Fantasy Filmfest Nights: A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT

Poster "A Girl Walks Home Alone At Night

A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT – Bun­des­start 23.04.2015

Fil­me­ma­che­rin Ana Lily Amir­pour bezeich­net ihren Film wer­be­wirk­sam als »den ers­ten ira­ni­schen Vam­pir-Wes­tern«. Das macht durch­aus erst ein­mal neu­gie­rig. Und schließ­lich stut­zig. Amir­pour ist zwar ira­ni­scher Abstam­mung, aber in Groß­bri­tan­ni­en gebo­ren, und spä­ter nach Kali­for­ni­en über­ge­sie­delt. Blickt man tie­fer, hat sie sogar die­sen soge­nann­ten ira­ni­schen Film auch in dem Nest Taft in Kali­for­ni­en insze­niert. Selbst Haupt­dar­stel­le­rin Shei­la Vand ist bereits in zwei­ter Genera­ti­on Ame­ri­ka­ne­rin, und Haupt­dar­stel­ler Arash Maran­di ist gar Deut­scher. Was hat es also auf sich mit die­sem pro­vo­zie­ren­den Blick nach Iran? Ana Lily Amir­pour hat eigent­lich kei­nen Hor­ror­film gemacht, Fantasy Filmfest Nights 2015

und auch der Vam­pir­film liegt ein wenig schwer im Magen. Und doch ist er bei­des in expli­zi­ter Vehe­menz. Amir­pour hat einen Kunst­film geschaf­fen, der die Kunst in bei­der­lei Bedeu­tun­gen aus­schöpft. Nichts in A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT ist einem natür­li­chen oder rea­lis­ti­schen Fluss unter­wor­fen, alles in allen Berei­chen ist in offen­sicht­li­cher Künst­lich­keit insze­niert. Und wie es insze­niert und zusam­men­ge­stellt ist, das ist die gro­ße Kunst.

Bad City ist eine tote Stadt, leer und ver­fal­len. Und genau­so lee­re Gestal­ten wan­deln ver­lo­ren durch ihre Stra­ßen. Wie Arash, dem die Ein­sam­keit ins Gesicht geschrie­ben steht, und des­sen Vater dro­gen­ab­hän­gig ist. Oder das Mäd­chen, mit dem trau­rigs­ten Blick, die eine ein­sa­me See­le haben kann. Mit ihrem schwarz­weiß gestreif­ten T‑Shirt unter dem tra­di­tio­nel­len Tscha­dor, und ihrem blei­chen Gesicht, erin­nert sie eher an ein Ske­lett. Das Mäd­chen ernährt sich von Men­schen­blut, das weiß Arash natür­lich nicht, als er ihr begeg­net. Im über­strah­len­den Licht der Stra­ßen­la­ter­nen ste­hen sie sich gegen­über. Er auf Ecsta­sy von einer Kos­tüm­par­ty kom­mend als Dra­cu­la ver­klei­det. Sie, der wirk­li­che Vam­pir auf Beu­te­zug, mit ihrem ver­schlei­ern­den Umhang. Das hat etwas sehr anrüh­ren­des. Eine Sze­ne, die bewegt, weil sie komisch und melan­cho­lisch zugleich ist.  Hier beweist sich, das nur so der Film funk­tio­niert, wenn Amir­pour ihre Sze­nen arti­fi­zi­ell über­stei­gert. Es ist eine Lie­be, die nicht sein kann. Aber es ist eine Lie­be, die sein wird.

Es sind kei­ne Infor­ma­tio­nen zu fin­den, wie man die Dia­lo­ge auf­ge­nom­men hat, oder die Dar­stel­ler tat­säch­lich selbst spra­chen. Denn der kom­plet­te Film ist in Far­si, wie es sich eben für einen ira­ni­schen Film gehört. Und zumin­dest für einen nicht-Mut­ter­sprach­ler, hört sich das Far­si aus dem Mun­de der Ame­ri­ka­ne­rin und des Deut­schen sehr authen­tisch an. Aber es ist nicht der ein­zi­ge Punkt, der stau­nen lässt. In ers­ter Linie ist es die atem­be­rau­ben­de schwarz­weiß-Optik von Lyle Vin­cent, die mit ihren lan­gen Ein­stel­lun­gen und extrem kom­po­nier­ten Bild­auf­tei­lung sofort an Wim Wen­ders oder Jim Jar­musch erin­nert. Der Film nimmt sich auch sehr viel Zeit für sei­nen Hand­lungs­ver­lauf. Es mag das ein­zi­ge Man­ko sein, wel­ches man dem ers­ten ira­ni­schen Vam­pir-Wes­tern vor­hal­ten könn­te. Er nimmt sich die Zeit, die er aber tat­säch­lich auch braucht. Und wer damit sei­ne Schwie­rig­kei­ten hat, wird aber fest­stel­len, dass die­se nur anfäng­lich sind. Ana Lily Amir­pour ent­wi­ckelt mit ihrer Erzähl­struk­tur letzt­end­lich einen Sog, dem man sich nur schwer ent­zie­hen kann. Dazu sind auch Arash und das Mäd­chen ein­fach nur ein zu herz­er­grei­fen­des Paar, als das man sich die­sem Sog ent­zie­hen möchte.

Alles ist auf den best­mög­li­chen Effekt zuge­schnit­ten. Das Licht, die Bild­kom­po­si­ti­on, die Musik, die Insze­nie­rung der Figu­ren, das Erzähl­tem­po, die Gru­sel-Momen­te. Aber auch wie ein­zel­ne Moment sich in das gro­ße Gan­ze ein­fü­gen, wenn eine Pro­sti­tu­ier­te Arash Auto beschä­digt, im Glau­ben einen ande­ren damit zu tref­fen, was sie letzt­end­lich mit dem Mäd­chen zusam­men bringt. Selbst für den Gen­re-Fan bleibt A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT eine Her­aus­for­de­rung. Aller­dings eine, die einen Blick mehr als ver­dient. Aber man muss auch denen Ver­ständ­nis ent­ge­gen brin­gen, für die Amir­pour zu viel Augen­merk auf die Kunst gelegt hat. Manch­mal gibt es eben Leu­te, die Hor­ror sehen wol­len, wenn Hor­ror drauf steht. Auch das ist die­ser Film, aber auf sehr hin­ter­grün­di­ge Wei­se. Ein Film der nach­hal­tig beschäf­tigt und bewegt, wenn man sich erst ein­mal dar­auf einlässt.

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A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT
Dar­stel­ler: Shei­la Vand, Arash Maran­di, Mar­shall Mane­sh, Mozhan Marnò, Domi­nic Rains, Rome Shad­an­loo u.a.
Regie & Dreh­buch: Ana Lily Amirpour
Kame­ra: Lyle Vincent
Bild­schnitt: Alex O’Flinn
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Ser­gio De La Vega
99 Minuten
USA 2014
Pro­mo­fo­tos Copy­right Cape­light Pic­tures / Koch Media, FFN-Pos­ter Copy­right Rose­bud Entertainment

AutorIn: Bandit

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