Bandit bespricht: THE WITCH NEXT DOOR

THE WRETCHED – Bun­des­start 13.08.2020 – Bespre­chung der bri­ti­schen VOD-Version

Wenn man alles will, was man von einem moder­nen Hor­ror­film erwar­ten kann, dann bekommt man es mit THE WITCH NEXT DOOR. Bereits vor neun Jah­ren haben die Brü­der Brett und Drew Pier­ce mit ihrem klei­nen Fes­ti­val­hit DEADHEADS ihr Film­ver­ständ­nis unter Beweis gestellt. Der Zom­bie-Komö­die folg­te aber erst ein­mal eini­ge Jah­re nichts. Und dann grei­fen die Film­au­toren gleich in die Vol­len. Teen­ager-Roman­ze, Hexen­hor­ror, Coming of Age-Dra­ma, Gru­sel-Thril­ler, Span­nungs­ki­no. Und einen Hauch von vie­len Gen­re-Vor­bil­dern wie DISTURBIA, HOLE IN THE GROUND, THE WAY WAY BACK, FRIGHT NIGHT, THE BURBS, DIE KÖRPERFRESSER KOMMEN, ganz wenig von AMERICAN PIE, sowie ein Körn­chen von ALIEN. Der Film­narr wird in die­sen 90 Minu­ten ohne Abspann vie­le Momen­te aus­ma­chen, die einen an ande­re, bekann­te Fil­me erin­nern. Und das ist oft­mals span­nen­der, als der Hand­lung des Films selbst zu folgen.

Weil der jugend­li­che Ben ein böser Jun­ge war, ver­wirrt durch die Tren­nung sei­ner Eltern, muss er den Som­mer bei sei­nem Vater in einer ver­träum­ten Hafen­stadt ver­brin­gen. Doch bevor ihn Lan­ge­wei­le über­kommt, erregt die Nach­bars­fa­mi­lie Bens Auf­merk­sam­keit, denn da erscheint eini­ges sehr merk­wür­dig. Wäh­rend der Jun­ge ganz vor­sich­tig mit der gleich­alt­ri­gen Mal­lo­ry anban­delt, ver­schwin­det der klei­ne Jun­ge der Nach­barn. Nie­mand ver­misst ihn, es wird sogar behaup­tet, es gäbe über­haupt kei­nen Sohn. Bis dahin hät­ten die Pier­ce-Brü­der die Span­nungs­schrau­be ordent­lich anzie­hen kön­nen, und ein wirk­lich raf­fi­nier­tes Spiel mit Wahr­neh­mung und Rea­li­tät her­bei­he­xen kön­nen. Doch sie erla­gen dem unnö­ti­gen Drang, ihren Film mit einem kur­zen Pro­log zu begin­nen, der alles sofort ins rech­te Licht zau­bert. Der Zuschau­er erfährt, was ihm die Hand­lung brin­gen wird, und wie sich die­se Gege­ben­hei­ten mani­fes­tie­ren wer­den. Der deut­sche (!) Titel kommt ja nicht von ungefähr.

In Anbe­tracht der Umstän­de und der Insze­nie­rung gibt sich John-Paul Howard als Ben wirk­lich sehr viel Mühe. Doch den nach Schmerz­mit­teln süch­ti­gen Jugend­li­chen, nach einem Ein­bruch, der Grund war­um er den Som­mer bei sei­nem Vater ver­brin­gen muss, den kauft man ihm ein­fach nicht ab. Die Regis­seu­re schaf­fen es zudem nicht, ihm ein ein­heit­li­ches Pro­fil zu geben. An man­chen Stel­len wirkt John-Paul Howard wie ein voll­kom­men unbe­hol­fe­ner klei­ner Jun­ge. Sei­ne Gewich­tung schwankt, je nach Hand­lungs­be­darf, zwi­schen elf und manch­mal sieb­zehn Jah­ren. Aber dar­über kann man auch leicht hin­weg­se­hen, denn die Insze­nie­rung rich­tet sich ohne­hin nach der Schlag­zahl der ein­zel­nen Effek­te aus, und nicht nach einem nach­voll­zieh­ba­ren Fluss in der Hand­lung. Das geht sogar soweit, dass ein wesent­li­cher Strang der Geschich­te unauf­ge­löst ins Lee­re läuft. Obwohl ele­men­tar für einen typi­schen Coming of Age-Som­mer­film, wie er ja offen­sicht­lich auch beab­sich­tigt ist, ver­misst man am Ende schmerz­lich die Genug­tu­ung von kar­mi­scher Gerech­tig­keit was die ande­ren, die ver­snob­ten Kids betrifft.

 

Doch vie­les wird ange­ris­sen, was nicht fil­misch auf­ge­klärt wird. Oder dass man als Zuschau­er unver­mit­telt in eine Sze­ne gewor­fen wird und man die Situa­ti­on als gege­ben akzep­tie­ren muss. Wer nicht genau hin­sieht, ver­misst auch das Schick­sal von Bens Lebens­ret­ter im Show­down. Die Bezie­hung der Nach­barn unter­ein­an­der ist eben­falls alles ande­re als nach­voll­zieh­bar und rich­tet sich offen­sicht­lich nach Bedarf für die nächs­te Sequenz. So wie der mys­te­riö­se Außen­kel­ler je nach Sze­ne geschlos­sen oder geöff­net oder auch abge­sperrt ist. Dass der Film den­noch bei Lau­ne hal­ten kann, ist den vie­len klei­nen Ele­men­ten geschul­det, die im Ein­zel­nen funk­tio­nie­ren. Schon das ers­te Zusam­men­tref­fen der titel­ge­ben­den Hexe mit Ben ist Schau­er­ki­no par excel­lence. Das Pro­blem ist schlicht, dass die Pier­ce-Brü­der die­se vie­len, über­zeu­gend aus­ge­ar­bei­te­ten Tei­le ein­fach nicht in ein har­mo­ni­sches Gan­zes zusammenbringen.

Brett und Drew Pier­ce haben viel gewollt und alles gege­ben. Wirk­lich geschei­tert sind sie dar­an nicht. Es ist nur schmerz­lich zu sehen, dass vie­les hät­te bes­ser sein kön­nen. Als unter­halt­sa­mer Zeit­ver­treib ist THE WITCH NEXT DOOR wirk­lich adäqua­tes Schau­er­ki­no. Trotz eini­ger sehr def­ti­ger und über­zeu­gen­der Effek­te, wenn die Hexe in Erschei­nung tritt, bleibt er mehr eine Hom­mage statt aktu­el­les Hor­ror­ki­no. Eine Hom­mage die mit vie­len klei­nen Häpp­chen auf­war­tet, aber bei wei­tem kei­ne gewitz­te Meta­ebe­ne erken­nen lässt, oder raf­fi­nier­ten Sub­text offe­riert. Und dass das Erwach­sen­wer­den oft­mals mit sich stei­gern­den Schau­er­ele­ment in Form von Blut und Gekrö­se ein­her­geht, ist dabei eine der ältes­ten fil­mi­schen Meta­phern. Also, nicht Neu­es, dafür alles drin.

THE WRETCHED – THE WITCH NEXT DOOR
Dar­stel­ler: John-Paul Howard, Piper Cur­da, Jamison Jones, Azie Tes­fai, Zarah Mahler, Kevin Big­ley u.a.
Regie & Dreh­buch: Brett Pier­ce, Drew T. Pierce
Kame­ra: Conor Murphy
Bild­schnitt: Ter­ry Yates
Musik: Devin Burrows
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Mars Feehery
95 Minuten
USA 2019

Bild­rech­te: IFC Midnight

Views: 0

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen