L.J. McDonald – DIE KRIEGER DER KÖNIGIN

Anfang Juni kam der Betrei­ber von Phan­ta­News auf mich zu und bat mich die­ses Buch zu lesen, da er eine Rezen­si­on ver­öf­fent­li­chen woll­te. Auf mei­ne Fra­ge »war­um?«, ant­wor­te­te er: »Weil es offen­sicht­lich ‘Roman­t­a­sy’ ist, also ein Frau­en-Fan­ta­sy-Roman.« Ich wur­de dar­auf­hin sehr skep­tisch und mein­te: »wenn mich die ers­te Sei­te nicht sofort fes­seln kann, dann leh­ne ich ab!«.

Nun, die ers­te Sei­te war packend genug, so dass er mir das Ver­spre­chen abrin­gen konn­te, es kom­plett zu lesen und anschlie­ßend eine Rezen­zi­on zu ver­fas­sen.
Da hat­te ich also den Salat! Soll­te man mei­nen … ich muss zuge­ben, dass mir das Lesen eine qua­li­ta­ti­ve Berg- und Tal­fahrt besche­ren soll­te. Doch schön der Rei­he nach.

In der von der kana­di­schen Autorin beschrie­be­nen Welt exis­tiert ein inter­es­san­tes Ritu­al, wodurch aus einer »ande­ren Welt« soge­nann­te »Syl­phen« in die hie­si­ge Welt rüber­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Der bzw. die ent­spre­chen­de Syl­phe wird durch Namens­ge­bung an einen mensch­li­chen Her­ren gebun­den sowie durch Befehls­äu­ße­rung zum Gehor­sam gezwun­gen, woge­gen die­ses Wesen auf Grund sei­ner Die­ner-Men­ta­li­ät nichts aus­rich­ten kann.
Der Sinn die­ses Unter­fan­gens liegt in den beson­de­ren Fähig­kei­ten die­ser Wesen, die sich in alles Mög­li­che ver­wan­deln kön­nen. Es gibt Ele­men­tar­syl­phen (Feu­er, Was­ser, Luft, Erde) und dar­über hin­aus Hei­ler­syl­phen und – das genaue Gegen­teil davon – die Kriegs­syl­phen. Alle kön­nen über­aus dien­lich sein, wobei das Haupt­in­ter­es­se der Men­schen natür­lich auf den Krie­ger­syl­phen liegt, da die­se gan­ze Gebie­te mit einem Wim­pern­schlag aus­lö­schen kön­nen.

So weit so gut. Jetzt soll­te man mei­nen, dass die­ses Kon­zept auf recht wacke­li­gen Füßen steht, da gera­de die alles ver­nich­ten­den Kriegs­syl­phen im Grun­de sofort die Welt beherr­schen könn­ten. Der Trick, den die Autorin hier ein­baut, ist die erwähn­te Die­ner-Men­ta­li­tät, die bei sämt­li­chen Syl­phen so etwas wie Herr­schafts­an­sprü­che erst gar nicht auf­kom­men las­sen. Und damit wären wir beim Kern der Sto­ry: Hel­fen­de oder krie­ge­ri­sche Ele­men­tar­we­sen kön­nen geru­fen und unter das Kom­man­do mensch­li­cher Her­ren gezwun­gen wer­den, dabei bleibt den Men­schen ein wich­ti­ger Grund­zug syl­phi­scher Wesens­art unbe­kannt: die Syl­phen stam­men aus einer Welt, in der stets eine »Köni­gin« in einem »Stock« herrscht, und ihr ein­zi­ger Lebens­in­halt besteht dort dar­in, ihrer Köni­gin zu die­nen und den Stock zu schüt­zen …

Kom­men wir zur Hand­lung: Das Buch beginnt damit, dass Solie (die Haupt­prot­ago­nis­tin) von Häschern des Königs Alcor auf­ge­grif­fen wird, um für das »Ritu­al« als Jung­frau­en­op­fer getö­tet zu wer­den. »Immer die­se kli­schee­be­haf­te­ten Jung­frau­en­op­fer«, mag der ein oder ande­re jetzt den­ken. Doch auch hier bedient sich die Autorin eines inter­es­san­ten Kniffs: die Men­schen haben zwar her­aus­ge­fun­den, dass sie Syl­phen mit einer jun­gen Frau »locken« kön­nen, und nut­zen damit den ange­bo­re­nen Reflex eines Syl­phen, einer »Köni­gin« die­nen zu wol­len. Doch ist ihnen die­ses Hin­ter­grund­wis­sen nicht bekannt, und sehen in der ritu­el­len Tötung der Frau nur ein Mit­tel, die Syl­phen an sich bin­den zu kön­nen. Der betro­ge­ne Sylph, der eben noch eine neue Herr­sche­rin gefun­den zu haben glaub­te, wird ange­sichts des Todes der Frau zu einem trau­ri­gen oder bis zum Wahn­sinn has­sen­den Befehls­emp­fän­ger.

Solie, die als Opfer bestimmt ist, gelingt das Unmög­li­che. Durch einen Trick kann sie dem Tod ent­ge­hen, wor­auf der beschwo­re­ne Sylph mit ihr an einen weit ent­le­ge­nen Ort ent­flieht, um ihr, sei­ner »neu­en Köni­gin«, von nun an zu die­nen.

