YOU´RE NEXT

Poster You´re Next

YOU’RE NEXT – Bun­des­start 07.11.2013

Die Bespre­chung bezieht sich auf die ame­ri­ka­ni­sche Ori­gi­nal­fas­sung im Rah­men des Fan­ta­sy Filmfest

Noch bevor Simon Bar­rett an der Tas­ta­tur und Adam Win­gard vom Regie­stuhl aus, Hor­ror­freun­de mit zwei Tei­len V/H/S und dem ABC OF DEATH erfreu­ten, war da ein bes­se­rer, weit unter­halt­sa­me­rer Film von ihnen, der aller­dings ver­küm­mernd auf Hal­de lag. YOU’RE NEXT war bereits 2011 pro­du­ziert, und fand ledig­lich auf dem Toron­to Inter­na­tio­nal Film Fest und dem Fan­ta­stic Fest ein begeis­ter­tes Publi­kum. Lions­gate hat­te zwar umge­hend die Rech­te erwor­ben, ließ sich aber trotz vehe­men­ter Nach­fra­ge und ein­her­ge­hen­den Pro­tes­ten zwei Jah­re lang Zeit. Dabei waren die Macher mit A HORRIBLE WAY TO DIE bei Gen­re-Freun­den schon vor­her längst bekannt gewor­den,  so wäre YOU’RE NEXT eigent­lich schon damals eine siche­re Sache gewe­sen. Dafür ist die Freu­de nun umso grö­ßer, dass die­ses durch­aus ansehn­li­che Blut-Fest nun end­lich doch den Weg in die Mul­ti­ple­xe welt­weit fin­det. Nicht weil er den Slas­her-Film neu erfin­det, aber sich weit vom Hor­ror-Einer­lei im All­ge­mei­nen abhebt.

Die Fami­lie Davi­son ver­sam­melt sich im Land­haus für einen ange­dacht ver­gnüg­li­chen Hoch­zeits­tag der Eltern Paul und Aubrey. Von den fünf Pär­chen zeigt sich ledig­lich Erin, die neue aber wesent­lich jün­ge­re Freun­din von Sohn Cris­pian, sehr ent­spannt. Die Span­nung zwi­schen den Fami­li­en­mit­glie­dern ist unver­kenn­bar, doch bevor klä­ren­de Wort even­tu­el­le Pro­ble­me lösen könn­ten, löst sich vor dem Haus ein Pfeil aus einer Arm­brust und tötet den Ers­ten im Inne­ren. Drei mit Waf­fen und Tier­mas­ken aus­ge­stat­te­te Män­ner ver­su­chen jeden im Haus zu eli­mi­nie­ren. In der all­ge­mei­nen Panik bewahrt ledig­lich Erin stets einen kla­ren Kopf, und was für die Angrei­fer wie eine ein­fa­che Sache begann, wird zum blu­ti­gen Spieß­ru­ten­lauf auf bei­den Seiten.

Der Home-Inva­si­on-Thril­ler, den man weni­ger ori­gi­nell mit Haus­frie­dens­bruch über­set­zen müss­te, ist ein Sub-Gen­re mit unglaub­lich vie­len Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten. Der Psy­cho­thril­ler fin­det dar­in eben­so Platz, wie das ein­fa­che Dra­ma, oder eben der Über­be­griff Hor­ror. Bemer­kens­wer­te Bei­spie­le in jüngs­ter Zeit waren da die bei­den FUNNY GAMES Vari­an­ten oder THE STRANGERS. Doch auch aus älte­ren Kino­jah­ren blie­ben Thril­ler wie DU LEBST NOCH 105 MINUTEN oder AN EINEM TAG WIE JEDER ANDERE im Gedächt­nis. Adam Win­gard und Simon Bar­rett ver­ste­hen sich auf raf­fi­nier­ten Slas­her, und kon­zi­pier­ten sie eben auch dem­entspre­chend ihren Film in die­se Rich­tung. Dabei fin­den sie genau den rich­ti­gen Ton und Rhyth­mus. Nach einem eher her­kömm­li­chen Pro­log, der nur schein­bar unmo­ti­viert ein­ge­fügt wur­de, geht es über zu Fami­lie Davi­son, die sich nach und nach im Land­sitz ein­fin­det. In die­sem Rah­men kommt es tat­säch­lich zum ein­zi­gen Span­nungs­mo­ment, der wirk­lich unori­gi­nell und über­stra­pa­ziert ist, wenn sich dem ange­spannt suchen­den Vater unver­mit­telt von hin­ten die Hand des Soh­nes auf die Schul­ter legt.

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Dass der für den Zuschau­er unbe­kann­te, schwe­len­de Kon­flikt der Fami­lie nicht offen aus­bricht, gibt der Hand­lung im Ver­lauf noch ein­mal extra span­nen­de Momen­te. Nach einer geruh­sa­men, aber stim­mungs­vol­len Ein­lei­tung beginnt Win­gard nach und nach, das Tem­po anzu­he­ben. Immer bru­ta­ler, immer ver­wor­re­ner wird die Situa­ti­on im Haus, und wer es nach drau­ßen schafft, wird nicht unbe­dingt Erfolg mit sei­nen Absich­ten haben. Der Film folgt einem kon­ti­nu­ier­li­chen Rhyth­mus, der nichts über­eilt, aber den Zuschau­er auch nicht war­ten lässt, son­dern immer auf Span­nung hält. Dazu gibt es im letz­ten Drit­tel eine nicht über­ra­schen­de, aber ori­gi­nel­le Wen­de. Am Ende noch ein­mal eine Über­ra­schung, die von Gen­re-Ken­nern viel­leicht schon vor­her durch­schaut wird, die einem aber auch durch den ste­ti­gen Thrill ent­gan­gen sein könn­te, und dafür umso mehr blu­ti­ge Freu­de berei­tet. Win­gard und Kame­ra­mann, sprich Bild­ge­stal­ter Andrew Droz Paler­mo, haben sich für leicht ent­sät­tig­te Far­ben und eine eher wei­che Aus­leuch­tung ent­schie­den, die weni­ger Authen­ti­zi­tät ver­mit­telt, als viel­mehr den Look von düs­te­ren Gru­sel-Fil­men der 1970er und –80er, wie WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN, oder die WIEGE DES BÖSEN Respekt zollt. Natür­lich war das damals dem Farb­spek­trums des Film­ma­te­ri­als geschul­det und nicht einer beab­sich­tig­ten Stim­mung, und ver­glei­chen kann man YOU’RE NEXT eben­so wenig mit die­sen Klas­si­kern, aber als Remi­nis­zenz funk­tio­niert es atmo­sphä­risch hervorragend.

Ein ganz gro­ßes Extra sind die rela­tiv unbe­kann­ten Dar­stel­ler, bis auf viel­leicht Bar­ba­ra Cramp­ton als Mut­ter Aubrey, die Gen­re-Affi­nen hier und da auf­ge­fal­len sein dürf­te. Die Aus­tra­lie­rin Shar­ni Vin­son meis­tert ihre Rol­le mit beharr­li­cher Glaub­wür­dig­keit. Angst, Wut und Ent­schlos­sen­heit bil­den bei ihr eine flie­ßen­de Ein­heit, und pas­sen sich nicht erst den jewei­li­gen Gege­ben­hei­ten an. Sie ist es auch, von der man unbe­dingt mehr sehen möch­te, so unbe­irrt wie sie ihre Situa­tio­nen meis­tert. Was sich in einem wei­te­ren gro­ßen Plus des Films wie­der­spie­gelt, das die mord­lüs­ter­nen Mas­ken­trä­ger nicht als unemp­find­li­che Über­men­schen prä­sen­tiert. Was sich zuerst als aus­weg­lo­se Gege­ben­heit prä­sen­tiert, wird, mit leicht gegen das Kli­schee gebürs­te­ten Cha­rak­ter­zeich­nun­gen, zu einem blu­ti­gen Wett­streit wel­cher sich plau­si­bel erklärt.

Das Ensem­ble ist im All­ge­mei­nen mit den unver­brauch­ten Gesich­tern sehr gut gewählt. Zudem trübt es, wie bei ähn­lich mit unbe­kann­ten Schau­spie­lern besetz­ten Fil­men, die Vor­her­seh­bar­keit, wel­che Figur für den wei­te­ren Ver­lauf noch wich­tig sein könn­te. Denn das ist was der Hard­core-Fan liebt, wäh­rend des Films schon das Ende vor­her­zu­sa­gen. Da wird es die­ser Fan mit YOU’RE NEXT nicht so ein­fach, dafür aber sei­ne zufrie­den­stel­len­de Freu­de haben. Eigent­lich ein Film ohne wirk­li­chen Makel, mit nicht über­stei­ger­ten, aber ori­gi­nel­len Slas­her-Effek­ten, und einer Frau, die bei Gefahr natür­lich die Trep­pe im Haus hin­auf rennt. Aber hier macht es ein­mal Sinn. Und das macht YOU’RE NEXT nicht nur für ein­ge­fleisch­te Fans schmack­haft, son­dern unter­hält das all­ge­mei­ne Publi­kum  glei­cher­ma­ßen, nicht weil er den Slas­her-Film neu erfun­den hat, son­dern sich künst­le­risch und span­nungs­tech­nisch wohl­tu­end vom Hor­ror-Einer­lei abhebt.

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YOU´RE NEXT
Dar­stel­ler: Shar­ni Vin­son, Nicho­las Tuc­ci, Wen­dy Glenn, AJ Bowen, Joe Swan­berg, Mar­ga­ret Laney, Amy Sei­metz, Simon Bar­rett u.a.
Regie: Adam Wingard
Dreh­buch: Simon Barrett
Kame­ra: Andrew Droz Palermo
Bild­schnitt: Adam Wingard
Musik: Mads Heldt­berg, Jas­per Jus­ti­ce Lee, Kyle McKinnon
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Tho­mas S. Hammock
zir­ka 94 Minuten
USA 2011
Pro­mo­fo­tos Copy­right Lions­gate / Sple­ndid Films

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