WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD

Poster Warte bis es dunkel wird

THE TOWN THAT DREADED SUNDOWN – Bun­des­start 09.04.2015

Tex­ar­ka­na ist eine fast 40.000 Ein­woh­ner zäh­len­de Zwil­lings­stadt, die genau auf der Gren­ze von Texas und Arkan­sas befin­det. Selbst­re­dend getrennt ver­wal­tet. 1946 gescha­hen hier grau­sa­me Mor­de an jun­gen Pär­chen, die irgend­wo im Frei­en in ihren Auto­mo­bi­len allei­ne sein woll­ten. Ein Spre­cher klärt uns auf, dass der als Phan­tom bekann­te Mör­der nie gefasst wur­de. Wei­ter erzählt der Spre­cher, dass 1976 ein Spiel­film vor Ort gedreht wur­de, der die Mor­de und das Phan­tom zur Grund­la­ge hat­te. Anfangs war der Film nur ein mit­tel­mä­ßi­ger Erfolg, gene­rier­te sich dann doch zum Kult-Klas­si­ker. Und tra­di­tio­nell wird jedes Jahr zu Hal­lo­ween, THE TOWN THAT DREADED SUNDOWN in Tex­ar­ka­na einem begie­ri­gen Publi­kum vor­ge­führt. Nur Jami und Corey fin­den die­ses Jahr kei­nen Gefal­len an dem Film, und fah­ren lie­ber zum Händ­chen­hal­ten in die Wäl­der. Nach 65 ereig­nis­lo­sen Jah­ren wer­den sie die ers­ten Opfers des Phantoms.

Mit WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD hat Alfon­so Gomez-Rejon einen herr­lich nost­al­gi­schen Slas­her insze­niert, der bei Gen­re-Freun­den sehr viel Freu­de auf­kom­men las­sen wird. Er bedient dabei natür­lich alle Kli­schees, packt die­se aller­dings in eine sehr geschickt kon­stru­ier­te Hand­lung, die auch Über­ra­schun­gen bereit hält. Dass der Film des­we­gen vor­her­seh­bar sein könn­te, kann man nicht behaup­ten. Wo er aller­dings wirk­lich ent­täuscht, das ist sei­ne Auf­lö­sung. Da waren die Erfin­der nicht sehr inspi­riert, und wecken zu auf­fal­len­de Erin­ne­run­gen an den Beginn der SCREAM-Rei­he. Aber man kann ihnen zugu­te hal­ten, dass bis zu die­sem Zeit­punkt der Unter­hal­tungs­fak­tor in Sachen Blut und Schmerz sehr hoch gele­gen war. Natür­lich gibt es die­se klei­nen Logik­lö­cher, wie zum Bei­spiel ein Poli­zei­schutz allein von der Stra­ße aus funk­tio­nie­ren soll. Aber schließ­lich geht es nicht dar­um Men­schen zu schüt­zen, son­dern sie in Gefahr brin­gen zu können.

Jamie wird den Angriff vom Anfang über­le­ben und von sich aus Recher­chen anstel­len. Die Poli­zei kommt nicht wei­ter, egal wie­vie­le Jugend­li­che auch im Ver­lauf ster­ben. Die Dienst­stel­len von Arkan­sas und Texas müs­sen erst ein­mal koor­di­niert wer­den. In die­sem Ver­lauf wer­den Grö­ßen wie Ed Lau­ter oder Edward Herr­mann lei­der etwas unter ihren Mög­lich­kei­ten etwas ver­heizt. Viel­leicht ist es dem viel zu früh ver­stor­be­nen Edward Herr­mann mit sei­nem wirk­lich letz­ten Film COACH OF THE YEAR ver­gönnt, sich mit bes­se­ren Ein­drü­cken aus der Film­welt zu ver­ab­schie­den. Was wider­um nicht den Rück­schluss geben soll, WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD wäre grund­sätz­lich ein miss­ra­te­ner Film. Nur gibt er Herr­mann nicht die Chan­ce, sich in sei­ner sons­ti­gen Art zu pro­fi­lie­ren. Aber Jamie bekommt durch den ver­schlos­se­nen Stadt­ar­chi­var Nick uner­war­tet auf­merk­sa­me Hil­fe, in ihren Bemü­hun­gen, dass Rät­sel um das Phan­tom und sei­ner Iden­ti­tät zu lösen. Aller­dings mit blu­ti­gen Konsequenzen.

