Bandits Editorial: Justice Done

Wenn man beson­ders schlau, selbst­ge­recht oder kul­ti­viert erschei­nen möch­te, setzt der Autor sei­nem schlau­en, selbst­ge­rech­ten oder kul­ti­vier­ten Arti­kel ein »Edi­to­ri­al« vor­an. Das legi­ti­miert, höchst­wahr­schein­lich zu Unrecht, eine rein sub­jek­ti­ve Mei­nung und damit ein­her­ge­hen­de Äuße­run­gen. Und sol­che bedarf es bei der neu­en Ver­si­on des Super­hel­den-Spek­ta­kels JUSTICE LEAGUE.

 

ZACK SNYDER’S JUSTICE LEAGUE – SKY – 18.03.2021

Poli­tisch kor­rekt mit dem jetzt voll­stän­di­gen Titel ZACK SNYDER’S JUSTICE LEAGUE. Aber wem müss­te man das noch sagen, wenn er nicht erst seit ges­tern Kabel­an­schluss und Inter­net in sei­ner Fes­tung der Ein­sam­keit bekom­men hät­te? Wer die Geschich­te des vor­an­ge­gan­ge­nen Dra­mas noch nicht kennt, soll­te Cyborg-Dar­stel­ler Ray Fisher fra­gen, der glaubt, unge­fragt viel dazu bei­steu­ern zu müs­sen, wenn es um den unmensch­lichs­ten Regis­seur aller Zei­ten geht. Dar­an mögen sich bit­te ande­re abarbeiten.

Das größ­te Fan- und Nerd-Auf­be­geh­ren seit der Abset­zung von BABYLON 5 zeig­te sich erfolg­reich. Ganz ehr­lich: was hat­te War­ner denn zu ver­lie­ren? Und nun sind sich jen­seits von Got­ham alle einig, dass die­se Fas­sung der weit bes­se­re Film wäre. Ob die­se Stim­men den Test mit dem magi­schen Las­so bestehen wür­den, sei dahin­ge­stellt. Denn zwi­schen dem gan­zen Hur­ra und ana­ly­ti­schen Abhand­lun­gen bleibt eine ent­schei­den­de Fra­ge, zumin­dest für den hier schrei­ben­den Ver­fas­ser, nicht gestellt. Was wür­de pas­sie­ren, wenn der SNYDER’S CUT noch uner­träg­li­cher gewor­den wäre?

Das Wort »uner­träg­lich« setzt sich aus dem Kanon zusam­men, den man als Kri­tik an JUSTICE LEAGUE (2017 ) ver­neh­men muss­te. Was wie­der­um erst geschah, nach­dem bekannt wur­de, dass Zack Sny­der sei­ne per­sön­li­che Roh­schnitt­fas­sung im Safe lie­gen hat­te. Bis dahin war das DC-Äqui­va­lent zu AVENGERS als sehens­wer­tes Spek­ta­kel gewer­tet wor­den. Lei­der ohne die Erfül­lung der Erwar­tungs­hal­tung. Was man ruhi­gen Gewis­sens auch von MAN OF STEEL und BATMAN V SUPERMAN sagen kann. Aber nicht muss. Ganz neben­bei: Fil­me von Zack Snyder.

Die Fra­ge ist nun, was wür­de es bedeu­ten, fän­den Kri­ti­ker und Fans den SNYDER CUT ähn­lich »uner­träg­lich«? Das ist er natür­lich nicht. Natür­lich? Hand aufs kyber­ne­ti­sche Herz, es ist Zack Sny­der. Aber die Stim­me der Fans wür­de sich beson­ders im Fan­ta­sy- und Sci­ence Fic­tion-Bereich dras­tisch ver­än­dern. Sind die­se doch den Stu­di­os und Pro­du­zen­ten schon immer ein gewal­ti­ger Dorn im gan­zen Leib gewe­sen. Nicht immer, aber doch zu oft gefähr­lich nahe, haben sie Ein­fluss auf die finanz­be­dingt not­wen­di­ge All­ge­mein­heit gehabt. Dage­gen anzu­ge­hen ist für die Macher den­noch sehr anstren­gend. PROMETHEUS irgendjemand?

