Tim Burtons FRANKENWEENIE

Es soll­te eine net­te Drein­ga­be für die Besu­cher von PINOCCHIO sein, der von Dis­ney 1984 zur Wie­der­auf­füh­rung aus­er­ko­ren war. Der Maus-Kon­zern hat­te den durch sei­nen Kurz­film STALK OF THE CELERY MONSTER auf­ge­fal­le­nen Tim Bur­ton als Zeich­ner unter Ver­trag genom­men. Nach­dem Bur­ton mit VINCENT einen sehr über­zeu­gen­den Kurz­film gemacht hat­te, dach­te sein Arbeit­ge­ber dar­an, ihn mit einen Vor­film für die Wie­der­auf­füh­rung von PINOCCHIO zu beauf­tra­gen. Das Ergeb­nis war für die Auf­trag­ge­ber eine fins­te­re, über­haupt nicht kind­ge­rech­te Über­ra­schung, was in der Ent­las­sung von Tim Bur­ton gip­fel­te. Erst fünf Kino­fil­me und zehn Jah­re spä­ter fan­den die vor­ma­li­gen Part­ner unter dem Bue­na Vis­ta-Label wie­der zusam­men. Das war 1994, das Jahr, in wel­chem dann auch FRANKENWEENIE per VHS end­lich der Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht wur­de.

FRANKENWEENIE ist ein erstaun­li­ches Klein­od, das nicht ohne Makel ist, aber kein Cine­as­ten-Herz unbe­rührt lässt. Ein düs­te­res Schwarz­weiß-Aben­teu­er mit sehr viel Witz, das den Klas­si­kern von James Wha­le Tri­but zollt. Aber in ers­ter Linie ist FRANKENWEENIE eine Visi­ten­kar­te für all die ver­schro­be­nen Köst­lich­kei­ten, die Tim Bur­ton in sei­ner Kar­rie­re noch machen wür­de.

Vic­tor ist ange­hen­der Fil­me­ma­cher, lieb­rei­zen­der Sohn und treu­sor­gen­der Hun­de­be­sit­zer. Sein »bes­ter Freund« Spar­ky ist auch Haupt­dar­stel­ler in Vic­tors selbst­ge­dreh­ten Mons­ter­fil­men. Das unbe­küm­mer­te Vor­stadt­le­ben fin­det ein jähes Ende mit dem, was jeden ame­ri­ka­ni­schen Mit­tel­stands­jun­gen ein­mal wie­der­fah­ren muss: Das Able­ben des ver­meint­lich bes­ten Freun­des. Aber Vic­tors Inter­es­se für Phy­sik bringt den Jun­gen auf eine Idee, was sehr schnell den Ärger der Nach­bar­schaft mit sich bringt.

Dass Dis­ney die­sen Film nicht unbe­dingt als Vor­pro­gramm für PINOCCHIO akzep­tie­ren woll­te, ist zwei­fel­los ver­ständ­lich. Aller­dings ist der Film für sich ein klei­nes Wun­der an Fan­ta­sie und Kine­ma­to­gra­phie, das wegen der wid­ri­gen Umstän­de sei­nem Publi­kum viel zu lan­ge vor­ent­hal­ten wur­de. Ideen­reich setzt Bur­ton mit Leo­nard Ripps‘ Dreh­buch und den Bil­dern von Tho­mas Acker­man Uni­ver­sals FRANKENSTEIN ein Denk­mal. Die expres­sio­nis­ti­schen Bil­der auf dem Fried­hof und am ver­las­se­nen Mini­golf­platz sind über­wäl­ti­gend. Die Aus­stat­tung tut ihr Übri­ges, der Vor­stadt­mief kommt Innen wie Außen bes­tens zur Gel­tung. Noch viel bes­ser ist Vin­cents Labor, wel­ches er sich aus Nudel­sie­ben, Bügel­brett, Toas­ter und vie­len ande­ren Haus­halts­wa­ren zusam­men­ge­bas­telt hat. Und skur­ri­ler Witz kommt nicht zu knapp, wenn zum Bei­spiel der tod­trau­ri­ge Vin­cent in einer kli­schee­be­la­de­nen Sze­ne am Fens­ter steht und nur ver­meint­li­cher Regen gegen die Schei­be pras­selt. Oder die Sze­ne mit Vin­cents Mut­ter und sei­nem Lieb­lings­es­sen, auf die sogar im spä­te­ren Ver­lauf noch ein­mal zurück­ge­grif­fen wird.

Bur­ton gelingt es nicht ganz die übli­chen Ver­satz­stü­cke kom­plett auf­zu­bre­chen, wie den schnüf­feln­den Nach­barn, oder den wüten­den Mob. Wenn der Film in einem schö­nen Fluss sei­nen Zuschau­er mit­nimmt, ihn von Über­ra­schung zu Über­ra­schung gelei­tet, stößt man sich dann doch hin und wie­der an den unre­flek­tier­ten Ste­reo­ty­pen. Aller­dings sind die­se auch ein Merk­mal für die eigent­li­che Inten­ti­on Bur­tons, näm­lich einen Film für alle Alters­grup­pen machen zu wol­len. FRANKENWEENIE war sei­ner­zeit wirk­lich kaum für Kin­der geeig­net, aber er bleibt eine fan­tas­ti­sche Hom­mage. Und nicht zu ver­ges­sen Spar­kys Make­up, der rei­ne Wahn­sinn.

Tims Bur­tons FRANKENWEENIE
FRANKENWEENIE 1984
Dar­stel­ler: Bar­ret Oli­ver, Shel­ley Duvall, Dani­el Stern, Joseph Maher, Paul Bartel, Sofia Cop­po­la, Roz Bra­ver­man und Spar­ky als Spar­ky, u.a.
Regie: Tim Bur­ton
Dreh­buch: Leo­nard Ripps nach der Idee von Tim Bur­ton
Kame­ra: Tho­mas Acker­man
Bild­schnitt: Ernest Mila­no
Musik: Micha­el Con­ver­ti­no, David New­man
Aus­stat­tung: Roger Shook
Bau­ten: John Mans­bridge
zir­ka 29 Minu­ten
USA 1984

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