Bandit zu: WALKING DEADs Midseason Spoiler

Es ist eine mitt­ler­wei­le lieb­ge­wor­de­ne Erfin­dung des ame­ri­ka­ni­schen TV-Sys­tems: das Mid­sea­son-Fina­le. Eine für gewöhn­lich 24-tei­li­ge Staf­fel über­brückt selbst­re­dend eine Zeit von 24 Wochen. Mit Fei­er­ta­gen und Son­der­sen­dun­gen, wel­che den Pro­gramm­ab­lauf für gewöhn­lich ändern, kön­nen sol­che Staf­feln von 24 auf 34 Wochen gestreckt wer­den. Das ist wich­tig, damit sich zwi­schen den ein­zel­nen Staf­feln die Pau­sen mög­lichst ver­träg­lich hal­ten. Lan­ge genug um die Span­nung zu hal­ten, aber so kurz damit das Inter­es­se dar­an nicht schwindet.
Anspruchs­vol­le­re Shows, mit höhe­rem Bud­get und einem ver­ant­wor­tungs­vol­le­ren Sen­der, nei­gen dazu nur 13 Epi­so­den pro Staf­fel zu pro­du­zie­ren. HBO macht das, mit zum Bei­spiel DEADWOOD, oder AMC mit BREAKING BAD und MAD MEN. Oder bei WALKING DEAD.

Wäh­rend man bei der zwei­ten Staf­fel von WALKING DEAD sechs Fol­gen lang auf das »ganz Beson­de­re« gewar­tet hat, endet die Fol­ge PRETTY MUCH DEAD ALREADY mit einem Orgas­mus glei­chen Auf­schrei. Ähn­lich einer männ­li­che Jung­frau mitt­le­ren Alters, Typ Star-Trek-Fan mit hand­ge­näh­ter Uni­form, »hei­li­ge Schei­ße, das ist ESSSSS!«. Das Mid­sea­son-Fina­le der zwei­ten Staf­fel von WALKING DEAD ist das, was jeder Fan genau­so erle­ben wollte.

Sie­ben Epi­so­den lie­gen zurück, Sechs noch vor uns. Die dras­ti­schen Bud­get­kür­zun­gen sind bis­lang schmerz­lich zu spü­ren, drei­zehn Epi­so­den für den Preis von sechs der ers­ten Staf­fel. Die Hand­lung sta­gnier­te wegen der kaum wech­seln­den Ört­lich­kei­ten. Lei­der konn­ten die Dreh­bü­cher das mit Cha­rak­ter-Ent­wick­lung nicht ganz auf­fan­gen. Ledig­lich Shane, ehe­mals bes­ter Kum­pel aber auch Part­ner des Hel­den Rick Gri­mes, gewinnt ganz stark an Tie­fe und Gewicht. Shane ist es auch, der wäh­rend die­ser ver­gan­ge­nen sie­ben Epi­so­den für zwei der so für WALKING DEAD prä­gnan­ten WTF-Momen­te ver­ant­wort­lich ist. WTF ist auch so ein typisch ame­ri­ka­ni­sches Ding, bedeu­tet »what the fuck«, und ist ein Aus­druck abso­lu­ter, him­mel­schrei­en­der Über­ra­schung. Wie der eine Typ, den die Gang der Über­le­ben­den fin­det. Nach der Apo­ka­lyp­se woll­te er sich das Leben neh­men und erhäng­te sich im Wald. Er wuss­te zu dem Zeit­punkt des Selbst­er­hän­gens nicht, dass man sich den Kopf weg­schie­ßen muss, um kein »Geher« zu wer­den. Nun hängt er da seit Wochen, gestor­ben und als Wal­ker wie­der­erweckt, zap­pelt und bau­melt untot vor sich hin.

Trotz der wirk­lich über­ra­schen­den, gran­di­os erdach­ten WTF-Momen­te in den bis­he­ri­gen Fol­gen der zwei­ten Staf­fel konn­te WALKING DEAD die Dich­te und den atmo­sphä­ri­schen Hor­ror der ers­ten Staf­fel nicht errei­chen. Das macht die Staf­fel nicht schlecht, nur schlech­ter im Ver­gleich. Es gab für den erge­be­nen Anhän­ger emo­tio­na­le Durch­hän­ger in den neu­en ers­ten sechs Fol­gen, und das muss man nicht so ohne wei­te­res hin­neh­men. Aber, und dies ist ein sehr laut aus­ge­spro­che­nes Aber, man muss die vie­len klei­nen, aber sehr über­ra­schen­den Momen­te die­ser außer­ge­wöhn­li­chen Serie näher betrach­ten und in die Erwä­gun­gen der Qua­li­tät mit ein­be­zie­hen. Und das Mid­sea­son-Fina­le der zwei­ten Staf­fel legt Zeug­nis dafür ab, das WALKING DEAD sei­nen Biss kei­nes­wegs ver­lo­ren hat.

Oder man den­ke an die­sen auf­ge­schwemm­ten Zom­bie im Brun­nen. Kei­ne Fra­ge, die ers­te Staf­fel hat zu gut vor­ge­legt und die Zwei­te wird sich stän­dig dar­an mes­sen müs­sen. Der emo­tio­na­le Leer­lauf in eini­gen der neu­en Epi­so­den ist zu ver­kraf­ten. Mit einem im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes atem­be­rau­ben­den Fina­le, sind die WALKING DEAD näm­lich dort, wo sie hin­ge­hö­ren. Ganz oben, und eben nicht »pret­ty much dead already«.

Natür­lich ist das Mid­sea­son-Fina­le kei­ne lieb­ge­wor­de­ne Erfin­dung. Es ist in Wirk­lich­keit eine sehr häss­li­che Erfin­dung, weil der geneig­te Zuschau­er wegen der län­ge­ren Pau­se einen Cliff­han­ger der meist heim­tü­cki­schen Art vor­ge­setzt bekommt. Und so ist bei WALKING DEAD gesche­hen, was einem Fan nicht zuge­mu­tet wer­den soll­te: im Wis­sen um jene län­ge­re Pau­se wird eine Fol­ge aus­ge­strahlt, die einen in Ago­nie nach einer Fort­set­zung schrei­en lässt. War­um?! Und war­um ich?! Zwölf Wochen war­ten. Das ist ein Vier­tel eines Jah­res. So kann man eine kur­ze Staf­fel gut stre­cken. Die­ses Mid­sea­son-Fina­le ist eine echt ekel­haf­te Erfindung.

 

Anmer­kung des Her­aus­ge­bers: Ban­dit schreibt als Cine­ast seit vie­len Jah­ren (auch im Web) Film­kri­ti­ken und beschäf­tigt sich mit dem Film­busi­ness und des­sen Befind- und Abson­der­lich­kei­ten im All­ge­mei­nen. Ich habe seit unge­fähr 20 Jah­ren die Freu­de ihn zu ken­nen (und das, obwohl wir erfri­schen­der­wei­se bei Fil­men nicht sel­ten deut­lich unter­schied­li­cher Mei­nung sind, aber das ist auch gut so – immer­hin waren wir uns bei INDY IV einig) und es hat mich sehr gefreut, als er es mir erlaub­te, Arti­kel von sei­ner Sei­te »Abge­schminkt« auch hier auf Phan­ta­News wie­der­ge­ben zu dür­fen (wenn ich der Ansicht bin, dass das The­ma passt) und ich will mich end­lich mal dafür bedan­ken! Dan­ke! Ich woll­te das schon lan­ge tun, aber ihr wisst ja, wie das immer so ist… :o) Ich möch­te mei­nen Lesern Ban­dits Sei­te unbe­dingt ans Herz legen, dort wer­den viel mehr Fil­me und The­men bespro­chen, als hier erschei­nen! (Bild links: Ban­dit im MAD MEN-Stil; Bild rechts: der Sei­ten­be­trei­ber von Phan­ta­News {vul­go: ich} im MAD MEN-Stil)

 

Bild­nach­weis: Pro­mo-Fotos PRETTY MUCH DEAD ALREADY Copy­right 2011 AMC

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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