Der neue Zyklus, der Jubiläumsband, der Gastautor und Gedanken zu eBooks.
Die PERRY RHODAN-Redaktion lud anlässlich des anstehenden Erscheinens von PR 2700, und einem damit beginnenden neuen Handlungsabschnitt, zum Pressetermin – und anders als sonst üblich diesmal in Köln, möglicherweise wegen der Medienpräsenz in der Rheinmetropole.
Der Eingeweihte mag nun annehmen, dass an einem Zyklenstart weiter nichts Außergewöhnliches ist, denn so etwas hatten wir in der über 50-jährigen Geschichte der Heftromanserie bereits oft genug – aber diesmal ist der Roman mit dem Titel DER TECHNO-MOND tatsächlich etwas Besonderes, denn er wird nicht von einem Exposé-Autor (oder sonstigem Teammitglied) verfasst, wie sonst, sondern vom Bestsellerautor Andreas Eschbach. Das ist natürlich ein geschickter Schachzug, denn auf diesem Wege kann man möglicherweise Leser und gerade Eschbach-Fans mitnehmen, die ansonsten nie einen Blick auf die Abenteuer des ehemaligen Risikopiloten geworfen hätten.
Man nennt einen Roman, wie Eschbach ihn schreibt, einen »Gastroman«, den Verfasser desselben einen »Gastautor«. Neu war für mich die Information, dass Andreas Eschbach selbst vor Jahren die Idee dazu hatte und sie an die PR-Redaktion herantrug. Inspiration hierfür waren amerikanische Fernsehserien, in denen immer wieder Gaststars auftreten. Ähnliches könne man doch auch bei der Heftromanserie einführen, um die Attraktivität zu steigern, so war der Geistesblitz.Ein durchaus interessantes Konzept und auch eine schlüssige Idee, denn zum einen erfreuen Gastautoren die PR-Fans, aber – und das erscheint mir persönlich viel wichtiger – können sie möglicherweise dafür sorgen, dass Anhänger dieser Gastautoren (oder der Gebiete die sie literarisch beackern) auf diese Weise ihren Weg zur PERRY RHODAN-Serie finden können. Und so konnte man in den letzten Jahren verschiedene Namen in Gastrollen als Autor bei der dienstältesten kontinuierlich laufenden SF-Serie begrüßen: Markus Heitz, Gisbert Haefs, Titus Müller, Richard Dübell oder eben bereits mehrfach Andreas Eschbach.
Einschub: Andreas Eschbach
Andreas Eschbach kam am 15. September 1959 in Ulm zur Welt. Nachdem er einige Semester Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart studiert hatte, baute er eine eigene Firma auf und arbeitete als Software-Entwickler. Schon als Jugendlicher schrieb er SF-Storys und verfolgte seinen Herzenswunsch, Schriftsteller zu werden.
Bereits mit DIE HAARTEPPICHKNÜPFER, seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 1995, errang er Literaturpreise. Mit seinem dritten Roman DAS JESUS-VIDEO schaffte er den kommerziellen Durchbruch. Dieser Stoff wurde auch für einen TV-Zweiteiler verfilmt.
Nach der Space-Opera QUEST, in der er 2001 Motive seines Debüt-Romans aufgriff, wandte sich Eschbach von der reinen Science Fiction ab, seine weiteren Werke zeigen aber immer wieder phantastische Ansätze. So bietet er in seinem Thriller AUSGEBRANNT fundierte wie unterhaltsame Antworten auf die Frage: »Was wäre, wenn das Öl ausgeht?«
Dem Genre Science Fiction blieb er mit seiner Jugendbuchreihe im Arena-Verlag verhaftet. Von DAS MARSPROJEKT erschienen fünf Teile, die inzwischen als Taschenbücher bei Lübbe erschienen sind. Der Thriller BLACK-OUT (2010) über ein 17-jähriges Hacker-Genie begeistert auch erwachsene Leser.
Andreas Eschbach verwirklichte seinen alten Jugendtraum, als er den ersten PERRY RHODAN-Gastroman schrieb. DER GESANG DER STILLE erschien als Band 1935 und zählt längst zu den Highlights der Serie. Zwei weitere Gastromane folgten.
Beispielhaft ist sein Engagement für den Autorennachwuchs. Jahrelang gab er Schreibseminare an der Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Seine Erkenntnisse und Ratschläge wurden regelmäßig in der Zeitschrift »phantastisch!« veröffentlicht und sind auf seiner Homepage nachzulesen.
Andreas Eschbachs Roman HERR ALLER DINGE erschien im September 2011 bei Lübbe. Die erste öffentliche Präsentation des Romans fand auf dem PERRY RHODAN-WeltCon 2011 statt. Es ging um die Frage, ob alle Menschen reich sein könnten.
Quelle Biografie: PERRY RHODAN-Redaktion
Interessant an DER TECHNO-MOND ist eben gerade, dass er nicht – wie sonst üblich – vom Exposé-Redakteur der Serie verfasst wird. Das ist ein Experiment und man sollte annehmen, ein sehr spannendes, aber Andreas Eschbach outete sich während der Pressekonferenz als langjähriger RHODAN-Anhänger, der das Universum des Helden nach eigenem Bekunden in- und auswendig kennt. Das hilft natürlich dabei, eine Geschichte innerhalb dieses Universums zu schreiben, auch wenn man keinen großen Überblick über das Exposé des neuen Zyklus´ hat. Tatsächlich wurde offengelegt, dass Eschbach während des Schreibens des Romans 2700 jede Menge eigene Ideen eingebracht hat. In wie weit diese sich eventuell auf den neuen Zyklus auswirken werden, wurde natürlich nicht verraten, aber es zeigt, wie viele Freiheiten man dem wahrscheinlich bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Phantastik-Autor seitens der Redaktion und der Exposé-Schmiede einräumte. Aber: das fällt sicherlich deutlich leichter, wenn sich jemand eben im Stoff auskennt – und vielleicht sogar als Fan bezeichnet werden kann.
Einschub: der neue Zyklus im Perryversum
Der nächste Handlungsabschnitt der PERRY RHODAN-Reihe trägt den Titel DAS ATOPISCHE TRIBUNAL. Der Werbetext hierzu und zum Jubiläumsband liest sich wie folgt:
Das Jahr 1514 Neuer Galaktischer Zeitrechnung:
Wie eine Wucherung überzieht das sogenannte Technogeflecht den Mond, niemand kann den Trabanten der Erde erreichen. Was geschieht in direkter Nähe der Erde, welche Macht hat sich hier eingenistet?
Es wird spannend werden zu lesen, was das neue Team aus Exposé-Autoren, namentlich Christian Montillon und Wim Vandemaan (alias Christoph Dittert und Dr. Hartmut Kasper) sich für den neuen Zyklus ausgedacht hat. Und darüber hinaus, möchte ich anfügen, denn man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass mit Band 3000 schon in ca. sechs Jahren das nächste Jubiläum ansteht.
PERRY RHODAN – was ist das eigentlich?
Für die anwesenden Pressevertreter wurde die Serie grundlegend vorgestellt, etliche der Informationen sind natürlich für den Anhänger gar nichts neues, aber man muss davon ausgehen, dass ein Großteil der Anwesenden zwar mal was von PR gehört hatte, weitere Infos aber fehlten. Und auch hier für die Uninitiierten mal ein paar Fakten:
Bislang sind 2700 Heftromane, über 400 Taschenbücher und über 120 Hardcover erschienen.
Ganz zu schweigen von E‑Books, Hörbüchern, Computerspielen, Modellbausätzen, Plüschfiguren, Musik-CDs, Comics und zahllosen anderen Produkten. Die Gesamtauflage der Print-Produkte hat allein in Deutschland längst die Milliardengrenze überschritten, hinzu kommen Ausgaben in Frankreich, den Niederlanden, Tschechien, Brasilien, Japan und den USA.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: 2700 Hefte mal ca. 60 Seiten, das sind 162000 Seiten.
Die Redaktion schreibt zu PERRY:Er ist der populärste Astronaut der Welt, bekannter als Neil Armstrong, Jurij Gagarin oder John Glenn. Er betrat als erster Mensch den Mond und stieß für die Menschheit das Tor zu den Sternen auf. Er ist gebürtiger Amerikaner, aber seine Väter sind Deutsche – und seine Nationalität längst die eines »Terraners«, eines Menschen, der sich als Bürger des gesamten Universums begreift.
Sein Name: Perry Rhodan.
Der Werdegang Perry Rhodans begann 1960, als Walter Ernsting (alias Clark Darlton) und Karl-Herbert Scheer, die beiden beliebtesten Autoren der deutschen Nachkriegs-Science-Fiction, ein Konzept für eine neue Serie entwarfen. Ihre Prämisse: Was wäre, wenn Menschen unserer Zeit auf dem Mond landeten – damals noch eine von vielen als Spinnerei abgetane Utopie – und dort auf Außerirdische träfen?
