DER BABADOOK

Poster Babadook

THE BABADOOK – Bun­des­start 07.05.2015. Die Bespre­chung basiert auf der eng­li­schen DVD-Fas­sung

Viel Neu­es kann Jen­ni­fer Kent in ihrem Spiel­film-Debüt dem Zuschau­er nicht bie­ten. Und doch zeigt DER BABADOOK immer wie­der ein gewis­ses Etwas, was ihn zu einem der ange­se­hens­ten Hor­ror­fil­me der letz­ten Jah­re wer­den ließ. Ober­fläch­lich gese­hen scheint die­ses Lob nicht nur über­trie­ben, son­dern über­haupt nicht gerecht­fer­tigt. Ein allein­er­zie­hen­de Mut­ter, die ihren Mann bei einem Unfall ver­lo­ren hat. Ein Kind, das von Mons­tern unter dem Bett über­zeugt ist. Die ers­ten, noch nicht ernst zu neh­men­den, Anzei­chen eines über­na­tür­li­chen Ein­dring­lings. Schließ­lich der aus­sichts­los schei­nen­de Kampf gegen den Ter­ror. Und dann eine Auf­lö­sung mit Mit­teln, wie sie lan­ge vor­her­ge­sagt, aber zuerst als Unsinn abge­tan wur­den. Jen­ni­fer Kent reiht die Stan­dards anein­an­der, wel­che schon lan­ge die Eck­pfei­ler von oft gese­he­ner, aber soli­der Gru­sel-Unter­hal­tung bil­den.

Ame­lia lebt mit Sohn Samu­el allei­ne in einem gro­ßen Haus. Der Vater ver­starbt bei einem Unfall, als er die wer­den­de Mut­ter ins Kran­ken­haus fuhr. Sei­nen Tod hat Ame­lia nie rich­tig ver­ar­bei­tet, was sie zusätz­lich zum Stress in der Arbeit und einem stets ner­ven­den Kind, zuneh­mend ver­zwei­fel­ter wer­den lässt. Doch als Ame­lia Samu­el aus dem ihr unbe­kann­ten Kin­der­buch »Der Bab­a­dook« vor­le­sen soll, kippt die Situa­ti­on end­gül­tig. Das Buch scheint wie eine Beschwö­rung, um den bösen Geist Bab­a­dook ein­zu­la­den. Sam, der ohne­hin pani­sche Angst vor  Mons­tern und Geis­tern hat, flippt voll­kom­men aus. Erschro­cken zer­reißt Ame­lia das Buch, nur um es am nächs­ten Tag wie­der intakt auf der Tür­schwel­le zu fin­den. Aber da ist es sowie­so schon zu spät. Etwas ist im Haus. Jemand hat dem Bab­a­dook Ein­lass gewährt, so wie es auch das Buch vor­schreibt.

Jen­ni­fer Kent muss sich in ihrer Insze­nie­rung gefal­len las­sen, dass sich die Hand­lung sehr viel Zeit nimmt, bevor der Freund des gepfleg­ten Gru­sels lang­sam in  Stim­mung ver­setzt wird. Aber blickt man nur unwe­sent­lich tie­fer, dann hat dies durch­aus eine not­wen­di­ge Berech­ti­gung. Sehr stim­mungs­voll und wirk­lich unheim­lich sind dage­gen die Ter­ror-Sequen­zen des Bab­a­dook insze­niert. Kent ver­zich­tet weit­ge­hend auf plötz­li­che Schock­mo­men­te oder lau­te Ton­ef­fek­te. Und wenn sie doch zum Ein­satz kom­men, dann nicht des rei­nen Effek­tes Wil­len, son­dern um die Atmo­sphä­re noch zu ver­dich­ten. Der Bab­a­dook aller­dings, die­ses lieb­li­che Wesen aus einem Kin­der­buch, der ist in lan­gen Ein­stel­lun­gen insze­niert. Lan­ge anhal­ten­de Bli­cke in die dunk­len Win­kel der Zim­mer und Gän­ge, aus denen sich lang­sam ein Schat­ten her­aus zu arbei­ten beginnt. Wenn sich der Bab­ab­dook das ers­te mal zeigt, ist das wirk­li­che Gän­se­haut. Da gibt es kei­ne erlö­sen­den Zwi­schen­schnit­te oder Geräu­sche. Es ist die­ser lang anhal­ten Blick auf eine Tür, der zuneh­mend uner­träg­lich wird, weil der Geist sich Zeit nimmt, bis er sich zeigt. Und auch dann sieht man ihn nur sche­men­haft, nie­mals kon­kret. Hier ist eine Erklä­rung zu fin­den, was THE BABADOOK für Gen­re-Freun­de so beson­ders macht. Nicht Schnitt­fol­ge und Ton­ebe­ne geben das Hor­ror-Sze­na­rio vor, son­dern die Kon­zen­tra­ti­on des Zuschau­ers auf ein Bild.