Ohne Zwei­fel ist SNYDER’S CUT ein wahr gewor­de­nes The­my­sci­ra in der Kino­land­schaft. Sei­ne kon­stant erdig gehal­te­ne Farb­ge­bung, im Wech­sel mit kal­ten stahl­grau­en Tönen. Das wirkt nicht trost­los, oder bedroh­lich, aber es trägt eine kohä­ren­te Atmo­sphä­re die mit Span­nung gefüllt ist. Die Aus­ge­wo­gen­heit in der Gewich­tung der Cha­rak­te­re, wo kei­ner zur will­kom­me­nen Staf­fa­ge ver­kommt und gleich­be­rech­tigt agie­ren muss, soll­te als Lehr­ma­te­ri­al für Film­schu­len Ver­wen­dung finden.

Dafür wür­de man auf der Film­schu­le leh­ren, dass man sich mit Blitz­ge­wit­tern und Zeit­lu­pen zurück­hal­ten soll­te, und erkenn­ba­re Moti­va­ti­on für die­se Effek­te von Vor­teil wäre. Mis­ter Sny­der lässt es in vie­len Sze­nen so aus­se­hen, als wür­de er sich mit die­sen Stil­mit­teln selbst per­si­flie­ren. Dumm nur, dass der Film grund­sätz­lich so gut gewor­den ist, um die­sen Punkt eigent­lich als obso­let abha­ken zu können.

Ander­orts ist die Über­le­gen­heit von JACK SNYDER’S JUSTICE LEAGUE viel aus­führ­li­cher und kom­pe­ten­ter eru­iert wor­den. Das lässt Raum den Rönt­gen­blick auf ande­re Fra­gen zu wer­fen. Zum Bei­spiel, was die­se Fas­sung so über­le­gen zu JUSTICE LEAGUE 2017 macht.

Es gibt einen Grund für die Exis­tenz von Pro­du­zen­ten. Einen guten Grund, und der ist unter ande­rem even­tu­el­le Ego­fan­tas­te­rei­en eines selbst­er­nann­ten Genies im Zaum zu hal­ten. Regis­seu­re mit dem ver­trag­li­chen Recht auf »Final Cut« bekom­men die­sen von den Stu­di­os nur zuge­spro­chen, wenn sie das Gespür bewie­sen haben, was man einem wiss­be­gie­ri­gen Publi­kum zumu­ten kann.

Es gibt gute Grün­de, die Län­ge eines Fil­mes zu regle­men­tie­ren. Das hat sehr viel mit finan­zi­el­len Aspek­ten zu tun, aber manch­mal auch mit Ver­nunft. Kein Stu­dio lechzt danach, einen vier Stun­den lan­gen Film in die Kino zu brin­gen. Und kein Kino hält sich dafür ger­ne kost­ba­re Lein­wand­zeit frei. Ganz zu schwei­gen vom zar­ten Hin­tern der neu­en Bekannt­schaft beim ers­ten Date.

Der Vor­teil des Strea­mings lag also in den Hän­den des tap­fe­ren Sny­der­leins. So muss eine wei­te­re boh­ren­de Fra­ge gestat­tet sein: Hät­te Zack Sny­der einen eben­so guten, kom­ple­xen, stim­mi­gen Film in wesent­lich kür­ze­rer Zeit erzäh­len kön­nen? Ganz gewiss. Nur geht damit die Fra­ge ein­her: könn­te es dann immer noch der Film sein, der im Augen­blick von allen Sei­ten so beju­belt wird? Und beju­belt wird er, weil man ihn so leicht gegen Joss Whe­dons leid­ge­prüf­te Ver­si­on aus­spie­len kann. Umkehr­schluss: Was hät­te Whe­don in vier Stun­den zei­gen und erzäh­len können?

Es hat irri­tiert, kein Zwei­fel, es hat sehr irri­tiert, für 242 Minu­ten inklu­si­ve Abspann auf ein 4:3 Bild­for­mat zu star­ren. Der spon­ta­ne Griff nach der Fern­be­die­nung und dem Menü­knopf für die Bild­ein­stel­lung war garan­tiert. Aber selbst das War­ten auf eine künst­le­risch moti­vier­te Auf­lö­sung blieb aus. Es war eine prag­ma­ti­sche Ent­schei­dung. Viel­leicht weil sich Mis­ter Zack Sny­der noch­ma­li­ge Arbeit am Bild­for­mat erspa­ren will. Oder er hofft, Begehr­lich­kei­ten wecken zu können.

