MADAGASCAR – ein verfehltes Reiseziel

MADAGASCAR 3 – EUROPES MOST WANTED – Deutsch­land­start: 02.10.2012

Die belieb­tes­ten Zoo­tie­re der Film­ge­schich­te sind zurück. Und sie brin­gen wie­der ihre Pin­gui­ne mit. Naht­los knüpft Teil drei an die Num­mer zwei an, wo die vier gegen­sätz­li­chen Kum­pa­nen in ihrer ursprüng­li­chen Hei­mat zurück­ge­las­sen wer­den, weil die Neben­dar­stel­ler in Frack-Gefie­der eben mal nach Mon­te Car­lo auf­ge­bro­chen sind. Böse Zun­gen behaup­ten ja, dass zu vie­le Köche den Brei ver­der­ben wür­den. Anlass zu die­ser Unter­stel­lung geben Wer­ke wie MADAGASCAR 3. Drei Regis­seu­re und zwei Dreh­buch­au­toren. Beim moder­nen Ani­ma­ti­ons­film, und bei vie­len sehr gelun­ge­nen dazu, ist das nicht wirk­lich unge­wöhn­lich, doch bei die­sem Film wirkt es wie eine Bestä­ti­gung des alten Sprichwortes.

Alex, Mar­ty, Glo­ria und Mel­man. Der Löwe, das Zebra, das Nil­pferd und die Giraf­fe zwei­feln an der ret­ten­den Rück­kehr der Pin­gui­ne und machen sich selbst auf den Weg nach Mon­te Car­lo. Denn nur die Pin­gui­ne könn­ten die aus dem New Yor­ker Zoo aus­ge­ris­se­nen und nun bereu­en­den Flücht­lin­ge zurück in das umsor­gen­de Habi­tat des groß­städ­ti­schen Tier­parks brin­gen. Dazu dre­hen die Macher ziem­lich weit auf. Alles muss schnel­ler und lau­ter sein. Alles ist bun­ter, grel­ler und in einer gewis­sen Art viel zu frenetisch.

Wie Alex und sei­ne Freun­de über­haupt von Afri­ka nach Mon­te Car­lo gekom­men sind, sei ein­fach mal dahin­ge­stellt. Das soll­te das gerings­te Pro­blem sein. Aber dann kommt der Zir­kus, jenes Heils­mit­tel wel­ches die flüch­ti­gen Zoo­tie­re gut getarnt Rich­tung Ame­ri­ka brin­gen soll. Im ers­ten Teil die­ser Rei­he war es the­ma­tisch noch ein poli­tisch kor­rek­ter Grund­ge­dan­ke, dass die ein­ge­sperr­ten Tie­re ihr See­len­heil in der Frei­heit suchen. Teil zwei gab sich da dann doch wesent­lich fri­vo­ler in sei­ner Aus­sa­ge, dass es doch gewis­se Annehm­lich­kei­ten mit sich bringt, wenn man sich in einem Tier­park pro­blem­los ver­kös­ti­gen lässt. Doch was dann mit der FLUCHT DURCH EUROPA aus­ge­sagt wird, ist fern­ab jeder Art von Sati­re oder poli­ti­scher Korrektheit.

Löwe, Zebra, Nil­pferd und Giraf­fe ler­nen neue, soge­nann­te Freun­de ken­nen, und müs­sen neue Ver­ant­wor­tun­gen über­neh­men. Das Leben geht wei­ter. Und wei­ter im Leben heißt in die­sem Fall, dass der Zir­kus eine aut­ar­ke Mög­lich­keit wäre, frei und unge­bun­den zu sein. Kino ist nicht der Ort, der zwangs­läu­fig die Pro­ble­me der Welt behan­deln oder lösen soll­te. Doch wenn in MADAGASCAR the­ma­tisch die Wahl zwi­schen Pest und Cho­le­ra ansteht, dann bedeu­tet das im End­ef­fekt die Wahl zwi­schen inak­zep­ta­blen Tier­parks und einem indis­ku­ta­blen Zir­kus. Für die Klei­nen im Publi­kum, auf die der Film zwei­fel­los mehr gewich­tet ist, eine weni­ger schwe­wie­gen­de Prä­mis­se. In sei­ner all­ge­mei­nen Aus­sa­ge aller­dings kein wirk­lich gefes­tig­ter Film.
Afro-Zir­kus?! Im Ernst? Laut­stark und in grel­len Far­ben wird immer wie­der der bun­te Zir­kus mit Afro-Perü­cken zele­briert. Was die Macher damit aus­drü­cken oder etwa aus­sa­gen woll­ten, bleibt erschre­ckend unklar. Immer wie­der bricht Mar­ty in Zir­kus-Sing-Sang aus und trägt dabei eine in allen Far­ben schil­lern­de Afro-Perü­cke. Irgend­wann schließt sich der Rest der Meu­te an und alle tra­gen die­se sinn­be­frei­ten Perü­cken. War eine poli­ti­sche Aus­sa­ge dahin­ter ver­steckt, geht die­se auf alle Fäl­le in einer wir­ren Bil­der­flut unter, die als krö­nen­der Abschluss gran­di­os wir­ken soll­te. Gibt der Film schon von Anfang an ein gutes Tem­po vor, ist er spä­tes­tens beim Fina­le mit hek­ti­schen Sze­nen und fre­ne­ti­schen Bild­in­sze­nie­run­gen kaum mehr zu bremsen.

Der drit­te Teil von MADAGASCAR ist Kin­der­ki­no par excel­lence, und so muss man die­sen Film auch als Erwach­se­ner neh­men. Weder Dreh­buch noch Insze­nie­rung bie­ten eine ver­träg­li­che Aus­ge­wo­gen­heit für einen gelun­ge­nen Fami­li­en­film. Wäh­rend die Klei­nen ihre hel­le Freu­de am Sinn und Unsinn der tie­ri­schen Hel­den haben wer­den, bleibt den beglei­ten­den Gro­ßen wenig Grund zur Freu­de. Schwer zu sagen, ob zu vie­le Köche den Brei am Ende doch ver­dor­ben haben, aber so rich­tig stim­mig und ori­gi­nell ist MADAGASCAR 3 nicht gewor­den. Und sei­ne frag­wür­di­ge Moral, ob jetzt Zir­kus oder Zoo der frei­en Wild­bahn vor­zu­zie­hen ist, macht das Ver­gnü­gen oben­drein noch etwas sperrig.

MADAGASCAR 3 – EUROPES MOST WANTED
Dar­stel­ler: Ben Stil­ler / Jan Josef Lie­fers: Alex, Chris Rock / Rick Kava­ni­an: Mar­ty, Jada Pin­kett-Smith / Clau­dia Urb­schat-Min­gues: Glo­ria, David Schwim­mer / Bas­ti­an Pas­tew­ka: Mel­man, Sacha Baron Cohen / Ste­fan Goss­ler: Juli­en, Ced­ric the Enter­tai­ner / Roland Hem­mo: Mau­rice, Andy Rich­ter / Gerald Schaa­le: Mort, sowie Bryan Crans­ton, Fran­ces McDor­mand, Jes­si­ca Chastain
Regie: Eric Dar­nell, Tom McGrath, Con­rad Vernon
Dreh­buch: Eric Dar­nell, Noah Baumbach
Bild­schnitt: Nick Fletcher
Musik: Hans Zimmer
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Kendal Cronkhite-Shaindlin
zir­ka 93 Minuten
USA 2012

Pro­mo­fo­tos Copy­right Para­mount Pictures

AutorIn: Bandit

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