Tat­säch­lich gab es 1976 den Film THE TOWN THAT DREADED SUNDOWN, der sich auf eine unauf­ge­klär­te Mord­se­rie in Tex­ar­ka­na stütz­te. Und hier ist auch der eigent­li­che Clou in WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD ver­bor­gen, der eigent­lich ein Remake jenes Fil­mes wäre. Doch das extrem raf­fi­nier­te Dreh­buch von Rober­to Aguir­re-Saca­sa inte­griert die­sen Vor­gän­ger­film in die Geschich­te, und macht ihn zur Basis des aktu­el­len Hand­lungs­ver­lau­fes, als eine Art Wei­ter­füh­rung von 1976. Wer also möch­te, kann die­sen Film als Fort­set­zung genau­so anse­hen, wie als Reboot, oder Remake. Und somit erwehrt er sich allen Vor­be­hal­ten. Ein intel­li­gen­ter Schach­zug, der nur ganz weni­gen Fil­men, beson­ders Hor­ror­fil­men, gelingt.

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Etwas irri­tie­rend ist Micha­el Gois Bild­ge­stal­tung, die immer wie­der den Ein­druck erweckt, als hät­te sich der Kame­ra­mann nicht ent­schei­den kön­nen. Mal ergötzt er sich in ana­mor­phen Bild­ein­drü­cken (ein 2,35:1 Bild wird durch eine ana­mor­phe Lin­se für ein Sei­ten­ver­hält­nis von 1,66:1 auf­ge­nom­men, und umge­kehrt pro­ji­ziert), zum Bei­spiel John Car­pen­ters bevor­zug­te Optik. Dann wech­selt er oft unmo­ti­viert die Per­spek­ti­ven von kla­rer Struk­tur, zu seit­lich gekipp­ten Moti­ven. Selbst die Kör­nig­keit und Farb­sät­ti­gung der Bil­der vari­ie­ren von Sze­ne zu Sze­ne. Ein Sinn lässt sich kaum dahin­ter erken­nen, und ent­fernt sich dadurch etwas von den schein­bar gehul­dig­ten Klas­si­kern aus den sieb­zi­ger- und acht­zi­ger Jah­ren. Aller­dings trübt es auch nicht das bru­ta­le Ver­gnü­gen, weil genug Poten­ti­al an Splat­ter, Hor­ror und Schock vor­han­den ist, um hin­rei­chend von tech­ni­schen Fein­hei­ten abzulenken.

Wer CALIFORNICATION ver­folgt hat, wird Addi­son Tim­lin in bes­ter Erin­ne­rung haben. Aber auch in WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD hin­ter­lässt sie einen star­ken Ein­druck, hier aller­dings von schau­spie­le­ri­scher Qua­li­tät. Lei­der steht sie da ein biss­chen ein­sam, weil es weder Dreh­buch, noch Regie gelingt, einen wei­te­ren, inter­es­san­ten Cha­rak­ter zu for­mie­ren. Ledig­lich Gary Cole als Chief Depu­ty schafft es immer wie­der, den Zuschau­er zu ver­wir­ren und damit fal­sche Fähr­ten zu legen. Der Man­gel an beson­ders ori­gi­nel­len Figu­ren, oder auf­fäl­li­ge­ren Cha­rak­te­ren kann eine gewis­se Befrie­di­gung in WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD aber nicht trü­ben. Ein bis auf sei­nen Schluss bes­tens umge­setz­ter Hor­ror-Thril­ler, der effek­tiv sei­ne Prä­mis­se umsetzt, und damit über­zeugt. Allein schon mit der Idee, das Ori­gi­nal in die­ser Form zu inte­grie­ren. Sehr schön.

War­um der deut­sche Ver­leih aller­dings einen Titel wähl­ten, der gleich dem Thril­ler-Klas­si­ker mit Audrey Hepburn von 1967 ist, bleibt mehr als unver­ständ­lich. Ist wohl anzu­neh­men, dass in den Mar­ke­ting-Abtei­lun­gen Kin­der unter­ge­kom­men sind, die nur schein­bar einen Job beherr­schen, ohne sich aller­dings der Mate­rie bewusst zu sein. Getreu dem Mot­to: »Ich mache auch irgend­was mit Medi­en«. Traurig.

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WARTE, BIS ES DUNKEL WIRD – THE TWON THAT DREADED SUNDOWN
Dar­stel­ler: Addi­son Tim­lin, Vero­ni­ca Cart­wright, Antho­ny Ander­son, Tra­vis Tope, Joshua Leo­nard, Gary Cole, Ed Lau­ter, Edward Herr­mann, Andy Abe­le u.a.
Regie: Alfon­so Gomez-Rejon
Dreh­buch: Rober­to Aguirre-Sacasa
Kame­ra: Micha­el Goi
Bild­schnitt: Joe Leonard
Musik: Lud­wig Göransson
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Han­nah Beachler
USA / 2014
89 Minuten
Pro­mo­fo­to Copy­right Tibe­ri­us Film / 24Bilder

AutorIn: Bandit

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