Nun ja, es geht dann natür­lich nicht nur um´s Die­nen. Der Hang zur Woll­lust ist eine wei­te­res Merk­mal die­ser Kriegs­syl­phen, die dem Buch die ein oder ande­re Sex-Sze­ne beschert. Und natür­lich wis­sen die­se Wesen aus der ande­ren Welt sofort, wie sie einer mensch­li­chen Frau Ver­gnü­gen und Befrie­di­gung ver­schaf­fen kön­nen, was mir bis zum Ende des Buches ein Rät­sel geblie­ben ist.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist der Rest des Buches schnell erzählt: Solie, die als ers­te Frau einen Kriegs­syl­phen an sich bin­den konn­te, wird von immer mehr Syl­phen als »Köni­gin« akzep­tiert, wor­auf­hin die­se begin­nen, ihr einen »Stock« zu bau­en (ein in Stein gegra­be­ne­nes Höh­len­wohn­sys­tem).
König Alcor, der sie ursprüng­lich als Opfer vor­ge­se­hen hat­te, ist das natür­lich gar nicht recht, so dass er ein paar Kriegs­syl­phen aus­schickt, um das zu ändern. Doch – wie soll­te es auch anders sein – kann sich der Stock der Köni­gin weh­ren und alles wird gut.

Sehr schön fin­de ich das Kon­zept der Syl­phen, das zu inter­es­san­ten Kon­stel­la­tio­nen führt. Auch der Humor der Autorin fällt ange­nehm auf (z.B. kommt Solies Kriegs­sylph durch ein von ihr geru­fe­nes »He, du« zu sei­nem Namen: »Hedu«).
Ärger­lich fin­de ich, dass Wör­ter wie »Okay« vor­kom­men, die – mei­ner Ansicht nach – in einer mit­tel­al­ter­lich ange­leg­ten Welt völ­lig fehl am Platz sind. Oder wenn ein Kriegs­sylph trotz sei­nes extrem devo­ten Cha­rak­ters in Rich­tung Köni­gin einen Satz wie »Du bist eine Spaß­brem­se« fal­len lässt. So was ist scha­de und schmä­lert den Lese­ge­nuss auf´s Emp­find­lichs­te.

Fazit:
Ein ins­ge­samt ordent­lich geschrie­be­nes Buch, das zu fes­seln ver­mag. Die Autorin ver­steht ihr Hand­werk. Jedoch nichts für Leser, die eher klas­sisch bru­ta­le Fan­ta­sy-Roma­ne wie Conan etc. bevor­zu­gen, denn jaaa … es han­delt sich hier offen­sicht­lich um soge­nann­te »High Fan­ta­sy für Frau­en« ;-)

DIE KRIEGER DER KÖNIGIN
L.J. McDo­nald
deutsch von Vanes­sa Lamatsch
Fan­ta­sy-Roman, Mai 2011
Taschen­buch, Klap­pen­bro­schur
416 Sei­ten, EUR 9,90
ISBN 978–3‑426–50861‑9
Knaur

Bild­nach­weis: Cover DIE KRIEGER DER KÖNIGIN Copy­right 2011 Knaur

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6 Kommentare zu „L.J. McDonald – DIE KRIEGER DER KÖNIGIN“

  1. Zeit­ge­nös­si­sche Spra­che in der Fan­ta­sy wird immer ein Streit­the­ma sein: wol­len wir „alt“ klin­gen oder wol­len wir, daß die Leser das Geschrie­be­ne ver­ste­hen?

    Die „Spaß­brem­se“ ist wirk­lich extrem – das soll­te man aber der Über­set­ze­rin anlas­ten, nicht der Autorin (ob die wohl wirk­lich „par­ty poo­per“ geschrie­ben hat …?).

  2. Stefan Holzhauer

    Das mit dem Über­set­zungs­pro­blem habe ich eben­falls schon ver­mu­tet. Aller­dings sehe ich bei einem »jawohl«, »sehr wohl« oder ähn­li­chen For­mu­lie­run­gen statt »okay« kein wirk­li­ches »Ver­ständ­nis­pro­blem« für die Leser… :)

    Das hat wohl eher mit hin­ge­schlon­z­ten Über­set­zun­gen zu tun. Aber ich will das Fass nicht schon wie­der auf­ma­chen.

  3. Ja, das mit der »Spaß­brem­se« muss offen­sicht­lich ein Pat­zer bei der Über­set­zung gewe­sen sein und ich fra­ge mich die gan­ze Zeit auch schon, was wohl im Ori­gi­nal stand?
    Trotz allen Zeit­drucks soll­te das aber einem Über­set­zer ins Auge sprin­gen. Ein »Scha­de, musst Du mir den gan­zen Spaß ver­der­ben?« hät­te es doch auch getan und wäre pas­sen­der gewe­sen. Aber ich habe nie als Über­set­zer gear­bei­tet und stel­le mir das wohl zu ein­fach vor …

  4. Was das Cover der dt. Aus­ga­be angeht, ist es weit­aus bes­ser gelun­gen als das Ori­gi­nal. Wenn ich das Buch mit dem Ori­gi­nal­co­ver in die Hand gedrückt bekom­men hät­te, dann hät­te ich es wohl sofort wie eine »hei­ße Kar­tof­fel« fal­len­ge­las­sen. Aber das zeigt auch mal wie­der, wie viel der ers­te visu­el­le Ein­druck aus­macht …

  5. Laßt uns doch ein­fach mal davon aus­ge­hen, daß heut­zu­ta­ge nicht nur bei der Cover­ge­stal­tung gespart wird, son­dern auch bei Über­set­zung und Kor­rek­to­rat.

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