DAS MÄDCHEN UND DER POSTREITER

Cover Das Mädchen Und Der Postreiter1

DAS MÄDCHEN UND DER POSTREITER ist eine Gra­phic Novel, die am 21. August 2024 bei Split­ter in deut­scher Spra­che erschie­nen ist. Das Sze­na­rio ver­fass­te Bert­rand Galic, die Zeich­nun­gen dazu lie­fer­te Roger Vidal, bei­de kennt man bereits durch die Adap­ti­on der Fuku­shi­ma-Kata­stro­phe in einen Comic­band.

In die­sem Comic im deut­lich frank­o­bel­gi­schen Stil tau­chen die bei­den in ein tur­bu­len­tes Ame­ri­ka im Umbruch zwi­schen Wil­dem Wes­ten und Moder­ne ein und erzäh­len mit DAS MÄDCHEN UND DER POSTREITER eine bewe­gen­de Aben­teu­er­ge­schich­te vor real­his­to­ri­schem Hin­ter­grund.

Jens Stipp­kugel hat die Gra­phic Novel für Phan­ta­News gele­sen und bespro­chen (der Red.).

Wer­be­text:

Im Jahr 1906 kos­te­te das kata­stro­pha­le Erd­be­ben an der West­küs­te der USA zahl­lo­se Men­schen das Leben. Die klei­ne Jen­ny ver­lor ihre Mut­ter unter den Trüm­mern und ist nun allein mit ihrem Stief­va­ter in den Rui­nen der Stadt. Der ist von der Situa­ti­on jedoch völ­lig über­for­dert und beschließt, Jen­ny zu sei­nen Eltern nach Chi­ca­go zu sen­den – und zwar per Post! Ein Schlupf­loch in den Regu­la­ri­en des US Pos­tal Ser­vice macht es mög­lich. So lan­det das Mäd­chen in der Obhut von Eny­e­to, einem hünen­haf­ten Urein­woh­ner, der es sicher an sein Ziel brin­gen soll. Das ist der Beginn einer lan­gen Rei­se zu Pferd und auf der Schie­ne, eines Trecks durch die ame­ri­ka­ni­sche Wild­nis und einer unwahr­schein­li­chen Freund­schaft.

DHL im Jah­re 1906?

Die klei­ne Jen­ny ver­liert bei einer Natur­ka­ta­stro­phe an der West­küs­te Ame­ri­kas ihre Mut­ter. Ihr Stief­va­ter kann oder will nicht für sie sor­gen, so dass er das Mäd­chen als Paket­post ver­schickt. Hier habe ich gleich gestutzt und mich gefragt: ein Mäd­chen im Paket, echt jetzt?!?!

Ja, tat­säch­lich war das zu die­ser Zeit mög­lich. Zum Glück nicht im Paket. Im Anhang des Comics gibt es den geschicht­li­chen Hin­ter­grund zu die­ser Sto­ry.

Allein die bei­den his­to­ri­schen Fotos neh­men mir die Luft zum Atmen, wie grau­sam Geschich­te sein kann.Allein die bei­den his­to­ri­schen Fotos neh­men mir die Luft zum Atmen, wie grau­sam Geschich­te sein kann. In einem Post­sack steckt ein Jun­ge, der von einem Post­be­am­ten getra­gen und zur Ver­tei­lung an den Bestim­mungs­ort ver­sen­det wird. Es wird die Grau­zo­ne erläu­tert, die es damals es mög­lich gemacht hat, Babys und Kin­der, wie ein Post­pa­ket ver­schi­cken zu las­sen. Max. 50 Pfund (ca. 23 kg) durf­te es schwer sein.
Wenn man es rein wirt­schaft­lich betrach­tet, war es sehr güns­tig, jeman­den für 15 Cent in Brief­mar­ken zu ver­sen­den. Eine Ver­si­che­rung für evtl. Ver­lust oder Schä­den konn­ten für 50 Dol­lar dazu gekauft wer­den. Alles hat sei­ne Ord­nung und sei­nen Preis. Mir kommt es an die­ser Stel­le echt hoch!

Auf­grund der rea­len his­to­ri­schen Ereig­nis­se hat­te Bert­rand Galic die Idee, die­se als Comic umzu­set­zen.

Vom Wahr­heits­ge­halt stim­men die Daten der ers­ten Ver­sen­dung der leben­di­gen Fracht nicht mit einem Erd­be­ben, wel­ches San Fran­cis­co ereil­te, über­ein. Das wur­de aus dra­ma­tur­gi­schen Grün­den ver­mischt, was mir aller­dings kein Pro­blem ver­ur­sach­te.

Wir star­ten in einem zer­stör­ten San Fran­cis­co, wo die klei­ne Jen­ny ihre Mut­ter ver­lo­ren hat. Sie trägt ein hüb­sches Kleid und ihr Gesicht mit den blau­en Augen und blon­den Zöp­fen run­det das süße Kind ab. Sie erin­nert mich an hier deut­lich an einen Man­ga-Cha­rak­ter, der es in die­sen Comic geschafft hat.
Ihr Stief­va­ter, schroff und emo­ti­ons­los, ver­sen­det die Klei­ne ver­mit­tels der ame­ri­ka­ni­schen Post per »Paket« an sei­ne Mut­ter, im Glau­ben, dass sie es dort bes­ser haben wird.
Das ers­te Auf­ein­an­der­tref­fen der bei­den Haupt­per­so­nen ist eine unmög­li­che Situa­ti­on. Das ers­te Auf­ein­an­der­tref­fen der bei­den Haupt­per­so­nen ist eine unmög­li­che Situa­ti­on. Ein wild­frem­der Mann soll Jen­ny in Obhut neh­men. Für sie ist es der Ver­lust der Mut­ter und der »Fami­lie«, die sie nun auf eine gefähr­li­che Rei­se brin­gen, zu einem Ziel, das sie nicht kennt. Der Post­be­am­te, Eny­e­to John­son, Par­cel Post Ser­vice, ein hünen­haf­ter Urein­woh­ner vom Stam­me der Miwok, der den Auf­trag aus­füh­ren soll, schaut ungläu­big auf das Kind. Den­noch sind alle For­ma­li­tä­ten kor­rekt und so nimmt er Jen­ny unter Pro­test­schrei­en mit. Job ist Job!

Ich per­sön­lich mag Sto­rys, wo Cha­rak­te­re, die unter­schied­li­cher nicht sein kön­nen, zusam­men­ge­wür­felt auf den Weg gebracht wer­den.

Sie rei­ten durch eine zer­stör­te Stadt und mir als Leser wird ein Sze­na­rio gezeigt, wie es unmit­tel­bar nach eine Kata­stro­phe aus­sieht und Zer­stö­rung und Resi­gna­ti­on spü­ren lässt. Die Rei­se bestrei­ten die bei­den per Pferd. Nach stän­di­gem Nör­geln und „ich bin mit der Gesamt­si­tua­ti­on unzu­frie­den“ errei­chen sie einen Hafen, wo sie ein Teil der Stre­cke mit dem Schiff rei­sen.
Hier wer­den wei­ter Sze­nen der rau­hen Wirk­lich­keit prä­sen­tiert, Schlä­ge­rei, Betrun­ke­ne, Kon­flik­te mit der Poli­zei, die in der Umwelt stän­di­ger Beglei­ter ist.

Nach einem Kon­flikt an Bord, wo das Pferd maß­geb­lich an der Zer­streu­ung des Strei­tes betei­ligt ist – Shit hap­pens! Es keimt ein klei­ner Fun­ken Freund­schaft auf, den mich als Leser erst­mals beru­higt. Es geht also doch!

Ziel der Rei­se­grup­pe ist der Stütz­punkt nach Oak­land, Kali­for­ni­en, wo sie an einen wei­te­ren Beam­ten über­ge­ben wer­den soll. Die­ser weiß nichts davon und stellt fest, dass Jen­ny zu 0,5 Pfund zu schwer für die Paket­zu­stel­lung ist. Kur­zer­hand wer­den Jen­ny die Zöp­fe abge­schnit­ten und – Tadaa – geht doch, Gewicht stimmt! Lei­der ist auf­grund von Per­so­nal­man­gel eine Über­ga­be nicht mög­lich, sodass die Rei­se für bei­de wei­ter­geht.

