gar nicht alles auf Teu­fel komm raus als Block­bus­ter daher kom­men und Mil­li­ar­den­er­fol­ge an den Kino­kas­sen einspielen.

Reicht es nicht auch mal, wenn ein Film die Zuschaue­rin gut unterhält?

Ich den­ke wir müs­sen uns von dem Anspruch lösen, den uns in den ver­gan­ge­nen Jah­ren diver­se Mega-Pro­duk­tio­nen aus dem Hau­se Mar­vel und ande­ren auf­ge­zwun­gen habe: Dass es in jedem Film immer grö­ßer, schnel­ler, wei­ter, pom­pö­ser wird.

UNCHARTED ist mei­ner Ansicht nach ein gutes Bei­spiel dafür, dass auch Fil­me, die etwas klei­ner und mit gebrems­te­rem Schaum daher kom­men, abso­lut ihre Berech­ti­gung haben: Näm­lich uns einen unter­halt­sa­men Kino­abend zu ermöglichen.

Und nach mei­nem Emp­fin­den tut UNCHARTED das abso­lut, wenn auch mit klei­ne­ren Pro­ble­men in der Umset­zung. Nicht zu die­sen Pro­ble­men gehört, dass man tat­säch­lich nicht die aus dem Trai­ler erwar­te­te end- und pau­sen­lo­se Anein­an­der­rei­hung von Action­sze­nen bekommt, die man ver­mut­lich erwar­tet hät­te. Tat­säch­lich las­sen sich Regis­seur und Dreh­buch ver­blüf­fend viel Zeit für ruhi­ge Sze­nen, Unter­hal­tun­gen und das Lösen von Puz­zles (letz­te­res muss natür­lich auf­grund der Vor­la­ge auch zwin­gend sein), um dann ins­be­son­de­re gegen Ende so rich­tig auf­zu­dre­hen und uns dann maxi­ma­len Bull­shit zu prä­sen­tie­ren. Und das mit dem Bull­shit mei­ne ich nur inhalt­lich, wenn sämt­li­che phy­si­ka­li­schen Regeln außer Kraft gesetzt wer­den – was ich einer Com­pu­ter­spie­le­ver­fil­mung mit die­ser Vor­la­ge aber durch­aus ver­zei­he. Die ruhi­gen Sequen­zen über­for­der­ten die Teen­ager um mich her­um im Kino aller­dings so sehr, dass sie Zeit mit ihrem Mobil­te­le­fon ver­brach­ten. Ich bin ja nun selbst ein ziem­li­cher Online­jun­kie, aber wenn ich ins Kino gehe, dann gehe ich ins Kino. Doch ich schwei­fe ab.

Der Ansatz von UNCHARTED ist eine Mischung aus INDIANA JONES im Heu­te und Anlei­hen bei TOMB RAIDER. Bei­de waren auch ein­deu­ti­ge Vor­la­gen der Com­pu­ter­spie­le­rei­he, das erkennt man auch im Film immer wie­der, nicht zuletzt durch Kar­ten­über­flü­ge mit gestri­chel­ten Rou­ten­li­ni­en oder Parkour‑, Kletter‑, und Hangel-Einlagen.

Als noch ziem­lich jun­gen Nathan Dra­ke am Beginn sei­ner Aben­teu­rer­kar­rie­re bekom­men wir einen quir­lig auf­spie­len­den Tom Hol­land zu sehen, der sicht­lich Spaß an sei­ner Rol­le hat. Dazu steht lei­der im kras­sen Gegen­satz Mark Wahl­berg, der macht die gan­ze Zeit den Ein­druck, als habe er kei­nen Bock, oder sei ver­stimmt dar­über, dass nicht er die Haupt­rol­le spie­len darf. Erschwe­rend kommt hin­zu, dass er gefühlt wäh­rend des gesam­ten Films über einen Gesichts­aus­druck nicht hin­aus kommt. Ziem­lich ver­schwen­det Anto­nio Ban­de­ras und Tati Gabri­el­le, die in ste­reo­ty­pen, plat­ten Neben­rol­len ver­schlis­sen wur­den. Licht­blick ist dage­gen wie­der Sophia Ali als Chloe Fra­zer, die in der Lage ist, mit Tom Hol­land nicht nur als Stich­wort­ge­be­rin mit­zu­spie­len, son­dern auch zu bestehen und eigen­stän­dig zu agieren.

