Die Klagen der Verlage über Urheberrechtsverletzungen sind allerdings ein geradezu grandioser Aufhänger für diesen Artikel. epubli ist ein Dienstleister, der Selfpublishern anbietet, ihre Werke unters Volk zu bringen. Dabei nimmt es die Holtzbrinck-Tochter möglicherweise selbst mit den Urheberrechten nicht so ganz genau.
Die Autorin Anja Bagus sprach mich völlig fassungslos dahingehend an, dass Amazon sie darauf hinwies, dass ihre eigentlich bei diesem Onlinehändler exklusiven eBooks auch bei anderen Anbietern zu finden seien. Gnadenlos wie Amazon ist, setzte man ihr eine – extrem kurze – Frist von fünf Tagen, um die Bücher von den anderen Plattformen zu entfernen. Zuerst wusste Anja kaumt, wie ihr geschah, ihr war nicht bewusst, dass ihre eBooks noch anderswo angeboten wurden. Der Hinweis, dass es sich bei der fraglichen Plattform um Kobo handelte, brachte dann aber relativ schnell Licht in die Sache.
Denn Anja Bagus hatte ihr Buch auf epubli eingestellt und die hatten es an andere Plattformen weiter verteilt. Das ist ihr vertraglich festgelegter Job. Aber das taten sie bis zum vergangenen Wochenende, obwohl die Autorin bereits im Jahr 2013 ihr Konto bei epubli kündigte und die Kündigung auch per Email bestätigt bekam. Nach den AGB des Anbieters wäre es epublis sofortige Pflicht gewesen, die eBooks aus den Shops zu entfernen, in denen sie diese verbreitet hatten. Und selbstverständlich geht man normalerweise davon aus, dass ein seriöser Geschäftspartner den eindeutigen Passi in den eigenen AGB und den Aussagen in der Kündigungsemail folgen sollte.
Doch das war nicht der Fall und man fand das eBuch tatsächlich bis zum vergangenen Freitag auf diversen Plattformen – mit der Verlagsangabe: »epubli GmbH«. Über! Zwei! Jahre! Lang!
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Obwohl epubli keinerlei Rechte mehr hatte, das eBook zu vertreiben, taten sie das über zwei Jahre lang trotzdem. Das ist eine eindeutige Urheberrechtsverletzung, die abmahnfähig ist und mit einer nicht geringen Schadenersatzforderung belegt werden könnte (wenn man die Nerven und das Geld hätte, sich auf einen Rechtsstreit mit Holtzbrinck einzulassen). Im Prinzip hat epubli nicht anders gehandelt, wie sogenannte »Buchpiraten«, die eBücher auf irgendwelchen Plattformen anbieten, ohne vom Urheber oder Rechteverwerter dafür lizenziert worden zu sein. Und noch schlimmer: Durch die Angabe »epubli GmbH« am Buch spiegelte der Laden zudem über denselben Zeitraum vor, Rechte am Buch zu haben, die – und ich wiederhole mich – laut ihren eigenen AGB und der Kündigungsbestätigung längst rechtskräftig erloschen waren.
Sicher, ePubli hat die Bücher auf Anfrage offline genommen. Sie wollten sich dafür aber laut telefonischer Aussage erstmal ein paar Tage Zeit lassen, was per se schon eine Unverschämtheit darstellt. Dass sie seit Jahren eine massive Urheberrechtsverletzung begingen, störte sie offenbar erst einmal eher nicht und die Reaktion war sinngemäß »jaja, wir kümmern uns demnächst drum …«. Gelten Nutzungsrechtedauern für epubli nicht? Ist es der Holtzbrinck-Tochter so egal, dass sie jahrelang die Urheberrechte einer Autorin eklatant verletzt hatte?
Man vermag es kaum zu glauben …
Nebenbei war das eBook übrigens auch via Kobo in einem kanadischen Shop zu finden, zu einem Preis, den Anja so nie angegeben hatte und der völlig überteuert war, aber das ist nur noch ein Bonmot am Rande. ePubli oder Kobo haben hier also möglicherweise einfach mal frei Schnauze Preise festgelegt. Angesichts der Urheberrechtsverletzung macht das den Kohl aber nicht mehr fett.
Und jetzt der Knüller: Noch immer kann man den Hinweis auf ePubli finden, wenn man Google bemüht. Zum einen bei Google Books selbst: Hier steht an Anjas Buch immer noch »epubli GmbH«. Und auf diebuchsuche.de ist ebenfalls noch der Hinweis auf epubli zu finden. Auch das nach geltender Rechtsprechung in Sachen Urheberrechtsverletzungen sofort abmahnbar, denn man muss sich um die Tilgung aller Referenzen bemühen, was epubli offensichtlich nicht für nötig hält.
Jetzt könnte man das für einen »bedauerlichen Einzelfall« halten, aber das tut natürlich gar nichts zur Sache, die Rechtslage ist eindeutig. Und es sollte jeder, der mal ein Konto bei epubli hatte, genau prüfen, ob seine eBooks nicht vielleicht trotz Kontokündigung weiter widerrechtlich von der Holtzbrinck-Tochter vertrieben werden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es sich um einen »bedauerlichen Einzelfall« handelt, sondern ich gehe von suboptimalen technischen oder organisatorischen Prozessen aus.
Meine persönliche Meinung ist, dass sowohl das Verbleiben des eBooks im Kobo-Katalog, und damit auch angeschlossenen Webseiten, sowie die erste Aussage »wir kümmern uns in ein paar Tagen darum« schlichtweg Unverschämtheiten darstellen. Gut, irgendjemand hatte offenbar ein Einsehen und Rechtsverständnis und das Entfernen ging dann sehr viel schneller, aber dennoch …
Ich wiederhole die Frage: Gilt das Urheberrecht für epubli nicht? Auch mögliche organisatorische oder technische Probleme setzen es nicht außer Kraft. Es ist auch nicht die Pflicht des Urhebers zu prüfen, ob epubli den Gesetzen nachkommt.
Haben andere Selfpublisher ähnliche Erfahrungen gemacht? Vielleicht auch mit anderen Anbietern? Dann bitte dringend kommentieren!
Ich habe epubli soeben folgende Anfrage geschickt und werde hier über die Antwort informieren. Natürlich auch über das Ausbleiben einer solchen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ende vergangener Woche informierte mich Frau Anja Bagus darüber, dass ihr Roman »Aetherhertz« von Ihnen jahrelang über die Plattform Kobo vertrieben wurde, obwohl sie den Vertrag mit epubli bereits Ende 2013 (genauer am: 9. September 2013) gekündigt hatte. Laut Ihren AGB wären Sie verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass das Buch umgehend (binnen fünf Tagen) aus allen angeschlossenen Plattformen entfernt hätte werden müssen. Dies ist nicht geschehen, ich selbst konnte mich davon überzeugen, dass das eBook am vergangenen Freitag sowohl bei Kobo als auch bei an Kobo angeschlossenen Onlineshops noch zu erwerben war. Als Verlag war »epubli GmbH« vermerkt, obwohl Sie, wie bereits angegeben, seit 2013 keine Rechte mehr hatten, das Buch zu vertreiben.
Es handelt sich hierbei um eine eindeutige Urheberrechtsverletzung, die abmahnfähig ist und für die Schadenersatzforderungen auf Sie zukommen könnten.
Ich bitte um Stellungnahme zu folgenden Punkten und weise darauf hin, dass ihre Antwort (oder auch das Ausbleiben einer solchen) auf meiner Onlinepräsenz thematisiert und wiedergegeben werden wird.
1. Warum wurde das eBook nicht gemäß Ihren AGB umgehend von den angeschlossenen Plattformen entfernt?
2. Welche Kompensation ist ihrer Ansicht nach angemessen, um Frau Bagus dafür zu entschädigen, dass Sie ihr Buch über zwei Jahre lang widerrechtlich angeboten haben?
3. Wie stellen Sie in Zukunft sicher, dass sich solche eklatanten Urheberrechtsverletzungen in Zukunft nicht wiederholen?
4. Können Sie ausschließen, dass es weitere eBooks gibt, die Sie unrechtmäßig unter Ihrem Namen anbieten?
5. Bis heute findet sich ein Hinweis auf das eBook mit der Angabe »epubli GmbH« bei Google Books. Nach geltender Rechtsprechung hätte auch dieser Verweis von Ihnen entfernt werden müssen. Warum ist dies nicht geschehen?
Für eine zeitnahe Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichem Gruß,
Stefan Holzhauer
PhantaNews.de
Ich muss zugeben, dass ich überaus gespannt bin, ob von epubli irgendeine Art von Antwort kommt, oder ob man das Problem totschweigen und sich der Verantwortung entziehen möchte.
Gelten Urheberrechte nicht für epubli?
Buchpiraten sind immer nur die anderen.
[Update 13:10 Uhr (weil Fragen auftauchten):] Ja, Anja hatte bei epubli bereits am Freitag nachgefragt, ob Verkäufte getätigt wurden – und bisher keine Antwort erhalten.
