Maya lebt im archäologischen Park der Stadt Polonnaruwa auf Sri Lanka. Sie lebt auf der untersten Stufe ihrer Kaste, was einen täglichen Nahrungskampf bedeutet. Nur Raja und seinen drei Frauen, sowie deren Kindern, ist es erlaubt in den obersten Zweigen des Baumes die besten und meisten Früchte zu fressen. Maya ist ein Ceylon-Hutaffe, eine Makakenart, die in einer sehr strengen Sozialhierarchie leben. Und so ist sich Maya auch bewusst, niemals von den obersten Zweigen fressen zu dürfen. IM REICH DER AFFEN erzählt Mayas beschwerlichen Weg, und wie sie ihn meistert. Es ist die dritte Zusammenarbeit von Mark Linfield und Alastair Fothergill in der jetzt zehn Teile umfassenden Doku-Reihe »Disneynature«. Eine Zusammenarbeit, die hoffentlich noch viele weitere reife Früchte tragen wird.
Über drei Jahre haben sich zehn Kamerateams, unter Leitung von Gavin Thurston, bei den Cylon-Hutaffen in Polonnaruwa aufgehalten. Und der erfahrene Tierfilmer hat atemberaubende Bilder einfangen lassen. Bilder, die fast schon eine Selbstverständlichkeit bei Disneynature bilden, aber immer noch weit über den Standards anderer Tierfilme liegen. Disneynature festigt hier seinen Ruf, der bereits mit Kinolegenden wie DIE WÜSTE LEBT von 1953 gegründet wurde.
Zuerst glaubt Maya an einen Silberstreif, der Kumar heißt. Ein vorwitziger Bursche, der wenig mit sozialen Hierarchien anfangen kann. Doch kaum ist sich das Paar näher gekommen, wird Kumar genau aus diesem Grund von Raja und seinem Gefolge vertrieben. Die Zukunft trübt sich nun für Maya noch düsterer. Auf sich allein gestellt wird es kaum möglich sein, ihren Nachwuchs Kip sicher aufzuziehen. Und hier kommt das besondere Geschick der Filmemacher Linfield und Fothergill in Zusammenarbeit mit Cutter Andy Netley zum tragen, der auch BÄREN und SCHIMPANSEN geschnitten hat. Natürlich hat IM REICH DER AFFEN, wie seine Vorgänger auch, eine künstlich erzeugte Dramaturgie. Thematisch verfolgen diese Filme auch eine ähnliche Struktur. In erster Linie geht es um Kinder, wie sie beschützt werden müssen, und wie sie in diese, ihre eigene, Welt finden. Die wahre Kunst ist nun, aus dem vorhandenen Material eine Geschichte zu basteln, die nicht einfach nur dokumentiert, sondern auch filmischen Spannungsbögen folgt.
Die Macher finden stets die im eigentlichen Sinne manipulativen Bilder, um eine perfekte, die Handlung erzählende Wirkung zu erreichen. Wenn Maya ihren Kip schützend an ihre Brust drückt, kann das eine vollkommen aus dem Zusammenhang gerissene Situation sein. In der richtigen Schnittfolge und dem erklärenden Off-Kommentar, entwickelt sich daraus eine zu Herzen gehende Geschichte. Dass diese Geschichte durch und durch konstruiert ist, wird allerdings keinen Zuschauer auch nur im entferntesten stören. Denn hier greift die Filmkunst in ihrer Gänze. Ton, Schnitt, Tempo, dazu sympathische »Darsteller«. Die Geschichte ist perfekt, und sie bleibt zudem durchweg glaubwürdig.
Die Produktion hätte allerdings gerne auf die verwendeten Lieder verzichten können, die überhaupt nicht zum Ton dieser Dokumentationen passen. Harry Gregson-Williams’ Soundtrack ist stimmungsvoll und einfühlsam genug, um die Dramatik passend zu unterstützen. Ungewöhnlich für diese Reihe auch, dass man die Tiere mit dem Umfeld der Menschen konfrontiert, und sie darin agieren lässt. Aber letztendlich tut es dem Film auch gut, und macht ihn ehrlicher. Auch wenn es anfänglich nicht stimmig zu sein scheint, und irgendwie zuerst vom Fluss der Erzählung ablenkt. Doch haben die Macher auch hier einen besonderen Kniff angewendet, indem man Menschen nur unscharf wahrnimmt, ihre schimpfenden Stimmen nur unverständlich klingen, oder erkennbare Gesichter extrem kurz zeigt und in der Totalen des Bildausschnittes verschwinden lässt.
Ist IM REICH DER AFFEN in erster Linie ein Stück Unterhaltung, birgt er dennoch einen nicht unerheblichen Teil von interessantem Wissen. War es doch schon Walt Disneys Ansinnen, Informationen spielerisch zu vermitteln. Disneynature hat dieses Erbe perfekt aufgenommen. Die einzelnen Filme mögen ihre qualitativen Unebenheiten haben, aber die Attribute unterhaltsam, lehrreich, kurzweilig, und teilweise atemberaubend, treffen auf alle zu. Und IM REICH DER AFFEN reiht sich hier makellos ein.
IM REICH DER AFFEN – MONKEY KINGDOM
Sprecher in der Originalfassung: Tina Fey
Regie: Mark Linfield, Alastair Fothergill
Kamera: Gavin Thurston
Bildschnitt: Andy Netley
Musik: Harry Gregson-Williams
81 Minuten
USA 2015
Promofotos Copyright Walt Disney Studio Motion Pictures