Erfunden wurde das später auch Hexenbrett benannte Ouija als launiges Gesellschaftsspiel. Wenn im Film von einem »antiken Ouija« die Rede ist, sollte es eher antiquarisch heißen, denn erst 1890 wurde es zum Patent angemeldet. Und zu diesem Zeitpunkt besaß es noch keinerlei paranormalen Bezug. Als die zehnjährigen Laine und Debbie im Kinderzimmer mit einem alten Brett spielen, glauben sie durch das zum Brett gehörende Planchette tatsächlich einen Geist zu sehen, der sich allerdings als Laines Schwester heraus stellt. Aber genau so funktioniert eigentlich das Spiel, dass man sich in einer Art kollektiven Unterbewusstsein die Botschaften selbst schreibt, ohne es zu bemerken. Erst Jahre nach seiner Erfindung brachte man das Ouija mit dem Übersinnlichen in Verbindung, was sich über die Zeit nicht nur verstärkte, sondern das Spiel als eine Art Verbindung zu der Welt der Geister und Dämonen regelrecht manifestierte. Wie auch Debbie sechs Jahre später in Erfahrung bringen muss, als sie das schon vergessene Brett beim Putzen auf dem Dachboden findet. Denn was die Mädchen vor Jahren aus Jux und Tollerei begannen, fordert nun seinen Tribut.
Eigentlich war Stiles White bei den Stan Winston Studios zuhause, wo er die Produktion von Special Effects leitete. Allerdings ist das schon wieder 13 Jahre her. In dieser Zeit hat er zum Beispiel mit Juliet Snowden am Drehbuch zu dem weniger überzeugenden Nicholas Cage-Knüller KNOWING gearbeitet. Für die beiden muss es dennoch eine fruchtbare Verbindung gewesen sein, weil sich White gerade für sein Regie-Debüt wieder mit Snowden zusammen tat. Auch für DoP David Emmerichs ist es das Debüt als verantwortlicher Kameramann. Diesen Komponenten verdankt man ganz klar das Beste, mit dem OUIJA überzeugen kann. Das ist seine klare Bildgestaltung, die klassische Beleuchtung, und eine Szenen-Auflösung die für modernes Popcorn-Kino ungewöhnlich geworden ist. Gerade in den beiden Eingangssequenzen schafft diese Rückkehr zu traditionellen Sehgewohnheiten eine überraschend dichte Atmosphäre. Die nicht zu langen, aber längeren, Einstellungen führt, die das Publikum mit einer sich steigernden Erwartungshaltung zu binden versteht.
(SPOILER) Was OUIJA dann doch als besonderen Horrorfilm scheitern lässt, sind seine konventionellen Standards. Da ist die Auswahl an berechnet unterschiedlichen Charaktere, wie die der Unschuldigen, des Besonnenen, der Freizügigen, des Rebellen, und der Heldin. Und dann ist da eine konstruierte Handlung, die sich selbst im Weg steht. Funktioniert das Grusel-Szenario hervorragend, tut es das eigentliche Konzept nicht. Wer sich unterhalten lassen will, ist hier gut aufgehoben. Wer sich allerdings gerne mit Filmen tiefergehend auseinandersetzt, wird viel zu viel Fragen stellen, die kaum beantwortet werden können. Grundlegend muss man in Frage stellen, für was der Geist das Ouija überhaupt benötigt. Natürlich ist das Brettspiel der zentrale Handlungspunkt, und genau darum kreisen auch all seine Elemente der Geschichte. Doch ob das alles stimmig ineinander greift, oder nur eine Abfolge von guten Ideen ist, die sinnentleert zusammen gefügt wurden, unterbricht ständig die grundsätzlich gut getroffene Atmosphäre. Da ist das immer wieder in allen Horrorfilmen verwendete Spannungselement, dass Figuren in eigentlichen Alltagssituationen sofort unlogisch herbeigedachtes Unheil vermuten. Ein Charakter unterquert am helllichten Tag eine öffentlich zugängliche Fußgängerunterführung, hört dabei ein Geräusch, und erstarrt sofort in ängstliches Misstrauen, mit dem weinerlichen Ruf eines fragenden »Hallo«. Dass diese Figur in besagter Szene dann auch noch eine Taschenlampe aus der Tasche zieht, weil man am helllichten Tage eben eine Taschenlampe mit sich herum trägt, macht die Atmosphäre der Szene nicht realistischer.
OUIJA hat in seinem Kern sehr viel Potential. Seine jungen, frischen Gesichter sind ihren Aufgabe durchaus gewachsen. Sympathisch und überzeugend sind Olivia Cooke, Ana Coto, oder Daren Kagasoff, aber auch der Rest des Ensembles. Leider vermag es keiner von ihnen, sich aus dem Geflecht der viel zu konstruierten Handlung herauszuschälen. So ist Laines Schwester Sarah tatsächlich unfreiwillig in die Geschichte hineingeraten, und es macht auch keinen Sinn, sie in diesem Spiel zu belassen, was ihre ältere Schwester in Anbetracht der Situation sehr schnell erkennen müsste. Und es stellt sich zudem die Frage, wie ein bestimmter Geist ausgerechnet in einer sonst ausweglosen Situation plötzlich zu materialisieren vermag, nur damit er als überraschendes Element erscheinen kann, ohne dass dieses Erscheinen wirklich zu begründen wäre. Zu viel gewollt, zu wenig nachgedacht. Dass OUIJA unterhaltendes und wirklich originelles Potential hat, beweist er immer und immer wieder, um es dann in seiner endgültigen Inszenierung in Grund und Boden zu stampfen. (SPOILER ENDE)
Elijah Bond hat das Gesellschaftspiel 1890 erfunden und patentieren lassen. Ein Patent, welches William Fuld nur ein Jahr später aufkaufte und damit ein Vermögen machte. Aber keiner von beiden hätte sich all die Auswüchse vorstellen können, welches ihr launiges Gesellschaftsspiel herborbringen würde. Mit ihrem Film haben es die Macher ganz anders gesehen. Für sie war ein Erfolg programmiert, was die Einspielergebnisse zu bestätigen scheinen. Allerdings nicht sonderlich gerechtfertigt. Doch wie man in der Inszenierung schnell erkennen kann, hat man in weiser Voraussicht eine eventuelle Fortsetzung in die Handlung eingewoben. Und Bradley Fuller hat die Produktion eines zweiten Teiles bereits bestätigt. Leider ist in unserer heutigen Zeit kein Ouija mehr nötig, um solche Entwicklungen vorauszusehen. Einspielergebnisse und Reaktionen von Zuschauern und Kritikern sind zwei völlig unterschiedliche Felder auf einem Brettspiel. So bleibt die Hoffnung, dass die Umsetzung von Teil zwei einen glaubwürdigeren Weg innerhalb dieser Welt einschlagen wird. Denn: Hand aufs Herz, wer verweigert sich wirklich einer Fortsetzung, wenn ihm ein erster Teil auf den Magen geschlagen hat, aber die Möglichkeiten durchaus aufgefallen waren?
OUIJA – SPIEL NICHT MIT DEM TEUFEL
Darsteller: Olivia Cooke, Ana Coto, Daren Kagasoff, Bianca A. Santos, Douglas Smith, Shelley Hannig u.a.
Regie: Stiles White
Drehbuch: Juliet Snowden, Stiles White
Kamera: David Emmerichs
Bildschnitt: Ken Blackwell
Musik: Anton Sanko
Produktionsdesign: Jeremy Woolsey
89 Minuten
USA 2014
Bildrechte: Universal Pictures International