Ingrid Pointecker – HERBSTSPLITTER

Cover Herbstsplitter

HERBSTSPLITTER – bereits der Titel läßt Böses erah­nen, denn was soll man sich unter einer zer­trüm­mer­ten Jah­res­zeit vor­stel­len? Gewiß, er klingt roman­tisch, und tat­säch­lich spielt der größ­te Teil der Hand­lung auch in jenen Mona­ten, in denen wel­ke Blät­ter von den Bäu­men fal­len. Was es jedoch mit den »Split­tern« auf sich hat, bleibt im Dun­keln. Wie so manch ande­res auch.

Mei­ne eigent­li­che Rezen­si­on ist recht aus­führ­lich gera­ten, wid­met sich den ein­zel­nen Män­geln, die mir auf­ge­fal­len sind, und ergeht sich bis­wei­len auch in Sar­kas­mus. Da man natür­lich nicht erwar­ten kann, daß sich jeder die 25 Sei­ten vor­knöpft (bei ein­fa­chem Zei­len­ab­stand und einer Schrift­grö­ße von Zwölf), habe ich an die­ser Stel­le eine Kurz­ver­si­on ver­faßt.

(Die Lang­ver­si­on der Bespre­chung fin­det sich am Ende des Arti­kels zum Her­un­ter­la­den als PDF und ePub, Anm. d. Red.)

Kurz­be­schrei­bung:

Die ehe­ma­li­ge Elfen­krie­ge­rin Syen lebt mit ihrer Freun­din Netai glück­lich und tief ver­bor­gen im Ebo­na-Wald, bis eines Tages der Prinz des König­rei­ches Iban­dis auf sie stößt und Syens Ver­gan­gen­heit her­vor­holt. Auf­grund eines Strei­tes mit Syen wil­ligt Netai ein mit ihm aufs Schloss zu kom­men. Doch sie ahnt nichts von sei­nen tat­säch­li­chen Absich­ten. Auf einem Fest wird sie als sei­ne Braut vor­ge­stellt. Sofort flieht sie, wird jedoch vom Prin­zen ein­ge­holt und schwer ver­letzt. Den­noch kann sie ent­kom­men. Als Netai am nächs­ten Tag wie­der im Ebo­na-Wald ein­trifft, ist nicht nur Syen ver­schwun­den, son­dern sie stellt auch an sich gra­vie­ren­de Ver­än­de­run­gen fest. Über Nacht scheint sie um Jahr­zehn­te geal­tert zu sein …

