PADDINGTON – Bundesstart 04.12.14
Der Forscher Montgomery Clyde erkundet das dunkelste Peru, und entdeckt dabei ein Paar bisher unbekannter peruanische Bären. Doch anstatt einen Bären für das Naturkundemuseum zu schießen, freundet Clyde sich mit dem Pärchen an. Er bringt ihnen bei, Marmelade zu kochen und Englisch zu reden. Und als es wieder Zeit ist, in die Zivilisation zurück zu kehren, verabschiedet er sich mit den Worten: »und wenn ihre jemals nach London kommt, habt ihr bei mir immer ein Zuhause«. Und was danach folgt, ist einer der ehrlichsten und herzerwärmendsten Familienfilme, den man seit langem im Haifischbecken von Mainstream-Produktionen erleben durfte. Keine nach den Eltern schielenden popkulturellen Anspielungen. Keine abgeflachte, Rücksicht nehmende Handlung. Keine übertriebenen Zugeständnisse an die Möglichkeiten des modernen Kinos. Natürlich verfügt PADDINGTON über erstklassige Spezialeffekte, aber die bleiben immer im Rahmen des Notwendigen. Üblicherweise sagt man: wenn computeranimierte Figuren besser sind als die Schauspieler, dann hat der Film ein Problem. Hier kann man getrost sagen, der Film hätte ein sehr großes Problem ohne seine künstlich erschaffene Figur.
Jahre gehen ins Land. Die beiden Bären Lucy und Pastuzo haben Nachwuchs bekommen, in Form des Neffen Paddington. Das erinnert familienmäßig ein wenig an Entenhausen. Sie kochen den ganzen Tag Marmelade, oder lassen den Herrgott einen guten Mann sein. Bis ein Erdbeben alles zerstört, und Onkel Pastuzo verschollen bleibt. Tante Lucy erinnert sich an Montgomery Clydes Worte und schickt den Bären, der eigentlich noch gar nicht Paddington heißt, nach London. Sie selbst, behauptet Lucy, wird ins Heim für Bären im Ruhestand ziehen. Das klingt seltsam, und man vermutet Schlimmes. In London angekommen, sitzt der kleine traurige Bär in der Paddington Station, mit einem Schild um den Hals: »Bitte kümmern sie sich um diesen Bären, Danke«. Alles was er jetzt noch hat, ist sein alter Koffer, Onkel Pastuzos verbeulten Schlapphut, und darunter stets ein Marmeladen-Sandwich, für den Notfall. Der kleine Bär ist dabei, alle Hoffnung aufzugeben, als die vierköpfige Familie Brown aus einem Zug steigt.
Immer höflich, stets anständig, sehr vornehm. Englische Tugenden, die heute keine mehr sind, und deswegen Paddington immer wieder in vertrackte Situationen bringen. In seinen eigenen Worten, strengt er sich doch so fest an, alles richtig zu machen. Alles richtig gemacht haben die Menschen der Effekt-Schmiede Framestore, die mit Paddington Unglaubliches vollbracht haben. Nun ist Framestore schon länger im Geschäft, wenn es um aufwendige Großproduktionen geht. Aber dieser Bär ist tatsächlich eine Klasse für sich. Gerade was die Mimik angeht, hat man 90 Minuten etwas Lebendiges vor Augen. Und auch wie er sich bewegt und reagiert, ist sehr persönlich für den Charakter ausgearbeitet, und nicht einfach nur um der Bewegung willen. Wer sich nicht augenblicklich in diesen Bären verliebt, der hat kein Herz.
Die Handlung selbst ist familiengerecht locker gehalten. Große Ansprüche darf man nicht stellen. Obwohl die Sache mit den Tauben durchaus einen sehr schönen und gut durchdachten Bogen spannt. Paddington stolpert von einem Alltags-Abenteuer ins nächste, in dieser Welt ist ein sprechender Bär durchaus nichts besonderes. Manchmal übertreibt es das Szenario, manchmal könnte einiges besser ausgearbeitet sein. Und wenn der kleine Bär schließlich am Ende seiner Bestimmung entgegen geht, dann ist dies schon wieder sehr stimmig zum vorangegangenen Aufbau der Geschichte. Erwachsene werden sicherlich mit der Geschichte wenig Probleme haben, aber den Kindern wird es dennoch nicht leicht gemacht. Es ist auf alle Fälle kein Film, der so vor sich hin plätschert. Sein Tempo ist angenehm straff, und die Aufmerksamkeitsspanne sollte gegeben sein. Es ist eben ein Familienfilm, dazu sehr ausgewogen im Anspruch an sein Publikum. Und ein Film, der es durch seine Figur schafft, direkt das Herz anzusprechen. Michael Bond hat 26 Geschichten mit dem peruanischen Bären aus dem dunkelsten Peru verfasst. Da würde ein Wiedersehen wirklich Freude bereiten. Es gibt ja noch soviel zu erleben, gerade weil er sich so fest anstrengt, alles richtig zu machen.
PADDINGTON wird in Deutschland am 4. April 2015 auf DVD und BluRay erscheinen.
PADDINGTON
Stimmen:
Paddington: Ben Wishaw / Elyas M’Barek
Tante Lucy: Imelda Staunton
Onkel Pastuzo: Michael Gambon
Darsteller: Hugh Bonneville, Jim Broadbent, Julie Walters, Nicole Kidman, Peter Capaldi, Madeleine Harris, Samuel Joslin, Sally Hawkins u.a.
Regie: Paul King
Drehbuch: Paul King, nach Michael Bond
Kamera: Erik Wilson
Bildschnitt: Mark Everson
Musik: Nick Urata
Produktionsdesign: Gary Williamson
95 Minuten
Großbritannien – Frankreich 2014
Promofotos Copyright StudioCanal