LOCKOUT hat einen ganz großen Pluspunkt, und der heißt Guy Pearce. Selten hat man den Australier so locker, so cool, und in seiner Überheblichkeit so überzeugend gesehen. Seine Einzeiler bringt er trocken, aber auch im perfekten Timing. Physisch bringt er sowieso die notwendigen Voraussetzungen mit. Pearce hätte hier für sich eine Paraderolle finden können, doch dazu agiert er im falschen Umfeld. Damit geht es zurück zum Thema. Ein B‑Movie darf sich einfach nicht ernst nehmen, wenn es ernst genommen werden will. Und das haben James Mather und Stephen Leger als LOCKOUT-Macher definitiv nicht verstanden. Sie nehmen ihren Film viel zu ernst, und sie inszenieren ihn mit einer Ernsthaftigkeit, die jeden Spaß aus der Inszenierung nimmt. Dadurch haben sie die Konditionen für einen ordentlichen B‑Movie eben nicht ernst genommen. Das ist die Crux bei solchen Filmen und weniger kompliziert, als es sich anhört.
LOCKOUT beginnt mit viel Prügelei, viel Schusswechsel und viel Macho-Gehabe. Und das zieht sich bis zum Ende durch. Doch mit Joseph Gilgun und Vincent Regan als Bruderpaar und Anführer der Knastrevolte, verliert der Film augenblicklich seinen Charakter. Gilgun als unberechenbarer Psychopath und Regan als besonnener Rädelsführer sind genau die ausgelutschten Prototypen des Billigfilms, die in ihrer schlichten Vorhersehbarkeit die Freude an der Unterhaltung doch merklich dämpfen. Althergebrachtes und hinlänglich Bekanntes entpuppen sich als Eckpfeiler dieser Inszenierung. Hier war der Zuschauer schon viel zu oft, hat er schon wesentlich schlechter erleben müssen, allerdings auch schon um einiges origineller erfahren. Maggie Grace als Präsidententochter steht da in nichts nach, ist weder Fisch noch Fleisch, nur hart wenn es in die Geschichte passt, und butterweich, wenn der Held was zu tun haben soll.
Doch von allen unsäglichen Stereotypen abgesehen stolpert LOCKOUT über seine eigene Grundidee. Die heißt Hochsicherheitsgefängnis. So was ins Weltall zu verlegen scheint ein logischer Schritt in der Zukunft. Warum aber Weltall, wenn die Gefangenen dort sowieso ins künstliche Koma versetzt werden? Der Zuschauer erfährt den Grund dafür sehr schnell. Denn das Wachpersonal ist nicht nur unfähig, sondern in dem Hochsicherheitsgefängnis kann sich jeder überall sofort mit Waffen eindecken. Und sofern einer aus der Stasis entkommen kann, ist es auch kein Problem, sich überall freien Zugang zu verschaffen, selbst ins hochsensible Kontrollzentrum des Hochsicherheitsgefängnisses. Sich nicht ernst zu nehmen bedeutet beim B‑Movie nicht, den Zuschauer für blöd zu verkaufen. Aber zurück zum Science-Fiction-Element von LOCKOUT, mit dem die Initiatoren der Geschichte letztendlich nichts anfangen können. Der Film könnte genauso gut 1950 in Smallville, Alabama spielen. Die ständige Verfügbarkeit von Raumfähren ist genauso verblüffend wie die vollkommene Abstinenz von Problemen und Schwierigkeiten im All an sich oder mit der Schwerelosigkeit überhaupt. Sich als Science-Fiction zu verkaufen, dürfte man dem Film eigentlich nicht zugestehen.
Geneigte Zuschauer werden wohlwollend Guy Pearce´ Charakter und Spiel aufnehmen, allerdings gefolgt von vielen ‘Aber’. Technik und Effekte sind vorhanden, es ist alles, was es benötigen würde, um einen wunderbar sinnentleerten, effektiven Actionkracher im Science-Fiction-Genre zu realisieren. Nur haben Mathers und Leger es einfach nicht gemacht. Luc Besson ist mit seiner Firma EuropaCorp führend in der Finanzierung größerer europäischer und internationaler Produktionen. Das wachsame Auge des Produzenten mit seiner langjährigen Erfahrung in allen Genres, hätte hier allerdings mehr Einfluss nehmen müssen. Von einem dem Genre angemessenen B‑Movie ist LOCKOUT weit entfernt, von einem ansprechenden Science-Fiction-Film noch viel weiter. Und DIE KLAPPERSCHLANGE muss man gänzlich außen vor lassen.
LOCKOUT
Darsteller: Guy Pearce, Maggie Grace, Peter Stormare, Vincent Regan, Joseph Gilgun, Lennie James u.a.
Regie: James Mather, Stephen St. Leger
Drehbuch: James Mather, Stephen St. Leger, Luc Besson
Kamera: James Mather
Bildschnitt: Camille Delamare, Eamonn Power
Musik: Alexandre Azaria
Produktionsdesign: Romek Delmata
zirka 95 Minuten
Frankreich 2012
Szenen- und Promofotos Copyright Universum Film / EuropaCorp
»Aber LOCKOUT nimmt sich einfach nicht ernst genug, um überhaupt in der für ihn konzipierten Liga bestehen zu können.«
»Sie nehmen ihren Film viel zu ernst, und sie inszenieren ihn mit einer Ernsthaftigkeit, die jeden Spaß aus der Inszenierung nimmt. «
Ja, was denn nun? Klar, ich mach mir ohnehin gern selbst ein Bild, aber entweder verstehe ich die Aussagen nicht, oder sie widersprechen sich …
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In der Tat ein nicht leicht zu erklärendes Paradoxon. Action-Filme dieser Art muss man mit absoluter Ernsthaftigkeit umsetzen. Innerhalb dieser Umsetzung, muss er allerdings diese strenge Ernsthaftigkeit ablegen. Er darf sich selbst nicht wichtiger nehmen, als es die Prämisse zulässt.
Sag doch einfach an dieser Stelle Mal Bescheid, wenn du dir dein eigenes Bild gemacht hast.