Inter­es­sant wäre auf alle Fäl­le zu wis­sen, ob War­ner tat­säch­lich in Erwä­gung zieht, JACK SNYDER’S JUSTICE LEAGUE noch ein­mal in IMAX-Kinos zu spie­len. Ent­we­der hat der Regis­seur ein sehr prall gefüll­tes Selbst­ver­trau­en, oder jenes Stu­dio, wel­ches lan­ge Zeit Vor­be­hal­te gegen­über den Wün­schen der treu­en Anhän­ger­schaft arti­ku­lier­te, will wirk­lich ein unab­wäg­ba­res Wag­nis mit einer der­art küh­nen Kino­aus­wer­tung ein­ge­hen. Vor­aus­ge­setzt es fin­den sich dafür Kinobetreiber.

Auch wenn es schwer fällt, soll­te der Kino­narr es »ein­fach« sehen. Also, »ein­fach« in genau die­sem Sin­ne. Das Pro­blem von Fil­men aus dem DC-Uni­ver­sum wird immer sein, dass sie hin­ter dem Uni­ver­sum der Mit­be­wer­ber anste­hen müs­sen. Das ist, bit­te zum mit­schrei­ben, kei­ne Fra­ge der Qua­li­tät. Es hat sich so erge­ben. Denn ob MAN OF STEEL, BATMAN v SUPERMAN, oder JUSTICE LEAGUE, sie haben alle einen unbe­streit­ba­ren Unter­hal­tungs­wert, und erfül­len die an sich selbst hoch gestell­te Ansprüche.

Ver­zei­hung wegen der Wort­wahl, aber nen­nen wir es ein­mal das Expe­ri­ment, es ist geglückt. Fans und Nerds wer­den wei­ter­hin der Mei­nung sein, Ein­fluss neh­men zu kön­nen. War­ner hat das Bes­te für sich an Scha­dens­be­gren­zung gewon­nen. Und die Kino­welt fei­ert eine neue Abson­der­lich­keit, das cine­as­ti­sche Won­der Kind wel­ches für den Fern­se­her pro­du­ziert wurde.

Hand aufs rasen­de Herz, es hat schon Spaß gemacht. Und genü­gend Andeu­tun­gen und Häpp­chen wur­den gereicht, dass da für zukünf­ti­ge Fil­me noch eini­ges in der Bat-Höh­le ver­bor­gen liegt. Viel­leicht soll­te Ray Fisher gegen­über War­ner doch ein­mal sei­ne künst­li­chen Glied­ma­ßen still hal­ten. Es schla­gen, flie­gen und ste­hen schon genü­gend neue Cha­rak­te­re in Bereit­schaft. Da kann man als New­co­mer schnell hin­ten her­un­ter­fal­len, schnel­ler als Bar­ry Allen einen auf­fan­gen könn­te. Edward Nor­ton und HULK? Und Nor­ton war kein Newcomer.

So oder so wird es span­nend und auf­re­gend blei­ben. Mögen die Fil­me kom­men. ZACK SNYDER’S JUSTICE LEAGUE hat uns das Sitz­fleisch des Kryp­to­niers schon ein­mal antrai­niert, es ist gestählt.

ZACK SNYDER’S JUSTICE LEAGUE
Dar­stel­ler: Ben Affleck, Hen­ry Cavill, Gal Gadot, Jason Mom­oa, Ray Fisher, Ezra Mil­ler, Jere­my Irons, Amy Adams, Dia­ne Lane, J.K. Sim­mons, Amber Heard, Jim Mor­ton, Jes­se Eisen­berg u.a.
Regie: Zack Snyder
Dreh­buch: Chris Terrio
Kame­ra: Fabi­an Wagner
Bild­schnitt: David Bren­ner, Car­los M. Castil­lón, Dody Dorn
Musik: Tho­mas Hol­ken­borg (Jun­kie XL)
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Patrick Tatopoulos
Groß­bri­tan­ni­en – USA / 2021
242 Minuten

Bild­rech­te: HBO Max / WARNER BROS.

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