Gleich zu Beginn werden Autoren die (ausschließlich) digital veröffentlichen pauschal als »Hobby-Autoren« abgekanzelt und mit dem in diesem Artikel herablassend wirkenden Begriff »ePubber« bezeichnet. Der Grund für diese Äußerungen zeigen sich später unten im Artikel, denn er spricht Selfpublishern pauschal ab, qualitativ Hochwertiges erzeugen zu können und macht das daran fest, dass solche Werke im Amazon-Shop »an der oft wenig ansprechenden Titelgestaltung« erkennbar seien.
Den Punkt greife ich gern gleich als erstes auf. Wenn man sich die Programme der deutschen Publikumsverlage ansieht, dann fällt nicht nur dem Photoshop-Kenner leicht auf, dass die Gestaltung der Titelbilder leider ebenfalls allzu oft zu wünschen übrig lässt – insbesondere im Bereich Phantastik. Schnell aus Stock-Image-Sammlungen zusammengeklaubte Illustrationen werden mit Schrift versehen und fertig ist das Titelbild, das aus jedem Pixel Beliebigkeit und Langeweile atmet. Mag zwar technisch einwandfrei sein, deswegen aber nicht weniger steril und beliebig. Bei Übersetzungen fremdsprachiger Romane werden die Originaltitelbilder nicht verwendet, weil man hierfür selbstverständlich den Urheber bezahlen müsste (die offizielle Begründung ist »weil US-Cover für den deutschen Markt ungeeignet sind«) und greift deswegen lieber auf Titelbilder zurück, die aussehen, als hätte man aus Kostengründen den zufällig des Weges kommenden Hausmeister an den Mac gesetzt und einen Umschlag gestalten lassen. Das wirklich Erbärmliche daran ist, dass das gerade auch und insbesondere vermehrt bei großen Publikumsverlagen vorkommt; nach meinen Beobachtungen sind Kleinverlage in Sachen Titelbild weit vorn, weil die sich noch Gedanken darüber machen und mit dem Herz bei der Sache sind, statt nur rasch eine Illu auf eine »schnell gedrehte« Ware wie Schmusevampir-Romane (und ähnliche Schmonzetten) pappen zu müssen.
Ergo: mit der Qualität der Cover ist es auch bei vielen »professionellen« Verlagen nicht weit her.
Weiterhin möchte Herr Buckstern die »Euphorie in Sachen ePubbing« relativieren und verweist deswegen auf die geringen Absatzzahlen von eBooks auf dem deutschen Markt. Er bezeichnet den eBook-Markt in Deutschland als »sehr klein« und nennt als Hausnummer »0,5 bis 1 % vom Gesamtmarkt«.
Sehen wir uns das einmal etwas genauer an: Der Börsenverein des deutschen Buchhandels hat Anfang des Jahres einen Report (Studie möchte ich es aufgrund der möglicherweise nicht wissenschaftlichen Herangehensweise nicht nennen, es wurden offenbar ca. 400 Sortimenter von der GfK befragt) heraus gebracht, der sich unter anderem dem Thema widmet, wie die Verkaufszahlen in Sachen eBooks im Jahr 2010 waren.
Betrachten wir einige der Zahlen die darin stehen (es ist übrigens im PDF des Börsenvereins nicht detailliert beschrieben, wie die zustande kamen, man sollte sie also mit der nötigen Skepsis betrachten):
- Der eBook-Markt macht 0,5 Prozent des Käufer-Buchmarkts aus
- Es wurden gerade mal zwei Millionen eBooks verkauft
- es gibt ca. 540000 Käufer von eBooks
Der Mensch aus der Buchbranche wird aus seiner Warte, wenn er den Gesamtumsatz dieser deutschen Buchbranche betrachtet (und den spricht Buckstern ja offenbar an), diese Zahlen selbstverständlich als Sub-Peanuts betrachten. Diese Betrachtungsweise geht aber von völlig falschen Voraussetzungen aus, denn den einzelnen Autoren interessiert es selbstverständlich überhaupt nicht, wieviele Milliarden die Buchbranche insgesamt umsetzt und dass die eBook-Absätze für diese bislang irrelevant sind.
Man möge mir vergeben, wenn ich das so offen sage, aber da ist wohl jegliches Verständnis für Relevanz und Verhältnismäßigkeit lange über Bord gegangen?
