Bandit bespricht: THE BATMAN

THE BATMAN – Bun­des­start 03.03.2022

In jeder Hin­sicht ent­zieht sich THE BATMAN einer Mög­lich­keit, als eigen­stän­dig und ohne abwä­gen­de Ver­glei­che betrach­tet zu wer­den. Einen Film einem ande­ren gegen­über­stel­len, noch dazu wenn Gen­re und Cha­rak­te­re iden­tisch sind, führt meist zu einer sug­ges­ti­ven Par­tei­nah­me, selbst wenn die­se über­haupt nicht beab­sich­tigt sein soll­te. Eine objek­ti­ve Betrach­tung ein­zel­ner, essen­zi­el­ler Ele­men­te ist auf bei­den Sei­ten nicht gewähr­leis­tet, das liegt in der Natur von Ver­glei­chen und Abwä­gun­gen. Aber Matt Ree­ves‘ THE BATMAN for­dert mit einer Viel­zahl von insze­na­to­ri­schen und struk­tu­rel­len Aspek­ten zu einer künst­le­ri­schen Kon­fron­ta­ti­on her­aus. Seit vier­zehn Jah­ren plagt Feuil­le­to­nis­ten, Cine­as­ten, Kri­ti­ker und den gemei­nen Kino­gän­ger die Fra­ge, wie vie­le Super­hel­den­fil­me das Kino denn noch ver­trägt. THE BATMAN könn­te einer der Grün­de für eine nega­ti­ve Ant­wort sein.

Die Pres­se­ab­tei­lung hat gan­ze Arbeit geleis­tet, indem immer wie­der vehe­ment dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de, dass die­se Inkar­na­ti­on end­lich ein­mal die Ursprungs­ge­schich­te, wie Mil­li­ar­därs­er­be Bruce Way­ne zum Bat­man wur­de, nicht wie­der­ho­len wür­de. Das ist nicht gelo­gen, aber falsch dar­ge­stellt, denn die zwei­te Hälf­te des Films befasst sich sehr inten­siv mit der Ver­gan­gen­heit der Fami­lie Way­ne. »Die Hälf­te des Films« bedeu­tet in die­sem Fall sehr viel Zeit, denn mit fast drei Stun­den inklu­si­ve Abspann ist THE BATMAN kein kur­zes Ver­gnü­gen. Und schon gar kein kurzweiliges.

Seit zwei Jah­ren schon kämpft der mas­kier­te Gesetz­lo­se gegen das Übel in Got­ham City. Ganz wie es sich Regis­seur und Autor Ree­ves bereits in der Vor­pro­duk­ti­on erson­nen hat­te insze­niert er die Fle­der­maus mehr als geris­se­nen Detek­tiv und viel weni­ger als Action-Hel­den. Gegen den Wil­len des rest­li­che Poli­zei­ap­pa­ra­tes zieht Lt. Gor­don den Bat­man sehr ger­ne zu Ermitt­lungs­ar­bei­ten hin­zu. Ja, Gor­don ist am Anfang noch Lieu­ten­ant, man kann also noch eine Art zusätz­li­cher Ori­gin-Sto­ry im Lau­fe der Hand­lung erwarten.

Das Pro­blem ist aber nicht jed­we­de Art von Ori­gin-Sto­ry, son­dern die durch­aus berech­tig­te Fra­ge, war­um Bruce Way­ne über­haupt das Kos­tüm trägt, wenn er ohne­hin die meis­te Zeit legi­tim zwi­schen den Beam­ten agiert. Das wür­de ihm stän­di­ge Anfein­dun­gen erspa­ren. Als Pri­vat­per­son scheint er ohne­hin kei­ne Bedeu­tung in Got­hams geho­be­nen Krei­sen zu haben, wo er mit über­heb­li­chen Habi­tus als Play­boy von sei­nem Alter Ego ablen­ken müss­te. Jeden­falls ver­mit­telt das die Inszenierung.

