Besprochen wird die australische Sprachfassung
Eigentlich wollte er nur helfen, und dann kommt dieses undankbare Rucksack-Pack. Es ist eigentlich erstaunlich, dass es acht Jahre gedauert hat, bis man eine Fortsetzung zu »Australiens angsteinflößendstem Film« umsetzte, so jedenfalls die Werbemaschinerie zu WOLF CREEK. Aber die längere Zeit hat dem Nachfolger auch gut getan, denn Abnutzungserscheinungen zeigt er keine, wie sie bei schnell nachgeschobenen Fortsetzungen oft bereits beim zweiten Teil eintreten. Mick Taylor passt also wieder auf, dass vom Weg abgekommene Touristen in seinem Hinterland keinen Unfug treiben. Und da muss der Mann mit dem markant, meckernden Lachen durchaus auch einmal mit Jagdmesser und Gewehr nachhelfen.
Nach einem Auftakt, der sofort den richtigen Ton anschlägt, müssen sich die Rucksack-Touristen Katarina und Rutger gegen Mick Taylor wehren. In der erste halbe Stunde scheint WOLF CREEK 2 nicht so richtig in die Gänge zu kommen, das liegt vor allem an der merkwürdigen Entscheidung, das Paar sehr exzessiv in paradiesischer Natur schwelgen zu lassen, und sie als Deutsche zu verkaufen. Zwar ist Shannon Ashlyn Halb-Schweizerin, aber die Dialoge sind dennoch kaum als Deutsch zu verstehen und Philippe Klaus’ Sätze klingen allesamt nach auswendig gelernten Übersetzungen. Doch dann machen sie ein hübsches Lagerfeuer, was in australischen Nationalparks verboten ist, und alles wird gut. Die Achterbahn das Grauens hat ihren Anstieg überwunden und ist in freier Fahrt. Geboten wird was man als Fan von Splatter und Gekröse erhofft. Und ein bisschen mehr.
Als Dreingabe packt Regisseur und Mitautor Greg McLean eine spektakuläre Verfolgungsjagd dazu, die lediglich die Frage aufwirft, ob eine 38-Tonner-Zugmaschine wirklich schneller als ein Geländewagen sein kann. Doch die Jagd ist furios inszeniert, mit einer Auflösung die man sich merkt. Nur kurz kann der Zuschauer durchatmen, bis der Film erneut umschlägt, und in einer anderen Richtung weitergeht. Diese Wechsel gibt es drei Mal – und das hat einen ganz besonderen Reiz, weil sich der unheimliche Tonfall des Films trotzdem nicht ändert. Greg McLean mag seinen Stoff, und er mag seine Figuren, was der Inszenierung eine fesselnde Konstante gibt. Die Erwartungshaltung des Zuschauers wird manchmal hintergangen, was aber zu angenehm schauerlichen Überraschungen führt.
Obwohl Bildgestalter Toby Oliver digital drehte, haben die Bilder einen atemberaubenden Cinemascope-Look, der wahrscheinlich nicht von ungefähr an John Carpenters beste Filme erinnert. Aber nicht nur grobkörnig, schmutzige Atmosphäre zeigt Oliver, er lässt es sich auch nicht nehmen, wunderschöne Landschaftsaufnahmen zu präsentieren, die geschickt eingewoben wurden, um Mick Taylors masochistisches Treiben zu konterkarieren. So versteht WOLF CREEK 2 durchaus bestens zu unterhalten und angenehm zu überraschen, auch wenn er im Gesamten nicht wirklich der ganz große Wurf ist. Doch mit angemessenen Abstand, und der Hoffnung auf weitere überraschende Ideen, wäre ein dritter Besuch im Wolf Creek National Park durchaus annehmbar. Vielleicht auch wegen des hier inszenierten Endes, das nicht nur den Fan staunen lässt.
WOLF CREEK 2
Darsteller: John Jarrett, Ryan Corr, Shannon Ashlyn, Philippe Klaus u.a.
Regie: Greg McLean
Drehbuch: Greg McLean, Aaron Sterns
Kamera: Toby Oliver
Bildschnitt: Sean Lahiff
Musik: Johnny Klimek
Produktionsdesign: Robert Webb
106 Minuten
Australien 2013
Promofotos Copyright NewKSM / Roadshow Film Distributors