Aus Sicht einer Person die eBooks herausbringt, möglicherweise als Kleinverlag oder als Selfpublisher, sieht die Lage mit denselben Zahlen, aber aus einem anderen Blickwinkel doch deutlich anders aus:
- es wurden 2010 immerhin zwei Millionen (!) eBooks verkauft!
- es gibt 540000 potentielle Leser
Ich füge noch hinzu:
- geschätzter Gesamtumsatz im Jahr 2015: 340 Millionen Euro, über sechs Prozent des Marktes im Bereich Belletristik, 60 Millionen verkaufter eBooks
Wenn man in die Betrachtung jetzt noch einbezieht, dass die Early Adopter unter den eBook-Lesern nicht nur nach meinen Erlebnissen gut vernetzt sind und ihre Erfahrungen und Entdeckungen untereinander austauschen, ist die Chance, ein paar tausend Exemplare eines Buches abzusetzen gar nicht mal schlecht. Offen bleibt außerdem, ob in die Zahlen auch Verkäufe spezialisierter kleiner Plattformen wie beispielsweise epubbuy oder Beam-eBooks Eingang gefunden haben, oder nur solche von Branchenprojekten wie libreka oder libri.de.
Wenn man im direkten Vergleich betrachtet, mit welchen geringen Stück- bzw. Verkaufszahlen Kleinverlage teilweise agieren, ist man als Autor der ePubs veröffentlicht potentiell mit größeren Absatzzahlen dabei. Und in Hinsicht auf die rasant steigenden Absätze könnte der frühe Vogel den Wurm fangen.
Wenn der Verfasser des Artikels auf e‑Book-Stern also behauptet:
Wir brauchen in Europa noch etliche Monate, bis es genug eBook-Käufer und ‑Leser gibt.
… dann mag das aus der Elfenbeinturm-Sicht der Branche korrekt sein, nicht aber aus der Froschperspektive eines potentiellen Autors, der ja möglicherweise erst einmal schon mit ein paar tausend Verkäufen zufrieden ist. Das Problem eines Autors ist es nicht keinen Verlag zu haben, der einen veröffentlicht, das Problem eines Autors ist es, unbekannt zu sein, und dem kann man durch eBook-Veröffentlichungen (möglicherweise sogar kostenlosen, siehe Cory Doctorow oder Paulo Coelho) möglicherweise entgegen wirken. Das gilt so auch für Kleinverlage.
Die nächsten beiden Sätze haben mich dann zugegebenermaßen erheblich erheitert:
Aus meiner Sicht ist es keine Frage, dass eBooks gedruckte Bücher und Buchläden verdrängen werden. Der Blick nach USA zeigt das.
Aus meiner Sicht ist es keine Frage, dass eBooks gedruckte Bücher hierzulande auf Jahrzehnte hin nicht verdrängen werden, vielleicht sogar nie. Diese Verdrängung daraus abzuleiten, dass in den USA die eBook-Verkäufe (bei Amazon!) den Absatz gedruckter Bücher übertroffen haben, geht fehl, denn in Deutschland ist der Konsument deutlich konservativer. Selbst ich als ausgesprochener eBook-Fan sehe das Medium nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum gedruckten Buch. Der Blick in die Vereinigten Staaten zeigt, dass eBooks ein Thema sind, dem sich niemand mehr verschließen kann, eine vollständige Verdrängung kann man daraus allerdings nur mit sehr viel Phantasie ableiten.
Zum nächsten Punkt:
Wer gute Inhalte produziert, sollte alle Veröffentlichungswege in Betracht ziehen und versuchen zu nutzen. Das überfordert ePubber ganz erheblich!
Den letzten Satz greift er aus der Luft und lässt ihn unbegründet stehen. Was genau überfordert »ePubber«? Warum sollte man alle Vertriebswege in Betracht ziehen, wenn man seine Zielgruppe möglicherweise mit der gewählten Publikationsform deutlich exakter erreichen kann, als über »konventionelle« Vertriebsarten? Was hindert den ePubber daran, auch weiterhin an Verlage heran zu treten? Klar – ein Verlag wird möglicherweise ein Werk das bereits als ebook angeboten wird nicht mehr verlegen wollen, aber das ist Denken von gestern, von dem sich die Branche möglicherweise schneller wird verabschieden müssen, als ihr lieb ist.
