MR. HOLMES – mit Ian McKellen

Poster Mr Holmes

MR. HOLMES – Bun­des­start 24.12.2015

Sher­lock Hol­mes ist der­zeith ein ziem­lich umtrie­bi­ger Cha­rak­ter. Das begann mit der Guy Rit­chie-Ver­fil­mung 2009, die den Detek­tiv cha­rak­ter­lich so zeig­te, wie sie Arthur Con­an Doyles Vor­la­ge an nächs­ten kam. Die jetzt schon legen­dä­re BBC-Serie mit Bene­dict Cum­ber­batch, wel­che die alten Geschich­ten gran­di­os in die Neu­zeit ver­leg­te. Dann ist da noch ELEMENTARY, wel­che eben­falls in der Neu­zeit spielt, einen weib­li­chen Wat­son prä­sen­tiert, und eben mal nach New York ver­legt wur­de. Und nicht zu ver­ges­sen die vie­len neu ver­fass­ten Geschich­ten, die seit gerau­mer Zeit in emsi­gen Klein­ver­la­gen ver­öf­fent­licht wer­den. 2005 schrieb auch Mitch Cul­lin sei­nen sechs­ten Roman A SLIGHT TRICK OF MIND mit Sher­lock Hol­mes als Haupt­cha­rak­ter. Und Cul­lin geht mit der Figur noch ein­mal einen Schritt weiter.

Es ist 1947. Der 93-jäh­ri­ge Sher­lock Hol­mes lebt auf einem Land­sitz in Sus­sex, betreut von sei­ner Haus­da­me Mrs Mun­ro und ihrem Sohn Roger. Hol­mes ist nicht mehr der Hol­mes der er ein­mal war, da sind nicht nur die müden Kno­chen, son­dern eine quä­len­de Demenz. Der Mann mit dem ehe­mals bril­lan­ten Ver­stand als men­ta­les Wrack. Dazu pei­ni­gen ihn Erin­ne­rungs­fet­zen an sei­nen letz­ten Fall. Immer wie­der schreibt er auf­kei­men­de Bruch­stück in sein Tage­buch, in der Hoff­nung, die­sen Auf­trag wenigs­tens im Nach­hin­ein zu lösen. Denn wie Hol­mes dem jun­gen Roger erklärt, war John Wat­son nicht immer sehr genau, was die Nie­der­schrif­ten der Aben­teu­er des Detek­tivs anging. Nur die­ser eine Fall, die­ser letz­te Fall, soll­te der Öffent­lich­keit so zuge­tra­gen wer­den, wie er wirk­lich pas­siert ist und geen­det hat. Noch bevor die Demenz Hol­mes kom­plett von sei­nen Erin­ne­run­gen trennt.

Man muss aner­ken­nen, dass Bill Con­don hier ein klei­nes, höchst unauf­dring­li­ches Juwel gelun­gen ist. Ein Film, der sich in die Klas­se von Machern wie Tom Hooper oder Ste­phen Fre­ars ein­reiht. Soge­nann­te Arthouse-Fil­me, die mit Leich­tig­keit ein wei­te­res Publi­kum errei­chen kön­nen. Die­se Art von Film, die ger­ne ein­mal den Preis­ver­leih­zir­kus über­neh­men. Zuge­ge­be­ner­ma­ßen ist dies MR. HOLMES bis­her nicht gegönnt, aber das Zeug dazu hät­te er alle­mal. Bill Con­don gelingt es spie­le­risch, die Hand­lung und das Spiel sei­ner Prot­ago­nis­ten auf eine Ebe­ne zu brin­gen, und gleich­wer­tig zu einem Gan­zen zu formen.

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Aber grund­sätz­lich ist sei­ne Dar­stel­lung tat­säch­lich eine wirk­lich ganz eigen­stän­di­ge Inter­pre­ta­ti­on die­ser FigurEigent­lich sind es drei Auf­ga­ben, die Hol­mes lösen muss. Da ist sein eigent­lich letz­ter ver­öf­fent­lich­ter Fall, der die Basis bil­det. Dann die Anfra­ge eines gro­ßen Fans, wel­che Hol­mes ein­fach zu unbe­fan­gen mit der Wahr­heit kon­fron­tiert. Und schließ­lich das Geheim­nis der Bie­nen. Grund­sätz­lich haben die­se drei Fäl­le nichts mit­ein­an­der zu tun, aber in Sher­lock Hol­mes ver­blie­be­nem Geis­tes­zu­stand löst das eine Ket­ten­re­ak­ti­on aus. Irgend­wo, tief in sei­nem Bewusst­sein, ist der Meis­ter­de­tek­tiv immer noch tätig. Zudem behan­delt MR. HOLMES nicht ein­fach nur den Mythos eines Man­nes, son­dern setzt sich inten­siv auch mit dem Pro­blem eines Alters aus­ein­an­der, das für das Umfeld des Betrof­fe­nen zu einer ech­ten Her­aus­for­de­rung wer­den kann. Und Ian McKel­len war dafür die bes­te Wahl. Con­don hat mit ihm schon GODS AND MONSTERS gedreht, und wuss­te wohl, was die bes­te Wahl sein wür­de. McKel­len spielt sei­nen Sher­lock auch nicht in irgend­wel­chen Anleh­nun­gen, son­dern inter­pre­tiert sehr inten­siv nach dem Dreh­buch. Angeb­lich soll McKel­len genau des­we­gen kei­ne Hol­mes-Geschich­te gele­sen haben. Ein Eng­län­der, der kei­nen Sher­lock Hol­mes gele­sen hat? Das kann man ein­fach mal so im Raum ste­hen las­sen. Aber grund­sätz­lich ist sei­ne Dar­stel­lung tat­säch­lich eine wirk­lich ganz eigen­stän­di­ge Inter­pre­ta­ti­on die­ser Figur.

Tech­nisch gese­hen ist MR. HOLMES auf einer hoch­pro­fes­sio­nel­len Ebe­ne, die sich aller­dings auch jeder Expe­ri­men­te oder Spie­le­rei­en ver­wei­gert. Eine kla­re Bild­spra­che, die sich der Hand­lung unter­ord­net, und ein Bild­schnitt, der nicht ver­sucht, das Tem­po des Films zu bestim­men. Selbst Car­ter Bur­wells Musik, die sonst oft­mals mit Bom­bast domi­niert, passt sich exakt den Stim­mun­gen von Sequenz und Aus­druck an. Etwas mehr Gewich­tung hät­te Regis­seur Con­don aller­dings auf Lau­ra Lin­neys Mrs Mun­ro legen kön­nen, deren ableh­nen­de Hal­tung im Hau­se Hol­mes kei­ne tie­fer­grei­fen­de­re Erklä­rung parat hält, und den Zuschau­er zu Ver­mu­tun­gen ver­an­lasst. Dafür gleicht dies Milo Par­ker als Roger wie­der aus, dem man jetzt nicht unbe­dingt ein unglaub­li­ches Schau­spiel­ta­lent ankrei­den muss. Aller­dings ver­fügt Par­ker über eine wir­kungs­vol­le Prä­senz vor der Kamera.

Wer gutes Schau­spiel-Kino mag, oder ger­ne Sher­lock Hol­mes sieht, wer span­nen­de, aber den­noch unauf­ge­reg­te 104 Minu­ten Film genie­ßen möch­te, der ist mit Bill Con­dons MR. HOLMES in aller­bes­ten Hän­den. Das hat Mis­ter Con­don aber nicht nur sei­nen her­aus­ra­gen­den Dar­stel­lern zu ver­dan­ken, son­dern im Beson­dern dem ein­fühl­sa­men Dreh­buch von Jef­frey Hat­cher.

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MR. HOLMES
Dar­stel­ler: Ian McKel­len, Lau­ra Lin­ney, Milo Par­ker, Hiroyu­ki Sana­da, Hat­tie Mora­han, Patrick Ken­ne­dy u.a.
Regie: Bill Condon
Dreh­buch: Jef­frey Hat­cher, nach dem Roman von Mitch Cullin
Kame­ra: Tobi­as A. Schliessler
Bild­schnitt: Vir­gi­nia Katz
Musik: Car­ter Burwell
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Mar­tin Childs
Groß­bri­tan­ni­en – USA / 2015
104 Minuten

Bild­rech­te: Ala­mo­de Filmverleih

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AutorIn: Bandit

2 Kommentare for “MR. HOLMES – mit Ian McKellen”

Gilly

sagt:

Schö­ne Rezen­si­on. Bei der Auf­lis­tung der jün­ge­ren Hol­mes-Ver­fil­mun­gen fehl­te mir nur die eng an Doyles Werk ange­lehn­te BBC-Rei­he mit Jere­my Brett in der Titel­rol­le. Aber die stamm­te auch aus den Jah­ren 1983–1994, also deut­lich vor Guy Rit­chies Interpretation.

Bandit

sagt:

-
Viel­leicht täuscht ja mein Ein­druck, dass erst mit der Rit­chie-Ver­fil­mung die infla­tio­nä­re Anhäu­fung begann. War vor­her nie mit Hol­mes in Ver­bin­dung getre­ten. 2009 woll­te ich ein­fach mal wis­sen, wie nah Robert Dow­ney Jr. an die Roman­fi­gur ran­kommt, und habe dann nach und nach alle Geschich­ten gelesen.

Kannst Du die Serie emp­feh­len? Gera­de wenn sie eng an die Geschich­ten anknüp­fen, wür­de es mich interessieren.

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