Als ich das Rezensionsexemplar dann las, war ich anfangs fast noch bereit, an eine Selbstpersiflierung zu glauben, aber je weiter ich im Magazin kam, desto mehr fragte ich mich, ob man mich für dumm verkaufen will. Oder ob die Redaktion ernsthaft der Ansicht ist, die Artikel im neuen YPS könnten die Zielgruppe auch nur ansatzweise zufrieden stellen.
Über die Urzeitkrebse will ich mal kaum weitere Kommentare verlieren, die sind als DAS Gimmick aller Zeiten sicher gut gewählt und zur Not kann man die Salinenkrebse an seine Zierfische verfüttern.
Beim Inhaltsverzeichnis ist man noch arglos und auch die schlaglichtartige Beleuchtung der Geschichte des Magazins YPS ist ganz unterhaltsam. Doch dann kommt der erste Tiefpunkt: getürkte Kleinanzeigen, die möglicherweise lustig sein sollen, allerdings leider maximal Personen mit einem IQ nahe am Verkaufspreis zum Grinsen bringen können.
Die Gebrauchsanleitung für die Urzeitkrebse ist äußerst dünn und es fehlen jegliche Hintergrundinformationen zu den Vettern der Sea Monkeys, wie es weiland im YPS üblich war. Hier wäre die erste Möglichkeit für einen informativen Artikel gewesen, der ernsthaften Background zum Gimmick bietet, warum darauf komplett verzichtet wird, ist mir schleierhaft. Allerdings wäre dafür Recherche notwendig gewesen und wie wir im späteren Verlauf dieser Rezension sehen werden, hat man es damit bei der Redaktion nicht so.
Halbwegs interessant dann eine Doppelseite mit Technik-Gadgets, von denen allerdings jemand, der nicht die letzten 20 Jahre in einer Höhle auf dem Mond verbracht hat, bereits die meisten aus dem Netz kennen dürfte. Dabei gibt es zahllose wirklich coole und vorstellungswürdige »Gimmicks« da draußen, die den Nerd erfreuen würden. Doch auch hier – wie so oft im Heft – erweckt die Auswahl den Eindruck, als habe man »mal schnell« was zusammen gesucht.
»Nerd« ist ein gutes Stichwort. Die wären die richtige Zielgruppe für die Neuauflage des YPS gewesen. Mit einer Mischung aus Computerthemen, Gadgets und sonstigem Nerdkram (Musik, eBook, Spiele) sowie zusätzlichen begleitenden Artikeln auf einem gewissen Intelligenzniveau hätte das YPS was werden können, nicht jedoch mit einer lieblosen Zusammenstellung, bei der man sich auf den meisten Seiten fragt, ob die Macher den Leser wirklich für so dumm halten und ob für das Zusammenschreiben der Artikel mehr als fünf Minuten drauf gegangen sind.
Das Interview mit dem YINNI & YAN-Schöpfer Hans Körner ist knapp wie viele andere Inhalte des Hefts und wirkt ob seiner äußerst kurzen Entgegnungen, als habe der Befragte eigentlich gar keinen Bock gehabt, zu antworten. Das macht einen höchst eigenartigen Eindruck und es wäre vielleicht besser gewesen, man hätte darauf verzichtet. Stattdessen sieht sich der Leser durch Antworten wie »egal« damit konfrontiet, dass er Körner völlig egal zu sein scheint.
Beim »frischen Material für erwachsene Comic-Fans« will ich mal nicht maulen, das ist sowieso Geschmackssache, hier stößt man allerdings auch zum ersten Mal auf ein weiteres Problem, das sich durch das Heft zieht: künstliches Aufblasen der Seitenzahl durch ganzseitige Illustrationen. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn die Illus dafür gemacht wären. Sind sie aber nicht, die hätten ohne Probleme kleiner abgebildet werden können, und die Handhabung erweckt den Eindruck, es sei tatsächlich nur ums Seiten schinden gegangen. Sinnvolle Gründe, warum einzelne Ruthe- oder Nicht Lustig-Cartoons ganzseitig wiedergegeben werden müssen, kann ich nicht erkennen.
Das ZOMBILLENNIUM-Comic hat ein ähnliches Problem wie später auch andere Comics in diesem YPS: an der zu kleinen Schrift der Sprechblasen kann man erkennen, dass dieses ursprünglich für größere Seiten konzipiert war und zugunsten eines breiten Randes verkleinert wurde. Warum man diesen überflüssigen Rand unbedingt brauchte? Keine Ahnung, meine Antwort wäre: hätte man nicht benötigt und in passender Größe wären die Comics deutlich besser les- und erkennbar gewesen. Aber vielleicht bin ich auch nur kurzsichtig – wie wahrscheinlich größere Teile der Zielgruppe auch.
Dem Artikel, ob und wie man heute noch Geheimagent werden kann, möchte ich mich im Sinne meiner Leser nicht weiter widmen, denn auch der ist derart platt (und recherchefrei), dass ich Gefahr laufe, in Fäkalinjurien abzugleiten. Nicht ganz so schlimm der Beitrag zum Thema Fossilienfunde in Deutschland, allerdings bleibt auch der weit hinter seinen Möglichkeiten zurück und krankt an der in fast allen Artikeln vorzufindenen flapsigen Sprache und den verzweifelt anmutenden Versuchen, Beziehungen zu den alten YPS-Heften herzustellen.
Dann endlich mal was ganz Unterhaltsames und nicht zu Plattes: der Bericht des Abenteurers Rüdiger Nehberg; man hat allerdings auch hier den Eindruck, dass man ihn vorher gebeten hat, er möge nicht zu sehr in die Tiefe gehen.
Gefreut hatte ich mich als alter Retro-Fan, als ich im Inhaltverzeichnis einen Artikel zum Thema Videokonsolen und Homecomputer in den 1980ern entdeckte. Nach dem vorhergehenden Inhalt freute ich mich schon nicht mehr, ahnend was kommen muss. Auch wenn das Geschriebene nicht gar so grottig ist, wie manch anderer Teil des Heftes, versammelt er sich an Allgemeinplätzen, ohne wirklich Interessantes oder gar Neues vor dem Leser auszubreiten. Jemand, der sich mit dem Thema auskennt, muss mühsam das Gähnen unterdrücken und selbst ein halbwegs unbedarfter Leser dürfte das Meiste bereits gewusst haben. Sprecht mir nach: es fehlt Recherche. Seufz. Warum tue ich mir das eigentlich an?
Als nächstes: Gegenüberstellung von Autos aus den 1980ern und heute. Ohne große weitere Informationen. Gähn. Dazu der Hinweis, dass man im Stau anhand von Nummernschildern Städte raten kann. Nein, im Ernst? Bahnbrechend! Kann man sich das noch patentieren lassen, oder gehört das schon Apple? Interview mit Schwimmer Michael Groß. Ach? Den gibt´s noch? Interessiert wen, dass der jetzt im »Coaching« tätig ist? Vier Seiten Zaubertricks die schon jeder kennt. Ich stumpfe langsam ab.
Acht Seiten nicht als Werbung deklarierte Modereklame für hochpreisige Marken-Klamotten mit Yps, Kaspar, Patsch und Willy. Auch hier wieder gnadenlose Seitenschinderei. Dann Werbung für DMAX, die ebenfalls nicht als solche gekennzeichnet ist. Ein Fragebogen, wie mir das YPS gefallen hat. Das beantworte ich mal besser nicht, wenn ich keine Klage wegen Beleidigung am Hals haben möchte, außerdem habe ich eine Erziehung genossen.
Zum Schluss folgen Nostalgie-Comics aus alten YPS-Heften. An erster Stelle YINNI + YAN, dann ein einseitiges Panel mit Känguru Yps und Co, als letztes HOMBRE. Dagegen ist in Sachen Erinnerung nichts einzuwenden, auch wenn YINNI und YAN sowie YPS und seine Freunde sicher nicht gerade erwachsene Leser ansprechen. Aber wie gesagt: das kann man als Erinnerung an alte YPS-Zeiten durchgehen lassen. Beim in schwarz-weiß daher kommenden HOMBRE wieder das weiter vorne bereits besprochene Problem der zu kleinen Darstellung, auch hier hätte man einfach den überflüssigen und übergroßen Rahmen weglassen können. Ansonsten ist der Classic-Comic-Teil wohl derjenige, an dem man am Wengisten aussetzen kann
Mal im Ernst: das Meiste davon ist inhaltlich so dumm und/oder platt, dass ich mich als Leser persönlich beleidigt fühlen sollte. Das Niveau auf weiten Strecken derart subterran, dass man es erst in der Nähe des Erdkerns finden dürfte. Wenn das eine Persiflage sein sollte, dann zündet sie nicht. Ich prophezeihe der Neuauflage kein langes Leben, wenn weiterhin versucht wird, eine erwachsene Zielgruppe mit derart dumm-infantilen Inhalten zu versorgen.
Die Lösung wäre einfach: Nerds und Geeks als Zielgruppe (davon gibt es heute zuhauf für einen hinreichenden Absatz – und andere kaufen das Ding garantiert auch) und bei den Artikeln einerseits deutlich mehr sachlichen Inhalt, grundlegende, oder noch besser, ausführliche Recherche und thematische Coolness über dumpfe Klischees und verzweifeltes Einbauen von Beziehungen zu alten YPS-Heften hinaus. Viel mehr neue Comics, die wie bei ZOMBILLENNIUM über ein paar Einzelpanels hinaus gehen und die nicht zugunsten eines überflüssig großen Rahmens verkleinert werden – ja, die Lizenzen kosten Geld. Ganz wichtig: bitte nicht weiter versuchen, in fast schon unverschämt zu nennender Weise die Leser durch vorgetäuschte Artikel ohne sinnvolle Inhalte für dumm zu verkaufen. Wenn die Redaktion ernsthaft der Ansicht ist, mit diesen zusammengeschusterten Beiträgen die anvisierte Zielgruppe zufrieden stellen zu können, dann muss man sich fragen, wo die denken lassen und ob sie glauben, dass ich abends mit einer Kanne Bier sabbernd vor RTL & Co auf dem Sofa vor mich hin vegetiere. Denn so ähnlich ist das Niveau großer Teile des Magazins. Leider.
Das neue YPS ist in seinem derzeitigen Zustand keine nostalgische Reise oder modernisierte Zukunft eines klassischen Heftes, sondern eine vierfarb-Altpapier-Unverschämtheit für fast sechs Euro. Immerhin kann man den Urzeitkrebsen beim Wachsen zusehen …
Vielleicht fehlt mir aber auch einfach der Sinn für diese Art Humor. Würde mich dann auch nicht weiter stören.
[cc]
Cover YPS Copyright Egmond Ehapa-Verlag
Sind die 5.99 EUR schon hart, schau mal was da auf eBay gerade abgeht, da es wohl doch vermehrt Nachfrage nach den Heften zu geben scheint…und die Auflage evt. nicht mithält. Sofort-Kauf für 25 EUR, Auktionen stehen bei 9 EUR plus Versand bei 6+ Stunden Laufzeit. Ich schüttel nur den Kopf.
Wenn die dafür tatsächlich über den Tisch gehen, war die Zielgruppe wohl doch genau getroffen :o)
Die Auflage soll bei 120000 liegen.
Für diejenigen, die das nicht glauben und selbst mal nachsehen wollen:
http://www.ebay.de/sch/i.html?_odkw=yps&_osacat=3957&_from=R40&_trksid=p2045573.m570.l1313&_nkw=yps+2012&_sacat=3957