Dann wird dem Leser einfach mal folgender Satz um die Ohren gehauen:
Auch die Qualität bleibt auf der Strecke. …
Es werden die Vorzüge von Verlagen aus Sicht des Verfassers dargelegt, diese leisten nach seiner Ansicht drei wichtige Dinge:
- sie treten in Vorleistung indem sie ausgewählte Buchprojekte finanzieren und in deren Realisierung investieren
- sie »veredeln« professionell einen Text durch Lektorat und Layout
- sie vertreiben und verkaufen
Punkt eins: ja und? Der Autor tritt in Vorleistung, indem er einen Text schreibt. Die Produktion eines eBooks (wir erinnern uns: wir reden hier über »ePubber«, also letztendlich eBooks in Form von ePubs) kann heutzutage jeder mit Open-Source-Software realisieren und die Ergebnisse stehen den »professionell« und angeblich »teuer erzeugten« Produkten der großen Verlage in nichts nach. ePub ist Text.
Punkt zwei: …und deswegen ist das Layout bei ePubs nachrangig, vielleicht abgesehen vom Cover. Zum Cover habe ich weiter oben schon lamentiert.
Lese ich dann wieder einmal pauschalisiert über das »Veredeln« eines Textes durch Lektorat, zu dem »ePubber« nicht in der Lage sein sollen, dann fallen mir spontan die diversen Verfehlungen ein, die mir nicht nur in letzter Zeit in deutschen Büchern so zu Augen gekommen sind; ich will hier nicht meinerseits pauschalisieren, aber wenn das was man in vielen Phantastik-Romanen (und anderswo) vorgesetzt bekommt »professionelles Lektorat« ist…
Kommt dann noch eine Übersetzung hinzu, geht’s bisweilen sogar ins Groteske. Wer mir nicht glaubt, der sollte beispielsweise mal einen Blick in die deutsche Fassung von Gail Carrigers SOULLESS werfen (mit dem beknackten Titel GLÜHENDE DUNKELHEIT bei Blanvalet), jemand der mir hier ernsthaft von einem »professionellen Lektorat« vorschwärmen möchte, hat eindeutig schwere Realitätsverluste. Und das war nur ein Beispiel von zahllosen.
Ich gehe davon aus, dass sich möglicherweise aus den bereits jetzt existierenden Autorenforen, möglicherweise aus anderen einschlägigen Kristallisationskernen im Web eine Art »Lektoratsgemeinschaften« bilden werden, die der »Schwarmintelligenz« des Netzes das Lektorieren eines Textes oder Buches überlassen – wer ein Buzzword dafür benötigt: man könnte das als »Crowd-Editing« bezeichnen. Der Autor könnte sich dafür beispielsweise dadurch bedanken, dass er einen Teil seiner Einnahmen dann wieder der Plattform zur Verfügung stellt.
Punkt drei: macht Amazon auch. Und weitere spezialisierte Anbieter kommen fast täglich hinzu. Klar, ohne die Marktmaschinerie der etablierten Verlage und den Buchhandel haben es Selfpublisher noch ungleich schwerer als die »Profis«, in Erscheinung und in das Bewusstsein der Leser zu treten, aber die Erfahrungen der letzten Jahre im Netz zeigen, dass Mundpropaganda und (soziale) Vernetzung von Freunden und Bekannten mit ihren Empfehlungen und viralen Möglichkeiten bereits jetzt ein nicht zu unterschätzender Faktor sind und das immer gewichtiger wird. Nicht ohne Grund setzen immer mehr Firmen auf diese Möglichkeiten des Mediums Internet – auf den Trichter sind die traditionell konservativen deutschen Verlage jedoch erst ganz frisch gekommen – und konfrontieren uns Blogger immer wieder mal mit Aktionen um gedruckte Bücher zu verkaufen die eher zur Belustigung beitragen. Junge Player im Markt, wie beispielsweise EPIDU, müssen kommen, um Plattformen wie »Blogg´ Dein Buch« zu realisieren und den großen zeigen wo es lang geht.
Entlarvend finde ich übrigens den Halbsatz »Verlage sind keine Schmarotzer«. Warum muss man das extra betonen..?
