SPOTLIGHT trifft

Poster Spotlight

SPOTLIGHT – Bun­des­start 25.02.2016

SPOTLIGHT war 2015 der ers­te Film, der als Oscar-Kan­di­dat gehan­delt wur­de. Das Glück ist sol­chen Fil­men aller­dings sel­ten beschie­den, star­ten sie doch so früh im Jahr, dass noch viel zu vie­le ande­re viel­ver­spre­chen­de Kan­di­da­ten fol­gen, und sie dabei schnell aus dem Fokus gera­ten. Ers­te Stim­men ver­gli­chen SPOTLIGHT mit Alan J. Paku­las Meis­ter­werk ALL THE PRESIDENT’S MEN – DIE UNBESTECHLICHEN. Und es scheint nicht zu weit her­ge­holt zu sein, dass Fil­me­ma­cher Tom McCar­thy sich die­ses Vor­bild sehr genau zu Gemü­te geführt hat­te. Sach­lich und ohne Sen­sa­ti­ons­ha­sche­rei, aber über die Prot­ago­nis­ten doch sehr emo­tio­nal auf den Zuschau­er über­tra­gen. Dabei geht es um den inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus. Als Wood­ward und Bern­stein Mit­te der Sieb­zi­ger Nixon zu Fall brach­ten, war das noch eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Heu­te ist das kaum noch zu über­bli­cken. Für ange­se­he­ne Jour­na­lis­ten viel­leicht, für den Kon­su­men­ten aller­dings kaum. Zu viel wird zu schnell kon­su­miert. Sehr oft bleibt die Fra­ge nach den Tat­sa­chen, oder das Hin­ter­fra­gen, auf der Stre­cke.

Die Zei­tung Bos­ton Glo­be bekommt einen neu­en Chef­re­dak­teur, Mar­ty Baron. Er setzt sein Recher­che­team sofort auf einen Fall an, der dem Glo­be schon ein­mal zuge­spielt wur­de. Ein katho­li­scher Pries­ter soll acht­zig schutz­be­foh­le­ne Jun­gen sexu­ell miss­braucht haben. Das vier­köp­fi­ge Team um Wal­ter ‘Rob­by’ Robin­son, mit Mike Rezen­des, Sacha Pfeif­fer, und Matt Car­roll, ver­mu­ten erst ande­re Beweg­grün­de des Redak­teurs, der als Jude den Katho­li­ken viel­leicht etwas ans Bein fah­ren will. Aber das »Spot­light« genann­te Team wäre zu auf­wen­dig, zu teu­er, zu zeit­in­ten­siv. Schließ­lich arbei­tet Spot­light inner­halb des Bos­ton Glo­bes manch­mal über ein Jahr an einer Geschich­te. Doch was das Team schon im Anfangs­sta­di­um fest­stellt ist, dass sich die­ser Fall viel tie­fer, und viel weit­rei­chen­der dar­stellt. Dabei bekom­men sie die gan­ze Macht in der Ver­ket­tung von Stadt, Staat und kirch­li­cher Insti­tu­ti­on zu spü­ren. Selbst lega­le Ansprü­che blei­ben Spot­light manch­mal ver­wehrt.

Anders als bei Paku­las UNBESTECHLICHEN erlaubt sich Tom McCar­thy, der mit Josh Sin­ger das Dreh­buch ver­fass­te, durch­aus auch sehr emo­tio­na­le Aus­brü­che, wel­che die Repor­ter per­sön­lich bewe­gen. Aber McCar­thy  und Sin­ger blei­ben stets bei dem, um was es ihnen letzt­end­lich geht. Näm­lich wie man eine Wahr­heit an den Tag bringt, ohne fal­sche Emo­tio­nen oder för­der­li­che Gerüch­te zu streu­en. Gibt es einen Gefühls­aus­bruch, ist er nicht an den Zuschau­er gerich­tet, son­dern bleibt inner­halb der Geschich­te zwi­schen sei­nen Figu­ren. Am Ende steht ein Arti­kel. Ein Arti­kel, der unum­stöß­li­che Fak­ten auf­weist, aber auch kei­ne Fak­ten ver­schweigt, der kei­ne Stel­lung bezieht, aber den Leser zu einer Stel­lung her­aus­for­dert. Die­ser Arti­kel darf kei­ne Mei­nung machen, aber er muss Reak­tio­nen her­vor­ru­fen. Das Team Spot­light hat das mit sei­nen 2001 begon­ne­nen Recher­chen sehr inten­siv vor Auge geführt. Was folg­te, erschüt­ter­te die Welt.

