Leipziger Buchmesse 2015 – Im Rausch der Messe

Andreas Wolz auf der LBM

Vier Mes­se­ta­ge in Leip­zig, jede Men­ge Besu­cher am Stand und Adre­na­lin im Blut. Die genaue Zahl der Gesprä­che? Nicht zu ermit­teln. Der Adre­na­lin-Pegel? Durch­weg hoch! Vier Tage im Rausch, eine Woge der Freu­de, die nach der Mes­se eine Lee­re zurück­lässt, wie sie wohl ein Sän­ger nach einem Kon­zert emp­fin­det. Und so ein Mes­se-Stand ist wirk­lich eine Art Büh­ne. Nur Stage­di­ving, das wäre nicht rat­sam, der Auf­prall wäre zu schmerz­haft. Denn der Star sind die Bücher, deren Autoren, nicht die Mit­ar­bei­ter am Stand. Das sind die Hand­lungs­rei­sen­den.

Einer die­ser Hand­lungs­rei­sen­den war ich – zum ers­ten Mal am Stand des Faby­lon-Ver­lags als Unter­stüt­zung von Uschi Zietsch und Gerald Jam­bor, den Ver­lags­grün­dern. Uschi ist als flei­ßi­ge Autorin gleich­zei­tig das Gesicht des Ver­lags. Sie und ihr Mann waren ange­mes­sen im Steam­punk-Stil geklei­det und mach­ten auch optisch sofort deut­lich, dass der Ver­lag »einen Fai­ble fürs Fabel­haf­te« hat. Um nicht ganz abzu­fal­len, hat­te ich mei­ne »Donald Duck«-Krawatte ange­legt.

Die Cos­play­er auf der an­de­ren Gang­seite lieb­kos­ten ihre über­gro­ßen Schwer­terSchon bei der Anrei­se mit dem Zug war die Anzie­hungs­kraft der Buch­mes­se spür­bar. Der sprö­de Mann auf dem Sitz gegen­über arbei­te­te an Buch­ma­nu­skrip­ten, die Cos­play­er auf der ande­ren Gang­sei­te lieb­kos­ten ihre über­gro­ßen Schwer­ter. Die Gepäck­ab­la­gen quol­len über, wir alle hat­ten das­sel­be Ziel. Don­ners­tag­mit­tag kam ich am Stand an und hat­te eine Drei­vier­tel­stun­de, um mich ein­zu­ar­bei­ten. Wo sind die Lis­ten, wo die USB-Sticks mit den Hör­bü­chern, die CDs mit den Hör­pro­ben und, nicht min­der wich­tig, wie bedient man die Kaf­fee­ma­schi­ne? Schon waren Uschi und Gerald unter­wegs und ich allei­ne am Stand, ein Bestand­teil der Mes­se.

Uschi und Andi
Uschi und Andi

Denn alle hat­ten sie eines gemein­sam: Das ech­te Inter­es­se an den BüchernObwohl es erst Don­ners­tag war, schau­ten bereits vie­le Besu­cher vor­bei. Da kamen die Jun­gen und die Älte­ren, Müt­ter, die für ihre Söh­ne eine Hör­pro­be mit­nah­men und Müt­ter, die sel­ber lasen. Ein klei­nes Mäd­chen woll­te sei­ne Mama zum Kauf über­re­den. Ein etwa zwölf­jäh­ri­ger Jun­ge war von einer Hard­co­ver-Aus­ga­be begeis­tert und brauch­te das sei­nem Vater nur zu sagen, damit die­ser sein Porte­mon­naie zück­te. Wahr­schein­lich war der Papa dank­bar, dass der Soh­ne­mann auch ger­ne las. Denn alle hat­ten sie eines gemein­sam: Das ech­te Inter­es­se an den Büchern. Vie­le kann­ten bereits Roma­ne von Uschi Zietsch, vie­le waren auf der Suche nach neu­em Stoff. Und manch einer woll­te ein­fach nur mei­ne »Donald Duck«-Krawatte foto­gra­fie­ren.

Christian Senger und Uschi Zietsch
Chris­ti­an Sen­ger und Uschi Zietsch

Ich bekam schnell her­aus, dass Uschis Haupt­werk, das Wald­see-Uni­ver­sum, die größ­te Anzie­hungs­kraft besitzt. Umso bes­ser, dass zu Band vier ganz frisch ein Hör­buch mit dem Schau­spie­ler Chris­ti­an Sen­ger pro­du­ziert wor­den war, das auf der Mes­se mit einer Lesung Pre­miè­re fei­ern soll­te. Das war als Höhe­punkt für Sams­tag geplant, am Frei­tag durf­te erst ein­mal ich selbst mich auf der Mes­se umschau­en. Zu die­sem Zeit­punkt zeig­te sich bereits, dass die Mes­se auch in die­sem Jahr wie­der das war, was man einen Publi­kums­ma­gne­ten nennt. Die Tun­nel zwi­schen den Hal­len wur­den bereits an die­sem zwei­ten Tag zu Ein­bahn­stra­ßen, um den Strom der Mas­sen len­ken zu kön­nen.

BuchmesseLeipzig

So urplötz­lich mit ihrer Auf­merk­sam­keit kon­fron­tiert stam­mel­te ich Offen­sicht­lich­kei­tenAls Tex­ter bin ich immer auf der Suche nach neu­en Kon­tak­ten. Den­noch über­rasch­te mich eine neue Bekannt­schaft in Hal­le eins sehr: Als ich um eine Ecke bog, saß völ­lig uner­war­tet live und in Per­son mei­ne der­zeit liebs­te Comic-Zeich­ne­rin vor mir, Oli­via Vie­w­eg, auf deren Wer­ke ich auf dem Comic-Salon 2014 gesto­ßen war, die ich dort aber lei­der knapp ver­passt hat­te. Schöp­fe­rin von Comic-Roma­nen wie ENDZEIT (Zom­bies auf dem Weg nach Jena) und HUCK FINN (der bekann­te Twa­in-Cha­rak­ter im heu­ti­gen Hal­le an der Saa­le), Fan von DeFo­rest Kel­ley (der Ur-McCoy der Enter­pri­se), gro­ße Freun­din von Per­ser­kat­zen. So urplötz­lich mit ihrer Auf­merk­sam­keit kon­fron­tiert stam­mel­te ich Offen­sicht­lich­kei­ten (»Sind Sie die Autorin die­ser Comics?« – puh, was für eine dum­me Fra­ge!) und konn­te mich nicht ent­schei­den: Soll­te ich mei­ne ver­blie­be­ne Hirn­leis­tung dazu nut­zen, mich für solch dum­me Fra­gen zu schel­ten? Oder soll­te ich sie in den ver­zwei­fel­ten Ver­such inves­tie­ren, ganz schnell bes­se­re Fra­gen zu fin­den? Mei­ne Gehirn­hälf­ten kämpf­ten immer noch mit­ein­an­der, als ich mit einem Auto­gramm freu­dig von dan­nen zog. Kurz dar­auf hat­te ich den ver­spä­te­ten Geis­tes­blitz, dass ich Oli­via Vie­w­eg ja um ein Inter­view hät­te bit­ten kön­nen. Zumin­dest schaff­te ich es noch, umzu­keh­ren und mir ihr Ein­ver­ständ­nis im zwei­ten Anlauf abzu­ho­len. Puh, Glück gehabt!

Auf dem Weg zurück zum Stand behin­der­te mich Gre­gor Gysi – nicht per­sön­lich, aber sei­ne pure Anwe­sen­heit ver­stopf­te einen brei­ten Gang –, kam aber trotz­dem recht­zei­tig durch. Denn nun brumm­te der Laden so rich­tig, die ers­te Lesung Uschis stand außer­dem an (aus FYRGAR – VOLK DES FEUERS), da war für den Rest des Tages kei­ne Zeit mehr für per­sön­li­che Gedan­ken.

ArndtDrechslerMichelleStern
Arndt Drechs­ler und Michel­le Stern

 

Fas­zi­nie­rend, wie die Stim­me eines Schau­spie­lers auf der Büh­ne ihre Aura ent­wi­ckelt.Sams­tag ist tra­di­tio­nell der stärks­te Tag. Das galt auch für die Höhe­punk­te des Faby­lon-Stan­des 2015. Michel­le Stern von PERRY RHODAN schau­te bei uns vor­bei. Sie hat im April die Ehre, als ers­te Frau einen Per­ry-Jubi­lä­ums­band, die Nr. 2800, zu ver­öf­fent­li­chen. Und ich hat­te die Ehre, dass sie mich zum Per­ry-Rho­dan-Stand beglei­te­te, auf dem gera­de Arndt Drechs­ler signier­te. Das Foto der bei­den gehört zu den schöns­ten, die ich auf der Mes­se geschos­sen habe. Nach­mit­tags gesell­te sich Chris­ti­an Sen­ger zu uns, hielt eine sehr gut besuch­te Lesung aus NAURAKA – VOLK DER TIEFE. Fas­zi­nie­rend, wie die Stim­me eines Schau­spie­lers auf der Büh­ne ihre Aura ent­wi­ckelt. Die Leu­te blie­ben, obwohl kurz zuvor Kai Mey­er gele­sen hat­te und nun mit einer Signier­stun­de lock­te. Doch es waren genü­gend Besu­cher für uns alle da. Den Rest des Tages ris­sen uns die Men­schen die Hör­pro­ben und Pro­spek­te aus den Hän­den, sodass wir irgend­wann kei­ne CDs mehr hat­ten.

AmPerryRhodanStand

Aber das war nicht schlimm, denn auch wenn der Sonn­tag noch ein guter Tag ist, lau­fen hier die Men­schen nur noch sehr gezielt her­um. Wer an die­sem Tag auf der Mes­se ist, geht ent­we­der nur »Schau­fens­ter­bum­meln« oder hat einen Plan. Dafür reich­ten uns die Pro­spek­te.

Ich wäre trau­rig gewe­sen, wenn im Wagen Ruhe geherrscht hät­teGegen ein Uhr begann sich alles auf­zu­lö­sen. Ein Stuhl war sowie­so schon unter der Last zusam­men­ge­bro­chen und muss­te ent­sorgt wer­den, die schwe­ren Sachen wie die Kaf­fee­ma­schi­nen konn­ten in den Wagen. Ein Wand­be­hang war so freund­lich, sich ganz von allei­ne abzu­lö­sen. Auf mei­ner Heim­fahrt beglei­te­te mich im Zug eine Grup­pe jun­ger Frau­en, alle glü­hen­de Ani­me-Fans, laut genug, es allen im Wagen kund­zu­tun. Aber ich wäre trau­rig gewe­sen, wenn im Wagen Ruhe geherrscht hät­te.

BuchmesseLeipzig2

Mit dem abklin­gen­den Rausch tra­ten Ent­zugs­er­schei­nun­gen auf.Denn das Adre­na­lin bau­te sich nur lang­sam ab, ich ver­ließ die Büh­ne, die der Stand gebo­ten hat­te, nur ungern. Mit dem abklin­gen­den Rausch tra­ten Ent­zugs­er­schei­nun­gen auf. Es war plötz­lich so still. Aber hilft Stil­le nicht beim Lesen? Geht es denn nicht auf der Buch­mes­se um das Lesen? Oder ist Lesen nur ein Mit­tel, um jeder­zeit Kon­takt zu ande­ren Men­schen auf­neh­men zu kön­nen? Und bie­tet die Mes­se somit die Gele­gen­heit, aus die­sem Mono­log einen Dia­log zu machen?

Die­se vie­len Gesprä­che über das gemein­sa­me Hob­by Bücher, die durch­weg posi­ti­ven Kon­tak­te, das Glim­men der Begeis­te­rung in den Leser-Augen beim Anblick neu­er Roma­ne, all das wird mir in Erin­ne­rung blei­ben. Für ein paar Tage »war ich Buch­mes­se«. Leip­zig, Uschi, ihr sollt wis­sen: Wenn ihr mich nächs­tes Jahr wie­der ruft, wer­de ich kom­men!

Andre­as Wolz

Anm. d. Red: Mehr von Andre­as Wolz fin­det ihr auf sei­ner Sei­te wort​be​geis​tert​.de – man kann ihn auch als Tex­ter anheu­ern (hint, hint).

Alle Bil­der: Andre­as Wolz

[aartikel]B00B9CPKVC[/aartikel][aartikel]B009G47G6W[/aartikel][aartikel]B00946NO6I[/aartikel][aartikel]B009NNEG2I[/aartikel]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen