1916 wird der verwitwete Anwalt Arthur Kipps nach Crythin Gifford beordert, um dort den Nachlass der verstorbenen Alice Drablow zu verwalten. Kipps wird nicht sehr herzlich aufgenommen in Crythin Gifford, wo sich Kinder immer wieder auf unerklärliche Weise selbst das Leben nehmen. Auf dem Anwesen Eel Marsh House kann Kipps nach und nach das Geheimnis um die Zusammenhänge der verstorbenen Kinder, des Dorfes und der Geschichte um Alice Drablow lüften. Nächte, die Arthur Kipps nie wieder vergessen und für die er letztendlich einen hohen Preis bezahlen wird.
DIE FRAU IN SCHWARZ ist genau das, was wie eine direkte Weiterentwicklung der alten Hammer-Qualitäten anmutet. Gespenstische Settings, mysteriöse Figuren, eine unheimliche Vergangenheit, ein verzweifelter Held, Nebel und Geistererscheinungen, erschreckende Geräusche und unerklärliche Schreie. Und natürlich fehlt auch das obligatorische Gewitter nicht, welches die Nacht für die Dauer eines Blitzes taghell erleuchtet, um verstörende Bilder zu offenbaren.
So herkömmlich die Geschichte zuerst erscheinen mag, so herrlich effektiv ist sie umgesetzt. James Watkins versucht erst gar nicht schlauer zu sein als das, was die Erzählung hergeben könnte. Dafür weiß er ganz genau, was der Zuschauer erwartet und was er dem alten Geisterhaus-Genre schuldig ist. Jane Goldman hat sich von dem alten TV-Film nicht beeinflussen lassen, sondern sich für die Adaption direkt mit Susan Hills Roman auseinandergesetzt. Die Änderungen gegenüber dem Buch verändern den Charakter der Handlung nicht, sind aber für die Verfilmung weit effektvoller und der Dramaturgie zuträglicher. Herzstück dieses Gruselreigens ist eine halbstündige Tour-de-Force an schrillen Schockmomenten und Spannungssequenzen, während Arthur Kipps die Geschichte um Alice Drablow zu entwirren versucht. Huschende Schatten und kurz erscheinende Gestalten wechseln sich unablässig ab. Das Horrorszenario könnte für den Zuschauer nicht besser ausfallen.
Einziger Wermutstropfen ist ausgerechnet Hauptdarsteller Daniel Radcliffe, der auf der Bühne mit EQUUS Erfolge feierte und sich mit DECEMBER BOYS vom Harry-Potter-Image lösen konnte, aber hier gar nicht den Eindruck erweckt, als wäre er zu nuanciertem Schauspiel fähig. Die Darstellung des Arthur Kipps ist keine schlechte, aber gerade in Szenen mit Ciaran Hinds und Janet McTeer fällt auf, dass da mehr gefordert war.
Aber es ist ein Horrorfilm, und insofern wird mehr auf handfeste Gruselei gesetzt statt auf preisverdächtiges Schauspiel. Der vollkommene Verzicht auf Blut ist ein weiterer Beweis dafür, wie wirkungsvoll man einen Film machen kann, wenn man das Handwerk und sein Projekt auch versteht. Da hat James Watkins sein Handwerk verstanden, ebenso wie Jane Goldman mit ihrer sehr klugen Adaption und Tim Maurice-Jones mit seiner auf den Punkt gebrachten Kameraarbeit, die Jon Harris sehr effizient zusammenfügte. Dies ist ein Film, der sich sehen lassen kann, wenn man nicht gerade vor Angst die Hand vors Gesicht hält. Das ist eben einer dieser Hammer-Filme, die Hammer in den Sechzigern so populär machten. Zumindest als logische Weiterentwicklung dessen. So macht Kino Spaß, wenn der Anspruch eines Films einfach perfekt gesetzt ist.
THE WOMAN IN BLACK
Darsteller: Daniel Radcliffe, Ciaran Hinds, Janet McTeer, Sophie Stuckey, Misha Handley, Liz White, Shaun Dooley, Mary Stockley, Tim McMullan, Ashley Foster u.a.
Regie: James Watkins
Drehbuch: Jane Goldman, nach dem Roman von Susan Hill
Kamera: Tim Maurice-Jones
Bildschnitt: Jon Harris
Musik: Marco Beltrami
Produktionsdesign: Kave Quinn
Großbritannien-Schweden-Kanada / 2012
zirka 95 Minuten
Bildquelle: Concorde Filmverleih
Ein sehr guter Film. Ich hätte ja nicht gedacht, dass Daniel Radcliffe noch mal was anderes spielen könnte, als Harry Potter.
Aber das sieht wirklich gut aus. Mal schauen, was da noch so kommt.
Anmerkung des Betreibers: Spamlink entfernt.
Darf ich mal den Link zum Trailer anbieten?
http://www.youtube.com/watch?v=FV9oXbJ6FlI
Ich fand den Film eher recht fad, ein wenig gruselig war er schon. Es war jedoch eine einzige Aneinanderreihung der ewig gleichen Szenenfolge: der Held bemerkt oben im Haus etwas Verdächtiges, erklimmt die Stufen und schaut nach, sieht im Garten etwas Unerklärliches, begibt sich dorthin; dann wieder ‘rauf, danach wider nach Unten – das Ganze 5 mal hintereinander. Tut mir leid aber zusammen mit der komplett aus Dracula entlehnten Rahmenhandlung (Grundstückskauf ersetzt durch Testament) finde ich daran nichts Originelles..Popcornkino, wie man so schön sagt…
Schon mal Hammer-Filme gesehen? :)
Ganz richtig. Popcornkino eben.
Ich bezweifle, dass die Macher originell sein wollten, wenn sich die Szenen in gewisser Weise wiederholen. Sondern sie wollten den Zuschauer unendlich oft erschrecken, und das war effektiv. Ich erlaube mir allerdings die Bemerkung, dass der Vergleich mit Dracula hinkt. Selbst in ganz groben Zügen könnte ich keine Verbindung erkennen. Das sind zwei ganz unterschiedlich ausgelegte Romane.
Mich wundert eher, dass dir hingegen die Auflösung nicht stärker aufgestoßen ist. Da hatte ich meine Schwierigkeiten.