THE GREY

Es ist eine har­te Welt dort drau­ßen. Irgend­wo im Nir­gend­wo von Alas­ka gibt es die­sen Mikro­kos­mos einer Öl-Raf­fi­ne­rie. Eine Welt für sich, in der es gera­de nach Fei­er­abend sehr rau und bru­tal zuge­hen kann. Es sind har­te Män­ner, die sich in Fünf-Wochen-Schich­ten auf­ar­bei­ten. Die Fra­ge nach den Alpha-Männ­chen wird schnell, hart und unter dem Jubel der Kol­le­gen aus­ge­tra­gen. Joe Car­na­han zeigt die­se Welt mehr im Hin­ter­grund, wid­met ihr schein­bar nur wenig Auf­merk­sam­keit. Er möch­te sich mehr auf das Innen­le­ben der Figu­ren kon­zen­trie­ren. Und mit dem sieht es nicht sehr gut aus, wie man an den Gedan­ken von Ott­way hören kann, dem Mann mit dem Gewehr, der Arbei­ter auf dem frei­en Feld vor Bären und Wöl­fen schützt. Die­ser Ott­way ist ein gebro­che­ner Mann, inmit­ten die­ser Welt, die nur schein­bar jeg­li­cher Zivi­li­sa­ti­on fern scheint. Unver­mit­telt ste­hen acht die­ser har­ten Ker­le auf frei­er Wild­bahn und kämp­fen um ihr Leben. Sie kämp­fen gegen die Natur und erfah­ren, was ein feh­len­der Kon­takt zur Zivi­li­sa­ti­on tat­säch­lich bedeu­tet.

Mensch gegen Natur, ein alt­be­währ­tes Stück in Kino­er­zäh­lun­gen. Prall gefüllt mit ordent­li­cher Männ­lich­keit war das ein­drucks­voll bei THE EDGE zu bewun­dern, als sich nicht nur Alec Bald­win gegen Antho­ny Hop­kins in der Wild­nis behaup­ten muss­te, son­dern sich bei­de gegen einen Bären zusam­men­rauf­ten. Für THE GREY langt ein Mann, der den Schnee zum Schmel­zen bringt, und das ist Liam Nee­son. Ob bei TAKEN, A‑TEAM oder Nolans BAT­MAN-Tri­lo­gie, Nee­son hat sich in den letz­ten Jah­ren zum füh­ren­den Mann in Sachen Action erho­ben. Der mitt­ler­wei­le Sech­zig­jäh­ri­ge bürs­tet Hol­ly­wood damit gewal­tig gegen den Strich, wo ein Tobey Magui­re mit 35 zu alt für ein jugend­li­ches Publi­kum ist. Das Pro­blem mit Liam Nee­son ist aller­dings, dass man nicht nur sieht, son­dern förm­lich spürt, dass er auch in Wirk­lich­keit leis­ten könn­te, was er auf der Lein­wand vor­gibt. THE GREY ist ein Film, der nicht über die Grup­pe von Män­nern funk­tio­niert, die ver­su­chen zu über­le­ben, son­dern es ist Liam Nee­sons Film, der in der Natur einen eben­bür­ti­gen Geg­ner fin­det.

Joe Car­na­han erzählt sei­nen Film sehr span­nend und gerad­li­nig, aller­dings ohne das Tem­po künst­lich vor­an zu peit­schen. Er gibt den Cha­rak­te­ren genü­gend Zeit, zu wirk­li­chen Figu­ren zu wer­den, und den Zuschau­ern räumt er immer wie­der Gele­gen­heit ein, die jewei­li­gen Situa­tio­nen zu ver­in­ner­li­chen. Das macht aus dem ans Publi­kum als Action-Kra­cher ver­kauf­ten Film schließ­lich ein durch Figu­ren getra­ge­nes Dra­ma mit Action-Ein­la­gen. Genau hier kommt THE GREY dann aber auch immer wie­der ein wenig ins Strau­cheln. Die nähe­re Betrach­tung eines jeden Cha­rak­ters hät­te auch weni­ger zeit­in­ten­siv aus­fal­len kön­nen, weil es sich dem The­ma und Gen­re ange­mes­sen sowie­so um die erfor­der­li­chen Ste­reo­ty­pe han­delt. Und egal wie man es dreht und wen­det, ist es ein Film mit Liam Nee­son, der gegen ein Rudel Wöl­fe antritt. Und dann möch­te man auch Liam Nee­sons Ott­way mit sei­nen impro­vi­sier­ten Tak­ti­ken gegen die Wöl­fe kämp­fen sehen.

Die Wöl­fe hin­ge­gen sind wie­der eine ganz ande­re Sache. Die meis­ten Sze­nen sind durch­aus gelun­gen. Aber es gibt auch Sze­nen, die an den erns­ten Absich­ten der Macher wirk­lich zwei­feln las­sen. Es ist Joe Car­na­hans durch­weg dich­ter Insze­nie­rung zu ver­dan­ken, dass THE GREY nicht ins Lächer­li­che abglei­tet. Und das hät­te an eini­gen Stel­len leicht pas­sie­ren kön­nen. Aber dann ist da auf der ande­ren Sei­te eben wie­der Liam Nee­son, der einen Film tra­gen kann, wo ande­re ver­zwei­felt wären. Car­na­han hät­te viel­leicht sein Dreh­buch etwas aus­dün­nen kön­nen und eini­ge Effek­te über­ar­bei­ten müs­sen, dann wäre etwas her­aus­ge­kom­men, das man viel­leicht mit »per­fekt« umschrei­ben könn­te.

Span­nend, unter­halt­sam und ansehn­lich ist THE GREY aber alle­mal. Hier­mit sei gleich die War­nung aus­ge­spro­chen, dass es bei die­sem Film wirk­lich nicht rat­sam ist, schon beim Abspann das Kino zu ver­las­sen. Zum Leid­we­sen der Dar­stel­ler hat der Regis­seur sogar die jeweils aktu­el­len Wet­ter­ver­hält­nis­se in der Tun­dra von Alas­ka genutzt. Da beginnt auch der Zuschau­er schnell mit­zu­lei­den. Die­ser Kampf zwi­schen Mensch und Natur mag sei­ne Schwä­chen haben, aber Regie und Haupt­dar­stel­ler haben die­sen Kampf mit viel Ein­füh­lungs­ver­mö­gen und noch mehr Tes­to­ste­ron klar für sich ent­schie­den. Und da wird einem wie­der ganz schnell warm ums ver­wöhn­te Kino­herz.

THE GREY
Dar­stel­ler: Liam Nee­son, Frank Gril­lo, Der­mot Mul­ro­ney, Dal­las Roberts, Joe Ander­son, Non­so Ano­zie, Ben Bray, James Badge Dale, Anne Open­s­haw
Regie: Joe Car­na­han
Dreh­buch: Joe Car­na­han, Ian Macken­zie Jef­fers
Kame­ra: Mas­ano­bu Taka­ya­na­gi
Bild­schnitt: Roger Bar­ton, Jason Hell­man
Musik: Marc Strei­ten­feld
Make­up & Ani­ma­tro­nics: Greg Nico­te­ro, Howard Ber­ger
Pro­duk­ti­ons­de­sign: John Wil­lett
zir­ka 117 Minu­ten
USA 2012
Pro­mo­fo­tos Copy­right Open Road Films /​ Uni­ver­sum Film (UFA)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen