UPSIDE DOWN wirkt verdreht

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UPSIDE DOWN – Bun­des­start 22.08.2013

Man soll­te anneh­men, dass sich Film­au­tor Juan Sola­nas etwas dabei gedacht hat, als er eine Welt erschuf die allen Regeln der Phy­sik wider­spricht. Dop­pel-Gra­vi­ta­ti­on heißt das Phä­no­men, klärt uns der Haupt­prot­ago­nist Adam aus dem Off auf, über die zwei Pla­ne­ten, die so dicht bei­ein­an­der lie­gen, dass sich Men­schen auf den sich gegen­über­lie­gen­den Berg­gip­feln bei­der Wel­ten fast berüh­ren kön­nen. Die Dop­pel-Gra­vi­ta­ti­on sorgt dafür, dass alle Men­schen und Din­ge eines Pla­ne­ten nur der Gra­vi­ta­ti­on eben die­ser einen Welt gehor­chen. Adam und Eden, ihre Namen sind Pro­gramm, begeg­nen sich in jun­gen Jah­ren auf den Berg­gip­feln ihrer jewei­li­gen Welt. Adam ist aller­dings nicht auf den Kopf gefal­len, wirft ein Seil hoch (oder auch run­ter) zu sei­ner Gelieb­ten und zieht sie zu sich her­un­ter. Eden muss die Zeit auf Adams Pla­ne­ten unter einem Fels­vor­sprung ver­brin­gen, weil ihre Gra­vi­ta­ti­on sie nach oben zieht, sprich nach unten in ihre eige­ne Welt. Und wer bis hier­her immer noch nicht ver­stan­den hat, um was es eigent­lich geht oder was wirk­lich pas­siert, der sei ent­schul­digt. Die bei­den Wel­ten von UPSIDE DOWN sind eben sehr komplex.

Doch die anfäng­li­che Lie­be ist schon im Vor­feld zum Schei­tern ver­ur­teilt, weil unge­neh­mig­ter Kon­takt zwi­schen Per­so­nen bei­der Wel­ten strengs­tens ver­bo­ten ist. Denn Adams Welt wird ver­ächt­lich »dort unten« genannt, ver­arm­te Arbei­ter in einer aus­ge­brann­ten Land­schaft, die denen »dort oben« Wohl­stand und Reich­tum besche­ren. Die Klas­sen sind also klar defi­niert. Dadurch kommt es zu einem schick­sal­haf­ten Unfall, bei dem Adam glaubt, Eden hät­te ihr Leben ver­lo­ren. Erst zehn Jah­re spä­ter ent­deckt er sie im Fern­se­hen wie­der. Adam setzt nun alles dar­an, die Brü­cken zwi­schen den Klas­sen und der Dop­pel-Gra­vi­ta­ti­on nie­der­zu­rei­ßen. Der Weg führt über die Fir­ma mit dem ein­falls­rei­chen Namen Trans­World, die mit einem gigan­ti­schen Turm bei­de Wel­ten ver­bun­den hat, und in dem im mitt­le­ren Stock­werk die Men­schen bei­der Schich­ten Kopf über Kopf arbeiten.

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Es wird nicht ein­fa­cher, je mehr man ver­sucht die­se Welt zu beschrei­ben, und was Adam alles tun muss, um sei­ner Eden wie­der nahe zu kom­men. Zumin­dest optisch kann man sich die­sem Spek­ta­kel der ver­dreh­ten Phy­sik nicht ent­zie­hen. Jedes Bild ist eine wun­der­ba­re Kom­po­si­ti­on von beein­dru­cken­den Visu­el­len und Spe­zi­al-Effek­ten. Und aus dem Spiel, dass Objek­te aus einer Welt, in der ande­ren trotz­dem der Gra­vi­ta­ti­on ihres Ursprungs unter­lie­gen, ent­stan­den sehr net­te Momen­te mit ver­wir­ren­den Ein­drü­cken. Im gemein­schaft­li­chen Rau­cher­zim­mer des mitt­le­ren Stock­werks zum Bei­spiel, wo sich der Rauch tat­säch­lich nur bis zu Mit­te des Rau­mes ver­brei­tet. Oder der Ver­zehr eines Geträn­kes aus der ande­ren Welt.

