Kurz angespielt: Telltale Games – BACK TO THE FUTURE auf dem iPad

Nach­sit­zen für Telltale

Ich bin wahr­schein­lich vor­ein­ge­nom­men, wenn es um die Bespre­chung eines Spie­les geht, das sich mit dem Uni­ver­sum der BACK TO THE FUTURE-Tri­lo­gie aus den 80er Jah­ren dreht. Das in Deutsch­land als ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT bekann­te Spek­ta­kel mit Micha­el J. Fox und Chris­to­pher Lloyd in den Haupt­rol­len und rea­li­siert von Ste­ven Spiel­berg und Robert Zeme­ckis gehört bis heu­te zu mei­nen abso­lu­ten Lieb­lings­fil­men und ich kann mir die immer wie­der anse­hen. Dra­ma­tur­gie, Cine­ma­to­gra­phie und Tem­po der Tri­lo­gie haben das Pop­corn­ki­no prä­gend beeinflusst.

Zum 25. Jubi­lä­um kün­dig­te man nicht nur eine Blu­eR­ay-Fas­sung an, son­dern auch eine Umset­zung als Adven­ture durch die Fir­ma Tell­ta­le Games, die sich mit der SAM & MAX-Neu­auf­la­ge oder einer neue­ren Inkar­na­ti­on von MONKEY ISLAND einen Namen gemacht hat.

Da es die ers­te Epi­so­de zum Tes­ten kos­ten­los fürs iPad gibt (BTTF THE GAME wur­de wie bei Tell­ta­le üblich in Epi­so­den ver­öf­fent­licht – für den PC liegt das Spiel inzwi­schen voll­stän­dig vor und kann auch nur noch kom­plett erwor­ben wer­den – zumin­dest über Steam) stand einem Test nichts im Wege. Der war dann aller­dings nur kurz…

Die BTTF-App ist nicht ganz klein, wes­we­gen der Down­load auch mit mei­ner nicht ganz schwach­brüs­ti­gen 16M­Bit-Lei­tung eini­ge Zeit benö­tig­te, bis sie sich auf der Apple-Flun­der befand. Hier­zu muss man aber ganz klar sagen, dass Apps aus irgend­wel­chen für mich nicht nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den immer gern mal unnö­tig lan­ge für den Down­load brauchen.

Im Intro ist man über­rascht, dass man nahe­zu die exak­ten Sze­nen wie­der zu sehen bekommt, die man auch aus dem ers­ten Kino­film kennt, also Doc, Mar­ty und Eini samt der DeLo­re­an-Zeit­ma­schi­ne auf dem Super­markt­park­platz und Mar­ty McFly filmt. Doch dann geht etwas schief, denn die aus­ge­sand­te Zeit­ma­schi­ne mit Ein­stein drin kehrt nicht mehr zurück und Doc ver­blasst und ver­schwin­det. Im Gegen­satz zum Zuschau­er kann Mar­ty nur ansatz­wei­se ahnen, hier dass irgend etwas mit dem Zeit­ab­lauf nicht stimmt.

Wei­ter geht es Wochen spä­ter, als Doc Browns Besitz­tü­mer ver­stei­gert wer­den sol­len, um sei­ne Schul­den gegen­über der Bank und der Stadt zu beglei­chen und McFly juni­or ver­sucht zu ret­ten, was zu ret­ten ist. An die­ser Stel­le beginnt das eigent­li­che point&click-Adventure.

Weit bin ich aller­dings nicht gekom­men, denn trotz eigent­lich coo­ler Prä­sen­ta­ti­on hat man den Ein­druck, dass die iPad-Fas­sung schnell dahin geschlu­dert wurde.

Die Cha­rak­ter­gra­fi­ken sehen so aus wie sie aus­se­hen und haben einen Car­toon-Stil, wie er der­zeit ange­sagt scheint – sie­he CLONE WARS. Mir gefällt das nicht, per­sön­lich hät­te ich mehr Gefal­len an einer deut­lich weni­ger car­too­ni­gen Umset­zung der Cha­rak­te­re gefun­den, aber das ist Geschmacks­sa­che. Die Hin­ter­grund- und Sze­ne­gra­fi­ken sind völ­lig okay, dass man deut­li­che Trepp­chen sieht könn­te dem iPad geschul­det sein, sehe ich mir jedoch ande­re Spie­le für die Platt­form an, dann kann ich das nicht recht glauben.

Das ers­te gro­ße Pro­blem, das einem den Spiel­spaß kom­plett ver­lei­det ist die Tat­sa­che, dass alle Dia­lo­ge eine Sprach­aus­ga­be haben und die­se mit der Geschwin­dig­keit des Spiels nicht ein­mal ansatz­wei­se mit­hal­ten kann, so dass es zu Asyn­chro­ni­tä­ten kommt und – noch viel schlim­mer – der Ton stän­dig aus­setzt und hol­pert, wenn er ver­sucht hin­ter­her zu kom­men. Das führt in schlim­men Fäl­len bis zur kom­plet­ten Unver­ständ­lich­keit von Sät­zen, so dass man ins­be­son­de­re wenn man des Eng­li­schen nicht so toll mäch­tig ist wahr­schein­lich die Hälf­te nicht mit­be­kommt. Das ging sogar mir so und ich glau­be die Spra­che gut zu beherrschen.

Die stän­di­gen Aus­set­zer sind mir nach kür­zes­ter Zeit der­art auf die Ner­ven gegan­gen, dass ich das Spiel abge­bro­chen habe – das geht GAR nicht.

Ein wei­te­res grund­sätz­li­ches Pro­blem ist die Steue­rung mit der man Mar­ty durch die Sze­nen schickt, dafür bie­tet man eine Art Joy­stick an, um die Figur zu diri­gie­ren, alter­na­tiv kann man (ver­meint­lich) neur­al­gi­sche Punk­te antip­pen. Auf­grund der Kom­ple­xi­tät der Sze­nen ist die­se Art der Fort­be­we­gung maxi­mal unge­eig­net und wirkt, als habe man »mal eben« eine Maus­steue­rung fürs iPad umgefrickelt.

Alles in allem sehr scha­de, der Spiel­an­satz zeig­te eine Men­ge Poten­ti­al und ich wer­de mir das Spiel wahr­schein­lich auch auf dem PC mal anse­hen, wo die Umset­zung mit Sicher­heit bes­ser ist.

Von der iPad-Ver­si­on kann man aller­dings nur abra­ten, da sie tech­nisch ganz mise­ra­bel umge­setzt wur­de und den Spie­ler des­we­gen nur maß­los ärgert, weil die hand­werk­li­chen Män­gel zu sehr frus­trie­ren, um die mög­li­cher­wei­se coo­le und inter­es­san­te Hand­lung in Angriff zu neh­men. Ich hat­te jeden­falls die Schnau­ze nach kür­zes­ter Zeit gestri­chen voll von kon­ti­nu­ier­li­chen Ton­aus­set­zern und mega-hake­li­ger Steuerung.

Nach­sit­zen und Nach­bes­sern wäre für Tell­ta­le ange­sagt (aber Updates hät­ten ange­sichts des Erschei­nungs­ter­mins längst da sein müs­sen), denn ich ver­spü­re nach die­sem Flop wirk­lich kei­ner­lei Regung für die wei­te­ren iPad-Epi­so­den Geld aus­zu­ge­ben. So taugt das maxi­mal als Wer­bung für die PC-Ver­si­on – aber nur mit sehr viel Wohlwollen.

Creative Commons License

Screen­shots von mir, deren Inhal­te Copy­right 2010 Tell­ta­le Games

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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