Bei all den vorstehenden Betrachtungen wurde zudem nur der deutsche Markt heran gezogen. Via Internet erreicht man jedoch weitaus mehr deutschsprachige potentielle Leser.
Klar, es sind auch selbstveröffentlichte Bücher zu finden, die würde man noch nicht mal mit der Kneifzange anfassen, weil unlesbar und von orthographischen Fehlern strotzend. Na und? Erstens findet vielleicht sogar so etwas Leser, dann hat es seine Berechtigung. Zweitens glaube ich an die Kräfte des Web: wenn etwas gut oder großartig ist, wird es meist auch gefunden UND verbreitet. Und im Gegensatz zum gedruckten Buch ist es extrem simpel eine Leseprobe bereit zu stellen, damit sich der potentielle Leser ein Bild davon machen kann, ob das Werk seinem Anspruch genügt. Aus dem am Anfang des Absatzes Genannten ein grundlegendes Qualitätsproblem bei von Selfpublishern veröffentlichten eBooks ableiten zu wollen, halte ich für verfehlt.
Abschließend frage ich mich, was der Artikel soll? Ambitionierten Autoren einreden, sie müssten unbedingt bei einem Verlag unterkommen? Wäre schön, ja, aber die Argumentationen sind zu oberflächlich, zu beliebig, um ihm das wirklich abzukaufen. Diverse Argumente sind flach oder einfach nur Behauptungen ohne Belege. Okay, ein paar von meinen vielleicht auch, aber ich sage auch »nur« meine Meinung ohne sie als universelle Konstante hinzustellen. :o)
Potentielle Selfpublisher müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie auf den Bauch fallen könnten, aber das sollte bloß niemanden daran hindern, es nicht trotzdem zu versuchen! Nach meiner Ansicht wird Selfpublishing eher früher als später auch zu einem Faktor im deutschsprachigen Raum werden, insbesondere und zuerst bei Internet-Affinen mit ihren Multiplikationsmöglichkeiten. Das funktioniert seit Jahren beispielsweise bei Musik oder Software ganz großartig und ich sehe keinen Grund, warum das bei Literatur nicht auch so sein sollte.
Lassen wir einfach das Pauschalisieren und stellen fest, dass es sowohl auf Seiten der Verlage wie auch auf Seiten der Selfpublisher positive wie negative Beispiel gibt – viele Argumente des Verfassers gegen Selfpublishung jedoch nicht begründet sind und deswegen nicht ziehen. Bis zur ersten Amanda Hocking oder bis zum ersten John Locke wird es im deutschsprachigen Raum noch dauern – aber sie werden kommen!
Vielleicht bist Du es.
[cc]
Teaserbild mit eReader von Matt Hammond auf flickr, CC-BY-ND
Quelle der Verkaufszahlen: Presseinformation des Börsenvereins des deutschen Buchhandels
Cover DAS AMULETT DER ZAUBERIN Copyright Knaur
Cover GLÜHENDE DUNKELHEIT Copyright Blanvalet
Bild Kindle & Kindle DX aus der Wikipedia, von ShakataGaNai, CC-BY-SA
Hallo Steffan,
über Google habe ich zufällig Deinen ausführlichen Kommentar zu meinem Blog-Eintrag »Der eBook-Markt braucht professionelle Qualität« gefunden. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du Deine Gedanken (bitte etwas verkürzt) als Kommentar am Blog abspeicherst.
Es freut mich kundigen Widerspruch zu bekommen. Natürlich bin ich nicht mit allem einverstanden, was Du sagt. Dazu würde ich gern dann Stellung nehmen und andere zu unserer Diskussion einladen. Bist Du dabei?
Viele Grüße,
Max
Hallo Max,
es fehlt mir aus verschiedenen Grunden im Moment die Zeit, eine Zusammenfassung zu erstellen, um diese in Deinem Blog als Kommentar zu veröffentlichen.
Selbstverständlich kannst Du gern hier Stellung nehmen und das in Deinem Blog verlinken (das würde auch nicht zu im Web völlig unnötiger Redundanz führen).
Ich bin allerdings etwas verwundert, dass Du meinen Beitrag »zufällig« finden musstest, ich hatte Dein Blog extra verlinkt, damit es einen Pingback erhält. Oder verfügt Blogspot nicht über Pingback-Funktionalität?