Ohne den kom­plet­ten Plot spoi­lern zu wol­len gibt es vie­le Situa­tio­nen, gefähr­li­che Situa­tio­nen, die die bei­den ertra­gen, sie wach­sen aber dadurch mehr und mehr zusam­men, wer­den so etwas wie eine klei­ne Fami­lie. Immer wie­der tau­chen Erin­ne­run­gen aus der Ver­gan­gen­heit auf, die die Cha­rak­te­re bes­ser ver­ste­hen las­sen.

Die ver­ängs­tig­te Jen­ny, die kei­ne Ahnung hat, wie ihr Leben wei­ter­ge­hen wird. Eny­e­to, der sich sei­ner Auf­ga­be bewusst ist, und nicht nur sei­ne Arbeit ver­rich­tet, son­dern auch sei­ner Ver­ant­wor­tung Jen­ny gegen­über gerecht wird.

Ob und wie sie es schaf­fen und wie die Geschich­te aus­geht, las­se ich in die­sem Fal­le offen.

Die Cha­rak­te­re im gesam­ten Comic sind sehr über­zeu­gend dar­ge­stellt. Aus­druck der Gesich­ter, ihre Hand­lungs­wei­sen, Trau­er, Wut und Hass, aber auch Freu­de und Lie­be fin­den sich wie­der.

Es geht um das Zusam­men­rau­fen in einer Situa­ti­on, die ein­fach da ist und bestrit­ten wer­den muss, ob man will oder nicht. Freund­schaft, Ver­trau­en und Lie­be emp­fin­de ich beim Lesen und Betrach­ten der Bil­der, aber auch Wut gegen­über den Ant­ago­nis­ten und auch gegen­über der Büro­kra­tie, die die­ses Sze­na­rio über­haupt erst mög­lich gemacht hat.

Zu mei­nen Lieb­lings­ge­schich­ten gehört auch BUDDY LONGWAY von Derib, die mir Aspek­te des soge­nann­ten Wil­den Wes­tens bereits nahe gebracht haben. Ich fühl­te mich in einer gewohn­ten und lieb­ge­won­nen Umge­bung, die mir eine wei­te­re Facet­te erzählt.

Die Panels sind über­wie­gend in Sepia-Tönen gehal­tenDie Panels sind über­wie­gend in Sepia-Tönen gehal­ten, das gibt mir ein war­mes Gefühl wie­der, wodurch ich pro Bild ger­ne etwas län­ger als gewöhn­lich ver­wei­le. Mein Lieb­lings­bild ist das der Brü­cken gegen Ende des Buches, auf dem die Eisen­bahn einen Fluss über­quert. Wie­der eine Etap­pe geschafft. Der Qualm sym­bo­li­siert, das was hin­ter einem liegt, ver­brannt und schwarz – und in Rich­tung Hori­zont geht es wei­ter.

Für mich war die Geschich­te flüs­sig und ohne Stopp sehr gut zu lesen. Es ist ein Auf und Ab an Gefüh­len, durch die man beim Lesen getra­gen wird.

Fazit

Eine Geschich­te, die ich immer mal wie­der lesen wer­den. Ich mag Rei­se­ge­schich­ten, die mich in Regio­nen der Welt mit neh­men, die ich nie bereist habe. Wer Wes­tern­ge­schich­ten mag und dabei ein schwie­ri­ges Prot­ago­nis­ten­paar dabei beglei­ten möch­te sich zusam­men­zu­rau­fen, soll­te sich das Ticket dafür lösen.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen dazu auf der Split­ter-Web­sei­te. Direkt bei Split­ter kann man den Comic auch bestel­len.

DAS MÄDCHEN UND DER POSTREITER
Sto­ry: Bert­rand Galic
Zeich­nun­gen: Roger Vidal
Deut­sche Über­set­zung: Tan­ja Kräm­ling
Hard­co­ver, 104 Sei­ten
Erschie­nen: 21.08.2024
EUR 25,00
ISBN: 978–3‑98721–395‑3

Cover­ab­bil­dung und Bei­spiel­sei­te Copy­right Split­ter Ver­lag

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