Er ist der Vorreiter und führende Wissenschaftler auf dem Gebiet von künstlichen Intelligenzen. Doch Dr. Will Caster gibt sich bescheiden. Auf einer Spendengala betont er, »meine Frau möchte die Welt verändern, ich möchte sie nur verstehen«. Was sich nach launiger Äußerung anhört, wird sich am Ende als Grundidee des Films heraus kristallisieren. Will und seine Frau Evelyn Caster arbeiten daran, den menschlichen Geist in einen Computer zu übertragen. Einfach ausgedrückt. Beim Austausch von Testresultaten mit einem anderen Versuchslabor, scheint dieser unheimliche Traum so nah wie nie. Fast schon prophetisch könnte man meinen, dass Will genau in dieser Phase Opfer eines Anschlags von Technologiegegnern wird, mit einer restlichen Lebenszeit von vier Wochen. Wie wichtig diese vier Wochen letztendlich für will und Evelyn sind, ist wesentlicher Bestandteil der Auflösung. Selbstredend bereitet Evelyn einen Transfer vor, um Wills gesamtes Wesen und Wissen auf einen Computer zu bringen. Das Experiment gelingt, und es scheint tatsächlich Will, der mit ihr über Lautsprecher und Bildschirm Kontakt aufnimmt. Doch die Technologiegegner haben Evelyn aufgespürt, und in einem verzweifelten Versuch Wills Alter Ego zu retten, lädt sie ihn ins Internet hoch. Nun herrscht ein freier und selbstentscheidender Geist im gesamt vernetzten World-Wide-Web.
Das Regie-Debüt von Christopher Nolans Stammkameramann Wally Pfister überrascht gleich in den ersten Minuten. Es gibt keine apokalyptischen Bilder, keine Beschreibungen von Katastrophen, aber in denkbar einfachen, und umso effektiveren Aufnahmen verdeutlicht er ohne Wort, was mit der Welt geschehen ist. Diese Welt ist kein großartiges Panorama, es sind enge Bildausschnitte, auf das wesentliche konzentrierte Schärfenverlagerungen. Man sieht nicht das gesamte Ausmaß, aber in einzelnen Einstellungen immer wieder eine Ahnung von dem was passiert ist. Es ist wie das Eindringen des Unabwendbaren, in die eigene, kleine Welt. Und dann erfährt der Zuschauer diese Geschichte, die fünf Jahre vorher begann. Dass Pfister nicht selbst die Bildgestaltung übernahm, sondern an den wirklich talentierten Jess Hall übergab, überrascht dabei, wie vieles an dem Film selbst. Aber man kommt im Verlauf des Films nicht umhin, Wally Pfisters direktes Mitwirken an der Kamera spüren zu wollen. Totale Einstellungen werden dabei konsequent auf das Streben von Evelyn und Will angewandt. Je weiter sich die mutmaßlich anbahnende Katastrophe hinaus in die Welt bewegt, desto geringer wird Jess Halls Bildausschnitt. Kameramann und Regisseur fokussieren die weitläufigen Geschehnisse direkt auf das persönliche Umfeld des Zuschauers.
In diesem Film steht eindeutig die Form über Inhalt. So sehr man gerne gesehen hätte, dass sich diese nicht gerade frische Idee, einmal zu einem wirklich originellen Gedankenspiel entwickelt, so sehr versagt er darin. Allzu oft gab es schon den Geist in der Maschine, der bisher nur überzeugend in TRON und TRON: LEGACY funktionierte. TRANSCENDENCE hätte sich hier wirklich gut einreihen können, lägen ihm nicht ständig seine grundsätzlichen Werkzeuge im Wege, nämlich die Technik. Entweder erklären die Figuren die Verfahren unverständlich, oder allzu simpel. Selbst wer in einer Welt wie der unseren, nur das minimalste Grundverständnis für moderne Kommunikationstechniken aufbringt, wird des Öfteren über die Machbarkeit von diversen Umsetzungen stolpern. Und das zieht sofort aus dem steten, aber nicht langatmigen Fluss des Filmes. Ist der menschliche Geist überhaupt in Gigabyte zu messen, und wie große wäre diese Einheit? Oder wie schnell ist es tatsächlich möglich diese Mengen ins Internet zu laden? Vielleicht hätte sich TRANSCENDENCE hier fiktiver, mit eigenen Erklärungen verhalten müssen. Ob möglich, oder nicht, sind es genau diese Überlegungen, die von den eigentlichen Gedankenspielen ablenken, die der Film aufwerfen könnte.
Die besseren Science-Fiction-Filme, waren gleichzeitig überraschende Hypothesen über den Menschen und seine Zivilisation. TRANSCENDENCE schafft es auch hier nicht, sich einzureihen, weil er eben Form über Inhalt stellt. Aber damit sollte und darf sich der Film nicht zufrieden geben. Er ist weit durchdachter, sogar eloquenter, als es ihm von kritischen Stimmen entgegen schallen wird. Und wenn Will Caster tut, was die Menschheit von einem Gott gleichen Wesen erwarten, dann beginnt sich das Blatt von Gut und Böse zu wenden. Er wollte die Welt nur verstehen, und nicht verändern. Am Ende werden wir überrascht, weil die Auflösung einfach nicht vorhersehbar war, aber logisch.
TRANSCENDENCE
Darsteller: Johnny Depp, Rebecca Hall, Paul Bettany, Cillian Murphy, Kate Mara, Morgan Freeman, Cole Hauser u.v.a.
Regie: Wally Pfister
Drehbuch: Jack Paglen
Kamera: Jess Hall
Bildschnitt: David Rosenbloom
Musik: Mychael Danna
Produktionsdesign: Chris Seagers
zirka 119 Minuten
USA 2014
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