TRUMBO – leicht gespoilert

Poster Trumbo

TRUMBO – Bun­des­start 10.03.2016
Die Bespre­chung basiert auf der ame­ri­ka­ni­schen DVD-Fas­sung

Die Hetz­jagd begann 1946, als die Alli­anz zwi­schen Ame­ri­ka und der Sowjet­uni­on erstarb. Bereits 1941 hat­te Walt Dis­ney eine gro­ße Anzei­ge im Bran­chen­blatt ver­öf­fent­licht, dass er Kom­mu­nis­ten für einen Streik in sei­nem Stu­dio ver­ant­wort­lich mach­te. Als man ein neu­es Feind­bild gefun­den hat­te, schloss sich Schau­spie­ler Ronald Rea­gan als Prä­si­dent der Schau­spie­l­er­gil­de den Vor­wür­fen von Walt Dis­ney an, in der Gil­de wür­den »kom­mu­nis­ti­sche Tak­ti­ken« die Run­de machen. Eine ers­te schwar­ze Lis­te wur­de vom Kon­gress in Washing­ton ver­öf­fent­licht, in der bestimm­te Schau­spie­ler, Dreh­buch­au­to­ren, und Regis­seu­re als Kom­mu­nis­ten iden­ti­fi­ziert wur­den. Auch, weil die­se unum­wun­den zuga­ben, Mit­glie­der der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei zu sein. Fil­me waren zu der Zeit die ein­fluss­reichs­ten Pro­pa­gan­da­mit­tel. Aber sie waren auch ein gro­ßer Indus­trie­zweig gewor­den, und so fürch­te­ten die Stu­di­os nega­ti­ve Bericht­erstat­tung und Aus­wir­kun­gen auf ihre Fil­me, und feu­er­ten alle gelis­te­ten Per­so­nen. Die Para­noia hat­te aber noch lan­ge nicht ihren Höhe­punkt erreicht.

Dal­ton Trumbo ist ein sehr erfolg­rei­cher, aber auch etwas über­heb­li­cher Dreh­buch­au­tor. Er ist ganz oben ange­kom­men, tol­le Fami­lie, rie­si­ges Anwe­sen. Viel Geld und trotz­dem Kom­mu­nist, mehr­fach wird Trumbo den Zusam­men­hang mit Stolz recht­fer­ti­gen, dass dies sehr gut pas­sen wür­de. Dann kom­men die Vor­la­dun­gen vom Komi­tee gegen uname­ri­ka­ni­sche Umtrie­be. Zehn der neun­zehn Zwangs­ge­la­de­nen gehen nach Washing­ton und sagen aus, unter ihnen ein Dal­ton Trumbo, der die Lage über­haupt nicht rea­lis­tisch ein­schät­zen kann. Wenig spä­ter wird er kei­ne Arbeit mehr haben. Aller­dings schrei­en die Pro­du­zen­ten förm­lich nach sei­nen Büchern. Und der uner­müd­li­che Dal­ton hat dafür noch ein rich­ti­ges Ass im Ärmel.

John McNa­ma­ras Dreh­buch tat gut dar­an, die­ses The­ma auf die Figur des Dal­ton Trumbo zu kon­zen­trie­ren. Jay Roach, der sonst eher im Quatsch- und Komö­di­en-Gen­re zuhau­se ist, konn­te dar­aus eine oft­mals abseh­ba­res, aber stets ein­fühl­sa­mes Por­trait eines Man­nes machen, der mit unge­bro­che­nen Wil­len Gren­zen nie­der­rei­ßen konn­te. Was Roach in der Insze­nie­rung nie ver­liert, ist eine stän­di­ge Span­nung. Egal wie bekannt die Geschich­te sein mag, unent­wegt bau­en sich immer wie­der Momen­te auf, die den Zuschau­er fes­seln. Denn in einer Zeit wie der dama­li­gen, schien alles mög­lich zu sein. Ein Mann konn­te unglaub­lich schnell in den Abgrund stür­zen, aber genau­so schnell zum Hel­den mutie­ren. Und Dal­ton Trumbo war ein Cha­rak­ter, bei dem schnell alles pas­sie­ren konn­te. In sei­ner Insze­nie­rung ist Jay Roach ein sehr packen­des Por­trait, aber gleich­zei­tig auch hin­rei­ßen­des Zeit­do­ku­ment gelun­gen.

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Die Kame­ra­ar­beit von Jim Denault, der sich in jedem Gen­re wohl zu füh­len scheint, ver­zich­tet bei der bild­li­chen Umset­zung auf eine opti­sche Äqui­va­lenz zu den Fil­men der fünf­zi­ger Jah­re. Zwar zeich­net er viel in Braun­tö­nen, behält aber eine eher aktu­el­le Struk­tur von Bild­ge­stal­tung und Kame­ra­füh­rung. Und hier scheint es sogar sehr ange­bracht, denn TRUMBO ist kein Film der in einer ver­nied­lich­ten Welt schwel­gen, son­dern ihre unbarm­her­zi­ge Rea­li­tät wie­der­spie­geln möch­te. Der Film tut dies auch, indem immer wie­der in Nach­rich­ten­sen­dun­gen Bil­der rea­ler Ereig­nis­se um die soge­nann­ten »Hol­ly­wood Ten« gezeigt wer­den. Bil­der unter ande­rem von Hum­phrey Bogart, John Hous­ton, oder Dan­ny Kaye, die gegen das Vor­ge­hen der Regie­rung pro­tes­tier­ten, und sich mit den Kom­mu­nis­ten soli­da­risch zeig­ten, obwohl sie selbst kei­ne waren. Es gibt auch Sze­nen, die sehr schö­ne Brü­cken von der Rea­li­tät, in die nach­ge­stell­te Welt schaf­fen. So hat man zum Bei­spiel in die ech­ten Auf­nah­men von SPARTACUS Dean O’Gorman als Dar­stel­ler des Kirk Dou­glas in TRUMBO ein­ge­fügt. Per­fekt und har­mo­nisch, die Illu­si­on funk­tio­niert. Ver­blüf­fend ist ohne­hin die Aus­wahl von Schau­spie­lern und ihre Ähn­lich­keit zu den rea­len Figu­ren. Wie O’Gorman als Dou­glas, Christan Ber­kel als Otto Pre­min­ger, oder Micha­el Stuhl­barg als Edward G. Robin­son.  Ach, nicht zu ver­ges­sen Helen Mir­ren als Hed­da Hop­per, oder Richard Port­now als Lou­is B. May­er. Dabei spielt natür­lich auch das Aus­se­hen eine gewis­sen Rol­le, aber viel mehr ist schlicht­weg ihr über­aus gelun­ge­nes Spiel.

Aber ohne Zwei­fel ist natür­lich Bryan Cran­s­ton als Dal­ton Trumbo die nicht nur bin­den­de, son­dern auch fast schon über­mäch­ti­ge Figur des Films. Ein­ge­rahmt von den unge­mein unter­stüt­zen­den Dar­stel­lun­gen der wun­der­vol­len Dia­ne Lane und dem wirk­lich ange­nehm über­ra­schen­den Lou­is C.K., beherrscht Cran­s­ton jede Sze­ne. Und er ist in fast allen zu sehen. Die Fra­ge ist nur, inwie­weit die The­ma­tik ein Publi­kum jen­seits des Inter­es­ses von Kino und Zeit­ge­schich­te anspre­chen kann. Die Kom­mu­nis­ten­jagd und die schwar­zen Lis­ten sind auch ein viel zu kom­ple­xes The­ma, als man das in einem Film in sei­nem vol­lem Umfang behan­deln könn­te. So die­nen Figu­ren wie John Way­ne, Kirk Dou­glas, Pre­min­ger, und Robin­son auch mehr als Stütz­pfei­ler und Anhalts­punk­te. Inwie­weit sich TRUMBO an die tat­säch­li­chen Ereig­nis­se und den wah­ren geschicht­li­chen Ver­lauf hält, ist schwer nach­zu­voll­zie­hen, wenn man sich nicht tie­fer in die Geschich­te ein­ar­bei­ten möch­te. Im Film wird Kirk Dou­glas als der Mann gezeigt, der Dal­ton Trumbo als ers­tes wie­der ins Geschäft brin­gen möch­te, wäh­rend ober­fläch­li­che Recher­chen Otto Pre­min­ger anfüh­ren, dem Dou­glas nur gefolgt ist.

Fil­me nach wah­ren Ereig­nis­sen haben ohne­hin immer mit Pro­blem­chen zu kämp­fen, die Klein­geis­ter ihnen vor­wer­fen. Unbe­strit­ten bleibt, dass Jay Roach ein sehr span­nen­der aber auch unter­halt­sa­mer Film gelun­gen ist, der zumin­dest an einem Mann fest­ma­chen kann, wie wider­lich und unge­recht ein Sys­tem sein kann, wel­ches sei­ne Para­noia so unver­fro­ren aber erfolg­reich auf das Volk über­tra­gen konn­te. Wer Inter­es­se hat, dem sei TRUMBO unbe­dingt emp­foh­len. Der Cine­ast kommt dar­an ohne­hin nicht vor­bei. Aber selbst der Unent­schlos­sen könn­te in dem humor­vol­len Dra­ma durch­aus Gefal­len fin­den, und danach viel­leicht sogar die Lexi­ka bemü­hen. Das Poten­ti­al hat TRUMBO.

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TRUMBO
Dar­stel­ler: Bryan Cran­s­ton, Lou­is C.K., Micha­el Stuhl­barg, Dia­ne Lane, Helen Mir­ren, John Good­man, Dean O’Gorman, Chris­ti­an Ber­kel, Elle Fan­ning, Alan Tudyk, David James Elliott, David Mal­do­na­do u.a.
Regie: Jay Roach
Dreh­buch: John McNa­ma­ra, nach dem Buch von Bruce Cook
Kame­ra: Jim Denault
Bild­schnitt: Alan Baum­gar­ten
Musik: Theo­do­re Sha­pi­ro
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Mark Ricker
124 Minu­ten
USA 2015

Bild­rech­te: Para­mount Pic­tures

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