Die beiden stellten ihr Konzept dem Moewig-Verlag vor und rannten dort offene Türen ein. Bereits am 8. September 1961 war es soweit: PERRY RHODAN Nummer eins erschien unter dem Titel »Unternehmen STARDUST« und läutete ein neues Zeitalter der deutschen Science Fiction ein.
»Unternehmen STARDUST« entführte die Leser in das damals noch in der Zukunft liegende Jahr 1971. Das Raumschiff STARDUST mit seinem Kommandanten Perry Rhodan, dem Major der amerikanischen Space Force, und drei weiteren Astronauten bricht zu unserem Nachbartrabanten auf. Der Flug verläuft nach Plan, doch beim Landeanflug setzt aus unerklärlichen Gründen die Steuerung aus. Rhodan gelingt nur knapp eine Notlandung.
Bald darauf stoßen die Astronauten auf den Grund ihres Beinahe-Absturzes: ein gewaltiges Raumschiff der menschenähnlichen Arkoniden. Rhodan lässt sich von der technischen Überlegenheit der Arkoniden nicht einschüchtern. Es gelingt ihm, Zugang zu ihrer Technologie zu erhalten. Er verhindert den Dritten Weltkrieg und eint die Menschheit. Das Tor zu den Sternen steht den Terranern, wie sie sich von diesem Moment an nennen, offen …
Beim Start von PERRY RHODAN gingen Scheer und Ernsting von dreißig, bestenfalls fünfzig Ausgaben aus, aber anders als beim Datum der ersten Mondlandung, das sie nur knapp verfehlten, griffen sie damit gründlich daneben.
Quelle Pressetext: PERRY RHODAN-Redaktion
PERRY RHODAN und die eBooks
besonders interessant fand ich als eBook-Anhänger und ‑Verfechter einige Informationen rund um das Thema elektronische Bücher, die man auf der Pressekonferenz erfahren konnte. Die PR-Redaktion war schon früh umtriebig in Sachen eBooks und heutzutage gehört man zu denjenigen, die in diesem Bereich in Deutschland ganz weit vorne mit dabei sind. Jeder PERRY RHODAN-Roman kommt zeitgleich mit der Heftausgabe auch als eBook heraus, das gilt sowohl für die Erstauflage, wie auch für den Ableger PERRY RHODAN NEO oder die berühmten Silberbände. Man arbeitet gerade daran, die gesamte Serie in gängigen eBook-Formaten bereit zu stellen, einen großen Teil gibt es bereits.
Chefredakteur Klaus N. Frick stellte den großen Vorteil des Formates gegenüber den Heftromanen oder Taschenheften heraus: das »alte« Format verschwinden nach einer Woche aus den Regalen, die eBooks jedoch bleiben erhältlich – und werden tatsächlich noch lange nach dem Erscheinungstermin gekauft. PERRY RHODAN NEO Nummer eins erschien – wenn ich mich korrekt erinnere – im Oktober 2011 und geht heute immer noch regelmäßig über die virtuelle Ladentheke. Dank Anbietern wie beispielsweise Beam-eBooks
kann man ältere Zyklen der Serie online ebenso problemlos erwerben, wie Abos für aktuelle Publikationen. Für einen Verlag, der Jahrzehnte lang darauf angewiesen war, seine Produkte in einer Woche so gut als möglich an die Leser zu bringen, muss das wie ein Wunder wirken.Und tatsächlich werden die eBook-Produkte von diesen Lesern auch angenommen, trotz der negativen Stimmen, die man immer wieder mal von Hardcore-Print-Verfechtern vernimmt. Klaus Frick äußerte, dass er zunächst Sorge hatte, weil Abonnements gekündigt wurden, aber hier augenscheinlich tatsächlich ein Medienwandel stattfindet: die Leser steigen auf das komfortablere Format eBook um, das kann man aus Zuschriften und Verkaufszahlen entnehmen.
Ich sage es schon lange: das eBook ist der Heftroman des 21. Jahrhunderts. Und zwar unter ganz anderen Vorzeichen: der Heftroman der 70er und 80er Jahre war eine Massenpublikation, schnelle Lektüre in einer Zeit ohne Internet, Computer und Apps. Heutzutage jedoch kann man mit diesem Medium vergleichsweise günstig und ohne aufwendige Lagerhaltungs- und Transportlogistik die Leser erreichen, auch wenn die gigantischen Absatzzahlen von damals längst Geschichte sind. Was zählt ist: dass man effizient Leser erreichen kann.
Interessant auch die Informationen von Miriam Hofheinz, die hatte im PR-Marketing gearbeitet, ist aber heute für den eBook-Dienstleister Bookwire tätig (der auch PERRY RHODAN an die Leser bringt): tatsächlich gehen Science Fiction und Phantastik im eBook-Bereich nach ihren Aussagen überdurchschnittlich gut.
