GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE

… oder auch: GHOSTBUSTERS: LEGACY – Deutsch­land­start am 18.11.2021

Was hät­te alles schief gehen kön­nen … GHOSTBUSTERS (1984) ist eine Film-Iko­ne aus den 1980ern und älte­re Semes­ter kön­nen heu­te noch die zahl­lo­sen zeit­lo­sen Zita­te run­ter­ras­seln, weil wir den Strei­fen gefühlt Mil­lio­nen mal gese­hen haben. Dan Aykroyd woll­te schon lan­ge eine Fort­set­zung machen, aber irgend­wie ist es nie dazu gekom­men, unter ande­rem auch, weil Bill Mur­ray sich immer geziert hat – und weil in Tin­sel­town nie­mand Geld locker machen woll­te.

Und dann war da GHOSTBUSTERS aus dem Jahr 2016, der mir im Prin­zip auch ganz gut gefal­len hat, der aller­dings eine Neu­erfin­dung war und kei­ne Fort­er­zäh­lung. Zudem hat­te Regis­seur Paul Feig zwar grund­sätz­lich ver­stan­den, was GHOSTBUSTERS sind, aber am Ende nicht die eigent­li­che Essenz, das Herz, des Gan­zen. Man sor­tier­te ihn allen­falls unter »ganz nett« ein, aber es war nicht der gro­ße Wurf, den die Fans sich eigent­lich gewünscht hat­ten. Und vor allem tauch­ten die alten Hau­de­gen nur in Came­os auf, nicht in ihren dama­li­gen Rol­len.

Ver­mut­lich muss­te mit Jason Reit­man erst der Sohn des ursprüng­li­chen Regis­seurs antre­ten, um die­se Fort­set­zung 37 Jah­re nach dem ers­ten tat­säch­lich in die Kinos zu bekom­men, wenn auch auf­grund des Virus mit über einem Jahr Ver­spä­tung.

Jason Reit­man gab zu Pro­to­koll, dass er als klei­ner Jun­ge stän­dig am Set her­um­ge­sprun­gen ist und GHOSTBUSTERS damit qua­si mit der Mut­ter­milch auf­ge­so­gen hat. Das mag erst ein­mal gute PR sein, aber wenn man sich GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE ansieht, dann neigt man dazu, ihm das ein­fach mal abzu­kau­fen.

Denn AFTERLIFE ver­mag es nicht nur, die Essenz des­sen, was GHOSTBUSTERS aus­macht, wie selbst­ver­ständ­lich in einen neu­en Film ein­zu­bau­en, er schafft zudem, das auch noch zu tun, ohne dass es pein­lich wird, oder sich mit der Vor­la­ge über Gebühr anzu­bie­dern. Nein, ver­steht mich nicht falsch, Fan­ser­vice gibt es zuhauf und manch einer mag Reit­man vor­wer­fen, er habe sich zu eng am Ori­gi­nal bedient, wür­de es pla­gi­ie­ren. Das ist aber falsch, denn zum einen passt das, was Dreh­buch und Hand­lung uns zei­gen, ein­fach per­fekt in eine Fort­set­zung. Und trotz aller Ver­nei­gun­gen zum Ori­gi­nal, und dar­un­ter ein paar mehr als offen­sicht­li­che, schafft der Regis­seur es, uns den­noch einen ganz eigen­stän­di­gen Strei­fen zu prä­sen­tie­ren, der viel mehr Wert auf neue Darsteller°innen und deren Aben­teu­er legt, als ein­fach nur Bekann­tes wie­der­zu­käu­en.

Die ein­deu­ti­gen und zahl­los vor­han­de­nen Remi­nis­zen­zen müs­sen auch zum einen nicht nur vor­han­den sein, man ver­zeiht sie auch alle, weil sie zwar hand­lungs­wich­tig sind, aber so geschickt ein­ge­baut, dass sie der neu­en Sto­ry und den Darsteller°Innen nicht im Weg ste­hen, son­dern sie viel­mehr unter­stüt­zen. Ich kann Jason Reit­man nur mei­ne Aner­ken­nung zol­len, dass er es ver­moch­te, die­ses Amal­gam aus Altem und Neu­em so zu prä­sen­tie­ren, dass zwar alte Fans mehr als erfreut sein dürf­ten, das alles aber gleich­zei­tig so eigen­stän­dig ist, dass jün­ge­re Kino­gän­ger sogar gut unter­hal­ten wer­den soll­ten, wenn sie das Ori­gi­nal nicht ken­nen. Und das auch noch auf eine Art und Wei­se, dass man ihm die … nen­nen wir es mal vor­sich­tig … »tie­fe Ver­nei­gung« vor GHOSTBUSTERS pro­blem­los nach­sieht. Und neben dem Offen­sicht­li­chen ent­deckt man neben­bei oder im Hin­ter­grund hau­fen­wei­se wei­te­re Oster­ei­er.

Und dann die­se Kids … Es ist eine pure Freu­de, Mcken­na Grace dabei zuzu­se­hen, wie sie Nerd-Girl Phoe­be gibt. Ihre Dar­stel­lung ist ein­fach unfass­bar auf den Punkt, beson­ders wenn man sich über­legt, in wes­sen Fuß­stap­fen sie hier tritt.
Genau­so gilt das für den quir­li­gen Logan Kim, der sie nicht nur super unter­stützt, son­dern auch eini­ge gran­dio­se Oneli­ner mit einer Cool­ness raus­haut, dass man als alter Sack nur ver­wun­dert mit dem Kopf schüt­teln kann.
Von Finn Wolf­hart weiß man natür­lich aus STRANGER THINGS, was er kann, umso erfreu­li­cher, dass er sich hier zuguns­ten von Mcken­na Grace zurück­ge­nom­men hat, wodurch er etwas im Hin­ter­grund steht, aber das was er zu tun hat sehr sau­ber und über­zeu­gend ablie­fert.
Paul Rudd agiert sou­ve­rän und wit­zig, so wie man es von ihm gewohnt ist und ich will sei­ne Dar­stel­lung auch nicht schmä­lern, das wäre unfair, aber tat­säch­lich wird er von den Jugend­li­chen, ins­be­son­de­re Grace und Kim ein wenig in die Ecke gespielt (was aber auch am Dreh­buch mit sei­nem ein­deu­ti­gen Fokus auf die jugend­li­chen Prot­ago­nis­ten liegt).

A pro­pos »Oneli­ner«. Der Ori­gi­nal­film bestand – neben der Hand­lung – aus einer  schier end­lo­sen Anein­an­der­rei­hung loser Sprü­che der Prot­ago­nis­ten, die damals alle­samt aus Satur­day Night Life stamm­ten, also Come­di­ans waren. Das war in den 80ern noch völ­lig in Ord­nung und hat eben dazu geführt, dass man sich wie oben bereits berich­tet heu­te noch Zita­te um die Ohren hau­en kann.
GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE geht einen deut­lich ande­ren Weg, was gut ist, denn die­se Art von Humor ist heu­te ein­fach nicht mehr ange­sagt (selbst wenn GHOSTBUSTERS von 2016 ver­such­te, das zu chan­neln). Auch dass Jason Reit­man hier gar nicht erst ver­sucht, das zu pla­gi­ie­ren, son­dern die Geschich­te von der Insze­nie­rung her ganz anders angeht, trägt viel dazu bei, dass AFTERLIFE so groß­ar­tig gewor­den ist. Und … ganz muss man auf die losen Sprü­che dann auch nicht ver­zich­ten, die kom­men aller­dings deut­lich sub­ti­ler daher als damals, was den Spaß nicht schmä­lert, eher im Gegen­teil, die Schen­kel­klop­fer erei­len die Zuschaue­rin oft, ohne dass man sie erwar­tet. Und auch aus einem ande­ren Grund muss man auf die losen Sprü­che nicht ver­zich­ten …

Der Unter­schied zwi­schen GHOSTBUSTERS 2016 und GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE ist, dass letz­te­rer ein­fach ganz viel Herz hat und das auch ganz offen trägt. Nan spürt in der Umset­zung fort­wäh­rend die Lie­be zum The­ma. Und das konn­te viel­leicht wirk­lich nur jemand so umset­zen, der als klei­ner Jun­ge am Ori­gi­nal­set war.

Zum Fee­ling trägt natür­lich auch die Musik bei, die sich am Vor­bild von Elmer Bern­stein nicht nur ori­en­tiert, son­dern es umfang­reich gera­de­zu zitiert. Was manch einer jetzt als Pla­gi­at dis­kre­di­tie­ren wol­len mag ist tat­säch­lich nur ein wei­te­rer Kunst­griff, denn auch die sofort erkenn­ba­re, skur­ri­le Musik lässt die Kino­be­su­che­rin sofort zuhau­se sein und wenn die sin­gen­den Sägen ein­set­zen, weiß man sofort, dass jetzt gleich etwas pas­sie­ren wird. Ja, der Score von Rob Simon­sen bedient sich nahe­zu eins zu eins an Bern­steins Vor­la­ge, vari­iert die­se aller­dings sehr gekonnt, und ja, das hät­te viel­leicht etwas krea­ti­ver sein kön­nen, aber eigent­lich passt er per­fekt zum Rest. Ich bin ziem­lich sicher: Wür­de Elmer Bern­stein  (ver­sto­ben 2004) noch leben, hät­te er nicht nur den Sound­track gelie­fert, der hät­te sich sicher auch ganz ähn­lich ange­hört. Des­we­gen: Hut ab auch vor Simon­sen.

Lei­der konn­te Harold Ramis (ali­as Dr. Egon Speng­ler) die­se Reinkar­na­ti­on von GHOSTBUSTERS nicht mehr erle­ben, er ver­starb lei­der bereits im Jahr 2014 viel zu früh im Alter von 69 Jah­ren, und das ist auch der Grund, war­um der Film gegen Ende ziem­lich sen­ti­men­tal wird und ich mich nicht schä­me, wäh­rend des Abspanns mit feuch­ten Augen im Kino geses­sen zu haben.

In die­sem Jahr gab es bereits diver­se wirk­lich groß­ar­ti­ge Pop­corn­ki­no-Fil­me, aber ab sofort ist GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE für mich mit wei­tem Abstand DER Film des Jah­res 2021. Ich sehe dich an, Spi­der-Man, du wirst dir eine Men­ge Mühe geben müs­sen, das noch zu top­pen.

Fra­gen müs­sen wir uns, was die Ver­lei­her gerit­ten hat, den Titel GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE, der ein­fach per­fekt für den Inhalt des Films ist, im Deut­schen auf GHOSTBUSTERS: LEGACY zu ändern, was zwar auch irgend­wie passt, aber im Ver­gleich mit dem Ori­gi­nal­ti­tel eben nur halb­wegs.

Kino­be­su­cher, die den Saal wäh­rend des Abspanns vor­zei­tig ver­las­sen, wer­den übri­gens auch dies­mal nicht mehr ler­nen, dass man das heut­zu­ta­ge schlicht­weg las­sen soll­te.

Ach ja:  Ich möch­te den so schnell wie mög­lich noch­mal im eng­li­schen Ori­gi­nal sehen.

[Nach­trag: Lasst euch nicht von den schlech­ten Bespre­chun­gen durch soge­nann­te Pro­fi-Kri­ti­ker oder strunz­deut­sche Feuil­le­tons ver­un­si­chern. Lest bei­spiels­wei­se mal das hier (eng­lisch)]

GHOSTBUSTERS: AFTERLIFE
Beset­zung: Mcken­na GraceLogan KimFinn Wolf­hardPaul RuddCar­rie CoonCele­s­te O’Con­norBokeem Wood­bi­neBill Mur­rayDan AykroydErnie Hud­sonAnnie PottsOli­ver Coo­perSyd­ney Mae DiazMar­lon KazadiBokeem Wood­bi­ne u.v.a.m.
Regie: Jason Reit­man
Dreh­buch: Jason Reit­man & Gil Ken­an
Pro­du­zent: Ivan Reit­man
Aus­füh­ren­de Pro­du­zen­ten: Dan AykroydMicha­el BeuggJason Blu­men­feldJason ClothAaron L. Gil­bertAmie KarpGil Ken­anJoe Med­juck & Tom Pol­lock
Kame­ra: Eric Steel­berg
Schnitt: Dana E. Glau­ber­man & Nathan Orl­off
Musik: Rob Simon­sen
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Fran­çois Audouy
Cas­ting: John Pap­si­de­ra
124 Minu­ten
USA 2021

Pro­mo­fo­tos Copy­right Sony Pic­tures

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