NO TURNING BACK

Poster "No turning back"

LOCKE – Bun­des­start 19.06.2014

Es gibt Fil­me, die unter­flie­gen ein­fach den Radar, obwohl der Name Tom Har­dy mitt­ler­wei­le kein unbe­kann­ter mehr ist. Waren sei­ne bis­he­ri­gen Fil­me von wech­seln­der Qua­li­tät, war es sein Schau­spiel nie. Und die Aus­gangs­si­tua­ti­on von NO TURNING BACK ver­langt nach einem Cha­rak­ter­dar­stel­ler mit der not­wen­di­gen Prä­senz. Schon Hitch­cock ver­ließ über einen gesam­ten Film nicht das Ret­tungs­boot, Colin Far­rell konn­te nicht aus einer Tele­fon­zel­le, und Ryan Rey­nolds zeig­te sei­ne bis­her bes­te Leis­tung allein in einem Sarg. Regis­seur und Autor Ste­ven Knight setzt Tom Har­dy in einen BMW und schickt in auf den Weg von Bir­ming­ham nach Lon­don. Der Rou­ten­pla­ner gibt an, dass für die Stre­cke Bir­ming­ham / Lon­don 85 Minu­ten von Nöten wäre. NO TURNING BACK hat des­we­gen nicht von unge­fähr eine Lauf­zeit von 85 Minuten.

Der erfolg­rei­che Bau­lei­ter Ivan Locke beginnt eine Fahrt ins Unge­wis­se für den Zuschau­er. Ivan selbst hat einen sehr kon­kre­ten Plan. Mit 255 LKWs steht auf sei­ner Bau­stel­le die größ­te Beton­schüt­tung Euro­pas bevor, und für eine beson­ders wich­ti­ge Sport­über­tra­gung wird er von sei­nen Söh­nen heiß begehrt zuhau­se erwar­tet. Doch Ivan fährt nicht Rich­tung Hei­mat. Über sein Auto­te­le­fon beginnt er sein Leben nicht ein­fach neu zu regeln, son­dern voll­kom­men auf den Kopf stel­len. In der Tat ent­täuscht Tom Har­dy in kei­ner Minu­te. Ein Mann, der ande­ren weh tun muss, der sich abso­lut ego­is­tisch gibt, und doch ist er ein auf­rich­ti­ger Mensch, der zu sei­ner exis­ten­zi­el­len Ver­ant­wor­tung steht. Har­dy bleibt dafür ledig­lich sei­ne Mimik und sei­ne Stim­me, und damit gibt er sei­nen immer wie­der in Fra­ge zu stel­len­den Cha­rak­ter eine sehr über­zeu­gen­de Tiefe.

Was weni­ger funk­tio­niert, ist das Tem­po. Trotz sei­nes exzel­len­ten Haupt­dar­stel­lers beginnt das eigent­lich muti­ge wie erstaun­li­che Kon­zept im letz­ten Drit­tel zu ermü­den. Die Hand­lung hält kei­ne Über­ra­schun­gen mehr bereit. Was bleibt, sind die Auf­ar­bei­tun­gen von Ivans Ent­schei­dun­gen, was nicht grund­sätz­lich unin­ter­es­sant zu beob­ach­ten ist, aber the­ma­tisch nichts mehr hin­zu­fü­gen kön­nen. Das Packen­de am Ablauf der Hand­lung, wan­delt sich zur rei­nen Fas­zi­na­ti­on über den Dar­stel­ler, und das ist etwas zu wenig für ein in sich geschlos­se­nes Kon­zept, dass eigent­lich mit den Höhe­punk­ten sei­nen Anfang nimmt. Was tut Ivan, war­um tut er es, selbst wie es enden wird, legt Ivan bereits in der ers­ten Hälf­te fest.

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Kame­ra­mann Haris Zam­bar­lou­kos hat mit sei­nen Bil­dern einen inter­es­san­ten Mix zwi­schen Digi­tal und fil­mi­scher Kör­nig­keit gefun­den, der tat­säch­lich eine eigen­stän­di­ge Atmo­sphä­re schafft. Immer wie­der zieht er sei­ne Bil­der in die Unschär­fe, oder aus der Unschär­fe her­aus, lässt die Ein­stel­lung förm­lich atmen, wenn Refle­xio­nen von Gegen­ver­kehr und Stra­ßen­be­leuch­tung gegen den Prot­ago­nis­ten zu arbei­ten schei­nen. In fünf Näch­ten muss­te Har­dy jeweils zwei­mal die Stre­cke Bir­ming­ham nach Lon­don fah­ren, wobei das Dreh­buch am Stück gespielt wur­de, dabei wur­de er immer von drei Kame­ras beob­ach­tet. Sei­ne im Film zu sehen­de, ech­te Erkäl­tung, wur­de ein­fach mit über­nom­men, um den Dreh­plan nicht ändern zu müs­sen. Sei­ne nur zu hören­den Mit­spie­ler saßen in einem Hotel, wo sie eben­falls Live die Tele­fo­na­te tätigten.

Eine sehr her­aus­for­dern­de Art des Fil­me­ma­chens, aber eine, die nicht nur beein­dru­ckend, son­dern auch not­wen­dig ist. Trotz sei­ner inhalt­li­chen Schwä­chen, zeigt NO TURNING BACK doch wie­der ein­mal einen neu­en Ansatz Film zu gestal­ten und umzu­set­zen. Und wie es aus­sieht, ist Tom Har­dy durch­aus ein Typ, mit dem man für eine ordent­li­che Por­ti­on Dra­ma und Unter­hal­tung nichts mehr falsch machen kann.

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NOT TURNING BACK – LOCKE
Dar­stel­ler: Tom Hardy
Stimmen:
Bethan: Oli­via Col­man / Katha­ri­na Müller-Elmau
Kat­ri­na: Ruth Wil­son / Caro­li­ne Ebner
Donal: Andrew Scott /Christian Weygand
Gareth: Ben Dani­els /Charles Rettinghaus
u.a.

Regie & Dreh­buch: Ste­ven Knight
Kame­ra: Haris Zambarloukos
Bild­schnitt: Jus­ti­ne Wright
Musik: Dick­on Hinchliffe
85 Minuten
Groß­bri­tan­ni­en-USA 2013
Pro­mo­fo­tos Copy­right: StudioCanal

AutorIn: Bandit

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