Ich hatte sie nach der Pressekonferenz noch einmal darauf angesprochen und sie bestätigte mir meine lange gehegten Ansichten:
Etliche SF-Fans verlegen sich auf eBooks, sind technisch interessiert und haben weniger Berührungsängste mit neuen Technologien. Und dabei bezieht sich das auch ihrer Ansicht nach nicht nur auf deutschsprachige Ausgaben, sondern es werden immer häufiger gleich die englischen Fassungen gekauft, weil man keine Lust hat, erst jahrelang auf eine deutsche Fassung zu warten. Und ich füge hinzu: von der man zudem nie weiß, ob sie überhaupt erscheinen wird, oder wenn nicht vielleicht schlecht übersetzt ist.
Diverse Publikumsverlage aber insbesondere auch zahllose Buchhändler sind der Ansicht, dass Science Fiction (und auch viel sonstige Phantastik) »nicht mehr geht« – wer das nicht glaubt, der sollte einen Blick in die Regale werfen, und dort die Spinnweben abseits der Schmusevampire zählen. Das mag im Print-Bereich tatsächlich so sein, denn nicht nur das eBook kannibalisiert diesen Markt, dessen Anhänger jahrelang durch stiefmütterliche Behandlung dazu gedrängt wurden, Alternativen zu suchen. Und sie haben diese gefunden, denn abseits der Publikumsverlage waren die »Kleinen« viel agiler, was eBooks und Phantastik anging und haben den »Großen Alten« den Rang abgelaufen. Doch die Genre-Kleinverlage stehen beim fast schon sprichwörtlichen »Buchhändler um die Ecke« quasi nie im Regal.
SF-eBooks (und Printbücher aus den Kleinverlagen) bekommt man im Internet leicht, bei vielen großen Verlagen und Buchhändlern jedoch nicht mehr. Eine Katze, die sich in den Schwanz beißt? Heutzutage ganz sicher, doch ausgelöst wurde diese Entwicklung meiner Ansicht nach durch die Konzentrierung der Publikumsverlage auf Mainstream und dadurch, dass man sowohl seine Kunden, als auch das Web unterschätzt hat.
Die Verantwortlichen bei PERRY RHODAN haben das Potential der elektronischen Bücher (und nicht nur dieses Medium) früh erkannt und genutzt, auch das hebt die Serie von Publikationen anderer Verlage ab. Das letzte, was mich persönlich im Moment noch davon abhält, die Serie komplett im eBook-Format zu lesen (ich tue das derzeit nur dann, wenn mir ein Heft durch die Lappen geht), sind die in dieser Ausgabe fehlenden Zusatzinhalte wie Report oder Magazin. Auf Anfrage sagte Klaus Frick aber, dass dieses Problem (das hauptsächlich ein Rechteproblem war) hoffentlich bald gelöst werden kann.
Zum Abschluss
Der PERRY RHODAN-»Jubelband« 2700 mit dem Titel DER TECHNO-MOND von Andreas Eschbach erscheint am 17. Mai 2013, eBook-Leser können ihn sogar Bereits einen Tag vorher bekommen, beispielsweise bei Amazon. Wer SF mag und noch nie einen PR gelesen hat, darf ruhig mal einen Blick werfen, denn der Start eines neuen Handlungsabschnittes ist immer ein guter Einstieg in die Serie. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass PERRY RHODAN seit über 50 Jahren gewachsen ist und man auch beim Start eines neuen Zyklus´ eine gewisse Bereitschaft aufbringen sollte, sich mit der Serie und ihrem komplexen Hintergrund auseinandersetzen zu wollen.
Für langjährige Fans oder Wiedereinsteiger dürfte es wie oben schon erwähnt überaus spannend sein zu sehen, was die beiden neuen Exposé-Autoren Montillon und Vandemaan für eine Story ersonnen haben, und womit der Held und seine Mitstreiter konfrontiert werden.
Die Leseprobe zu DER TECHNO-MOND im PDF-Format (ca. 860 kB)
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Coverabbildungen, Leseprobe und Foto Miriam Hofheinz Copyright VPM, alle anderen Bilder von mir, CC BY-NC-SA
Kleiner Hinweis: Die ePuB Version der Leseprobe gibt es z.b. unter http://www.beam-ebooks.de/ebook/49117
Dort kann man Band 2700 auch vorbestellen oder die ganze Folge abonnieren.
Toller Artikel, Stefan.