Der Clou an der Sache: die gespielten Völker setzen sich aus einer Kombination von Volk und Eigenschaft zusammen. Das führt zu immer neuen Völkern mit immer neuen Eigenschaften und das macht das Spiel überaus dynamisch und kurzweilig und dank schräger Zusammenstellungen auch höchst witzig.
Zu Beginn des Spiels (es fängt der Spieler mit den spitzesten Ohren an – da es hier Diskussionen gab, haben wir uns aufs Würfeln geeinigt, um den Beginner festzulegen) werden Kombinationen aus Rassen- und Attributkarten aus zwei Zugstapeln ausgelegt, aus denen der Spieler am Zug sich eine aussuchen kann. Je nach Rassen-Eigenschafts-Kombination erhält man eine Anzahl an Spielplättchen, die die Rasse darstellen und mit deren Hilfe man Felder des Spielplans besetzen oder erobern kann.
Freie Felder besetzt man zu Spielbeginn einfach so, manche können aber auch bereits durch entweder Eingeborene oder später andere Spieler belegt sein. In dem Fall erhält man das Feld nur dann, wenn man mehr Volks-Plättchen auslegt, als bereits dort vorhanden sind. Am Ende des Zugs werden die besetzten Felder gezählt, eventuelle Bonuspunkte durch Rassen oder Attribute hinzuaddiert und die ermittelte Zahl in Siegmünzen ausgezahlt. Wer am Ende des Spiels, nach neun Runden, die meisten dieser Siegmünzen hat, gewinnt.
Das klingt erst einmal einfach. Ist es auch. Es gibt noch ein paar Faktoren mehr, aber die lasse ich hier mal beiseite, um den Text nicht unnötig aufzublähen.
Seinen besonderen Charme erhält SMALL WORLD meiner Ansicht nach durch zwei Faktoren: zum einen durch die immer neuen Rassen-Fertigkeits-Kombinationen. Beispiel: Menschen sind Bauern und erhalten bei der Abrechung am Ende des Zugs einen Bonuspunkt für jedes Spielfeld, das Ackerland darstellt. Kombiniert man das mit dem Attribut »fliegend«, wie ich es beim Testspiel hatte, dann können diese fliegenden Menschen jedes beliebige Feld besetzen, statt nur solche, die an bereits vom eigenen Volk besetzte Felder angrenzen.
Ein anderes Beispiel waren die Wald-Zwerge, die nicht nur für jedes Bergwerks-Feld eine zusätzliche Siegmünze erhalten, sondern auch für jedes Waldfeld, auf dem sie sitzen. Da können schnell ganz schön Siegpunkte zusammen kommen.
Der zweite Faktor ist, dass man, wenn man am Zug ist, sein Volk auch zerfallen lassen kann. Damit wird die Volksstruktur aufgelöst und man kann mit dem Clan keine neuen Gebiete mehr erobern. Zum einen wird dadurch aber Platz für ein neues Volk gemacht, das man sich dann aussuchen darf, zum anderen verbleiben die Plättchen des alten Volks als inaktive Pöppel auf dem Spielplan. Die verteidigen passiv, bringen aber dem ehemaligen Lenker, also dem Spieler der sie gesetzt hat, so lange Punkte, wie sie sich auf dem Spielplan befinden. Gleichzeitig kann man aber mit dem neuen Volk in der nächsten Runde wieder neue Spielfelder zu erobern versuchen.
Hierbei nimmt man übrigens entweder das unterste zufällig gezogene und ausgelegte Volk an sich, oder man zahlt mit Siegmünzen dafür, ein »weiter oben« in der Reihenfolge der zu erhaltenden Völker ausgelegte Kombination erwerben zu können, weil diese einem besonders aussichtsreich erscheint.
Trotz des auf Anhieb eher übersichtlich wirkenden Spielplans (man nimmt zuerst einmal an, dass das alles viel zu einfach ist) macht das alles einen Mordsspaß, insbesondere der Fantasy-Fan wird sich an den zum Teil abstrusen Attributs-Volks-Kombinationen erfreuen, wenn beispielsweise auf einmal Kommando-Hobbits marodierend über das Land ziehen, oder Diplomaten-Orks mit einem der anderen Volk einen Nichtangriffspakt für eine Runde aushandeln (oder ihn diesem besser gesagt aufzwingen). Das ist kurzweilig und witzig, vor allem wenn alle Spieler noch neu am Tisch sind und man noch nicht so recht absehen kann, was die Kombinationen letztendlich bewirken. Wahrscheinlich ist das Ganze mit erfahreneren Spielern nicht mehr ganz so spritzig, weil es dann mehr ans Taktieren geht, statt einfach mal zu gucken, was passiert, wenn man mit den Seefahrer-Trollen spielt.
Überaus vorteilhaft erschien mir, dass man sich durchaus nicht grämen sollte, wenn man am Anfang des Spiels nicht sofort mit Siegmünzen überschüttet wird – denn abgerechnet wird zum Schluss und es hat sich gezeigt, dass man auch im späteren Verlauf des Spiels noch eine Menge Siegpunkte gut machen kann, wenn man zum einen geschickt agiert und zum anderen vorteilhafte Fertigkeits-Volks-Kombinationen zur Verfügung hat.SMALL WORLD ist ein grandioses Gesellschaftsspiel mit einer originellen Spielidee, großartigem Artwork und macht einfach einen Heidenspaß. Die Regeln sind nicht kompliziert und man hat sie insbesondere dann in kürzester Zeit drauf, wenn am Tisch schon mal einer gespielt hat. Das liegt am Konzept: simple Basisregeln werden durch die Volks-Attribut-Kombinationen erweitert – und man muss sich tatsächlich nur dann Gedanken über die Erweiterung der Grundregeln machen, wenn man eine Rasse spielt – und dann schaut man einfach nach, was das an Auswirkungen auf die Basisregeln hat. Genial wie einfach.
Fantasy-Fans macht das sicher mehr Spaß, als »Normalos«, aber auch letztere dürften ihre Freude an SMALL WORLD haben.
SMALL WORLD kostet ab ca. 35 Euro aufwärts, ein wenig Suchen kann hier hilfreich sein, insbesondere wenn man es online bestellen will. Gegebenenfalls aber auch mal beim lokalen Spielwarenhändler nachfragen, die Preise variieren deutlich
Ich vergebe fünf von fünf möglichen Pöppel-Punkten. Warum dieses herausragende Game nicht »Spiel des Jahres« geworden ist, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Es existieren bereits Erweiterungen und Variationen, eine aktive Fangemeinde diskutiert im offiziellen Forum Hausregeln und Regeländerungen.
SMALL WORLD
Philippe Keyaerts
Gesellschaftsspiel
zwei bis fünf Spieler ab acht Jahren
ab ca. 35,00 bis 40,00 Euro
Days Of Wonder / Asmodee
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Cover SMALL WORLD Coypright Days Of Wonder / Asmodee; Bilder Spielplan und Siegmünzen von mir, CC BY-NC-SA
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Es gibt auch schon länger eine gute und nett gemachte Umsetzung auf iOS (im Appstore zu finden).
Ich weiß. Ich hatte im letzten Jahr eine Rezensionsfassung bekommen, leider gab es keinerlei Anleitung dazu, deswegen hatte ich nix verstanden und schnell wieder gelöscht. Muss ich mir jetzt nochmal ansehen. :)
Aber dennoch danke für den Hinweis! :)
Ja, ein wirklich wunderbares Spiel, das auch in unserem Haus gern gespielt wird. Danke für den Artikel. Das erinnert mich daran, dass ich es mal wieder vom Schrank holen sollte … ;-)