Der Plot des Romans ist schnell erzählt: Ein edler Rit­ter lebt zusam­men mit einer hol­den Prin­zes­sin in einem Wald. Aber da gibt es eine böse Köni­gin mit einem noch viel böse­ren Sohn, der die Prin­zes­sin auf ihr Schloß lockt mit dem Ver­spre­chen, daß sie an einem »berau­schen­den« Fest teil­neh­men wird. Tat­säch­lich will er sie jedoch hei­ra­ten. Als sie das erkennt und flie­hen will, packt er sie, bringt ihr eine Wun­de zwi­schen den Brüs­ten bei, und ent­nimmt ihr ein Zahn­rad. Sie kann trotz­dem noch das Wei­te suchen, doch kurz dar­auf stellt sie fest, daß sie unna­tür­lich rasch altert. Von einer Hei­le­rin erfah­ren wir, daß die Flüch­ti­ge eine mecha­ni­sche Appa­ra­tur in sich trägt, die in unbe­schä­dig­tem Zustand das Leben ver­län­gert, die aber auch eine ver­jün­gen­de Wir­kung hat und selbst schwe­re Wun­den hei­len läßt. Lei­der gibt es dazu kei­ne Ein­zel­tei­le mehr; nur in den Rui­nen eines alten Klos­ters süd­lich der Reichs­gren­ze mögen noch wel­che zu fin­den sein. Also bricht der edle Käm­pe mit sei­ner zuneh­mend älter und schwä­cher wer­den­den Gelieb­ten auf, den Ort zu fin­den. Unter­des­sen fällt der Waf­fen­meis­ter der Köni­gin in Ungna­de, und sorgt mit Hil­fe der Hei­le­rin dafür, daß eine Brief­tau­be los­ge­schickt wird, den tap­fe­re Rit­ter davon in Kennt­nis zu set­zen, daß er ein Anrecht auf die Thron­fol­ge hat. Die Bot­schaft gerät in die Fin­ger einer Bar­din, die sie letz­ten Endes auch zustellt. Unter­des­sen sind der wacke­re Recke und sei­ne nur noch sel­ten wache Gefähr­tin bei dem ver­fal­le­nen Gemäu­er ange­langt, kön­nen aller­dings nichts fin­den. Auf dem Rück­weg jedoch erscheint ein geheim­nis­vol­ler Deus ex Machi­na, der das ersehn­te Zahn­rad dabei hat. Um es zu über­ge­ben, möch­te er ein­fach nur getö­tet wer­den. Das tut der tap­fe­re Rit­ter auch, nach­dem ihn ein Inter­mez­zo mit Ske­lett­krie­gern von der Prin­zes­sin und der Bar­din getrennt hat. Die­se fin­den in den Wald zurück, und da Letz­te­re auch einen Mecha­nis­mus in der Brust trägt, bie­tet sie sich an, ein Zahn­rad zu spen­den, um etwas Zeit zu gewin­nen. Kurz nach der Ope­ra­ti­on wird die gene­sen­de Prin­zes­sin von dem bösen Prin­zen ent­führt. Der hat gera­de sei­ne Mut­ter ver­gif­tet, und plant nun, sei­ne Krö­nung mit sei­ner Hoch­zeit zu kop­peln. Doch als er mit der geraub­ten Braut vor dem Trau­al­tar steht, kommt in letz­ter Sekun­de der edle Rit­ter her­ein, tötet den Königs­sohn und ret­tet sei­ne Ange­be­te­te. Sein Thron­recht über­läßt er der Bar­din zum Dank dafür, daß sie ihr eige­nes Leben aufs Spiel gesetzt hat, um sein Herz­blatt zu ret­ten.

Die Bösen sind böse und die Guten sind gut; soweit bewegt sich alles auf dem Niveau des RTL-Nach­mit­tags­pro­gram­mes. Oft­mals besteht sogar eine bedenk­li­che Ten­denz zu popu­lis­ti­scher Selbst­ge­rech­tig­keit, ins­be­son­de­re in Bezug auf die Schil­de­rung des Prin­zen als Sam­mel­su­ri­um unat­trak­ti­ver Merk­ma­le in Ver­hal­ten und Sta­tur. Ledig­lich die böse Köni­gin und der Deus ex Machi­na (als letz­ter Ver­tre­ter einer Ras­se mäch­ti­ger Aus­ge­sto­ße­ner) ver­fü­gen in Ansät­zen über eine gewis­se Ambi­va­lenz. Man könn­te mei­nen, in einen 08/15- Fan­ta­sy­ro­man gera­ten zu sein… wäre der edle Rit­ter nicht eine Frau. Und sei­ne Lie­be zu der hol­den Prin­zes­sin ist nicht die ein­zi­ge les­bi­sche Bezie­hung, die in die­sem Buch eine Rol­le spielt.

