Es war im Prinzip schon klar, dass nach der Einführung in den ersten beiden Episoden STAR TREK DISCOVERY eine deutlich andere Richtung einschlagen würde, und dass in diesen im Prinzip nur der Boden für den Rest geebnet und ein wenig Charaktervorstellung betrieben wurde.
Und tatsächlich ist das auch so.
Michael Burnham soll grob sechs Monate nach ihrer Verurteilung wegen Meuterei mit einem Shuttle zu einer Gefängniskolonie gebracht werden. Doch unterwegs kommt es zu einem merkwürdigen Zwischenfall und das Shuttle wird von einem Sternenflottenschiff aufgebracht, eben der U.S.S. DISCOVERY.
Es wird relativ schnell klar, dass hier nicht alles koscher ist. Captain Lorca hat offenbar die Aufgabe, den Krieg gegen die Klingonen auf alle Fälle zu beenden. Dafür forscht man an Bord des Schiffes an … Dingen.
Man kann nur konstatieren, dass die Serie hier einen deutlich anderen Kurs nimmt, als man vielleicht noch beim Piloten gedacht hätte. Michael Burnham ist an Anfang eine gebrochene Figur, der alles völlig egal ist, und die an ihrem Fehlverhalten leidet. So stark, dass sie sich offenbar aufgegeben hat, und auch der Tod sie nicht schrecken kann.
Dass Captain Gabriel Lorca (dargestellt von einem brillianten Jason Isaacs) sie offenbar mit voller Absicht auf sein Forschungsschiff gebracht hat, stellt sich im Verlauf der Episode heraus – und man darf davon ausgehen, dass er dafür einen Grund hat, der in Person und Geschichte Burnhams zu suchen ist. Lorca ist ein überaus interessanter Charakter, dem man die Sorge um Föderation und Schiff durchaus abkauft, zugleich ist er aber auch ein harter Hund und er kommt auch ein wenig »fishy« rüber, man merkt, dass mehr an dem Charakter dran ist, als man zuerst erwarten möchte – und dass er offenbar bereit ist, Ziele mit allen Mitteln zu erreichen.
Meiner Ansicht nach ist sehr klar, dass es sich bei der DISCOVERY um ein Black Ops-Schiff handelt, das in keiner wirklich offiziellen Operation unterwegs ist. Dabei fällt einem sofort die ominöse Section 31 ein, die man aus anderen STAR TREK-Serien kennt. Und wie der Zufall es will, trägt die DISCOVERY die Hüllennummer NCC 1031. Zufall? Ich denke: nein.
Erneut scheint man an diversen Stellen erneut den Canon zu ignorieren, dafür sind auf der anderen Seite haufenweise Reminiszenzen an frühere Inkarnationen von STAR TREK vorhanden. Offensichtlich wohl das Tribble, schwerer zu erkennen ein Gorn-Skelett, dafür merkwürdige Trips auf bekannte Föderationsplaneten.
DISCOVERY ist nach wie vor in der Cinematografie stellenweise etwas gezwungen wirkend auf »modern« getrimmt, also düster, entsättigt, leicht out-of-focus, schräge Kameras, simulierte Handkameras (also in der Post das Wackeln reingelogen). Das ist vom Stil her eben so dermaßen anders, als man STAR TREK kennt, dass allein dadurch schon kaum ein Trek-Feeling aufkommen will. Das ist allerdings in meinen Augen auch pure Absicht, denn man will sich von früheren Serien eindeutig abheben – und ich kann es nicht wirklich schlecht finden, denn es konnte auch nicht so weiter gehen wie »früher«. An machen Stellen scheint es etwas überzogen, und erneut fragt man sich bei manchen Lensflares, ob die sein müssen (aber auch das gehört wohl zum Stil).
Man hat ein wenig den Eindruck, eine relativ coole SF-Serie zu sehen, die aber nur durch einige Reminiszenzen am Rande was mit STAR TREK zu tun hat. Das könnte allerdings täuschen, möglicherweise haben die Macher in dieser Hinsicht noch Überraschungen für uns im Ärmel. Tatsächlich hätte man die Show meiner Ansicht nach auch recht einfach in einer Zukunft nach VOYAGER ansiedeln können, wodurch man etliche Riffe hätte umschiffen können, auch wenn es dann den Sarek-Plot natürlich nicht gegeben hätte. Auf der anderen Seite haben wir erst drei Episoden gesehen und es wäre durchaus möglich, dass der Zeitrahmen noch handlungswichtig wird, ebenso wie Sarek, Amanda und Burnhams … Stiefbruder.
Bei den Schauspielern möchte ich neben Jason Isaacs undurchsichtigem Captain zum einen noch Mary Wiseman als Kadett Sylvia Tilly hervorheben, die sehr erfrischend und zum Teil auch gegen bekannte Sternenflotten-Kadetten-Klischees spielt, und bei der ich fest davon ausgehe, dass die Macher mit der Figur noch viel vorhaben. Zum anderen macht es ebenfalls eine Menge Spaß, Doug Jones als Commander Saru zuzusehen (und die beiden Figuren schüren auch die Hoffnung auf zumindest ein bißchen Humor in all dem Düster). Und natürlich Sonequa Martin-Green als Burnham, die dazu in der Lage ist, einen äußerst subtilen Wandel von Hoffnungslosigkeit am Anfang der Episode hin zu aufflackernder Hoffnung an deren Ende glaubwürdig und nachvollziehbar darzustellen.
Erfreulicherweise stellt Netflix jetzt auch die Begleitshow AFTER TREK zur Verfügung, die man sich dringend ansehen sollte, denn darin wird in der aktuellen Folge jede Menge zusätzlicher Kontext von Autor Aaron Harberts und Schauspielerin Mary Wiseman (Tilly) geliefert. Man muss allerdings versuchen, den leicht peinlichen Moderator Matt Mira auszublenden. Der Talk schafft es tatsächlich, mehr Bezüge zu früheren TREK-Inkarnationen herzustellen und auch die zahllosen Hintergrundinformationen zur aktuellen Episode helfen zumindest mir dabei, dass die Serie besser gefällt.
Ich muss es zugeben: Auch wenn mich der an manchen Stellen ignorierte Canon und insbesondere die grotesken Klingonen ein wenig stören (zugegebenermaßen haben sie das mit der ignorierten Historie auch schon in früheren Serien getan, beispielsweise wenn die Crew der VOYAGER in die Neunziger reist und da nichts von den Eugenischen Kriegen zu sehen ist), bin ich inzwischen sehr gespannt, was hier weiter passieren wird. Aus dem Grund habe ich mir auch CONTEXT IS FOR KINGS zweimal angesehen (und nach dem zweiten Mal eben AFTER TREK), bevor ich etwas dazu schrieb.
Ich neige im Moment dazu, die Daumen nach oben zu recken. Mal sehen, was noch kommt.
Ich hoffe ja, dass die DISCOVERY nicht direkt mit Sektion 31 zusammenhängt. Geheimdienst kann ich mir vorstellen, aber imo ist das Schiff für Sektion 31 zu sehr mit »normalen Crewmitgliedern« gefüllt (darunter mindestens drei Exmitglieder der Shenzhou)
Es muss ja nicht bedeuten, dass alle Crewmitglieder Teil der Section 31 sind. Es reicht in diesem Fall der Captain. Auf der USS Pegasus beispielsweise waren auch »ganz normale Crewmitglieder« – und das war eine durchaus ähnliche Mission wie bei der Discovery …