Ich wurde von Stefan Momma darauf hingewiesen, dass der Vergleich mit Buchpiraten hinkt, weil die das eBook nicht für EUR 4,99 anbieten würden. Das stimmt natürlich
[Update 13:45 Uhr]: Auszug aus den epubli-AGB:
8. Kündigung/Vertragsbeendigung
8.1. Diese Vertriebsvereinbarung kann von beiden Parteien mit einer Frist von 5 (in Worten: fünf) Tagen gekündigt werden. Für die Kündigung seitens des Selbstverlegers ausreichend ist das Zurückziehen des Werks in den Systemen von epubli durch den Selbstverleger oder eine E‑Mail an epubli. Seitens des Vertriebspartners erfolgt die Kündigung durch eine Benachrichtigung per E‑Mail an den Selbstverleger.
8.2. epubli verpflichtet sich, das Werk schnellstmöglich, spätestens jedoch nach 5 Werktagen (Mo-Fr., bundesweite Feiertage ausgenommen) von der eigenen Website zu nehmen und die Dritthändler dazu aufzufordern, das Werk auf den eigenen Internetportalen auszulisten.
8.3. Beendet der Selbstverleger das Vertragsverhältnis durch Kündigung, so ist epubli befugt, bei Wirksamwerden der Vertragsbeendigung bestellte, aber nicht ausgelieferte Exemplare des Werks noch bis zum Ablauf von einem (1) Monat nach diesem Zeitpunkt unter vertragsgemäßer Vergütung zu verbreiten.
Man sieht leicht, wie bereits oben im Artikel erläutert, dass epubli sich nicht an seinen eigenen Autorenvertrag gehalten hat. Jetzt könnte epubli natürlich versuchen, das auf Tolino zu schieben (»Die sind unserer Aufforderung nicht gefolgt!«). Aber auf der Tolino-Seite stand als Verleger eindeutig »epubli GmbH« und die waren der Lizenznehmer.
Logo epubli Copyright epubli GmbH
RT @PhantaNews: Gelten Urheberrechte nicht für epubli? https://t.co/36UkDfk32S #epubli #urheberrechtsverletzung #buchpiraterie
Was mich noch interessieren würde in dem Zusammenhang: Was ist mit den Verkäufen passiert? In den 2 Jahren werden sich doch höchstwahrscheinlich zumindest ein paar Exemplare verkauft haben. Wie wurden die abgerechnet? Hat Frau Bagus jemals Tantiemen dafür gesehen oder hat man sich die einfach klammheimlich eingesteckt?
Das kann ich beantworten: Sie hat keinen Pfennig gesehen. Auf die Frage, ob Exemplare verkauft wurden hüllt epubli sich seit Freitag in Schweigen.
Frau Bagus sollte vorsorglich mit einem Anwalt für Verlags- & Medienrecht bzw. Urheberrecht Kontakt aufnehmen. Denn der Verlag schuldet der Frau u.U. Tantiemen für verkaufte Bücher. Ich kann mir nicht vorstellen, das bei diesem Vertriebsnetz von Kobo und deren angeschlossenen Verlage keine Verkäufe des Buches stattfanden.
Sicher.
Tja, die Kritiker der Elche waren früher selber welche.
Das Urheberrecht ist gut wenn es einem nützt und total blöd sobald es
einem an den Kragen geht. Bin gespannt wie epubli reagiert. Bestimmt ein bedauerlicher Einzelfall und eh nicht so schlimm.
Passt sehr gut zum VG-Wort Streit.
Bitte dran bleiben.
Pingback: Epubli und das Urheberrecht: Keinerlei Reaktion - PhantaNews
Pingback: Leipziger Buchmesse: "Veranstaltungen für Selfpublisher" - PhantaNews
Hi
Ich bin gerade auf diesen Blog Beitrag gestossen, da ich mit Epubli gerade das selbe erlebe! Es gab dort von Anfang an nur Stress! Erst wurden die Bücher nicht ausgeliefert und nun werden sie auch nach meiner Kündigung munter weiter vertrieben! Ich bin grade echt am Verzweifeln und kurz davor einen Anwalt einzuschalten!
Liebe Grüße
Jessica Swiecik
Hallo Jessica,
ich würde über Deinen Fall auch gern berichten. Schreibst Du mir Details an presse@phantanews.de?
Soll ich Dir den Anwalt vermitteln, der Anja in der Sache berät? Wenn das kein Einzelfall ist, könnte das ganz andere Möglichkeiten eröffnen.
Und wo hast du gute Erfahrungen gemacht? Wen kannst du empfehlen?
Amazon. Alle anderen versuchen Dich abzuzocken.