Die Inter­ak­ti­on zwi­schen den bei­den zen­tra­len Figu­ren Dra­ke (Hol­land) und Sul­ly (Wahl­berg) wirkt bemüht und zün­det nicht so rich­tig, wie man das erwar­ten wür­de. Zwar drü­cken die bei­den sich regel­mä­ßig Sprü­che und Bon­mots, aller­dings schei­tert das lei­der ins­be­son­de­re am unin­spi­rier­ten Spiel Wahl­bergs (aber auch am Drehbuch).

Ist der Film des­we­gen schlecht? Abso­lut nicht. Man bekommt, obwohl viel Zeit für Cha­rak­ter- und Set­ting­auf­bau gelas­sen wur­de, einen zu kei­ner Sekun­de lang­wei­li­gen Aben­teu­er­film mit zahl­lo­sen schö­nen Ansich­ten, vie­len Sprü­chen und auch mit diver­sen Schau­wer­ten. Für die man aller­dings das Hirn bes­ser in der Pop­corn­schach­tel lässt – aber das ist aus­drück­lich nicht als Kri­tik gemeint, bei so einer Vor­la­ge darf das sein. Pro­ble­me mit dem Timing oder dem Zusam­men­spiel von Hol­land und Wahl­berg dürf­ten ver­mut­lich vie­len Kino­gän­ge­rin­nen gar nicht auf­fal­len und sind ver­mut­lich eher ein Pro­blem des ana­ly­sie­ren­den Filmfreunds.

Des­we­gen: Der Film hät­te in Details bes­ser sein kön­nen und auch in Sachen Insze­nie­rung, Dreh­buch und Zusam­men­spiel der Schau­spie­ler gibt es Ver­bes­se­rungs­po­ten­ti­al, aber als mit­tel­gu­ter Aben­teu­er­film geht UNCHARTED alle­mal durch und geär­gert habe ich mich im Kino­ses­sel abso­lut nicht.

Trotz­dem muss man sich fra­gen, wie­viel Ein­fluss Sony auf die Pro­duk­ti­on gehabt hat, denn von Regis­seur Ruben Flei­scher ist man seit ZOMBIELAND insze­na­to­risch eigent­lich Bes­se­res gewöhnt.

Und damit schla­gen wir den Bogen zum Anfang: Es muss nicht jeder Film der ganz gro­ße Block­bus­ter und der ganz gro­ße Wurf sein. Auch Fil­me die man als »echt ganz okay« ein­ord­net haben ihre Daseinsberechtigung.

Nach den After Credits-Sze­nen sind Fort­set­zun­gen ein­deu­tig geplant, man darf gespannt sein, ob die Ein­spiel­ergeb­nis­se so gut sein wer­den, dass man die auch pro­du­ziert (zum Zeit­punkt da ich das schrei­be sind die Ein­spiel­ergeb­nis­se mit ins­ge­samt 226,4 Mil­lio­nen US-Dol­lar sehr ordent­lich – und in Chi­na ist er noch nicht mal gestar­tet. Bei einem geschätz­ten Bud­get von 90 – 120 Mil­lio­nen Dol­lar kann Sony nicht meckern). Ich wür­de mir eine Fort­set­zung auf jeden Fall anse­hen – viel­leicht aber bes­ser ohne Mark Wahlberg.

UNCHARTED
Beset­zung: Tom Hol­landSophia AliMark Wahl­bergAnto­nio Ban­de­rasTati Gabri­el­leSte­ven Wad­ding­tonPin­gi MoliTier­nan JonesRudy Pan­kow u.a.
Regie: Ruben Flei­scher
Dreh­buch: Rafe Jud­kinsArt Mar­cumMatt Hol­lo­way
Pro­du­zen­ten: Avi AradAlex Gart­nerCharles Roven
Aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: David Ber­nadRobert J. Dohr­mannNeil Druck­mannTom Hol­landMatt Hol­lo­wayArt Mar­cumAsad Qizil­bashCar­ter Swan, Evan Wells
Kame­ra: Chung-hoon Chung
Schnitt: Chris Leben­zonRichard Pear­son
Musik: Ramin Dja­wa­di
Pro­duk­ti­ons­de­sign: She­pherd Frankel
Cas­ting: Deni­se Cha­mi­anPri­scil­la JohnOrla Max­wellYaël More­noJohn Papsi­de­ra
116 Minuten
USA 2022

Pro­mo­fo­tos Copy­right Sony Pictures

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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