Aber was ist UPSIDE DOWN über­haupt? Er ist Mär­chen­film, Lie­bes­ge­schich­te, er ist ein biss­chen Sci­ence-Fic­tion und ganz offen­sicht­lich Para­bel. Doch Para­bel über was, dem ver­schließt sich der Ansatz von Juan Sola­nas. Ledig­lich die Sym­pa­thie, die man den Haupt­dar­stel­lern ent­ge­gen bringt, lässt zeit­wei­se ver­ges­sen, dar­über nach­zu­den­ken, um was es im tie­fe­ren Sin­ne gehen könn­te. Der Schrei gegen eine Zwei-Klas­sen-Gesell­schaft ist ein­fach eine zu abge­dro­sche­ne Flos­kel, als dass sie bei UPSIDE DOWN tat­säch­lich ernst genom­men wer­den könn­te. Wor­auf könn­te ein Autor also noch hin­aus wol­len, wenn anstel­le eines strah­len­den Him­mels, eine auf dem Kopf ste­hen­de Welt das Fir­ma­ment aus­füllt? In den meis­ten Sequen­zen mutet der Film an, als wol­le er letzt­end­lich nur ein gigan­ti­sches, beweg­tes Gemäl­de sein. Denn zu kon­kret ist die Geschich­te der ver­lo­re­nen und wie­der­ge­fun­de­nen Lie­be, als dass sie neben dem abs­trak­ten Hin­ter­grund wirk­li­chen bestehen könn­te. So  ver­liert sich im stän­di­gen Stau­nen über die phan­tas­tisch ver­rück­ten Bil­der der Kern einer der exis­ten­zi­ells­ten Geschich­ten der Menschheit.

Es ist eine mehr als tau­send­fach erzähl­te Geschich­te, in eben­so vie­len Varia­tio­nen, die mit den rich­ti­gen Men­schen besetzt, immer wie­der funk­tio­niert. Doch viel zu dünn, ohne eige­nes Pro­fil, stol­pert die Lie­be von Adam und Eden durch eine visu­ell viel zu domi­nan­te Welt. Eine Welt die zum rei­nen Selbst­zweck ent­wor­fen zu sein scheint. Ein Wel­ten­ent­wurf, der jeder belie­bi­gen Geschich­te stand­hal­ten wür­de. Und eine Lie­bes­ge­schich­te, die auch in allen ande­ren Sze­na­ri­en zu flach und zu unspek­ta­ku­lär wäre. Juan Sola­nas hat nicht wirk­lich zusam­men­be­kom­men, was wie ein beein­dru­cken­des Gan­zes wir­ken soll­te. Aber Sola­nas muss­te sich doch mehr dabei gedacht haben, als er eine Welt erschuf die allen Regeln der Phy­sik wider­spricht, als nur ein visu­el­les Kon­zept in erstaun­li­che Bil­der umzusetzen?

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UPSIDE DOWN
Dar­stel­ler: Kirs­ten Dunst, Jim Stur­gess, Timo­thy Spall, Jay­ne Heit­mey­er, Neil Napier, Elliott Lar­son, Mau­ra­ne Arcand u.v.a.
Regie & Dreh­buch: Juan Solanas
Kame­ra: Pierre Gill
Bild­schnitt: Paul Jutras
Musik: Benoît Charest
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Alex McDowell
zir­ka 100 Minuten
Kana­da – Frank­reich 2012

Pro­mo­fo­tos Copy­right Mil­le­ni­um Enter­tain­ment / Con­cor­de Filmverleih

AutorIn: Bandit

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