Viele Grüße,
Stefan
Ähnlich wie die inzwischen längst zugunsten des Netzes abgeschlossene Auseinandersetzung zwischen „richtigen“ Journalisten und „Möchtegernjournalisten“ im Netz, beginnt jetzt die Diskussion um „richtige“ Autoren und um „Hobbyschriftsteller“. – Was steckt dahinter? Etablierte Verleger möchten ihre Geschäftsgrundlagen sichern und diskriminieren den Nachwuchs als spät pubertierende „E‑Pubber“. (Ich vermute, dass Buckstern dies so nicht gemeint hat, die gewählte Diktion offenbart aber die tief schlummernden Vorurteile des Verfassers.)
Viele Verlage fürchten die Macht der E‑Book-Autoren, weil diese nicht mehr höflich warten, bis sie „entdeckt“ werden sondern selbst aktiv werden. Das tatsächlich Faszinierende an der aktuellen Entwicklung ist nämlich, dass die bislang häufig missbrauchte Schlüsselgewalt der etablierten Verlage zum Buchmarkt gebrochen wird. Nur so konnte es zu den jüngsten Erfolgen von Hocking, Locke und vielen anderen kommen.
In der Diskussion geht es nun nicht darum, das gedruckte Buch zu verdrängen, sondern die Bewertungskompetenz der Verlage in Frage zu stellen. Jetzt entscheiden nicht mehr Lektoren göttergleich über die Qualität eines Autors, jetzt entscheidet das Publikum. Das ist Herausforderung und Chance zugleich.
Ich promote als „alter Hase“ die Idee des E‑Books, weil ich darin die historische Chance sehe, dass die bislang häufig missbrauchte Schlüsselgewalt der etablierten Verlagen zum Buchmarkt gebrochen wird. Das bedeutet nicht, dass ich mich nicht an schön gedruckten Büchern erfreuen kann (jetzt muss man schon mit Disclaimer arbeiten) und diese übrigens auch sammele.
Schön gesagt (auch wenn der Link zu Amazon nah am Spam ist…).
Mich stört persönlich fast weniger die Auswahl zu veröffentlichender Autoren durch Redakteure – wenn sie ihren Job als Vorsortierer und Auswähler gut machen würden. Es wird seitens der Verlage gern darüber salbadert, dass man »Qualität« veröffentlichen möchte. Die Realität sieht aber (zumindest bei den Publikumsverlagen) so aus, dass man den Massenmarkt bedient und nicht unbedingt qualitativ Hochwertiges sondern gut Absetzbares verlegt und das eigene Schwadronieren über Qualität damit selbst widerlegt (ich kenne mich primär im Phantastik-Bereich aus und weise deswegen auf die Marktüberschwemmung mit Schmusevampir-Gedöhns hin).
Ich sehe das eBook auch als Heftroman des 21. Jahrhunderts. Nur mit dem Unterschied, dass der Zugang zum Markt für jeden Autoren potentiell deutlich einfacher ist, als weiland bei den einschlägigen Verlagen. UND es gibt keinerlei für mich nachvollziehbare Argumentation, warum ein Prinzip das bei anderen Medien funktioniert (Musik, Software, Blogs) auf einmal bei Büchern nicht mehr klappen soll…?
nur der Vollständigkeit halber an dieser Stelle der Hinweis auf die Steampunk-Chroniken :o)
Deinen Ansatz »Heftroman des 21. Jahrhunderts« finde ich spannend! Natürlich gibt es kein wirkliches Argument gegen E‑Books, obwohl wir am Anfang der Entwicklung stehen und erst schrittweise begreifen, welche Möglichkeiten sich allen beteiligten Parteien eröffnen. Ich habe selbst 30 Berufsjahre im Print und danach erst zehn Jahre »digitales Publizieren« auf dem Rücken und denke oft noch wie ein Saurier an die good old times. Aber Um- und Weiterdenken hat noch niemandem geschadet.
Vielleicht in diesem Zusammenhang ein Hinweis gestattet auf (und das ist nur wirklich kein Spam, ich habe damit nichts zu tun) The Fantastic Flying Books of Mr. Morris, das die im doppelten Sinne phantastischen Möglichkeiten des E‑Books der unmittelbaren Zukunft andeutet: http://www.vimeo.com/25833596
@Stefan Holzhauer
Die »Gegendarstellung« ist wirklich gelungen.
Mir scheint jedoch, das der Autor Maximilian Buckstern mit seinem relativ lapidaren Blogeintrag einfach nur provozieren und mit entsprechendem Kalkül eine Diskussion anregen wollte, vermutlich um dadurch indirekt auf sein eigenes eBook hinzuweisen.
Hier noch mal der Kommentar, den ich – der sich ebenfalls angegriffen fühlte und in die Falle tappte – auf seiner Seite hinterlassen habe:
Der Blogeintrag erscheint mir doch sehr einseitig. Selfpublisher kommen hier ziemlich schlecht weg, währenddessen die Verlage in die Höhe gelobt werden.
Mein multimediales eBook »Der Erbe der Zeit« verkauft sich im App-Store besser als jeder andere Roman von Heyne, Piper, Carlsen, Egmont Lyx und und und… Doch trotz der über 4000 verkauften Exemplare zu einem Durchschnittspreis von 6.99€ und vieler Fanbriefe konnte ich keinen großen Verlag überzeugen das Buch ins Programm aufzunehmen.
http://www.der-erbe-der-zeit.de
http://itunes.apple.com/de/app/der-erbe-der-zeit-der-letzte/id420460468
Zwar wurde ich von vielen Großen der Branche auf einen Café eingeladen, mir scheint jedoch, das ich dabei nur ausgehorcht wurde. Offensichtlich wollten die entsprechenden Agenturen und Verlage einfach nur mal die aktuelle Lage im eBook-Markt abchecken. Wenn man hier nicht von einem Defizit der Verlage sprechen kann, dann weiß ich auch nicht. Einen Vorteil hat es jedoch, auf diese Weise bin ich viel Näher am Leser dran. Von daher liebe ich mein Selfpublisherdasein oder wie manche es ein wenig abwertend nennen wollen ePup℗er Dasein. :)
In diesem Zusammenhang ist auch der Ausblick auf das Jahr 2025 im Zusammenhang mit dem Buchmarkt interessant. http://www.boersenblatt.net/449209/ Die Protagonisten der alteingesessenen Branchen haben von der Musikbranche nichts gelernt. Ja, ich bin noch nicht mal sicher, ob die Musikbranche inzwischen kapiert, was um sie abläuft.
Wie soll eine Uraltbranche wie die Verlagsbranche kapieren, dass der Umschwung in vollem Gange ist? Klar: noch sind die eBook-Leser relativ wenige. Aber die Adoption »neuer« Technologien geht immer schneller (iPhone (Smartphone), iPad, Kindle (eReader und mehr) usw.) Es ist interessant, wie Heerscharen von selbsternannten Profis aus den klassischen Branchen sich immer dreister in die eigene Tasche lügen, quasi ein Reality-Distortion-Field um sich aufbauen.
Wenn man iBooks auf dem Apple ansieht, dann ist es sehr interessant, wie da unter den kostenlosen Büchern sich ein wahrer »Kult« um manche »Hobby«-Autoren aufbaut. Klar, das Lektorat fehlt einfach hier und da, aber die Geschichten haben zum Teil verblüffende Qualitäten (Andererseits ist die Rechtschreibung in Deutschland sowieso am Boden: »währe«, »Standart« usw. usf.). Was viel schlimmer ist, ist die Tatsache, wie stiefmütterlich die großen Verlage ihr eigenes eBook-Angebot auf iBooks beispielsweise behandeln. Bestes Beispiel: Webers Honor Harrington-Reihe. Hab ich als Buch nie gekauft, weil nie alle Bände in der Buchhandlung vorrätig waren. Zu Amazon-Zeiten hats mich nimmer so interessiert. Inzwischen ist es im iBook-Store. Ich habe den ersten Band gekauft und musste lernen, dass diese Schwachmaten nicht mal in der Lage waren, alle Bücher FORTLAUFEND einzustellen. Die ersten 10 Bände sind leider nur zur Hälfte im iBook-Store, jeden zweiten Band muss man »real« kaufen. Was für ein Scheiss. Von falschen Titelbildern mal ganz zu schweigen. Wir haben es also mit einer Branche zu tun, in der sich Protagonisten tummeln, die sich vermutlich von der Sekretärin noch ihre E‑Mails ausdrucken lassen. Von einer gewissen »Internet«-Kompetenz ganz zu schweigen. Aber das rächt sich bald (nicht erst 2025), die Musikindustrie hats vorexerziert …
@Ruprecht Frieling:
Danke für den Hinweis, ich habe das Buch bereits kurz vorgestellt.
@C. Schneider:
Danke für die Anmerkungen und das Mitteilen Deiner Erfahrungen!
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal auf mein anderes Projekt hinweisen, das sich ebenfalls mit Selfpublishing befasst:
http://steampunk-chroniken.de
hierbei soll eine Anthologie mit phantastischen Kurzgeschichten aus dem Steampunk-Genre erst einmal ausschließlich als DRM-freies eBook erscheinen. Die ePub-Version wird es gegen eine beliebige Spende geben, was das eBook bei Amazon kosten wird, wird sich noch herausstellen.
Interessierte Autoren können noch bis Ende August Geschichten einreichen.
Ich finde es Klasse, dass sich die Welt verändert. Als ich vor vier Jahren das Hörbuch »The Long Tail« von Chris Anderson gehört habe, hat es in meinem Kopf klick gemacht. Mein Traum war es immer zu schreiben, doch ich konnte mir nie vorstellen davon zu leben. Mit meinem Mann habe ich zusammen ein IT-Unternehmen (seit 1991) und wir nutzen inzwischen für den Vertrieb nur noch das Internet.
Wir hatten heftige Diskussionen darüber, weshalb ich mein Buch unbedingt in einem Verlag veröffentlichen wollte. Es sind meine eigenen »tiefen« Vorurteile, die mich gehemmt haben, es selber zu versuchen. Wer sagt mir, dass mein Manuskript gut genug ist? Was ist mit meiner Rechtschreibschwäche? Ich beobachtete wie Erst-Autoren versuchten in der Branche Fuß zu fassen und kann nur sagen, eigene Investition, eigenes Marketing und »kein« Lektorat, kamen häufig vor. Lesen wir nur mal genauer. Am meisten hat es mich erschreckt, wie schlecht das letzte Harry Potter Buch übersetzt worden ist. Ich bin wirklich nicht empfindlich und lese auch mal »Schundromane«, aber es gab Momente, wo ich diese Buch wegen der ständigen »hatte« weg legen musste, obwohl ich den Inhalt spannend fand. Mit anderen Worten ich stimme dir zu, die Qualität der Bücher aus renommierten Verlagen ist meiner Meinung nach in den letzten Jahren schlechter geworden. Vermutlich liegt es an den Kosten und der Gewinnoptimierung (ich war mal Controllerin beim Deutschen Bücherbund).
Ich ging dann zu einem Seminar in Wolfenbüttel zum Thema »Als Beruf Autor«, was einem schnell die rosarote Brille weg nimmt. Mit Marktzahlen, Fakten, ambitionierten Autoren und meiner klischeehaften Geschichte wurde mir klar, vom Schreiben zu leben ist fast so gut wie »Lotto« spielen. In den letzten drei Jahren habe ich hart an mir gearbeitet und für meinen ersten EBook Roman mit einem Lektor zusammengearbeitet, dessen Arbeit mir, in den von ihm lektorierten Büchern (z.B. Skriptum), gefallen hat. Er lektorierte das erste Kapitel als Arbeitsprobe, so dass ich vor meiner Investition beurteilen konnte, ob wir zusammen passten.
Für mich stellt das EBook die Möglichkeit da, als Autor selbst das »unternehmerische« Risiko zu tragen. Ich kann ein Produkt zu einem Preis erstellen, der meiner Vorstellung eines guten Preis-Leistungs-Verhältnisses entspricht. Ein EBook lässt sich aktuell nicht verleihen oder wiederverkaufen, also bekommt der Leser weniger Rechte und dass sollte sich im Preis spiegeln.
Weiterhin bekomme ich als Autor die einmalige Chance mit meinen Lesern in direkten Austausch zu gehen. Je nach Mentalität kann ich mich sogar entscheiden, sie am Prozess der Entstehung eines Buches teilhaben zu lassen. Das ist viel Arbeit, die mir persönlich sehr viel Freude macht.
Hallo Kerstin, vielen Dank für Deine Anmerkungen!