Es ist noch gar nicht so lan­ge her, da fürch­te­ten poten­ti­el­le Leser noch, jemand Bekann­tes könn­te sie sehen, wie sie mit etwas aus dem Gen­re Sword & Sorcery vor der Laden­kas­se des Buch­händ­lers ste­hen. Wenn man etwas las, dann ein Sach­buch, »hohe Lite­ra­tur« oder zumin­dest etwas, das in der SPIEGEL- Best­sel­ler­lis­te auf­ge­führt war. Fan­ta­sy jedoch galt als kin­di­sche Spin­ne­rei. Sie paß­te nicht zu dem Bild des flei­ßi­gen, prak­tisch ver­an­lag­ten, ganz in der Wirk­lich­keit ver­an­ker­ten Arbei­ters der Wirt­schafts­wun­der- Ära, als der man sich Nach­barn, Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten gegen­über ger­ne prä­sen­tier­te. Noch heu­te gibt es Krei­se, die Fuß­ball­über­tra­gun­gen und Kri­mis, in denen stets die Fami­lie des Ermitt­lers betrof­fen ist, für rea­li­täts­nah hal­ten, aber alles ver­ach­ten, das in frem­den Wel­ten spielt.
Und das wird dann auch noch mit dem Tabu- The­ma Homo­se­xua­li­tät kom­bi­niert! Sicher, wir leben inzwi­schen in einer Epo­che nach Fran­kie Goes To Hol­ly­wood und Bro­ke­back Moun­tain, aber trotz­dem mei­den die meis­ten Men­schen das The­ma immer noch, als wäre es eine anste­cken­de Krank­heit.
Somit ver­bie­tet es sich schon fast, ein Werk wie HERBSTSPLITTER zu kri­ti­sie­ren, gerät man damit doch leicht in den Ver­dacht, ein ver­knö­cher­ter, alter Spie­ßer zu sein. Aber wenn man von der inhalt­li­chen Beson­der­heit absieht, ist Ingrid Point­ne­ckers Buch ein­fach nur ein Roman wie vie­le ande­re auch. Und damit muß es auch erlaubt sein, es auf die sel­be Art und Wei­se zu ana­ly­sie­ren, gleich wie bri­sant die Mate­rie sein mag. Eben die­se Her­an­ge­hens­wei­se habe ich gewählt.
Die Autorin hat durch­aus Talent, auch wenn sie sich an man­ches noch nicht her­an­traut. Lei­der fehlt ihr an eini­gen Stel­len die Aus­dau­er, oder aber sie ver­zet­telt sich in den Gedan­ken­gän­gen ihrer Figu­ren. Gra­vie­ren­der jedoch ist, daß ihr Roman wie über­has­tet zusam­men­ge­stop­pelt wirkt. Er weist eine Rei­he hand­werk­li­cher Feh­ler auf, und strotzt gera­de­zu vor logi­scher Unge­reimt­hei­ten. Nur weni­ge Cha­rak­te­re sind über­haupt eini­ger­ma­ßen aus­ge­ar­bei­tet, und das auch nicht immer in nach­voll­zieh­ba­rer Wei­se. Dafür las­sen bestimm­te Namens­ähn­lich­kei­ten ver­mu­ten, daß hier eini­ge Bekann­te der Schrift­stel­le­rin in Gast­rol­len auf­tre­ten.

Alles in allem läßt sich sagen, daß dem Werk eine fun­da­men­ta­le Über­ar­bei­tung vor der Ver­öf­fent­li­chung gewiß gut getan hät­te. So jedoch muß ich lei­der fest­stel­len, daß ich schon Tex­te gele­sen (oder vor­ge­le­sen bekom­men) habe, die weit­aus bes­ser gewe­sen sind, obwohl ihre Urhe­ber man­gels Ver­lag längst wie­der in der Ver­sen­kung ver­schwun­den sind.

Hier die aus­führ­li­che Fas­sung der Bespre­chung zum Her­un­ter­la­den:

HERBSTSPLITTER
Fan­ta­sy-Roman
Ingrid Poin­te­cker
Taschen­buch, bro­schiert und eBook
Okto­ber 2013
196 Sei­ten
TB: 13,90 Euro
eBook: 6,50 Euro
ISBN (TB): 978–3902885258
ASIN: B00G00SHAY
Homo Lit­te­ra

Cover HERBSTSPLITTER Copy­right Homo Lit­te­ra

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