Eigent­lich woll­te Ben Affleck wei­ter die Fle­der­maus spie­len, hat­te das Dreh­buch bereits fer­tig, woll­te wie ange­kün­digt an JUSTICE LEAGUE anknüp­fen, hat sich dann aller­dings ent­schlos­sen doch lie­ber sei­ne Alko­hol­sucht zu bekämp­fen. Bis jetzt erfolg­reich. Dass der in die Bre­sche gesprun­ge­ne Matt Ree­ves gleich die gesam­te Pro­duk­ti­on aus dem »DC Exten­ded Uni­ver­se« her­aus nimmt war dann aller­dings doch über­ra­schend. Und ein gro­ßer Feh­ler zugleich. Denn THE BATMAN setzt sich genau zwi­schen das immer noch stief­müt­ter­lich akzep­tier­te DCEU und die kon­ge­nia­le Nolan-Trilogie.

Dass die Beset­zung von Robert Patt­in­son zusätz­li­che Ver­wir­rung in allen zuschau­en­den Spar­ten aus­lös­te, war zu erwar­ten. Wer aller­dings Patt­in­sons Kar­rie­re unvor­ein­ge­nom­men mit­be­kom­men hat­te, konn­te das schon bei­na­he als logi­sche Ent­schei­dung sehen. Und Robert Patt­in­son lie­fert. Sei­ne Phy­sis, sein Cha­ris­ma, und sein auf den Kern akzen­tu­ier­tes Spiel tref­fen den getrie­be­nen und gleich­zei­tig gebro­che­nen Men­schen genau. Ein Bat­man, dem es merk­lich schwer­fällt, auf­zu­hö­ren wenn der Geg­ner bereits am Boden liegt.

Patt­in­son ist eine bemer­kens­wer­te Ergän­zung zu Micha­el Kea­ton und Chris­ti­an Bale. Er ist in Spiel und Cha­rak­te­ri­sie­rung nicht bes­ser, aber mit einer sehr eige­nen Prä­senz des von Selbst­zwei­feln zer­fres­se­nen Men­schen und des­il­lu­sio­nier­ten Hel­den. Um die Mög­lich­kei­ten sei­ner spie­le­ri­schen Band­brei­te stär­ker zu beto­nen, hät­te Patt­in­son einen star­ken Gegen­part gebraucht. Aber Andy Ser­kis als Alfred wird von Buch und Regie stark ver­nach­läs­sigt. Und Cat­wo­man fehlt eine Dar­stel­le­rin mit Persönlichkeit.

Auch, wenn Patt­in­son und Kra­vitz schon vor BATMAN län­ger befreun­det waren, kommt ihre Lein­wand­be­zie­hung nicht über das Gefühl von Freund­schaft hin­aus. War­um Kra­vitz immer wie­der für füh­ren­de Rol­len besetzt wird, bleibt ein Mys­te­ri­um. Wer einen Quer­schnitt zieht, von den Paa­run­gen Kea­ton und Pfeif­fer in BATMAN, sowie Bale und Hat­ha­way in DARK KNIGHT RISES, weiß, dass nur so die Bezie­hung von Bat­man und Cat­wo­man, respek­ti­ve ihren pri­va­ten Alter Egos, funk­tio­nie­ren kann. Es sind Men­schen die sich brau­chen, aber längst jed­we­des Ver­trau­en ver­lo­ren haben.

Dabei stellt sich die nächs­te Fra­ge an die Regie, war­um Seli­na Kyle über­haupt eine Anmu­tung von Kos­tüm braucht, wenn sie meis­te Zeit ohne­hin klar für jeden erkenn­bar durch die Set­tings stol­ziert. Es ist ein nobles Anlie­gen, dass Matt Ree­ves noch wei­ter vom über­ir­di­schen und gen­ma­ni­pu­lier­ten Super­hel­den­film weg­woll­te. Und das ist ihm durch­aus gelun­gen. Aber er ist damit wei­ter vom Mythos des Bat­man ent­fernt, als es der Figur ange­mes­sen ist.

Am Anfang sin­niert Bruce noch aus dem Off, dass allein das Bat-Signal am wol­ken­ver­han­ge­nen Him­mel Furcht bei all den fins­te­ren und kri­mi­nel­len Geschöp­fen in den Stra­ßen von Got­ham ver­brei­ten wür­de. Ree­ves hat das sogar her­vor­ra­gend in Sze­ne gesetzt, wenn ein Räu­ber nach dem Über­fall das Signal sieht und sei­nen Feh­ler umge­hend bereut. Oder aus einer Grup­pe maro­die­ren­der Schlä­ger beob­ach­tet jemand immer wie­der ängst­lich den Him­mel, wohl wis­send um sein Schicksal.

Die Ein­gangs­se­quenz schlägt auch ein Brü­cke zu Todd Phil­lips‘ JOKER, der eigent­lich selbst als Stand-Alo­ne-Film gilt. In ähn­li­cher Wei­se macht auch THE BATMAN wenig den Ein­druck in ein grö­ße­res Gefü­ge von Fil­men und Kon­zep­ten inte­griert wer­den zu kön­nen. Ree­ves woll­te düs­te­rer sein als alle bis­he­ri­gen Super­hel­den, die seit dem Beginn des MCU die Kinos fül­len. Das ist durch­aus gelun­gen, aber das ist nicht wirk­lich gut. Es feh­len defi­ni­tiv die­se Momen­te, um von der Anspan­nung etwas abzu­las­sen. Ein Film in die­sem Gen­re, soll­te sei­ne Zuschau­er die­ses Gen­re auch immer wie­der spü­ren lassen.

Bei JOKER hat die psy­cho­lo­gi­sche Zan­ge noch sehr gut funk­tio­niert. Aber Phil­lips Film war eine uner­war­te­te Aus­nah­me, die zudem einen erwei­ter­ten Zuschau­er­kreis über die cine­phi­le Fan-Base hin­aus errei­chen woll­te. Da tut sich ein Mann in Fle­der­maus-Kos­tüm viel schwe­rer, vor allem wenn dies so ver­bis­sen ernst und auch ohne sati­ri­sche Züge insze­niert ist. Chris­to­pher Nolan hat die Comic-Vor­la­ge nie aus dem Auge ver­lo­ren, er hat deren Cha­rak­ter bewahrt, nur den Men­schen und die Ereig­nis­se auf phy­si­ka­li­sche Mög­lich­kei­ten heruntergebrochen.

Matt Ree­ves gelingt es nur sel­ten, THE BATMAN zu einem Erleb­nis zu machen, wel­ches den Erwar­tun­gen aus Comic-Vor­la­gen her­aus ent­spricht. Als Aus­nah­me ist der Stro­bo­skop-Effekt bei einem Tun­nel-Kampf so eine Sze­ne. Oder Bat­mans Erschei­nen in der Kir­che mit dem Bom­ben­at­ten­tä­ter. Selbst wenn Patt­in­son in der soge­nann­ten Bat-Höh­le ver­schwitzt und aus­ge­powert die Mas­ke abnimmt. Es gibt vie­le, aus­ge­zeich­net umge­setz­te Sze­nen, die Lau­ne machen. Zwei­fel­los gehört dazu die aus­ge­zeich­net foto­gra­fier­te Auto­ver­fol­gung von Pin­gu­in und Bat­man. Das ers­te Mal, dass das Bat-Mobi­le zu einem wirk­lich eige­nen Cha­rak­ter geformt wurde.

Greig Fraser hat nicht nur in ZERO DARK THIRTY und KILLING THEM SOFTLY ein fabel­haf­tes Gespür für natür­lich, rea­lis­ti­sche Bild­ge­stal­tung bewie­sen. Aber drei Stun­den Dun­kel­heit, selbst an einem groß­räu­mig abge­sperr­ten Tat­ort, und ewi­ger Dau­er­re­gen sind ein­fach zer­mür­bend. Scott hat das auch mit BLADE RUNNER gemacht, die Stim­mung aber immer wie­der mit licht- und farb­in­ten­si­ven Sequen­zen unter­bro­chen. In THE BATMAN gibt es gera­de zwei­mal Son­nen­auf­gän­ge, die zu allem Über­fluss auch noch die Bezie­hung zu Seli­na Kyle reflek­tie­ren sollen.

Von den 175 Minu­ten ist der Film gute 45 Minu­ten zu lang. Weni­ger kon­zen­trier­te Zuschau­er wer­den bereits ab der zwei­ten Hälf­te im Kopf ihre eige­nen Schnit­te set­zen, wann die immer zu lang aus­ge­spiel­ten Sze­nen been­det sein könn­ten. Scha­de dar­um, denn eini­ge Hand­lungs­ele­men­te, Regie­ent­schei­dun­gen und dia­log­sei­ti­ge Gedan­ken sind eines wirk­lich packen­den und über­zeu­gen­den Kino­er­leb­nis­ses mehr als wür­dig. Aller­dings hat man zu die­sem Zeit­punkt noch nicht über die Micha­el Giac­chi­nos Musik gesprochen.

Viel­leicht hät­te John Wil­liams »Impe­ri­al March« als iro­ni­sche Anleh­nung frü­her ein­mal funk­tio­niert. Es hät­te eine wun­der­ba­re Note sein kön­nen, wie die nach Joker bemal­ten Frat­zen zu Beginn. Eines der bekann­tes­ten Sound­track-Stü­cke als Grund­la­ge für BAT­MANs Haupt­the­ma zu nut­zen, ange­sichts eines haupt­säch­li­chen Nerd- und Fan-Publi­kums, ist nicht nur gewagt, son­dern stö­rend. Es wird kaum einen Zuschau­er geben, der bei BAT­MANs Musik nicht min­des­tens ein­mal den Auf­tritt von Darth Vader erwartet.

Bei so viel Dreis­tig­keit, kann es dann auch kein Zufall sein, dass Giac­chi­no bei Ridd­lers The­ma aus­ge­rech­net die Ansät­ze von Nino Rotas DER PATE durch­klin­gen lässt. Eben­falls eines der bekann­tes­ten Film­mu­sik­stü­cke. Die musi­ka­li­sche Unter­ma­lung wird dahin­ge­hend etwas frag­wür­dig. Das muss aber nie­man­den davon abhal­ten, sich nicht den­noch für drei Stun­den eine Aus­zeit zu gön­nen, hin­ein in eine Welt die noch eine Spur kaput­ter wirkt, als unse­re Rea­li­tät. THE BATMAN ist ein abso­lu­tes Muss für die gro­ße Lein­wand. Nie­mand tut sich einen Gefal­len auf ein Heim­ki­no­for­mat zu warten.

THE BATMAN
Dar­stel­ler: Robert Patt­in­son, Paul Dano, Colin Far­rell, Jef­frey Wright, John Tur­tur­ro, Peter Sars­gaard, Andy Ser­kis, Zoe Kra­vitz u.a.
Regie: Matt Reeves
Dreh­buch: Peter Craig, Matt Reeves
Kame­ra: Greig Fraser
Bild­schnitt: Wil­liam Hoy, Tyler Nelson
Musik: Micha­el Giacchino
Pro­duk­ti­ons­de­sign: James Chinlund
USA / 2022
175 Minuten

Bild­rech­te: WARNER BROS

3 Kommentare zu „Bandit bespricht: THE BATMAN“

  1. Christoph Lühr

    Hal­lo Bandit,

    du musst einen ganz ande­ren Film gese­hen haben wie ich. Ich war begeis­tert von die­sem Film und er wur­de über­haupt nicht langweilig. 

    Per­fekt ist er sicher nicht, aber bei wei­tem nicht so schlecht wie du ihn schil­derst. Du scheinst auch der ein­zi­ge mit so einer nega­ti­ven Mei­nung zu sein, den ich wahrnehme. 

    Gruß

    Chris­toph

  2. Was ist das für eine absur­de Aus­sa­ge: Du musst einen ande­ren Film gese­hen haben.
    Nein, habe ich nicht.
    Kann es viel­leicht sein, dass es Men­schen mit ande­ren Ansprü­chen geben könnte?

    Mich freut es, wenn Du viel Spaß im Kino hat­test, so soll es auch sein.
    Mei­ne Ansich­ten ändern sich dadurch aber nicht, die ich mit vie­len ande­ren teile,
    auch wenn Du die nicht ‘wahr­nimmst’.

  3. Avatar-Foto
    Stefan Holzhauer

    Zumal das jetzt schon die zwei­te Bespre­chung von der zwei­ten Per­son hier auf Phan­ta­News ist, die den Film unab­hän­gig von­ein­an­der ganz ähn­lich wahr­ge­nom­men haben … Allein des­we­gen ist die Kom­men­tar-Aus­sa­ge »der ein­zi­ge mit so einer nega­ti­ven Mei­nung« gleich falsch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen