SAVING MR. BANKS

Popster Saving Mr. Banks

SAVING MR. BANKS – Bun­des­start 06.03.2014

Erst als Kel­ly Mar­cel und Sue Smith ihr wun­der­ba­res Dreh­buch SAVING MR. BANKS been­det hat­ten, wur­den sie sich der eigent­li­chen Pro­ble­me bewusst. BBC-Films woll­te den Film durch­aus finan­zie­ren, doch das Buch war so durch­dacht, und so auf den Punkt, dass nicht ein­fach nur ein ande­res Stu­dio mit­pro­du­zie­ren konn­te. Die skur­ri­le Geschich­te um Walt Dis­neys Erwerb der Film­rech­te an der Buch­rei­he MARY POPPINS wür­de ein ande­res Stu­dio Unsum­men an Lizenz­ver­ga­ben, Geneh­mi­gun­gen und Rech­te­ver­ga­ben kos­ten. Nicht zu ver­ges­sen die Ein­spruchs­rech­te, die eine Pro­duk­ti­on wie SAVING MR. BANKS behin­dern könn­ten. Schließ­lich wäre ein riva­li­sie­ren­des Stu­dio dabei, nicht nur ein­fach den Namen Dis­ney als Mar­ke zu benut­zen, son­dern  auch die rea­le Figur Walt Dis­ney, Dreh­ar­bei­ten in Dis­ney­land, Mer­chan­di­sing-Pro­duk­te, Musik aus Dis­ney-Fil­men und Aus­schnit­te aus einem ihrer erfolg­reichs­ten Musi­cals. Der Film konn­te also nur mit einem Stu­dio rea­li­siert wer­den, wel­ches der Pro­duk­ti­on dann absur­der­wei­se noch grö­ße­re Stol­per­stei­ne in den Weg legen konn­te. Letzt­end­lich zeig­te sich die Angst als unbe­grün­det, und am Ende durf­te Regis­seur John Lee Han­cock sogar andeu­ten, dass Mickeys Vater star­ker Rau­cher war. Was umso erstaun­li­cher ist, weil es der Über-Per­son Walt Dis­ney einen nur all­zu mensch­li­chen Anstrich gibt, der ihn auch als extrem aus­ge­fuchs­ten Geschäfts­mann zeigt. Und Kin­dern ein gutes Vor­bild sein, dazu zählt wohl auch die Abs­ti­nenz von Tabak, gehört zwei­fel­los zu der Tak­tik eines aus­ge­fuchs­ten Geschäfts­man­nes.

Der Film hält wun­der­bar die Waa­ge zwi­schen zwei in sich ver­wo­be­ner Erzähl­strän­gen. 1961 kommt Autorin Pame­la L. Tra­vern von Lon­don nach Los Ange­les. Nach zähem Rin­gen hat sie zuge­stimmt, die Rech­te an den Büchern um Mary Pop­pins an Dis­ney abzu­tre­ten. Nur unter den Bedin­gun­gen »kei­ne Ani­ma­ti­on«, »kein Gesang« und bei der Aus­ar­bei­tung des Dreh­buchs das Sagen zu haben. Nach zwan­zig Jah­ren har­ter Ableh­nung, sagt Walt unter die­sen Bedie­nun­gen natür­lich zu. Nicht ahnend, was man sich für eine ver­bohr­te, ungnä­di­ge Autorin ins Stu­dio geholt hat. Doch Walt Dis­ney hat bereits vor zwan­zig Jah­ren sei­ner Toch­ter ver­spro­chen, für sie Mary Pop­pins auf die Lein­wand zu brin­gen. Und das Ver­spre­chen eines Vaters, so beschwört er Pame­la, die Miss Tra­vern genannt wer­den will, muss gehal­ten wer­den, und wenn es Jahr­zehn­te dau­ert. Der Maus-Mann weiß zu die­sem Zeit­punkt noch nicht, was für Geis­ter die Mut­ter von Mary Pop­pins tat­säch­lich umtrei­ben. Und wie ähn­lich ihre Absich­ten wirk­lich sind, obwohl die eine die Ver­fil­mung ger­ne ver­hin­dern möch­te, und der ande­re den Film unbe­dingt machen will. Die­ser Teil ist mit leich­ter Hand insze­niert, oft­mals rich­tig komisch, aber nie­mals als wirk­li­che Komö­die aus­ge­legt. Was dem Film auch gut tut. Wie Emma Thomp­son dem Dreh­buch- und Musik­schrei­bern Jason Schwartzman, B.J. Novak und Brad­ley Whit­ford mit Belang­lo­sig­kei­ten die Höl­le heiß macht, das hat ganz hohen Unter­hal­tungs­wert. Schwartzman, Novak, wie Whit­ford sind ein­fach umwer­fend, wie sie mit der Hals­star­rig­keit und dem sozia­len Unver­mö­gen der bri­ti­schen Autorin umge­hen. Und Tom Hanks als geplag­ter, aber auch hin­ter­trie­be­ner Dis­ney, ist wie­der ein­mal eine gran­dio­se Num­mer für sich. Kame­ra­mann John Schwartzman, Halb­bru­der des betei­lig­ten Schau­spie­lers Jason, hat für die­sen Teil in 1961 eine sehr schö­ne Bild­spra­che gefun­den. Die Sze­nen haben etwas sehr Ver­spiel­tes, und for­dern mit unge­wöhn­li­chen Ein­stel­lun­gen sowie magi­schen Momen­ten den Zuschau­er auch ein­mal her­aus.

In der par­al­lel geschil­der­ten zwei­ten Erzäh­lung zieht die klei­ne Gin­ty 1906 mit ihrer Fami­lie ins aus­tra­li­sche Hin­ter­land, wo ihr treu­sor­gen­der Vater eine neue Stel­le als Bank­ma­na­ger ein­nimmt. Es wird natür­lich sehr schnell ver­ständ­lich, um wenn es sich bei der noch so jun­gen und unschul­di­gen Gin­ty han­delt. Für das Mäd­chen ist die Welt in Ord­nung, und sie sieht ihren Vater so, wie sie ihn eben als Kind wahr­nimmt. Immer für die Kin­der da, ver­spielt und albern. Doch das Idyll trügt, denn Tra­vers Goff trinkt, zum Leid­we­sen und zur Ver­zweif­lung sei­ner Frau Mar­ga­ret. Im Lau­fe der Zeit wird Gin­ty immer mehr bewusst, dass was sie für gege­ben hin­nimmt, über­haupt nicht in Ord­nung ist. Die Abstür­ze und Aus­set­zer von Tra­vers wer­den hef­ti­ger und unkon­trol­lier­ter, bis er schließ­lich bett­lä­ge­rig wird und sei­nem Ende ent­ge­gen siecht. Zum Glück ereilt die fünf­köp­fi­ge Fami­lie Hil­fe von Tan­te Ellie, die Haus­halt und Dis­zi­plin in der Fami­lie auf Vor­der­mann bringt. Die Erschei­nung von Tan­te Ellie wird spä­ter ein­mal mar­kan­te Ähn­lich­keit mit einer fik­ti­ven Roman­fi­gur haben. Die­se Ebe­ne hat John Schwartzman in erdi­gen Far­ben gehal­ten, mit boden­stän­di­gen Ein­stel­lun­gen. Selbst die Sequen­zen, die Pame­la L. Tra­vers spä­ter beim Schrei­ben beein­flus­sen, stellt die Kame­ra nicht zu Schau. Wie ein Puz­zle ste­hen sich bei­de Erzähl­strän­ge dann gegen­über, und der Zuschau­er kann Stück für Stück zusam­men­set­zen, was für Ereig­nis­se in der Ver­gan­gen­heit, die Autorin in der Gegen­wart zu wel­chen Ent­schei­dun­gen trei­ben.

Viel frü­her als die Figur Walt Dis­ney im Film, erahnt der Zuschau­er die Zusam­men­hän­ge von Pame­las unbarm­her­zi­ger Hals­star­rig­keit in Ver­bin­dung mit ihrer Jugend. Das ist der ein­zi­ge Schwach­punkt an der sonst gran­di­os erzähl­ten Geschich­te. Kel­ly Mar­cel und Sue Smith hät­ten die Bezie­hung zum Film­ti­tel, und damit zum Kern­the­ma der Hand­lung, wei­ter nach hin­ten set­zen müs­sen, um so noch ein­mal dem sonst schon groß­ar­ti­gen Film­erleb­nis eine beson­ders emo­tio­na­le Wen­dung geben zu kön­nen. Denn nach und nach, wird aus der erst unsym­pa­thisch wir­ken­den, eng­stir­ni­gen P.L. Tra­vers, eine sehr ver­letz­li­che Frau, deren Moti­va­ti­on man letzt­end­lich doch nach­voll­zie­hen kann. Natür­lich hat sich das Buch Frei­hei­ten gegen­über der tat­säch­li­chen Bege­ben­hei­ten genom­men. Wer wür­de auch anneh­men, dass es dra­ma­tur­gi­sche Kon­ven­tio­nen anders mög­lich machen wür­den. Doch wer sich ein­ge­hen­der mit der wah­ren Geschich­te befasst, wird fest­stel­len, wie über­ra­schend gering die­se Ver­än­de­run­gen tat­säch­lich sind. Und selbst wenn es nicht der Wahr­heit ent­spricht, müss­te die­se genau­so aus­se­hen. Ein beein­dru­cken­der Film vol­ler Ener­gie und jeder Men­ge Gefühl, ohne die Gren­ze zum Kitsch zu über­schrei­ten. Und das mit einer Trup­pe an Dar­stel­lern, die sich schein­bar gegen­sei­tig zum Bes­ten  ange­sta­chelt haben, und allein schon jeden grö­ße­ren Miss­stand nich­tig machen wür­den. Wel­cher selbst im Klei­nen schwer zu fin­den sein wird.

Doch ein geson­der­tes Lob muss man dem Pro­duk­ti­ons­de­sign von Micha­el Coren­blith geben, der mit Lau­ren Poliz­zi und Sus­an Ben­ja­min ein Zeit­ko­lo­rit gezeich­net hat, das ein­fach über­wäl­tigt. Gan­ze Stra­ßen­zü­ge in Los Ange­les und Lon­don, das Chi­ne­se Theat­re, und natür­lich der Aus­flug nach Dis­ney­land, es atmet alles den ehr­li­chen Hauch von 1961. Selbst bei klei­ne­ren Ana­chro­nis­men, und die sind für Nerds. Aber zu kei­nem Zeit­punkt hat man das Gefühl von Kulis­se, oder den Ein­satz com­pu­ter­ge­nerier­ter Bil­der. Ein Film so schön, dass er nur von Dis­ney sein kann. Es hat sich dann doch als die rich­ti­ge Ent­schei­dung erwie­sen, SAVING MR. BANKS mit dem ein­zig mög­li­chen Stu­dio zu pro­du­zie­ren, mit dem man die­sen Aus­flug in eine ver­gan­ge­ne Welt auch rea­lis­tisch umset­zen kann. Mis­ter Banks wur­de geret­tet.

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SAVING MR. BANKS
Dar­stel­ler: Tom Hanks, Emma Thomp­son, Paul Gia­mat­ti, Jason Schwartzman, Brad­ley Whit­ford, Colin Far­rell, Annie Rose, Ruth Wil­son, Kathy Bak­er, Rachel Grif­fiths u.a.
Regie: John Lee Han­cock
Dreh­buch: Kel­ly Mar­cel, Sue Smith
Kame­ra: John Schwartzman
Bild­schnitt: Mark Livol­si
Musik: Tho­mas New­man
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Micha­el Coren­blith
zir­ka 125 Minu­ten
USA 2013
Pro­mo­fo­tos Copy­right Walt Dis­ney Stu­di­os Moti­on Pic­tures

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