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Aber THE BABADOOK ist etwas viel­schich­ti­ger, als nur ein Hor­ror­film im Kabi­nett der Geis­ter­haus-Geschich­ten. Viel vor­weg neh­men darf man nicht, um nicht den Spaß am Rät­seln und Reka­pi­tu­lie­ren zu neh­men. Denn eine trau­ern­de Mut­ter und ein dar­an ver­zwei­feln­der Sohn, das lässt viel Raum zum Spe­ku­lie­ren. Immer wie­der betont Samu­el gegen­über sei­ner Mut­ter, dass er sie liebt, und das er von ihr geliebt wer­den möch­te. Und wer, oder was, ist der Bab­a­dook wirk­lich? Geist oder Mani­fes­ta­ti­on von Gefüh­len? Ganz unmiss­ver­ständ­lich zeigt Jen­ni­fer Kent nicht nur eine ein­fa­che Gru­sel-Mär, son­dern die offen­sicht­li­che Alle­go­rie auf gege­be­ne Lebens­um­stän­de. Das ver­hallt oft­mals am dra­ma­ti­schen Over­kill der Hand­lung, die sich nicht im ent­schei­den­den Moment zurück neh­men kann, son­dern eher über­zieht. Das Schick­sal des Fami­li­en­hun­des ist exem­pla­risch dafür, dass durch sol­che Sequen­zen der Hin­ter­sinn sehr schnell aus der Sicht gerät. Denn im Nach­hin­ein bleibt es sehr frag­wür­dig, wie so eine Sze­ne in den Kon­text der eigent­li­chen Aus­sa­ge gesetzt wer­den kann.

Grund­sätz­lich kann man THE BABADOOK als durch­aus gelun­ge­nen Hor­ror­film sehen, der durch sei­ne Prä­mis­se auf­ge­wer­tet wird, und mit aktu­ell einem eher unkon­ven­tio­nel­len Insze­nie­rungs­stil zu über­zeu­gen ver­steht. Aber man muss trotz allem gro­ße Vor­sicht wal­ten las­sen. THE BABADOOK ist der Film mit dem wohl nerv­tö­ten­ds­ten Cha­rak­ter, den die Film­welt wohl seit lan­gem heim­ge­sucht hat. Noah Wise­man als Samu­el spielt grund­sätz­lich nicht schlecht, wie Jen­ni­fer Kent ihn aller­dings als Figur insze­niert, ist nicht ein­fach nur gewöh­nungs­be­dürf­tig, es ist eine nerv­li­che Her­aus­for­de­rung. Unun­ter­bro­chen schreit Samu­el sei­ne Sät­ze hin­aus, wie­der­holt mit sei­nem lau­ten Organ immer und immer wie­der sei­ne die Erwach­se­nen unter­bre­chen­den Wor­te. Soll­te jemand das Kino ver­las­sen, oder das Heim­ki­no abschal­ten, weil er Samu­el nicht erträgt, dann ist das in jeder Hin­sicht nach­voll­zieh­bar. Ansons­ten: Jen­ni­fer Kent hat dem Hor­ror­film nicht wirk­lich etwas Neu­es hin­zu­zu­fü­gen, aber es ist reich­lich abwechs­lungs­rei­cher Gru­sel für äußerst unter­halt­sa­me 90 Minu­ten gege­ben.

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DER BABADOOK – THE BABADOOK
Dar­stel­ler: Essie Davis, Noah Wise­man, Dani­el Hens­hall, Hay­ley McEl­hin­ney, Bar­ba­ra West, Ben­ja­min Win­spear, Cathy Ada­mek u.a.
Regie & Dreh­buch: Jen­ni­fer Kent
Kame­ra: Radek Lad­c­zuk
Bild­schnitt: Simon Njoo
Musik: Jed Lur­zel
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Alex Hol­mes
93 Minu­ten
Aus­tra­li­en – Kana­da 2014
Pro­mo­fo­tos Copy­right Cape­light Pic­tures /​ Cen­tral

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