THE APPARITION – DUNKLE ERSCHEINUNG

THE APPARITION – Bun­des­start 13.12.12

Die uner­bitt­lichs­ten Zuschau­er von allen sind die Hor­ror-Fans. In kei­nem ande­ren Gen­re erfolgt eine spon­ta­ne­re Reak­ti­on noch inner­halb des Kino­saals als bei Hor­ror­fil­men. Laut­hal­se Äuße­run­gen wäh­rend des Films als direk­te Kri­tik am Gesche­hen sind nicht sel­ten. Und meis­tens sind die­se auch noch berech­tigt. Ver­sucht man zum Bei­spiel eine roman­ti­sche Komö­die zu genie­ßen, die dann weder roman­tisch noch komisch ist, dann geht das Ziel­pu­bli­kum gebeug­ten Haup­tes und denkt sich sei­nen Teil.
Hin­ge­gen schmilzt die Gru­sel- und Schock­frak­ti­on schon im Dun­kel wäh­rend der Vor­füh­rung zu einer ver­schwo­re­nen Gemein­schaft zusam­men, die unmit­tel­bar vor Ort ihre Inter­es­sen ver­tritt. Da wer­den unschö­ne Dia­lo­ge mit den Figu­ren auf der Lein­wand aus­ge­tra­gen oder Kri­tik an der Umset­zung in pikan­te Wor­te geklei­det. Gera­de wenn die Auf­lö­sung unbe­frie­di­gend aus­fal­len soll­te, hat sich ein gegen die Lein­wand gewor­fe­ner, ganz beson­de­rer Satz eta­bliert, näm­lich »are you fu**ing kid­ding me?«, was so viel bedeu­tet wie »damit hät­te ich jetzt nicht gerech­net«.

Im Ver­lauf von APPARITION sieht sich das Publi­kum meh­re­re Male genö­tigt, laut­stark der Lein­wand mit­zu­tei­len, dass man damit jetzt nicht gerech­net hät­te. APPARITION heißt im übri­gen schlicht und ergrei­fend Geis­ter­er­schei­nung. In Erman­ge­lung grif­fi­ger Titel oder Krea­ti­vi­tät reiht sich APPARITION ein in die Serie von Wort­hül­sen wie INSIDIOUS, SINISTER oder THE WARD. Dar­un­ter ist alles vor­stell­bar, wobei man nicht all­zu viel erwar­ten soll­te. In einer kar­gen Gegend im Süden Kali­for­ni­ens  nis­ten sich Kel­ly und Ben in einer Immo­bi­lie von Kel­lys Mut­ter ein. Für den Zuschau­er steht sehr schnell fest, dass im Haus para­nor­ma­le Akti­vi­tä­ten statt­fin­den. Die Prot­ago­nis­ten selbst brau­chen dafür sehr viel län­ger – damit hät­te jetzt aber auch kei­ner gerech­net.

Kel­lys und Bens Geschich­te geht eine Hand­lung vor­an, in der Stu­den­ten ein drei­ßig Jah­re altes Expe­ri­ment wie­der auf­neh­men, das als »Charles Expe­ri­ment« in die (fik­ti­ve) Geschich­te ein­ging. Ein illus­trer Kreis ver­such­te damals, zum Geist des Ver­stor­be­nen Charles Kon­takt auf­zu­neh­men, was zu gelin­gen schien. Im Heu­te wie­der­ho­len die Stu­den­ten das Expe­ri­ment, mit einem unge­wis­sen Aus­gang. Zumin­dest will einem die Regie den unge­wis­sen Aus­gang vor­gau­keln. Der Zuschau­er hin­ge­gen schaut nur ver­wirrt zur Lein­wand auf und denkt sich: »damit hät­te ich jetzt nicht gerech­net«. Der Rest spielt sich im Haus von Kel­lys Mut­ter ab, wo sich das jun­ge Pär­chen unge­wöhn­li­chem Pilz­be­fall aus­ge­setzt sieht oder dem uner­klär­li­chen Tod des Nach­bar­hun­des oder allen ande­ren Erschei­nun­gen eines spu­ken­den Hau­ses. Der Film hat längst über die Hälf­te sei­ner Lauf­zeit bestrit­ten, als die War­nung »nicht das Haus ist heim­ge­sucht, son­dern ihr seid es« das Pär­chen noch immer nicht zum Han­deln treibt. Damit hät­te jetzt aber auch kei­ner gerech­net.

In der ers­ten Hälf­te besticht der Film mit einer zuerst nicht zu durch­schau­en­den Bild­spra­che. Die kar­gen Land­schaf­ten von Auto­bah­nen durch­pflügt, die über Wohn­sied­lun­gen domi­nie­ren­den Strom­mas­ten, extre­me Nah­auf­nah­men bestimm­ter Kak­teen. Die­se Moment­auf­nah­men ver­wir­ren zuerst, schei­nen aber  dann doch Teil eines grö­ße­ren Gan­zen zu sein. Die Auf­lö­sung selbst ist dann weni­ger gelun­gen. Als Autor und Regis­seur hat­te Todd Lin­coln viel­leicht etwas Raf­fi­nier­tes im Sinn, am Ende aller­dings stel­len sich die­se vor­an­ge­stell­ten Fines­sen als unin­spi­rier­te Trans­port­mit­tel für die sehr dün­nen Ele­men­te des Hand­lungs­ver­lau­fes her­aus.

In den Fünf­zi­gern ging es im Hor­ror- und Gru­sel­film noch durch, dass die Prot­ago­nis­ten sich wei­ger­ten, das Haus zu ver­las­sen, auch wenn alle Anzei­chen auf Geis­ter­er­schei­nun­gen deu­te­ten. Kel­ly und Ben sind da ganz ande­rer Natur, und damit hät­te man jetzt echt nicht gerech­net. Sie suchen nicht irgend­wo anders Zuflucht, wenn sich das Haus offen­sicht­lich gegen sie wen­det, nein, sie schla­gen ein Zelt im Gar­ten auf und näch­ti­gen dort. So einem Geist muss eben gezeigt wer­den, wo das Ekto­plas­ma hängt.

Zu die­sem Zeit­punkt ist die Bespre­chung des Films THE APPARITION an einem Punkt ange­kom­men, an dem der Weg der objek­ti­ven Betrach­tung längst ver­las­sen wur­de. Das soll­te nicht pas­sie­ren, aber wer hät­te damit gerech­net? APPARITION ist kein guter Film. Er gru­selt nicht, er erschreckt nicht ein­mal, er ist schlecht insze­niert, und sei­nen Dar­stel­lern gibt er erst recht kei­ne Mög­lich­keit, sich zu bewei­sen. Es gibt hun­dert­fach schlech­te Hor­ror­fil­me, doch der eine oder ande­re über­rascht mit neu­en Per­spek­ti­ven, neu­en Varia­tio­nen ver­schie­de­ner The­men oder dem einen oder ande­ren Moment, der außer­ge­wöhn­lich für das Gen­re ist. Todd Lin­coln hat­te als Film­au­tor mit THE APPARITION ganz gewiss die bes­ten Absich­ten, aber lei­der gelingt ihm nur die Auf­recht­erhal­tung eines stän­di­gen Dia­logs zwi­schen Ziel­pu­bli­kum und Lein­wand. Die­se ver­schwo­re­ne Gemein­schaft, die sich nach dem Abdun­keln des Kino­saals zu einem gespens­ti­schen Kol­lek­tiv ver­eint, ist kein ange­neh­mer Gesprächs­part­ner. Aber damit hät­te man wirk­lich rech­nen müs­sen.

Expe­ri­men­te der vor­her­seh­ba­ren Art

THE APPARITION – DUNKLE ERSCHEINUNG
Dar­stel­ler: Ash­ley Gree­ne, Sebas­ti­an Stan, Tom Fel­ton, Juli­an­na Guill, Luke Pas­qu­ali­no, Rick Gomez, Anna Clark u.a.
Regie & Dreh­buch: Todd Lin­coln
Kame­ra: Dani­el C. Pearl
Bild­schnitt: Jeff Betancourt, Harold Par­ker
Musik: Toman­dan­dy
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Ste­ve Saklad
zir­ka 82 Minu­ten
Deutsch­land – USA 2012
Pro­mo­fo­tos Copy­right Stu­dio­Ca­nal /​ War­ner Bros. Pic­tures

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