Aber der eigent­li­che Fall ist nur ein popu­lä­res Bei­spiel, ein jeden Zuschau­er bin­den­des Bei­spiel, um die Welt an die Wich­tig­keit von Jour­na­lis­mus zu erin­nern, wie er heu­te nicht mehr exis­tent scheint. Soll nicht hei­ßen, dass es ihn nicht mehr gibt, son­dern das er der All­ge­mein­heit immer weni­ger bewusst wird. Wie in DIE UNBESTECHLICHEN kann auch McCar­thy nicht die voll­kom­me­nen Zusam­men­hän­ge der ein­zel­nen Recher­che­pha­se ver­ständ­lich und alle Fak­ten dem Zuschau­er zugäng­lich machen. Aber zu kei­nem Zeit­punkt ver­liert sich der Zuschau­er in den Zusam­men­hän­gen einer eigent­lich viel zu kom­ple­xen Geschich­te. Immer wie­der greift der Ablauf ein­zel­ne, bahn­bre­chen­de Hand­lungs­ele­men­te auf, wel­che die eigent­li­che Schwie­rig­keit in der Arbeit der Jour­na­lis­ten auf­zeigt. So mag der Skan­dal in der katho­li­schen Kir­che durch­aus den Hand­lungs­ver­lauf bil­den, aber viel wich­ti­ger ist den Fil­me­ma­chern auf­zu­de­cken, wie sol­che Skan­da­le schweiß­trei­bend ans Tages­licht geführt wer­den kön­nen.

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SPOTLIGHT ist ein Film, der sei­nen Zuschau­er nicht los­lässt. Das kommt aber auch daher, dass er weni­ger Stel­lung bezieht, als dass er all sei­ne Figu­ren ernst nimmt. In ande­ren Fil­men wäre der von Bil­ly Cru­dup ver­kör­per­te Anwalt Eric Macleish nicht so ver­ständ­nis­voll, son­dern als voll­kom­me­ner Unsym­path dar­ge­stellt wor­den. Immer wie­der erklärt sich SPOTLIGHT mit sei­nen emo­tio­na­len Über­ra­schun­gen über die Dar­stel­lung sei­ner Schau­spie­ler, und ver­mei­det dabei jeden Dia­log. Wenn die von Rachel McA­dams gespiel­te Sacha Pfeif­fer mit einem Pries­ter spricht, der nichts unrech­tes in sei­nen unrecht­li­chen Hand­lun­gen erken­nen kann, dann ver­lässt sich McCar­thy ganz auf sei­ne Dar­stel­ler. Ohne Dia­lo­ge oder dra­ma­ti­schen Musik­ein­satz lässt er die Sze­ne wir­ken. Unab­läs­sig über­rascht einen SPOTLIGHT mit der­ar­ti­gen Sze­nen, und hält so sein Publi­kum genau­so atem­los wie sei­ne Figu­ren. Und mit einem Ensem­ble wie hier ist das auch nicht schwie­rig. Man kann sie alle als bril­lant bezeich­nen. Selbst der kaum bekann­te Bri­an d’ Arcy James kann sich im Spot­light-Team dar­stel­le­risch, selbst mit weit weni­ger Text, über­aus über­zeu­gend ein­rei­hen.

SPOTLIGHT ist Span­nungs­ki­no, wel­ches kaum noch in die­ser inten­si­ven Form exis­tiert. Man ist ver­sucht, die­se Gen­re­form immer wie­der in den Sieb­zi­gern zu suchen, weil es sie hier auf­fäl­li­ger und auch öfter gege­ben hat. Man kann SPOTLIGHT in vie­len Sze­nen eine gewis­se Küh­le nicht abspre­chen. Doch was die­se Distanz in man­chen Sze­nen aus­macht, tut dem Film rück­wir­kend nur gut. Immer wie­der lenkt er sei­ne eigent­li­chen Absich­ten auf den zen­tra­len Kern. In einer Sze­ne sagt Kea­tons Cha­rak­ter bei einer extrem wich­ti­gen Recher­che sehr kühl zu McA­dams, sie sol­le dran blei­ben. Hier gibt es kein auf­jauch­zen­des »Oh, mein Gott!«, son­dern eine sehr nüch­ter­ne Her­aus­stel­lung, sie sei auf dem rich­ti­gen Weg.

Und genau hier macht SPOTLIGHT nicht nur ein­fach sehr viel Spaß, son­dern unter­mau­ert auch sei­nen Anspruch. Immer steht die Arbeit der Jour­na­lis­ten im Vor­der­grund. Ihre per­sön­li­chen Ansich­ten kön­nen sie über Mimik und Ges­tik auf den Zuschau­er über­tra­gen, aber nicht ver­bal. Denn es geht hier nicht um Meinungs‑, oder Stim­mungs­ma­che, son­dern um den Respekt vor der eigent­li­chen Arbeit im Gesam­ten. Tom McCar­thy hat hier nicht nur dem inves­ti­ga­ti­ven, son­dern dem seriö­sen Jour­na­lis­mus im All­ge­mei­nen, eine nicht nur wich­ti­ge, son­dern auch kri­ti­sche Stim­me ver­lie­hen. Und neben­her einen der span­nends­ten Fil­me außer­halb des Action-Kinos gemacht.

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SPOTLIGHT
Dar­stel­ler: Mark Ruf­fa­lo, Micha­el Kea­ton, Bri­an d´Arcy James, Liev Schrei­ber, Rachel McA­dams, Stan­ley Tuc­ci, Bil­ly Cru­dup u.a.
Regie: Tom McCar­thy
Dreh­buch: Tom McCar­thy, Josh Sin­ger
Kame­ra: Mas­ano­bu Taka­ya­na­gi
Bild­schnitt: Tom McArd­le
Musik: Howard Shore
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Ste­phen H. Car­ter
128 Minu­ten
USA – Kana­da 2016
Pro­mo­fo­tos Copy­right Para­mount Pic­tures

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