Irgendwie kommt man dennoch nicht daran vorbei. Dann setzt man sich wieder 80 Minuten lang verwackelten Bildern aus, die Spannung und Realismus vermitteln sollen. Mittlerweile ist es das verhassteste Sub-Genre im Kino, der sogenannte Found-Footage-Thriller. Gerade die PARANORMAL-ACTIVITY-Reihe zeichnete sich erfreulich gruselig dadurch aus, das die Filme mit sehr langen und stehenden, oder ruhig bewegten Einstellungen funktionierten. Christopher Landon war als Produzent bei Nummer 3 und 4, und verfasste das Drehbuch zu 2 bis 4. Es hört sich nach einer interessanten Prämisse an, aus dem bisherigen Verlauf der Geschichte auszubrechen, und in eine neue Umgebung einzubetten. Christopher Landon schrieb sich also sein Regie-Debut innerhalb der Serie selbst, und inszenierte in seinen Worten ein Spin-Off, einen Ableger.
Jesse ist ein aufgeweckter junger Mann, und wohnt in einem Appartementkomplex im Latino-Viertel von Oxnard. Als eine Nachbarin unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt, beschließen Jesse und sein Kumpel Hector die Wohnung des Opfers zu erkunden. Natürlich haben beide immer ihre Kameras dabei, um sich gegenseitig zu dokumentieren. Und die Kameras können wohl zeigen, was die Jungs in der Wohnung finden, aber sie zeigen nicht, was Jesse mit hinaus nimmt. Einen alten Bekannten, den eigentlich niemand kennenlernen möchte. Der seelische Zustand von Jesse wird rapide besorgniserregend. Und was seine Freunde Hector und Marisol herausfinden, hilft Jesse nicht im Geringsten, sondern macht die Sache nur bedrohlicher.
Eine GoPro und ein Camcorder, damit lassen sich heute Kinofilme machen. Glauben zumindest findige Produzenten. Das Ergebnis ist nicht nur ermüdend, sondern längst überholt. Und das ist in diesem Fall sehr schade, weil DIE GEZEICHNETEN sehr gute Ansätze zeigen. Der Aufbau erinnert ein bisschen an CHRONICLE, wo ausgelassene Jugendliche mit ihren übernatürlichen Fähigkeiten erst Spaß haben, die Stimmung aber im Verlauf immer weiter ins Böse abdriftet. DIE GEZEICHNETEN zeigen gute Schreckensmomente, und auch Szenen mit verstörender Wirkung. Die Stimmung hat Christopher Landon sehr gut getroffen. Doch wie es umgesetzt wurde, ist blanker Hohn. Es ist nicht nur erstaunlich, sondern auch höchst befremdlich, in welchen Situationen die Protagonisten bei solchen Szenarien ihre Kamera immer genau dort hin richten, wo etwas passieren wird. Nicht nur das, DIE GEZEICHNETEN haben ausreichend Szenen, wo ein normaler Mensch eine Kamera überhaupt nicht erst einschalten würde. Dieses Sub-Genre ist tot, und hier hat es eine ansprechende Prämisse gleich mit in den Tod gerissen.
DIE GEZEICHNETEN entpuppt sich in Wahrheit nicht einfach nur als Spin-Off. Es gibt sehr viele Verbindungen zu der bisher vierteiligen Reihe. So wie die SAW-Reihe jeden Teil weiter in die vorangegangenen Teile verschränkte, so gibt es einige nicht unerhebliche Referenzen zu PARANORMAL ACTIVITY 1 bis Teil 4. Am Ende könnte die hier erzählte Geschichte auch Auslöser für die eigentliche Geschichte sein. Da bleibt der Film zu unspezifisch, aber in dieser Richtung sehr spannend. Die Atmosphäre ist stimmig, es gibt reichlich Grusel, und Überraschungen sind reichlich gegeben. Hätte sich Christopher Landon nur Mühe gegeben, das ausgenudelte Szenario mit selbstgefilmten Material zu umgehen. Es bleibt interessant heraus zu finden, wie relevant DIE GEZEICHNETEN in der eigentlichen PARANORMAL-ACTIVITY-Reihe sein werden, wenn man es eigentlich nur als Spin-Off deklariert. Die Szenerie passt genauso, wie die glaubwürdigen, unbekannten Schauspieler. Es wäre also wesentlich mehr möglich gewesen, wenn man nicht ständig wegen dieser idiotischen Kameraführungen vom Wesentlichen abgelenkt werden würde.
Besprechung PARANORMAL ACTIVITY 2
Besprechung PARANORMAL ACTIVITY 3
Besprechung PARANORMAL ACTIVITY 4
PARANORMAL ACTIVITY – DIE GEZEICHNETEN
Darsteller: Andrew Jacobs, Jorge Diaz, Gabrielle Walsh, Molly Ephrain, Richard Cabral, Crystal Santos, Kathie Featherstone, Chloe Csengry u.a.
Regie & Drehbuch: Christopher Landon
Kamera: Gonzalo Amat
Bildschnitt: Gregory Plotkin
Produktionsdesign: Nathan Amondson
USA / 2014
zirka 84 Minuten
Promofotos Copyright Paramount Pictures