Und so konnte ich – endlich – prüfen, was andere bereits verbreitet hatten: Dass der neue ASTERIX prima ist.
Julius Cäsar hat bekanntermaßen DE BELLO GALLICO verfasst, also ein Buch … nein, damals gab es noch keine Bücher, vermutlich hat er es eher in Ton- oder Wachstafeln geritzt oder eben auf einen Papyrus gekritzelt. Aber genau um eines der berühmtesten »Bücher« der Menschheitsgeschichte neben … äh … HARRY POTTER geht es. Nennen wir es also der Einfachheit halber »Buch«.
Cäsar hat, als er das Buch verfasste, die Geschehnisse in Gallien wahrheitsgetreu wiedergegeben, zumindest laut dem vorliegenden Asterix-Band. Es befindet sich im »Gallischen Krieg« also neben dem Sieg über Vercingetorix auch ein Kapitel über ein gewisses Dorf in Aremorica. Wo Rom aus dem Asterix-Fan bekannten Gründen nicht so gut aussah.
Cäsars Verleger, Rufus Syndicus, ist nicht der Ansicht, dass dieses Kapitel so in das Buch darf und überredet Julius, es zu streichen, der Kaiser stimmt zu – es könnte seinen Ruf im Senat und beim Volk beschädigen (flüstert der Verleger ihm ein). Doch einer von Syndicus´ Schreibern schmuggelt das Kapitel aus dem Verlag und so kommt es in die Hände des gallischen Reporters … oh, Entschuldigung, Kolportisten, Polemix (Vorbild angeblich Julian Assange). Der die Vertuschung unbedingt veröffentlichen möchte. Und Syndicus will das natürlich unbedingt verhindern.
Man fühlt sich an zahllosen Stellen wie in den alten ZeitenIch fand den Erstlingsband der beiden neuen ASTERIX-Macher Jean-Yves Ferri und Didier Conrad ja schon wirklich witzig und deutlich besser als alles, was in den letzten Jahren abgeliefert worden war. Aber DER PAPYRUS DES CÄSAR toppt das entspannt um Längen. Man fühlt sich an zahllosen Stellen wie in den alten Zeiten und als uralter Fan der Gallier wie zu Hause. Wo ASTERIX BEI DEN PIKTEN in manchen Passagen etwas bemüht wirkte (obwohl auch der im Vergleich zu den Vorgängern eine erhebliche Verbessung darstellte), ist DER PAPYRUS ein reines Vergnügen. Auch und gerade deswegen, weil der Leser an allen Ecken und Enden irgendwelche Kleinigkeiten entdecken kann, die erfreuen.
Und das, obwohl tatsächlich aktuelle Themen wie Whistleblowing und Verlegertum angesprochen werden. Gerade was den Verleger Rufus Syndicus angeht, rannte der neue Band bei mir offene Türen ein, weil er reichlich deutlich Verleger und Verlagsbranche persifliert. Syndicus ist ein Wichtigtuer, ein dekadenter Zwerg, der vom echten Leben keine Ahnung hat. Der seine stummen (numidischen) Schreiber unterdrückt (total buyout kommt einem ebenso in den Sinn, wie Vorschriften, was man zu schreiben hat), bis einer zum Whistleblower wird. Das ist auf so vielen Ebenen brilliant, dass ich mich gar nicht genug freuen kann. Dazu solche Anspielungen wie Tauben als Kommunikationsmittel (ich verweise auf RFC1149 oder RFC2549) oder der Hinweis, dass Geschriebenes sowieso moderner Mist ist, weil die Gallier selbstverständlich alles nur mündlich überliefern – grandios. Oder die Kritiker, die bei einer von Syndicus veranstalteten Orgie bespaßt werden … Ganz köstlich.
… an keiner Stelle hat man den Eindruck, dass sie es mit »dem Alten« übertreibenDoch gerade wegen der vielen Bezüge zum modernen Leben hätte das ja auch alles ins Auge gehen können, weil es aufgesetzt und gekünstelt hätte wirken können. Doch das ist definitiv nicht der Fall. Denn Ferri und Conrad hauen einem zu den neuen Ideen die alten (und das »alt« meine ich ausdrücklich positiv!) Asterix-Versatzstücke um die Ohren, dass es geradezu eine Freude ist. Keine Spur von »Gezwungen« oder etwa, dass der Humor, und Bekanntes von früher, dagegen in die zweite Reihe tritt. Hier wird so viel Altes bedient, dass man es für Fanservice halten könnte. Und das hätte es auch überwiegend werden können, wenn das Gesamtwerk nicht dennoch so überzeugen würde. Denn an keiner Stelle hat man den Eindruck, dass sie es mit »dem Alten« übertreiben. Der Band ist eindeutig ein Asterix, aber alles andere als altbacken. Das ganze Ding ist trotz seiner Vielschichtigkeit fast schon erschreckend homogen. Und gut. Ich lachte mehrfach. Laut.
Bei den Pikten haben sie noch geübt. Beim Papyrus habe ich den Asterix meiner Jugend modernisiert zurück bekommen. Ich bin hin und weg.
Trotz meiner nur schwer zu verhehlenden Euphorie noch eine Anmerkung zum Cover. Oder genauer: Zur Typographie des Covers. Ich weiß, dass man das Ehapa nicht zum Vorwurf machen kann, weil die sich am Originalcover orientieren mussten. Liebe französische Designer: Setz den Pastice ab. Ersten sind die Abstände von »Der« und »des Cäsar« viel zu gering zu »Papyrus«. Und zum Zweiten nimmt man für kursiv gestellte Schrift auch einen kursiven Schriftschnitt und stell nicht einfach den normalen schräg. Wieviel Geld bekommen die für ihre Arbeit? Oder hat man aus Kostengründen den Hausmeister die Typografie fürs Cover machen lassen? Das ärgert mich schon, seit ich die erste Ankündigung des Umschlags gesehen habe. Weil es einfach unprofessionell ist. Und jeder, der ein klein wenig Ahnung von Typografie hat, ein Grimmen in den Eingeweiden spürt.
Aber das ist »nur« das Cover. Die Zeichnung darauf geht in Ordnung, und der Inhalt sowieso.
DER PAPYRUS DES CÄSAR ist eine Freude für jeden langjährigen Asterix-Fan, und ich spreche eine unbedingte Empfehlung aus. Grandios. Perfektioniert wird das Heft durch den nostalgischen Selbstbezug ganz am Ende. Denn diesmal gibt es noch Panels nach dem Fest im Dorf. Und man möchte fast ein Tränchen verdrücken, ob der Hommage.
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Coverabbildung Copyright Egmont Ehapa
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